Werbung als Indikator sozialen und kulturellen Wandels

Exemplarische Untersuchung anhand ausgewählter Werbespots und Anzeigen der BRD der 50er und 90er Jahre


Magisterarbeit, 2000

142 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Vorwort

Einführung

1. Werbung als Teilsystem der Wirtschaft
1.1 Die Entstehung der Werbewirtschaft
1.2 Aufgabe und Ziel der Werbung
1.3 Zur gesellschaftlichen Werthaftigkeit der Güter

2. Werbung als Indikator sozialen und kult urellen Wandels
2.1 Werbung aus Sicht der Kreativen
2.2 Werbung als Spiegelbild der Gesellschaft?
2.3 Werbung und gesellschaftlicher Wandel

3. Gesellschaftliche Kontexte der 50er Jahre
3.1 Politische, wirtschaftliche und technische Entwicklungen
3.2 Alltag in den 50er Jahren
3.2.1 Die Mentalität der 50er Jahre
3.2.2 Geschlechterrollen, Wohnsituation und Individualverkehr
3.2.3 Kulturindustrie und Mode in den 50er Jahren

4. Werbung in den 50er Jahren
4.1 Werbegedichte, Konsumleitbilder und „mutti-kulturelle“ Epoche
4.2 „Mach mal Pause!“ - Ein Slogan trifft den Puls der Zeit
4.3 Werbefiguren der 50er Jahre

5. Gesellschaftliche Kontexte der 90er Jahre
5.1 Politische, wirtschaftliche und technische Entwicklungen
5.2 Individualisierung und Erlebnisorientierung
5.3 Geschlechterrollen und Werte in den 90er Jahren

6. Werbung in den 90er Jahren
6.1 Vom Konsumenten zum Prosumenten
6.2 Emotionale Werbung und Lifestyle-Werbung
6.3 Imagekampagnen
6.3.1 Sozial-verantwortliche Werbung
6.3.2 Anti-Werbung: Das Beispiel „Benetton“

7. Markennamen schreiben Geschichte
7.1 Werbespots der 50er und 90er Jahre im Vergleich
7.1.1 Marke „Rama“
7.1.2 Marke „Sanella“
7.1.3 Marke „Sunil“
7.1.4 Marke „Miele“
7.1.5 Marke „Mercedes-Benz“
7.2 Anzeigenwerbung im Stern
7.2.1 Allgemeine Entwicklungen im Stern
7.2.2 Anzeigen von 1957 und 1997 im Vergleich
7.2.2.1 Marke „AEG“
7.2.2.2 Marke „Miele “
7.2.2.3 Marke „Constructa“
7.2.2.4 Marke „Jockey“
7.2.2.5 Marke „Nivea“
7.2.2.6 Marke „Rama“
7.2.2.7 Marke „Mercedes-Benz“

8. Résumée der exemplarischen Untersuchung
8.1 Inhaltliche und formale Aspekte der Fernsehwerbung
8.2 Inhaltliche und formale Aspekte der Anzeigenwerbung
8.3 Allgemeine Tendenzen in Print- und Fernsehwerbung

Schlußwort

Abbildungsverzeichnis

Verzeichnis der untersuchten Werbespots

Verzeichnis der untersuchten Anzeigen

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorwort

Ein Blick in die Werbung der 50er Jahre verrät einiges über die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse bzw. weist auf grundlegende Veränderungen der Gesellschaft seit den 50er Jahren hin. Lassen sich durch eine Betrachtung von Werbemitteln wertvolle Aussagen über die jeweiligen gesellschaftlichen Zustände ihrer Entstehungszeit machen? Ist Werbegeschichte auch immer Zeitgeschichte? Um diese Fragen zu klären, möchte ich im empirischen Teil dieser Magisterarbeit ausgewählte Werbemittel unterschiedlicher Zeitabschnitte untersuchen und habe dafür deutsche Werbespots und Anzeigen aus den 50er und 90er Jahren (einschließlich 2000) gewählt.

Bei der Auswahl der Spots war für mich das Hauptkriterium, jeweils mehrere Spots zu einer bestimmten Marke zu analysieren, damit ein möglichst direkter Vergleich zwischen damals und heute möglich wird. Bezüglich der TV-Werbung beschränkt sich die Untersuchung auf eine qualitative Analyse der ausgewählten Spots.

Jeweils vier Spots gehören zu einer Marke: Die ersten beiden stammen aus den 50er Jahren, die letzten beiden aus den 90er Jahren.

Es gestaltete sich sehr schwierig, an die Werbespots - vor allem an jene aus den 50er Jahren - heranzukommen. Es gibt keine öffentlich zugänglichen Werbespot-Archive und kommerzielle, private Archive verlangen immens hohe Kosten für das Verleihen der Spots. Ich war also auf die Kooperation von Werbeagenturen oder Unternehmen angewiesen, die noch Spots aus den 50er Jahren archivieren. Nach langwieriger Recherche habe ich einige Unternehmen für mein Vorhaben gewonnen. Miele & Cie. (Gütersloh) überlies mir einige Spots für Miele-Produkte und Daimler-Chrysler (München) schickte mir Spots für die Marke Mercedes-Benz. Ganz besonders danke ich der Hamburger Werbeagentur Ammirati Puris Lintas, die mir diverse Spots der Unilever-Produkte Sanella, Sunil und Rama zukommen lassen hat. Leider fehlen z.T. Angaben zu den genauen Erscheinungsjahren der historischen Spots. Auch die Häufigkeit der Spot-Schaltung ist meist nicht mehr zu ermitteln. Allerdings sind diese Daten für meine Untersuchungen auch unerheblich, da es mir in dieser Arbeit vor allem um eine inhaltlich-qualitative Analyse des Materials geht.

Bei den untersuchten Anzeigen handelt es sich um die Printwerbung des Wochenmagazins STERN der Jahre 1957 und 1997. Nach einer quantitativen Betrachtung des Materials, möchte ich ausgewählte Anzeigen der Marken AEG, Miele, Constructa, Jockey, Nivea, Rama und Mercedes-Benz von damals und heute inhaltlich miteinander vergleichen. Die untersuchten Anzeigen befinden sich teils im Text, teils im Anhang dieser Magisterarbeit. Als Werbeträger habe ich den STERN ausgewählt, weil dieser eine Zeitschrift von herausragender Marktbedeutung darstellt. Der STERN zählt seit seinen Anfängen in Hannover am 1. August 1948 zu den meistgelesenen Publikumstiteln seiner Zeit. Deutschlands größtes Wochenmagazin hatte in den letzten Jahrzehnten eine verkaufte Auflage zwischen 1-1,7 Millionen. Darüber hinaus hat der Titel den größten "weitesten Leserkreis"1 aller Kaufzeitschriften; mit 41 % liegt dieser deutlich über dem des SPIEGEL (30%), der HÖRZU (26%) und der Brigitte (25%). Der STERN weist außerdem eine größtmögliche Strukturgleichheit der erreichten Leserschaft mit der Gesamtbevölkerung auf: Der Anteil der weiblichen (46 %) und der männlichen Leser (54%) war 1992 fast gleich, die meisten Leser (38%) sind zwischen 30 und 49 Jahre alt.2

Einführung

Das Verhältnis von Werbung und Gesellschaft wird in der Literatur aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Einerseits geht es (im Rahmen der Werbewirkungsforschung) um die Frage, inwieweit Werbung gesellschaftliche Veränderungen bewirken kann; andererseits geht es darum, inwieweit die Gesellschaft selbst Form und Inhalt von Werbeangeboten beeinflußt. In meiner Arbeit möchte ich mich der letzteren Perspektive zuwenden, d.h. gesellschaftliche Einflüsse auf die Werbung näher untersuchen.

