Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit jüdischen bürgerlichen Frauen im Deutschen Kaiserreich. Sie soll aufzeigen, wie sich die bipolare Rolle dieser Frauen auf ihre verschiedenen Tätigkeitsfelder und ihr Streben nach Bildung ausgewirkt haben. So soll gezeigt werden, dass diese Frauen zwar deutsch und bürgerlich waren, aber gleichzeitig
ganz spezielle Charakteristika und Verhaltensweisen in ihrem Wirkungsbereich ausbildeten.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts veränderten sich die Form und Funktion der jüdischen Familie und die geschlechterspezifischen Rollenzuweisungen im privaten sowie öffentlichen Bereich stärker als je zuvor in der jüdischen Geschichte. Die rechtliche Emanzipation der Juden 1869, deren zunehmende Akkulturation und sozialer Aufstieg in die Mittelklasse des Deutschen Kaiserreiches führte dazu, dass
die bürgerliche Familie und ihre Werte auch zum Leitbild der jüdischen Familie wurden und eine zunehmende Verbürgerlichung stattfand. Die jüdische Bevölkerung lebte nun nicht mehr vollkommen in ihrer eigenen sozialen und kulturellen Sphäre, sondern strebte auf der Basis ihrer rechtlichen Gleichstellung nach der Integration in die Gesamtgesellschaft – bei gleichzeitiger Bewahrung einer
speziell jüdischen Gruppenidentität. Die Verfolgung dieses Ziels führte dazu, dass sich die jüdische Familie seit Mitte des 19. Jahrhunderts zwischen zwei Polen bewegte: der Aufrechterhaltung jüdischer Traditionen und Normen im Haus und der Anpassung an den vorherrschenden bürgerlichen Familientyp ihrer Umwelt. Vor dem Hintergrund einer generellen Säkularisierung und der nachlassenden religiösen Aktivität der Männer, wurde der Familie und vor allem der jüdischen Frau
die zentrale Rolle als ‘Hüterin‘ jüdischer Tradition zugewiesen. Zudem stellte sie als Erzieherin ihrer Kinder und Repräsentantin ihres Mannes die Hauptperson und Hauptantriebskraft im Prozess der kulturellen Verbürgerlichung der jüdischen Mittelschicht dar. Das Bürgertum legte hohen Wert darauf, dass die Ehefrau und Mutter nicht ‚arbeitete’. Zudem sollte das Leben der ‚müßigen Dame’ durch den neuen Wohlstand, neue Gebrauchsgüter und Bedienstete
erleichtert werden. Die Sentimentalisierung des Heims und der Mutter und das Bild von der untätigen, vornehmen Dame des Großbürgertums, verfremden allerdings die Arbeit und Mühe, die bürgerliche Frauen täglich leisten mussten, wie diese Hausarbeit zeigt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Tätigkeitsfelder der bürgerlichen jüdischen Frau und Mutter
1.1 Sorgfältige Erziehung und Bildung der Kinder
1.2. Kultivierung des Heims und des Lebensstils der Familie
1.3. Gesellschaftliche Repräsentation
1.4. Wahrung der jüdischen Traditionen
1.4.1. Aufwertung der Rolle der jüdischen Frau in der Religion
1.4.2 Aufrechterhaltung innerjüdischer Beziehungen
1.4.3 Binnenhochzeit und Ehestiftung
2. Streben nach Bildung und Erwerbstätigkeit
3. Resümee
Bibliographie
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