Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Verständnis von Politik
2.1. Carl Schmitt
2.2. HannahArendt
2.3. Niklas Luhmann
2.4. Judith Butler
3. Vergleich von Carl Schmitts mit Hannah Arendts Auffassung von Macht
4. Vergleich von Niklas Luhmanns mit Judith Butlers Auffassung von Gewalt
5. Schluss
1.Einleitung
In der folgenden Sammelrezension werde ich die vier politikwissenschaftlichen Theorien von Carl Schmitt, Hannah Arendt, Niklas Luhmann und Judith Butler erläutern.
Carl Schmitt und Hannah Arendt könnten in ihrer Einstellung zur Politik nicht unterschiedlicher sein:
Während er im zweiten Weltkrieg auf der Seite des Nationalsozialismus aufzufinden war, wurde sie als Jüdin verfolgt.
Das äußert sich auch in ihren beiden Theorien: Für Carl Schmitt ist der Krieg etwas Essenzielles ohne den es keine Politik gibt, während Hannah Arendt Gewalt gänzlich als Abwesenheit von Macht versteht.
Darauf werde ich allerdings in Abschnitt 3 (Vergleich von Carl Schmitts Theorie mit Hannah Arendts) genauer eingehen.
Niklas Luhmann, ein Unterstützer der Systemtheorie sieht den Wandel, die Politik als etwas, das aus Kommunikationsvorgängen hervorgeht.
Dieser Auffassung ist auch Judith Butler, die allerdings genauer auf die eigentliche Macht der Sprache eingeht.
Beide empfinden die Sprache, die Kommunikation als essenziell für Politik.
Hierauf werde ich in Abschnitt 4 (Vergleich von Niklas Luhmanns Theorie mit Judith Butlers Auffassung von Politik) genauer eingehen.
Am Ende der beiden Vergleiche verfasse ich ein Schlusswort, das das Thema „Gewalt“ abschließt.
2.Verständnis von Politik
2.1. Carl Schmitt
In seinem Text „Der Begriff des Politischen“ von 1932 vertritt Carl Schmitt einen protomilitärischen Ansatz.
Der erste Abschnitt befasst sich mit seiner Kritik an dem heutigen Verständnis von Politik.
Seiner Ansicht nach setzt „der Begriff des Staates den Begriff des Politischen voraus“ (S. 20). Heute wird der Staat als der „maßgebende Status“ (S. 20) verstanden. Allerdings wird der Begriff des Politischen oftmals in Verbindung von Antithesen gebraucht: „Politik und Wirtschaft“ (S.20), etc. Oder er wird mit dem Staat gleichgesetzt. Daraus ergibt sich, so Carl Schmitt, aber ein Problem- dieses ist, dass „alle bisher staatlichen Angelegenheiten gesellschaftlich und umgekehrt alle bisher „nur“ gesellschaftlichen Angelegenheiten staatlich werden“ (S. 24). Auch hören alle bisher neutralen Gebiete auf, neutral zu sein (Vgl. S. 24).
Hier wird bereits deutlich, dass Carl Schmitt die Auffassung vertritt, dass er die Politik der Gesellschaft entgegen setzt.
Seinen zweiten Abschnitt des Textes widmet er den Kriterien für Politik.
Die Politik ist, seiner Auffassung nach, gänzlich einzigartig. Sie ist nicht vergleichbar mit den Kriterien für Moral (Gut und Böse), Ästhetik (Schön und Hässlich) oder der Ökonomie (rentabel und nicht rentabel) (Vgl. S. 26). Für die Politik trifft er die folgenden Gegensätze: „Freund und Feind“ (S. 26). Auch sind diese Gegensätze nicht in eine der anderen Kriterien zu fassen: Der Feind muss nicht „moralisch böse, (...) ästhetisch hässlich zu sein“ (S. 27). Der Feind muss dementsprechend nicht in die „schlechten“ Kriterien der anderen Gebiete passen. Nach Schmitts Ansicht ist der Feind nicht als eine Metapher zu verstehen- er ist „etwas anderes und Fremdes (...), so dass im extremen Fall Konflikte mit ihm möglich sind (...)“ (S. 27). Nur diese Kriterien (die der Politik) sind „selbstständig“- diese Unterscheidung kann andere heranziehen, benötigt sie aber nicht zwangsläufig.
Die Kriterien für Politik führt er weiter in dem 3. Abschnitt:
Die Begriffe „Freund“ und „Feind“ sind in ihrem „konkreten, existenziellen Sinn zu nehmen“ (S. 28).
Er spinnt diesen Gedanken weiter und behauptet, dass sich alle Völker nach diesem Gegensatz gruppieren (Vgl. S. 29). Der Feind ist nicht der persönliche Feind- im Gegenteil er ist der „öffentlich(e)“ (S. 29) Feind. Er ist die Gesamtheit, gegen die man potenziell kämpfen kann. In diesem Abschnitt definiert C. Schmitt den Krieg und Waffen: „Krieg ist bewaffneter Kampf zwischen organisierten politischen Einheiten, Bürgerkrieg bewaffneter Kampf innerhalb einer (...) organisierten Einheit“ (S. 33) und die Waffe definiert er als „ein Mittel physischer Tötung von Menschen“ (S. 33). Der Krieg wird von ihm definiert, nicht, wie in der meist verbreiteten Meinung, Ziel oder Zweck, geschweige denn Inhalt (Vgl. S. 34) der Politik. Für C. Schmitt ist der Krieg der „Ernstfall“ (S. 35), der „Ausnahmefall“ (S. 35). Ohne diesen Fall der Auslebenden Feindschaft gibt es nach Schmitt keine Politik.