Sind Vertreter der kritischen Theorie (Frankfurter Schule) der Ansicht, daß Werbung dem Verbraucher durch Manipulation seiner Bedürfnisse Produkte verkauft, die seinen wahren Bedürfnissen nicht entsprechen, so will diese Arbeit der These vom „Konsumzwang durch Werbung“ eine völlig andere Sichtweise entgegensetzen. Der Verbraucher wird hier als Schlüsselfigur gesehen, die durch Nachfrage den ökonomischen Prozeß in hohem Maße steuert: Erfolgreiche Werbung muß immer bei den schon bestehenden oder sich entwickelnden Bedürfnissen der Gesellschaft ansetzen. Sie muß dieselben Marken von früher heute unter anderen Aspekten und mit anderen Überzeugungsstrategien verkaufen. Werbung kann nur wirken, wenn Sie den Zeitgeist genau trifft, d.h. Wünsche, Gefühle, Erwartungen und Befürchtungen der Menschen anspricht und sich auf die jeweiligen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zustände einstellt. Erfüllt die Werbewirtschaft diese Aufgaben, so müssen sich demnach soziale und kulturelle Strukturen einer Gesellschaft in der Werbung niederschlagen, d.h. durch die Interpretation von Werbeangeboten müßten sich auch wertvolle Aussagen über die betreffende Gesellschaft ableiten lassen. Anhand ausgewählter Werbespots und Anzeigen der BRD der 50er und 90er Jahre möchte ich überprüfen, ob gesellschaftliche Entwicklungen mit entsprechenden Veränderungen in der Werbung korrespondieren: Kann Werbung als ein Indikator sozialen und kulturellen Wandels betrachtet werden?

Nach theoretischen Überlegungen zur Entstehung sowie zu Aufgaben und Ziel der Werbewirtschaft möchte ich zunächst gesellschaftliche Kontexte der BRD der 50er und 90er Jahre skizzieren, um anschließend zu untersuchen, ob diese sich in den Ausprägungen der zeitgenössischen Werbung wiederfinden lassen und ob die ausgewählten Beispiele die theoretischen Aussagen und zuvor aufgezeigten Entwicklungen in Gesellschaft und Werbung seit den 50er Jahren bestätigen. Angesichts der Komplexität der gesellschaftlichen Einflußfaktoren kann meine Arbeit nur einen begrenzten, richtungweisenden Einblick in die gestellte Problematik geben und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

Wenn ich im Laufe der Arbeit immer wieder von „den Fünfzigern“ und „den Neunzigern“ (bzw. von „damals“ und „heute“) spreche, gehe ich nicht davon aus, daß sich diese Dekaden bezüglich ihrer Mentalitäten bzw. Entwicklungsphasen von vorherigen oder darauffolgenden Jahrzehnten trennscharf unterscheiden. Ich möchte damit lediglich allgemeine Entwicklungstendenzen in Gesellschaft und Werbung aufzeigen, deren Anfang und Ende sich zeitlich nicht genau festlegen lassen.

1. Werbung als Teilsystem der Wirtschaft

Zum Verständnis von Werbung ist es notwendig, den zugrunde liegenden ökonomischen Sinnzusammenhang der Werbung zu erkennen und die Werbewirtschaft als ein Teilsystem der Wirtschaft zu betrachten. Nach einem kurzen historischen Rückblick zur Entstehung der Werbewirtschaft, geht es zunächst um allgemeine Aufgaben und Ziele der Werbung: Was ist Werbung? Wozu gibt es überhaupt Werbung? Und warum spielt gerade in der Werbung die gesellschaftliche Werthaftigkeit der Güter eine bedeutende Rolle?

1.1 Die Entstehung der Werbewirtschaft

Wie Siegfried Schmidt/Brigitte Spieß möchte auch ich als Beobachtungsmodell für „Werbung“ die Systemtheorie des Soziologen Niklas Luhmann wählen, da sie Werbung von vornherein in sozialen Kontexten konzipiert. In seinem Buch „Die Wirtschaft der Gesellschaft“ (1988) stellt Luhmann die heutige Wirtschaft als ein Sozialsystem dar.3 Nach diesem Ansatz ist die Werbewirtschaft als ein Teilsystem des gesamten Sozialsystems „Wirtschaft“ zu sehen, welches sich durch Ausdifferenzierung weitgehend verselbständigt hat. Somit wird der wirtschaftliche Aspekt der Werbung betont, d.h. es wird ein eindeutig ökonomischer Sinnzusammenhang der Werbung vorausgesetzt.4 Eine solche Konstruktion findet sich auch in der Betriebswirtschaftslehre wieder, die die Werbung innerhalb der Kommunikationspolitik ansiedelt, welche neben der Produkt-, Preis- und Distributionspolitik einen weiteren Teil des sog. Marketing-Mix darstellt.5

Für die Entstehung der Werbewirtschaft sind zwei Entwicklungen ausschlaggebend: Zum einen die Entwicklung eines industriell geprägten, kapitalistischen Wirtschaftssystems seit Ende des 18. Jahrhunderts - erst jetzt konnte Kapital zur Vermehrung von Kapital verwendet werden und erst jetzt war Güterproduktion in immer größeren Mengen möglich. Es galt nun nicht mehr ausschließlich die elementaren Grundbedürfnisse zu befriedigen, sondern auch die vom Wirtschaftssystem selbst erzeugten Bedürfnisse.6 Letztere mußten aber in der Gesellschaft wirksam kommuniziert werden, d.h. man benötigte Massenmedien als Träger von Werbebotschaften. Das Aufkommen und die Durchsetzung von Massenmedien im 19. und 20. Jahrhundert ist also die zweite Voraussetzung für die Entwicklung der Werbewirtschaft. Parallel zu den Medien hat sich das Werbewirtschaftssystem ausdifferenziert und in Form von Print-, Hörfunk-, Film- und Fernsehwerbung entwickelt.7

Der Begriff „Werbung“ wurde erst nach 1933, nach dem Gesetz über Wirtschaftswerbung populär. Vorher waren Bezeichnungen wie Propaganda, Reklame, Annoncenwesen, Insertions- und Anzeigenwesen geläufig. Noch in den 20er Jahren übersetzte man das amerikanische Wort „advertising“ mit Propaganda. Neben den Begriffen Propaganda und Werbung existierte schon immer das Wort Reklame, welches eher die marktschreierische und als störend empfundene Qualität der Wirtschaftswerbung meinte. Dem gegenüber genoß der Begriff Werbung von Anfang an das Image des notwendigen wirtschaftlichen Handelns. Heute meinen beide Begriffe im Prinzip dasselbe, doch liegt den Bezeichnungen immer noch eine unterschiedliche implizite Wertung zugrunde.8 Unter Werbung allgemein sind alle kommunikativ- informativen Maßnahmen zu verstehen, die eine systematische und geplante Konsumbeeinflussung bezüglich materieller und immaterieller Güter zum Ziel haben.9 Schweiger und Schrattenecker definieren Werbung folgendermaßen: „Unter Werbung versteht man die beabsichtigte Beeinflussung von marktrelevanten Einstellungen und Verhaltensweisen ohne formellen Zwang unter Einsatz von Werbemitteln und bezahlten Medien“10.

Aus marxistischer Perspektive ist Werbung dagegen ein Mittel, um den Tauschwert eines Produkts künstlich zu erhöhen. Nach der Lehre des Marxismus sind Produkte immer widersprüchlich definiert: Einerseits sind sie Gebrauchswerte, d.h. im weitesten Sinne „Lebensmittel“, und andererseits Tauschwerte - Träger von Wert und Mehrwert. Der Tauschwert richtet sich nur nach Angebot und Nachfrage, sagt nichts über die Nützlichkeit eines Produktes aus. Der Kapitalist ist nicht an einer Bedarfsdeckung, sondern an der Vermehrung des Tauschwertes interessiert, insofern ist der Tauschwert auch Basis und Ziel jeder kapitalistischen Produktionsweise. Wenn die Ware nicht mehr gleichzeitig Tauschwert und Gebrauchswert ist, wie es nur in der kapitalistischen Wirtschaft der Fall ist, dann wird Werbung in unserem heutigen Sinn überflüssig.11 Natürlich weist auch schon eine steinzeitlicher Tausch Elemente von Werbung auf, jedoch hatte dieses Werben um Abnehmer keinen derartigen professionellen Massenkommunikationscharakter wie es für die moderne Wirtschaftswerbung kennzeichnend ist. Im heutigen Sinne ist Werbung nur dann notwendig, wenn es bei einem bestimmten Produkttyp jeweils mehrere, nicht überlebenswichtige Selektionsmöglichkeiten gibt. Es geht dann nicht nur um die Entscheidung, Margarine zu kaufen bzw. nicht zu kaufen, sondern es geht darum, zu entscheiden, ob man lieber die Margarine a, b oder c kaufen möchte.12

1.2 Aufgabe und Ziel der Werbung

Nach Schmidt und Spieß ist die Aufgabe der Werbung die Produktion von folgenreicher Aufmerksamkeit durch die Verbreitung von Medienbotschaften. Das Werbesystem soll Bedürfnisse ansprechen oder wachhalten, um auf diese Weise Zahlungen zu motivieren und den für das Wirtschaftssystem entscheidenden Kreislauf von Zahlungsfähigkeit in Gang zu halten. Natürlich arbeitet das Werbesystem heutzutage nicht mehr nur für das Wirtschaftssystem: Medienangebote sollen nicht nur für Produkte werben, sondern für Leistungen, Personen oder „Botschaften“ jeglicher Art.13 Geworben wird heute nicht mehr nur für Autos und Seife, sondern auch für Politiker, Kirchentage, Kunstausstellungen, für den Erhalt von Regenwäldern und Tierarten. Gerade seit den 80er Jahren haben sich die Interaktionen zwischen dem Werbewirtschaftssystem und anderen nicht-wirtschaftlichen Sozialsystemen intensiviert (Stichwort „Social Marketing“, siehe Punkt 6.3.1).

Medienangebote sollen also Zahlungsbereitschaft bezüglich bestimmter Produkte und Leistungen bewirken, Zustimmungsbereitschaft in bezug auf Personen fördern oder Wertpräferenzbildung in bezug auf „Botschaften“ zur Folge haben. Um eine möglichst hohe Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, müssen Werbebotschaften mit allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungstendenzen verbunden werden.14 Schmidt und Spieß umschreiben diesen Sachverhalt wie folgt: „Um Aufmerksamkeit zu erzeugen, muß versucht werden, Werbebotschaften mit solchen Ideen, Überzeugungen, Werten, kulturellen Mustern bzw. kulturellen und sozialen Entwicklungstendenzen zu verbinden, von denen man annimmt, daß sie von Auftraggebern wie von Zielpublika akzeptiert oder gewünscht werden; d.h. sie müssen entweder gesamtgesellschaftlich weitverbreitet oder zielgruppentypisch sein.“15

Bei der Erzeugung folgenreicher Aufmerksamkeit ist „Knappheit“ für die Werbung in zweifacher Hinsicht ein Problem: Zum einen kämpft ein Übermaß von Medienangeboten um die Aufmerksamkeit von Rezipienten, zum anderen versucht ein Übermaß an Gütern und Leistungen Aufmerksamkeit und Zahlungsfähigkeit auf sich zu ziehen. Die Werbewirtschaft produziert Medienangebote, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, vermehrt dadurch aber das Übermaß an Medienangeboten, welches Aufmerksamkeit wiederum verknappt. Außerdem ermöglicht sie den Produzenten von Gütern und Leistungen, noch mehr zu produzieren, wodurch die Komplexität des Marktes ansteigt und Aufmerksamkeit immer unwahrscheinlicher wird.16

1.3 Zur gesellschaftlichen Werthaftigkeit der Güter

Für ein Verständnis der Funktion von Werbung ist es wichtig zu wissen, daß die Bedeutung von Produkten nicht nur durch das objektive Material der Ware bestimmt ist, sondern auch immer durch deren gesellschaftlichen Wert17. Produkte haben nicht nur einen Grundnutzen, sondern häufig auch einen Zusatznutzen. Während der Grundnutzen sich auf die wirtschaftlichen, technisch-stofflichen und funktionalen Gebrauchseigenschaften eines Produkts bezieht und objektiv nachprüfbar ist, verhilft der Zusatznutzen eines Produkts, seelisch-geistige Bedürfnisse der Konsumenten im Sinne von Motivationen zu befriedigen. Dabei lassen sich der persönlich bedingte „Erbauungsnutzen“ (z.B. Freude am Konsum, Hedonismusstreben) und der soziale „Geltungsnutzen“ (z.B. Bedürfnis nach sozialer Anerkennung) unterscheiden.18 In der Werbung besteht sogar der Trend, den Grundnutzen, der durch sachhaltige Information vermittelt wird, immer stärker durch die Thematisierung des Zusatznutzens, der subjektnah Befriedigungsmöglichkeiten in der persönlichen und sozialen Sphäre verspricht, zu ersetzen. Durch eine affektive Ansprache werden Produkt und Konsument in einen Erfahrungs- und Erlebniszusammenhang gestellt, der die individuelle und soziale Bedeutsamkeit des Konsums hervorhebt.19

Somit ist Werbung mehr als neutrale, bloße Produktinformation: Die vermittelten Informationsinhalte beziehen sich ebenso auf wirtschaftliche Güter, wie auf die handelnden Individuen und ihre gesellschaftlichen Handlungsbezüge oder Verhaltensweisen. Sprachlich, optisch und/oder akustisch wird in der Werbebotschaft das Produkt in ein Umfeld gestellt, das meist soziale Bezüge aufweist. Die Art und Weise des Konsums, die Konsumwahl, die Konsumnormen und die spezifische Werthaftigkeit der Güter werden im dargestellten sozialen Handlungskontext - durch die soziale Bestimmung des Konsumverhaltens deutlich. So vergegenwärtigt die Werbung die Relevanz des Konsums und zugleich die sozialen Erwartungen an konsumtive Verha ltensweisen des einzelnen. Werbung versinnbildlicht den sozialen Aspekt des Konsumhandelns und lädt die Güter mit sozialen Bedeutungsgehalten auf. Rose Marie Hansen drückt dieses wie folgt aus: „Güter sind nicht nur Gegenstände ökonomischer Tauschbeziehungen, sondern besitzen als Bestandteile eines sozio-kulturellen Systems symbolischen Wert; sie sind Kommunikations- und Ausdrucksmittel.“20 Werbung als „Information“ verstanden, bedeutet daher die Übertragung einer Ware in einen Wert. Sender der „Ware“ ist der Produzent und Empfänger ihres „Wertes“ ist der Konsument.

Abb. 1: Werbung als „Information“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene schematische Darstellung nach Hansen, S. 40

Nach Hansen sind deshalb nicht die Sachinformationen auf rationaler Argumentationsebene entscheidend für Kauforientierung und -handlung, sondern es ist vielmehr der Wert, der die Erwartungen, Einstellungen oder Verhaltensentscheidungen des Konsumenten steuert. Es handelt sich demnach um eine Art „Orientierungs“- oder „Handlungswert“. Information ist hier nicht nur unter dem Aspekt der Übermittlung sachhaltiger, warenkundlicher, also thematischer Informationen (z.B. Herstellername, Materialbeschreibungen, Handhabungsanweisungen) zu sehen, sondern auch als unthematische Informationen, die sich auf den Konsumenten, seine Vorstellungsbilder oder auf emotional-affektive Erlebniszusammenhänge des Konsums beziehen.21

„Werbung befindet sich also nicht allein in der Situation, Informationen verstehbar zu vermitteln, sondern darüber hinaus in einem ständigen Anpassungsprozeß an langfristig wirksame oder sich kurzfristig wandelnde Einstellungen oder Werte. Denn jede Anzeige, jede Druckschrift, jeder Fernsehspot enthält unthematische Informationen, also das Atmosphärische, mit dem sich Werbeadressaten schon einmal auseinandersetzen, ob es ihren Einstellungen entspricht. Die abgebildeten Menschen, ihre Haltung, Gestik, Kleidung, die Situation, das Umfeld, aber auch die Sprache, die Musik... alles spielt eine Rolle in dem Prozeß, der einen Abgleich zwischen eigenen Einstellungen und dem dargebotenen Lebensstil, Verhaltensmuster oder der Umgebung darstellt.“22

Gerade weil Produkte in der Werbung mit personengebundenen Eigenschaften aufgeladen werden, eben nicht nur schlichte, sachliche Güter sind, verrät uns die Art und Weise der Argumentation, „welche Gedankengänge den Menschen in jenen Ländern, wo die Werbung blüht, sympathisch, welche Vorteile erwünscht scheinen, mit welchen Versprechungen die Werbung, die ja Erfahrungen aus mindestens einem Jahrhundert aufweisen kann, den Konsum steigern zu können glaubt“23.

2. Werbung als Indikator sozialen und kulturellen Wandels

Eduard Grosse (1980) hat in seiner Veröffentlichung „100 Jahre Werbung in Europa“ (1980) festgestellt, daß Werbegeschichte auch immer Zeitgeschichte ist.24 Dieser Ansicht möchte ich mich hier anschließen. Ein Blick in die Werbung verrät viel über das jeweilige Lebensgefühl der Zeit, über allgemeine Werte und Normen sowie über den wirtschaftlichen und technischen Stand einer Gesellschaft. Zu klären ist jedoch, ob aufgrund dessen die Werbung als ein „getreues Spiegelbild“ der gesellschaftlichen Realität und der betreffenden Zeit bezeichnet werden kann oder ob das Verhältnis zwischen Werbung und Gesellschaft differenzierter zu sehen ist. In diesem Punkt möchte ich die Wirkungsmechanismen zwischen Werbung und Gesellschaft näher untersuchen.