Der vierte Abschnitt betont noch einmal die Bedeutung der Freund-Feind-Gruppierung („Politisch ist die Gruppierung, die sich am Ernstfall orientiert“, S. 39). Zudem greift er hier das Wort der „Einheit“ (S.39) auf. Er ist der Ansicht, dass es keine politische Gesellschaft gibt, es gibt lediglich oder gerade nur eine politische Einheit, eine politische Gemeinschaft (Vgl. S. 44-45).
Im fünften Abschnitt geht er auf die Funktion des Staates ein: Allein der Staat hat die Befugnis „Krieg zu führen und damit offen über das Leben von Menschen zu verfügen“ (S. 46). Er schafft für sein Volk Ruhe, Sicherheit und Ordnung, dass als eine Voraussetzung für den Kampf dient. Dadurch ist es „territorial in sich geschlossen und für Fremde undurchdringlich(en) (...)“ (S. 47). Allerdings schreibt er dem Volk die Entscheidung, wer Freund und wer Feind ist, zu (Vgl. 50). Fällt diese Unterscheidung weg, entfällt auch das politische Leben.
Zusammengefasst ist für C. Schmitt die Freund- Feind- Unterscheidung von großer Bedeutung- dadurch gibt es das Fremde, den nicht gewollten, den, den es zu bekriegen gilt. Und nur durch die Möglichkeit des Krieges gibt es Politik- ohne diese Möglichkeit wäre diese Welt, so C. Schmitt, eine Welt ohne Politik.
2.2. HannahArendt
Auch Hannah Arendt behandelt in ihrem 1970 verfassten Text „Macht und Gewalt“ die Frage, inwiefern diese Ausdrücke, die im Sprachgebrauch oftmals gleichgesetzt werden (Vgl. 36), sich unterscheiden und definiert sie neu.
Durch die Definition, dass Macht und Gewalt das Gleiche sind, wird der Staat zum „Instrument der Unterdrückung in der Hand der herrschenden Klasse“ (S. 36). Doch ein Problem, das es bei der Gleichsetzung von Macht und Gewalt gibt, ist folgendes: „Wenn das Weser der Macht in der Wirksamkeit des Befehls besteht, dann gibt es in der Tat keine größere Macht als die, welche aus „Gewehrläufen“ kommt“ (S.38)– wo ist dann der Unterschied zwischen einem Polizisten und einem Verbrecher (Vgl. S. 38)? Nach John Stuart Mill gibt es zwei Gemütszustände: einerseits den, „Macht über andere auszuüben“ (S.40) und andererseits den „Macht über sich ausüben zu lassen“ (S.40). Diese beiden Gemütszustände stehen zwar in einem engen Verhältnis zueinander, doch nur psychologisch gesehen. Hannah Arendt führt um auf ihre Definition von Macht und Gewalt ein Beispiel an: die athenische Polis. In der athenischen Polis wurde der Begriff der Macht und der des Gesetzesbegriffs nicht auf dem „Verhältnis zwischen Befehlenden und Gehorchenden (aufgebaut) und (die) Macht und Herrschaft oder Gesetz und Befehl nicht gleich(ge)setzt“ (S. 41). Für Hannah Arendt wird die Macht der Institutionen und Gesetze nur begründet, wenn sie die Unterstützung des Volkes erhält (Vgl. S. 42)- alle politischen Institutionen sind ein Zeichen von Macht (Vgl. S. 42)- sie fallen, sobald das Volk nicht mehr hinter diesen steht. Die Macht der Regierung hängt von „der Zahl derer ab, die sie teilen“- daraus wird deutlich klar, was für Hannah Arendt Macht bedeutet: die „menschliche Fähigkeit, nicht nur zu handeln, (...), sondern sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln. Über Macht verfügt niemals ein Einzelner; sie ist im Besitz einer Gruppe und bleibt nur solange existent, als die Gruppe zusammenhält.“ (S. 45).
Oft verwechseln wir Macht mit Stärke, doch Stärke ist lediglich eine „individuelle Eigenschaft“ (S. 45).
Auch geht Hannah Arendt auf Kraft und Autorität ein: Kraft ist etwas, das sich auf andere auswirkt – Autorität kann einer Person oder mehreren zugeschrieben werden, ihr Kennzeichen ist die „fraglose Anerkennung seitens derer, denen Gehorsam abverlangt wird; sie bedarf weder Zwang noch der Überredung“ (S. 46). Schlussendlich definiert sie Gewalt neu: Gewalt besitzt einen „instrumentalen Charakter“ (S. 47). Sie ist lediglich ein künstliches Werkzeug und ist von Zahlen (im Gegensatz zur Macht) unabhängig.
Die Frage ist, wie ist ein Staat aufgebaut? Mit Macht oder mit Gewalt? Hannah Arendts Antwort auf diese Frage ist deutlich: „Es hat nie einen Staat gegeben, der sich ausschließlich auf Gewaltmittel hätte stützen können.“ (S. 51). Macht ist also immer ein Bestandteil von Staaten, Gewalt allerdings nicht.
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