2.1 Werbung aus Sicht der Kreativen

Anzeigen und Werbespots dürfen nie als autonome Gegebenheiten betrachtet werden. Sie entstehen nicht von selbst, sondern müssen - wie alle andere Medienangebote (z.B. Filme) - immer in ihrem Kontextzusammenhang analysiert und interpretiert werden. Werbeangebote resultieren aus dem komplexen Zusammenwirken von Auftraggebern, Werbeagenturen, Vermittlungsmedien und Konsumenten. Das bestehende Beziehungsgeflecht sozialer, politischer, kultureller, juristischer und vor allem ökonomischer Bedingungen beeinflußt die Produktion von Werbung ebenso wie die vielfältigen Interessen, Wertvorstellungen und Erwartungen der beteiligten Akteure.25 Werbung integriert und adaptiert unterschiedlichste kulturelle Elemente, wie z.B. die jeweils aktuellen Ausprägungen von Grafik, Design und Mode, die die Arbeit der Kreativen - unbewußt oder bewußt - permanent beeinflussen. Werbespots bieten nach Ansicht der Kreativen eine Möglichkeit, sehr schnell ganz unterschiedliche kulturelle Eindrücke aus einer betreffenden Zeit zu sammeln.26

Nach Schmidt und Spieß (1994) ist Werbung ein wichtiger und sensibler Indikator - eine Art Resonanzkörper - für sozialen und kulturellen Wandel27. Denn durch die Notwendigkeit, folgenreiche Aufmerksamkeit bei den jeweiligen Zielgruppen zu erzeugen, ist das Werbesystem zu einer genauen Beobachtung anderer sozialer Systeme gezwungen. Diese Beobachtung kann entweder informell, durch persönliche Erfahrungen der Kreativen, oder in Form wissenschaftlicher Analysen durch Marktforschungsinstitut e erfolgen. Das Werbesystem importiert auf diese Weise Kommunikationsmöglichkeiten aus anderen Sozialsystemen und übersetzt sie unter seinen eigenen Systembedingungen in Werbekommunikationen. Dabei werden nicht alle Sozialsysteme bzw. alle Bereiche der anderen Systeme gleichermaßen beobachtet und berücksichtigt. Der Beobachtungsschwerpunkt liegt vermutlich in den Bereichen Warenkonsum, Dienstleistungen, Geschmackskultur und Lebesstilgestaltung. Außerdem beschränkt sich die Beobachtung auf erkennbar ausgeprägte Mentalitäten28 von Zielgruppen.29

Heute wird der Verbraucher aus Gründen der Absatzsicherung im Leistungswettbewerb schon frühzeitig in die Entwicklung von Produkten und Werbekampagnen einbezogen. Mit seismographischer Genauigkeit registriert die Marktforschung, wie sich das Verbraucherverhalten ändert. Spezielle Testmärkte prüfen, ob die in der Nachfrage meßbaren Wünsche richtig erkannt und berücksichtigt wurden.30

Abb. 2: Marketingorientierte Unternehmenspolitik

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schweiger/Schrattenecker (1992), S. 23

Mit der Marktforschung hat die Werbung einen direkten Draht zum Konsumenten, reagiert auf Veränderungen seiner Wünsche und seines Verhaltens und macht dadurch bestimmte Aspekte sozialen Wandels transparent.31 Kurt Markus Degen (1995) umschreibt die Funktion von Werbung folgendermaßen: „Die Werbung von heute ist keine Einbahnstaße mehr. Man fährt in beide Richtungen. Sie ist eine Brücke zwischen Produzent und Konsument. Sie versucht nicht nur dem Konsumenten ein Produkt zu verkaufen, sondern sie sagt auch dem Produzenten, was der Konsument eigentlich will. Sie plaziert ebensogut die Bedürfnisse und Wünsche des Konsumenten beim Produzenten.“32 In den 50er Jahren wurde diese Aufgabe der Werbung noch eher unbewußt bzw. intuitiv von den Kreativen erfüllt. Die Marktforschung hatte sich damals noch nicht als eine unabdingbarer Bestandteil marketingorientierter Unternehmenspolitik etabliert. Doch schon 1956 beschrieb der Werbeberater Hans Domizlaff die Aufgabe der Kreativen in einem Vortrag wie folgt: „Wir haben doch einen sehr merkwürdigen Beruf. Wir sollen von unserem persönlichen Geschmack, von unseren eigenen privaten Ansichten, Neigungen und Interessen erst einmal ganz und gar absehen. Wir sollen auch den persönlichen Geschmack unserer Auftraggeber mißachten, damit wir ganz vorurteilslos in das Gehirn der Masse kriechen können, auf die wir Einfluß gewinnen möchten!“33

Heute wird das konsumentenorientierte Marketing immer wichtiger. Wenn das Angebot die Nachfrage lange übersteigt und die Produkte sich immer ähnlicher werden, kommt es immer stärker auf die Verpackung und die Formulierung der Werbebotschaften an. Die Produkte werden zu Kommunikationsrivalen. Eine erfolgreich werbende Ware muß dann auch die kollektiven Bewußtseinbestände der Verbraucher enthalten und wiedergeben. Damit wird das Produkt automatisch zum Repräsentanten einer sozialpsychologisch faßbaren Kommunikationssituation. So lassen sich Zustände der Gesellschaft zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt in der Werbung ablesen. Wenn Kreative „ins Gehirn der Masse kriechen“, dann versuchen sie kollektive Bewußtseinszustände der Menschen zu erforschen, um diese in die Werbebotschaften einzubauen. „Indem die Gesellschaft Wertmaßstäbe setzt, Erfolgskriterien aufstellt und die Ängste und Hoffnungen der Leute formt, schafft sie gleichsam das Material, aus dem die Werbung ihre Lebenskraft zieht“34. Andersherum gesehen bedeutet dieses, daß Werbebotschaften Auskunft überkollektive Vorstellungswelten und Befindlichkeiten geben; die von der Wirtschaftswerbung produzierten Bilder und Botschaften stellen somit eine potentielle Quelle für die Geschichtsschreibung des Lebensalltags und der Mentalität der Menschen dar.35

Die Kreativen der Werbung sind nicht der Meinung, daß Werbung Trends erst lanciert oder neu entwickelt. Werbung kann Trends relativ früh erkennen und für Kampagnen nutzen, jedoch kann sie keine neuen Trends erzeugen.36 Wünsche und Werte können nicht geschaffen, sondern lediglich früh entdeckt und genutzt werden. Werbung ist stets auf bereits vorhandene Wertschätzungen, Bedürfnisse und Orientierungen der Rezipienten angewiesen. Sie ist eine Art Übersetzungsmaschine von „Wünschbarem“ in „Anbietbares“.37 Karl Otto Hondrich beschreibt diesen Sachverhalt wie folgt: „Entscheidend ist, daß alle Beeinflussungsversuche Anknüpfungspunkte in der Gestalt von schon vorhandenen positiven Einschätzungen oder Bedürfnislagen bei den zu beeinflussenden Personen brauchen. Mit diesen vorhandenen Urteilen sind dann mehr oder weniger starke Identitäten herzustellen. Es kann gezeigt werden, daß geschickte Werber genau das tun - und nicht, daß sie vorgeprägte Bedürfnisse ändern (wollen).“38

Viele Autoren kritisieren, daß die Werbung immer wieder die bestehenden Werte und Rollenvorstellungen der Gesellschaft aufgreift und dadurch affirmativ bestätigt. Jutta Brechtel-Schäfer schreibt: „So macht sich die Werbung immer wieder zum Handlanger der bestehenden Gesellschaftsordnung und benutzt die vorhandenen Vorurteile und Normen für ihre eigenen Zwecke. So fördert sie Intoleranz und Unduldsamkeit gegenüber Andersdenkenden; sie wird damit zum retardierenden Moment gegenüber jeglicher Progressivität und erweist sich als zutiefst konservativ.“39 Die Autorin kritisiert weiterhin, daß Werbung unpolitisch sei, da sie jeder gesellschaftlichen Veränderung im Wege stehe, traditio nelle Ordnungen als „heile Welt“ und Klischees als Ideale vorführe.40

Dieser Ansicht ist entgegenzusetzen, daß Werbung eine ökonomische und keine politische Funktion hat. Es ist nicht die Aufgabe der Werbung, gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen - noch dazu auf Kosten ihres eigentlichen Ziels, der erfolgreichen Vermarktung der Produkte. Werbung ist nur insofern progressiv, als sie die Konsumgüter vorführt, die neu auf dem Markt sind, und dadurch zu ihrer Verbreitung beiträgt. Sie kann auf diese Weise wirtschaftlichen und technischen Fortschritt in der Gesellschaft fördern. Um bei der Bevölkerung nicht auf Widerstand zu stoßen, muß sie dazu auf die bestehenden Rollenvorstellungen, Werte und Normen zurückgreifen. Ein Wandel im Rollenverständnis etc. muß mmer in der Kultur bzw. Gesellschaft selbst erzeugt werden - erst wenn dieser hinreichend realisiert ist, kann auch die Werbung die neuen Vorstellungen proklamieren. Denn sie ist auf Zustimmung der breiten Masse oder der Zielgruppen in der Bevölkerung ange wiesen.

Trotzdem sollte ein Unternehmen natürlich von frühzeitigen Diagnosen der gesellschaftlichen Veränderungen profitieren und davon innovative Konsequenzen für Produktentwicklung und Werbung ableiten. Ich möchte mich hier den Worten Reinhold Berglers anschließen: „Werbung, die sich überholende Wertvorstellungen weiter verstärkt, ist destruktiv; konstruktiv ist Werbung nur, wenn sie sich mit Wünschen, angestrebten Werten und latenten Bedürfnissen, mit der Welt, in der Konsumenten leben möchten und damit letztlich den „kommenden Dingen“ beschäftigt.“41

2.2 Werbung als Spiegelbild der Gesellschaft?

Nach den bisherigen Ausführungen kann Werbung das immer knapper werdende Gut Aufmerksamkeit nur produzieren, wenn sie die Wünsche und Gefühle der Zeitgenossen möglichst genau anspricht und sich auf die gesellschaftlichen Zustände, die jeweiligen Bedingungen des Marktes und das Kommunikationsverhalten der Zielgruppen einstellt.42 Werbung stellt einen wünschenswerten bzw. positiven Zusammenhang zwische n den Waren etc. auf der einen Seite und den Bedürfnissen, Erwartungen, Lebensgefühlen und Mentalitäten der Zielgruppen auf der anderen Seite her. Als erfolgsorientierte ökonomische Unternehmung muß sie immer im gesellschaftlichen Trend liegen, um die Aufmerksamkeit möglichst vieler Kunden zu treffen. Werbung wird dadurch, quasi aus Überlebensgründen, zur interessanten Beobachtungsplattform für zeitgleiche Entwicklungen in anderen Sozialsystemen.

Kurt Markus Degen sieht deshalb die Werbung als ein Spiegelbild der Gesellschaft: „Im Gegensatz zur Propaganda geht Werbung nie weiter, als die Gesellschaft schon gegangen ist. Dafür, und das ist im Grunde das Positivste an ihr, drückt sie ohne falsche Hemmungen aus, was sich in der Gesellschaft tatsächlich geändert hat oder was darin im Begriffe ist, sich zu verändern. Sie meldet die kleinsten Verschiebungen, die feinsten Wandlungen im Bewußtsein und Denken, die kleinsten Schritte in sozialen und kulturellen Evolutionen. Wer die Werbung so sieht, kann sie als Spiegel der sich wandelnden Wirklichkeit erfassen.“43

Bei den Interaktionen mit anderen Systemen gelten jedoch immer die Bedingungen des Werbesystems, d.h. alles dient dem Ziel, die Existenz und Funktionsfähigkeit des Werbesystems optimal zu erhalten. Demnach verfügt das Werbesystem als ein sich weitgehend selbst organisierendes Sozialsystem über ein gewisses Maß an Autonomie. Genau aus diesem Grund ist die häufig verwendete Metapher von der Werbung als „Spiegel der Gesellschaft“ dann unzutreffend, wenn damit eine passive Abbildung oder Wiedergabe realer gesellschaftlicher Zustände gemeint ist. Das Werbesystem ist eben nicht passiv; es beobachtet die gesellschaftliche Umwelt unter einer eigenen systemspezifischen Selektionsperspektive.44 Bei der Produktion von Werbebotschaften gilt immer die sog. Ausblendungsregel: Alles, was die Überzeugungskraft einer Information schmälern, d.h. die Attraktivität eines Produkts oder einer Person beeinträchtigen könnte, wird ausgeblendet. Werbung nimmt nur selektiv wahr, übertreibt oft, zeigt Illusionswelten oder Wunschbilder und spielt fast immer mit der Phantasie des Zuschauers. Werbung produziert ausschließlich positive Botschaften, stellt oft eine „heile Welt“ dar. Soziale Realitäten von Minderheiten sind in der Werbung i.d.R. nicht vertreten. Das Werbesystem ist prinzipiell parteilich, doch das Wissen dieser Parteilichkeit gehört zum kollektiven kulturellen Wissen moderner Industriegesellschaften.45 Aus diesen Gründen kann Werbung die Realität prinzipiell nur verzerrt und nur selektiv wiedergeben. Roland Marchand, der sich mit der Werbung in den USA beschäftigt hat, schlägt deshalb das Bild von der Werbung als „Zerrspiegel“ der Gesellschaft vor.46

Die durch die Metapher des „Spiegels“ assoziierte Passivität der Werbung ist noch in einer weiteren Hinsicht falsch. Denn Werbung „spiegelt“ nicht nur gesellschaftliche Tendenzen wider, sondern kann diese auch aktiv beeinflussen. Eine Gesellschaft bestimmt nicht nur die Formen und Inhalte der Werbung, sondern die Werbung hat natürlich auch immer Auswirkungen auf die Gesellschaft. Schmidt und Spieß sehen Medien deshalb auch als Agenten soziokulturellen Wandels.47 „Massenmedien wirken mit bei der Normierung wie bei der Veränderung kultureller und sozialer Ordnungen, beim Wandel von Werten, Einstellungen und Bedürfnissen, indem sie Geltung wie Nichtgeltung von Ordnungen und Zuständen publik und damit beobachtbar und kommunikationsfähig machen.“48 Was für die Massenmedien im allgemeinen gilt, trifft natürlich auch auf die Werbung im speziellen zu. Werbung ist demnach nicht nur Indikator, sondern immer auch Faktor sozio-kulturellen Wandels. Sie trägt zur Verbreitung gesellschaftlicher Trends bei sowie zur Festigung von Klischees, Stereotypen, sozialen Rollenbildern und geschlechtsspezifischen Zuschreibungen. Rainer Bovelet stellt treffend fest: „Werbung war und ist Subjekt und Objekt gesellschaftlichen Wandels - ein Akteur und zugleich Spiegel des Zeitgeistes.“49 In dem Bewußtsein, daß ich einen Blickwinkel auf das Verhältnis zwischen Gesellscha ft und Werbung vernachlässige, gilt das Interesse meiner Arbeit ausschließlich der Funktion der Werbung als Indikator gesellschaftlicher Veränderungen.

Aus den hier erläuterten Gründen kann Werbung nur unter Einschränkungen als ein „Spiegel der Gesellschaft“ betrachtet werden. Wenn ich im Laufe meiner Arbeit trotzdem das Verb “widerspiegeln“ verwende, bezieht sich dieses auf die hier dargestellte, eingeschränkte Definition des „Spiegelbilds“ und meint lediglich die „Wiederfindbarkeit“ von gesellschaftlichen Aspekten in der Werbung.

2.3 Werbung und gesellschaftlicher Wandel

Schon 1965 stellte Georg Bergler in seinem Buch „Werbung und Gesellschaft“ fest: „Je intensiver die weltwirtschaftlichen Verflechtungen werden, je mehr sich der gemeinsame Markt verwirklicht und je weitgereister zahllose Menschen werden, desto umfangreicher werden die Wünsche, freilich auch ihre Differenzierung, desto mehr wächst das Angebot, steigert sich die Schärfe des Wettbewerbs und muß sich die Werbung diesem neuen Zustand von Wirtschaft und Gesellschaft anpassen.“50

Um die Absetzbarkeit von Produkten zu garantieren, ist die Werbung bestrebt, sich an den Wünschen, Bedürfnissen und Vorstellungen der Rezipienten zu orientieren. Diese unterliegen Einflüssen des gesellschaftlichen Wandels.51 Das Werbesystem muß sich deshalb eng mit sozialem und kulturellem Wandel synchronisieren. Während die Systemzeiten des Kunst- und das Literatursystems relativ unabhängig von anderen Systemzeiten sind - z.B. des Wirtschafts- oder Wissenschaftssystems - muß das Werbesystem immer „zeitgemäß“ und tagesaktuell sein. Werbebotschaften und Prozesse ihrer Erstellung sind deshalb sensible Indikatoren sozio-kulturellen Wandels.52 Reinhold Bergler beschreibt dieses Verhältnis folgendermaßen: „Werbestile sind immer auch Gestaltungsstile eines bestimmten Stadiums kultureller, künstlerischer, gesellschaftlicher, politischer und auch technologischer Entwicklung. Werbung hat unter diesem Aspekt Symptomwert.“53 Schon die in der Werbung präsentierten Produkte haben einen ästhetischen Wert: Motorroller, Waschmaschinen und Klapptische sind nicht nur Gebrauchsgegenstände, sondern können auch immer als historisch gewachsenes Designphänomen interpretiert werden. In der Alltagsästhetik, der Formung und Präsentation von Produkten, drückt sich in gewisser Weise der kollektive Geschmack und das allgemeine Verständnis des „Schönen“ zu einer bestimmten Zeit aus.54 Werbung greift kollektive Wertvorstellungen auf und setzt sie für ihre ökonomischen Zwecke ein. Verändern sich kollektive Wertvorstellungen kommt es auch zu einem Wandel der Werbeangebote.

Ronald Inglehart hat eine Theorie des Wandels kollektiver Werte entworfen, die ich im folgenden kurz skizzieren möchte. Nach Inglehart haben sich die kollektiven Wertvorstellungen im Rahmen einer „stillen Revolution“ in den 60er und 70er Jahren grundlegend gewandelt. In dieser Zeit haben sich die Werte der westlichen Gesellschaften von einer Betonung materieller und physischer Sicherheit zugunsten einer Höherbewertung von immateriellen Aspekten des Lebens verändert. Diese Verschiebung läßt sich laut Inglehart mit der Mangel- und der Sozialisationhypothese erklären: Menschen, die in Zeiten wirtschaftlicher Not, also in einer Mangelsituation aufgewachsen sind, entwickeln vor allem materielle und Sicherheitsbedürfnisse.55 Menschen, die in der Wohlstandsgesellschaft aufgewachsen sind, in einer Zeit ökonomischer Sicherheit und kontinuierlicher Prosperität, haben keinen wirtschaftlichen Mangel kennengelernt und messen deshalb ideellen, postmaterialistischen Werten, die in hierarchischen Bedürfnispyramiden (z.B. Maslow 1954) die oberen Ränge einnehmen - persönliche Entfaltung oder Freiheit - mehr Bedeutung bei.56 Wie Inglehart stellt auch Gerhard Schulze eine allgemeine Hinwendung zum Postmaterialismus fest. Er spricht plakativ von einem „Erlebnismarkt“, dessen gesellschaftliche Bedeutung seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges permanent zugenommen habe.57 Im Zusammenhang von „Individualisierung und Erlebnisorientierung“ (Punkt 5.2) werde ich hierauf zur ückkommen.

Mit Karl Otto Hondrich bin ich der Ansicht, daß Ingleharts Thesen nur unter Einschränkungen gültig sind. Materialistische Bedürfnisse und Werte haben ihre Bedeutung heutzutage nicht vollständig verloren, sondern sind nur im Vergleich zu anderen Bedürfnissen relativ abgewertet worden. Die Post-Materialisten sind nicht weniger materialistisch als die Materialisten, sie gehen nur in ihren Forderungen über sie hinaus. Für sie zählen sowohl wirtschaftliche als auch Selbstentfaltungswerte. Materielle Güter werden nicht generell abgewertet, vielmehr treten postmaterialistische Werte fallweise in den Vordergrund, weil materielle Eigenschaften selbstverständlich geworden sind.58 Dieses läßt sich auch, wie wir noch später feststellen werden, am Zustand der Werbung in den 90er Jahren nachvollziehen. Da sich der hier beschriebene Wertewandel in veränderten Beziehungen der Menschen zu Gütern und Dienstleistungen ausdrückt, muß er sich auch in Inhalt und Aufmachung von Werbeangeboten widerspiegeln (Stichwort: vo m Produkt- zum Kommunikationswettbewerb).

3. Gesellschaftliche Kontexte der 50er Jahre

Die 50er Jahre gelten heute als die Zeit des Wiederaufbaus, der sozialen Integration, der ökonomischen Prosperität und politischen Stabilität. Sie sind das Jahrzehnt des Kalten Krieges und des Antikommunismus; eine Periode des Rückzugs aus Politik und Geschichte in die entnazifizierte Alltagsnormalität der Leistungs- und Konsumgesellschaft. Ausgehend von der direkten Nachkriegszeit möchte ich im folgenden allgemeine Tendenzen in Politik, Wirtschaft und Technik sowie im Alltag der 50er Jahre darstellen - in sofern diese mir relevant für zeitgleiche Entwicklungen in der Werbewirtschaft erscheinen.

3.1 Politische, wirtschaftliche und technische Entwicklungen

Nachdem das Deutsche Reich 1945 kapituliert hatte, ging es erst einmal darum, den ehemaligen Kriegsgegner für den Westen und für die Marktwirtschaft zu gewinnen. Die Berlin- Blockade zeigte, wo Freund und Feind stehen. Care-Pakete aus Amerika halfen die Not im besiegten und befreiten Deutschland zu lindern. Zudem sorgte der Marshall-Plan für die nötigen Mittel für den Wiederaufbau aus den Ruinen. Die junge Bundesrepublik wurde immer fester an den Westen gebunden, während im Osten Zwangsbewirtschaftung und Demontage von Fabriken weitergingen. Mit der Sozialen Marktwirtschaft von Ludwig Erhardt und dem Motto „Wohlstand für alle“ begann in Westdeutschland der wirtschaftliche Aufschwung. Am 20. Juni 1948 erhielt jeder im Rahmen der Währungsreform 40 druckfrische Deutsche Mark. Damit schlug auch in der Werbung die Stunde Null, denn jetzt galt es die kaufkräftigen Menschen als Kunden zu umwerben.59

In politischer Hinsicht beginnen die fünfziger Jahre im Herbst 1949 mit der Wahl zum ersten Deutschen Bundestag und der Bildung der ersten Bundesregierung unter Konrad Adenauer. Die politische Entwicklung wurde bestimmt durch den nach der Teilung Deutschlands herrschenden Ost-West-Konflikt. Bundeskanzler Adenauer (1949-1963) und Bundespräsident Theodor Heuss (1949-1959) prägten das Bild der neuen deutschen Demokratie. Es entstand ein parlamentarisches demokratisches System und eine kapitalistische Gesellschaftsordnung. Adenauer betrieb eine konsequente Politik der Westintegration, der Wiederbewaffnung und der europäischen Einigung. Nach und nach bekam die BRD auch ihre nationale Souveränität zurück (Pariser Verträge 1955). Die Republik wurde Mitglied der Nato (1954), des Europarates und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Die BRD erhob einen Alleinvertretungsanspruch für Deutschland und beendete im Rahmen der Hallstein-Doktrin (1955) die diplomatischen Beziehungen zu allen Staaten, die die DDR anerkannten - außer die Beziehungen zur Sowjetunion. 1955 wurde im Gegenzug zur Nato-Gründung der Warschauer Pakt geschlossen, dem auch die DDR beitrat. Der Kalte Krieg verschärfte sich zunehmend und die Großmächte begannen mit Wasserstoffbomben-Tests (1953) und Nuklearrakentenrüstung (1958).60

Nach den Erfahrungen mit Deutschland im Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg verhielten sich die europäischen Nachbarn eher skeptisch gegenüber den neuen Entwicklungen. Als Deutschland sich zur führenden europäischen Volkswirtschaft entwickelte, schürte das das Mißtrauen und den Neid der anderen Staaten noch mehr. Die Diskrepanz zwischen ökonomischer und politischer Bedeutung der BRD wurde immer größer. In der BRD selbst entstanden wieder neue rechte Parteien und man setzte sich nur ungenügend mit der Nazi-Vergangenheit auseinander. Die politische Kultur in den 50er Jahren war geprägt durch die Rückbesinnung auf traditionelle Werte, durch Konformität in Fragen des politischen Verhaltens, durch eine Sehnsucht nach vormodernen Zusammenhängen und zugleich durch einen starken Bedarf an privatem Glück. Einerseits hielt man an Traditionen und Altbewährtem fest, andererseits schaute man in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht nach vorne. Erich Kästner charakterisierte diese Zeit 1956 treffend mit den Worten: „Wir leben im motorisierten Biedermeier.“61

Die 50er Jahre sind als die Wirtschaftswunderjahre in die deutsche Geschichte eingegangen. „Vater“ des Wirtschaftswunders war der seit 1949 amtierende Wirtschaftsminister Ludwig Erhard. Sein Konzept der Sozialen Marktwirtschaft verband ökonomische, soziale und politische Zielvorstellungen miteinander. Neben größtmöglichen wirtschaftlichen Wohlstand durch Wettbewerb, wollte man auch eine Sicherung der Vollbeschäftigung und eine Gewährleistung der Außenhandelsfreiheit erreichen. Mit Hilfe der Wirtschaft sollten soziale Sicherheit, soziale Gerecht igkeit und sozialer Fortschritt erreicht werden.

Viele Faktoren begünstigten den extremen wirtschaftlichen Aufschwung der BRD: Durch den Marshall-Plan standen Milliarden (1948-52: 1,6 Milliarden Dollar) für den Wiederaufbau zur Verfügung. Die völlig zerstörte Wirtschaft, die Städte und Verkehrswege mußten nach dem Krieg wieder aufgebaut werden, was schließlich zur Massenkonjunktur führte. Die neu entstandenen Industrien arbeiteten effizienter als die der ausländischen Konkurrenz. 1952 wurde die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) gegründet. Schon 1950 produzierte die BRD ein Viertel des Westeuropäischen Stahls. Durch den Koreakrieg, der die Weltmarktpreise für Rohstoffe und industrielle Güter steigen ließ, sowie durch die Rüstungsproduktion vieler Länder wuchs die Stahlnachfrage und wurde die Wirtschaft der BRD weiter angekurbelt. Mit dem Beitritt zur EWG (1957) wurde die westdeutsche Wirtschaft zunehmend exportorientierter.62 Von 1952 bis 1958 stieg die Exportquote von 14% auf 21 %, die Importquote von 13 % auf 17 % des Bruttosozialprodukts. Die Integration der westdeutschen Wirtschaft in die Weltwirtschaft wurde immer intensiver.63

Durch die hohe Leistungsbereitschaft der arbeitenden Bevölkerung konnte die westdeutsche Wirtschaft hohe Steigerungsraten des Sozialprodukts und einen weitgehenden Rückgang der Arbeitslosigkeit erreichen. Während 1950 noch 1,5 Millionen Menschen - vor allem Jugendliche - arbeitslos waren, mußten 1955 schon ausländische Gastarbeiter angeworben werden, weil es an qualifizierten Kräften mangelte. Bis 1961 entwickelte sich eine stabile Vollbeschäftigung.64 Nur wenige westeuropäische Länder erlebten in den 50er Jahren einen so dramatischen Rückgang des landwirtschaftlichen Beschäftigungsanteils wie die Bundesrepublik. Der Anteil der agrarischen Arbeitskräfte nahm in Westdeutschland von 25 % (1950) auf 11,6 % (1962) ab.65 Ein Teil der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte ging zu den Dienstleistungen, die meisten aber in die Industrie. Der industrielle Beschäftigungsanteil betrug 1950 noch 43 % und stieg bis 1960 auf 48 %. In der gleichen Zeit wuchs die Beschäftigung im Tertiären Sektor von 33 % auf 38 %.66

In der Industrie setzte die Automatisierung ein. Die Arbeitszeiten verkürzten sich, Löhne und Gehälter stiegen. Das durchschnittliche Jahresbruttoeinkommen betrug 1950 noch 2881 DM und stieg bis 1958 auf 5051 DM. Das Einkommen der Haushalte stieg in den 50ern doppelt so schnell wie in den 150 Jahren davor. Es kam zu regelrechten Konsumwellen: Auf die sog. Freßwelle folgten die Bekleidungs-, Wohnungs- und Reisewelle. Während man in der ersten Hälfte der 50er Jahre noch innerhalb Deutschlands Ferien machte, meist in Form von Campingurlaub, gehörten ab Mitte der 50er die Nordsee, die Alpen und vor allem Italien zu den beliebtesten Urlaubszielen der Bundesbürger.67 Mit wachsendem Wohlstand änderte sich das Verbraucherverhalten. War anfangs die Quantität wichtig, zählte bald immer mehr die Qualität. Man strebte zunehmend nach verfeinerter Kost, komfortablerem Wohnen, anspruchsvollerer Kleidung, wollte ein Automobil und Unterhaltung haben. Verbraucher zeigten Geltungsstreben und Genußorientierung. Besondere und teure Konsumgüter wurden zu Statussymbolen und sollten in der Massengesellschaft zu Anerkennung und Prestige verhelfen.68

Die technische Entwicklung in den 50er Jahren ist gekennzeichnet durch Computerisierung und Automatisierung sowie durch die beginnende Telekommunikationstechnik. Es war der Beginn des informations-und systemtechnologischen Zeitalters. Bei der Kommunikationstechnik lag der Schwerpunkt im Ausbau des Fernsprechnetzes. In den 50er Jahren wurden viele Erfindungen gemacht, die den Alltag beeinflußten, oft auch vereinfachten. Große technische Entwicklungen fielen in den Bereich der Unterhaltungs- und Haus haltstechnik: Neben Transistorradio und Elektrorasierer wurden auch die Tiefkühl- und Stereotechnik erfunden sowie, kleine Fernsehröhren und das Video. Außerdem begann in den Fünfzigern das sog. Plastik-Zeitalter: Neben Kunststoffen wurden zum ersten Mal Kunstfasern wie Nylon, Perlon, Dralon, Resopal, Krepp und PVC entwickelt und produziert. Die leichte Gestaltung der Kunststoffe förderte nun die „Wegwerfgesellschaft“. Der Bundesdeutsche Alltag paßte sich immer mehr dem US-amerikanischen Vorbild an. Zuerst standardisierte man die Verbrauchsgüter, um sie dann - ab Mitte der 50er - als Massenwaren zu produzieren. Supermärkte verdrängten zunehmend die kleinen Einzelhandelsgeschäfte.69

3.2 Alltag in den 50er Jahren

Betrachtet man die wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen aus der Perspektive des Alltagslebens der Menschen, so ist der allgemeine Aufschwung in den 50er Jahren differenzierter zu sehen. Arnold Sywottek teilt deshalb die „50er Jahre“ in zwei verschiedene Phasen: in einen Abschnitt, der eher der Rekonstruktion, dem „Wiederaufbau“ des kriegszerstörten Landes und der Rückkehr zur „Normalität“ zuzurechnen ist, und in die „kurzen“ 50er Jahre, in denen dann erkennbar „Modernisierung“ dominierte. „Doch diese „kurzen“ 50er Jahre, die in der kollektiven Erinnerung oft zu den „eigentlichen“ wurden, waren eben, versucht man, die ganze Gesellschaft in den Blick zu nehmen, nicht die ganzen 50er Jahre.“70 Bilder von dem „Wirtschaftswunder“ und den „Verbraucherwellen“ in den 50er Jahren drängen die bescheidenen frühen 50er Jahre, in denen noch jeder Pfennig umgedreht werden mußte, in den Hintergrund. Auch Michael Wildt teilt die Nachkriegszeit in zwei Phasen des Konsums: „Kam es in den frühen 50er Jahren diesen Haushalten vor allem darauf an, mit einem hohen Anteil der Nahrungsmittel an den Lebenshaltungskosten den Grundbedarf der Familie zu decken, und all das an Hausrat und Kleidung, was durch den Krieg beschädigt worden oder verloren gegangen war, zu ersetzen, wurde es mit den steigenden Einkommen seit Ende der 50er Jahre möglich, über diesen Grundbedarf hinaus jetzt neue, zusätzliche Konsumartikel zu kaufen, d.h. sich ein Stück Wohlstand zu leisten.“71

Die allgemeine Modernisierung wurde in den 50ern auch als Entdifferenzierung („Nivellierung“) wahrgenommen. Schichtengebundene Lebensstile und Traditionen wurden abgeschwächt; an die Stelle der alten Klassengesellschaft trat als Leitbild die Mittelstandsgesellschaft. Die neue Mittelschicht der Wirtschaftswunderzeit war auf Einkommen ausgerichtet, das Kons um ermöglichte. Statussymbole, die zuvor einkommensspezifisch begrenzt waren, wurden plötzlich für viele Menschen erreichbar. In der entwickelten Industriegesellschaft wurde das Sozialprestige weniger nach Herkunft und Stand bestimmt als nach persönlicher Leistung und Beruf - nach Arbeitseinkommen und dem dadurch ermöglichten Konsum. Viele Autoren sprechen deshalb von der „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ der 50er Jahre.72

Die Verbreitung von technisch-wirtschaftlichen Innovationen hatte direkte, quantitativ meßbare Auswirkungen auf Verhalten und Lebensstandard der Menschen. Beispiele für diesen gesellschaftlichen Wandel (im Sinne von Modernisierung) sind die zunehmende Motorisierung des Verkehrs durch Motorrad- und Pkw-Besitz mit den Folgen für den Alltag, für den Tourismus und für die Siedlungsweise, aber auch die Küchen- und Haushaltstechnik mit ihren Auswirkungen auf den Arbeitsrhythmus der Frauen im Haushalt und das Fernsehen mit seinen Folgen für die Gestaltung des „Feierabends“ und die Formung des „Zeitgeistes“.73 Die vielen neuen Requisiten des täglichen Lebens brachten auch eine neue Alltagskultur bzw. einen neuen Lebensstil hervor.

3.2.1 Die Mentalität der 50er Jahre

Der Antikommunismus bestimmte die Mentalität und die herrschende öffentliche Meinung in der Adenauer-Ära. Bedingungslose Westintegration, der Trend zur „Amerikanisierung“ der BRD, Forderungen nach Beendigung der Entnazifizierung und das wirksame Konzept der sozialen Marktwirtschaft förderten den Trend zur Restauration dieser Zeit. Die soziale Marktwirtschaft wurde aber nicht als Wiedereinführung des Kapitalismus propagiert, sondern als Bedingung für grenzenlose Freiheit und als Aufhebung faschistischer Zwangswirtschaft.74

Die Enttäuschungen der falschen Versprechungen des Dritten Reichs waren in den 50er Jahren noch in frischer Erinnerung. Es war eine ganz neue Erfahrung für die Menschen, daß Versprechungen, die in der Werbung gegeben wurden, nun scheinbar wirklich eingelöst wurden. Hinter dem Slogan verbarg sich nun ein Produkt, das käuflich erworben werden konnte und so das Werbeversprechen legitimierte. Werbung präsentierte die glaubwürdige, zauberhafte Zukunft. Die saubere Produktwelt erschien den Leuten in den 50ern als Gegenpol zu der schreckenerfüllten, ruinösen Vergange nheit. Selbst diejenigen, die aufgrund ihrer antifaschistischen Vergangenheit Skepsis und Distanz zeigen könnten, gaben sich der Konsumwelt hin. Arbeit und Konsum regierten so den Alltag der Nachkriegszeit. Die Menschen waren fast ausschließlich an ihrer materiellen Verbesserung interessiert - nicht etwa an wichtigen politischen Themen wie der Wiederbewaffnung. Man wandte sich von der Politik ab und stürzte sich in den Konsum. Folgende Worte beschreiben treffend die kollektive Lebensphilosophie der fünfziger Jahre: „Weil man das Gefühl hatte, daß man um die ganze Jugend betrogen worden war, sollte man einfach mal anfangen zu leben. Und leben hieß bei uns, sich auch was gönnen können. (...) Aber das war dann auch eine Sache des Geldes, und Geld war eben nur über Arbeit zu haben, also hat man gearbeitet.“75 Nach den Entbehrungen bis zur Währungs- und Wirtschaftsreform 1948 war die Konsumneigung groß. Die Menschen gaben einen hohen Anteil ihres Einkommens sofort wieder aus. Nach der Erfahrung der weitgehenden Ent wertung von Sparguthaben (1923 und 1948) war die Sparbereitschaft in den 50ern gering. Die niedrigen Einkommen zwangen zur Beschränkung auf existenznotwendige Einkäufe und Ersatzbeschaffung. Man wollte sich richtig satt essen, neu einkleiden und ein Dach über dem Kopf haben. Das Verbraucherverhalten war relativ homogen, denn der Konsum diente der Befriedigung von Grundbedürfnissen. Das einheitliche Streben nach materiellem Mehr sollte zu mehr Lebenszufriedenheit führen.76

Als es in der zweiten Hälfte der 50er Jahre nicht mehr nur um das „Mehr“ ging, sondern zunehmend auch um Qualität, verstärkte sich der Trend zur Homogenität im Konsumverhalten nur noch mehr. So stellt Rainer Gries fest: „Niemals mehr in der Geschichte der Bundesrepublik werden sich Konsumstandards als Moralstandards so rigoros geltend machen wie in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre. Wo Konformität und Konvention regieren, werden sie zugleich zu den probatesten Mitteln sozialen Überlebens, weil „man“ in ihnen untertauchen kann.“77 Man begann, sich einheitlich zu kleiden, indem man Krawatten und Hüte trug, und kaufte Benimmbücher wie das „Einmaleins des guten Tons“(1955) und das „Buch der Etikette“, die in den 50ern extrem hohe Auflagenzahlen erreichten. Benimmbücher lehrten den „guten Ton“ und die „feine Sitte“, gaben Formen und Normen vor für den angepaßt- makellosen Mustermenschen. Doch man nahm solche „Richtlinien“ offenbar nicht als Zwänge wahr, sondern suchte geradezu die Formung, die geordneten, normalen Lebensverhältnisse, nach denen man sich so lange gesehnt hatte.78

Auch Georg Bergler spricht noch in den 60er Jahren von dieser beschriebenen Konformität und den Konsumstandards. In diesem Zusammenhang spricht er dem Leitbild eine große Bedeutung zu: „...das Ding gibt den Ton an. Es wird zum Maßstab für die Bewertung der Persönlichkeit, macht gleich oder erhöht für eine kurze Zeit den einen über den anderen. Wer viel verbrauchen kann, gilt etwas. Wer erwirbt und sichtbar macht, was der Nebenmann noch nicht hat oder gar nicht kennt, der wird beneidet oder vielleicht auch bewundert. Wer das Neueste trägt, zeigt, daß er mit der Zeit geht und sich etwas leisten kann. Niemand will altmodisch sein.“ (...)“Das Leitbild hat keinen Namen mehr. Heutzutage ist zu hören: „man trägt dies“ - „man reis t nach Mallorca“ - „man fährt einen X-Wagen“ - „man muß ein Fernsehgerät haben“. Herr Jedermann ist das Leitbild nach oben und nach unten. “79 Das neue gesellschaftliche Ideal der Konsumgesellschaft war geprägt durch die Leistung des Einzelnen, dem privaten Erfolgsstreben und der Teilhabe am Massenkonsum.

Generell galt in der BRD der 50er Jahre das Motto „Mitmachen statt Miesmachen“. Man war peinlich darum bemüht, die nationalsozialistische Vergangenheit auszublenden. „Statt konkreter Schuldeingeständnisse reüssierten allgemeine Schuldthesen, die den Faschismus und seine Greuel oft genug äußerst vage aus dem ‚Abfall von Gott‘ begründeten, seine Wurzeln in ‚Vermassung‘ und ‚Verpreußung‘ sahen oder sie schlicht als ‚Tragik‘ der Weltgeschichte und Einbruch ‚des Dämonischen‘ pseudoargumentativ wegeskamotierten.“80 Der Aktivismus des Wiederaufbaus eignete sich hervorragend dazu, die faschistische Vergangenheit zu verdrängen; es blieb auch keine Zeit zur Selbstreflexion oder kritischen Beobachtung der eigenen ha ndlungsleitenden Werte. Man konzentrierte sich auf das Materielle und wollte eventuelle blinde Flecken politischen und soziokulturellen Mentalitätshaushalt einfach nicht wahrnehmen.81

3.2.2 Geschlechterrollen, Wohnsituation und Individualverkehr

Während die Männer im Krieg waren, mußten die Ehefrauen meist allein zurechtkommen. Sie gingen arbeiteten, um die Familie zu ernähren, kümmerten sich um die Kinder und mußten Haus und Hof in Schuß halten. Sie arbeiteten als „Trümmerfrauen“, auf dem Bau, in Fabriken oder im öffentlichen Dienst. Das Heim ohne Hüter forderte die Selbständigkeit der Frauen. Zum ersten Mal trugen in so großer Zahl Frauen selbständig die Verantwortung für sich und ihre Familie. Viele Ehemänner fielen im Krieg. Ein zahlenmäßiges Übergewicht der Frauen war die Folge. So lebten nach dem Krieg in den vier Besatzungszonen 7 Millionen (ein Viertel) mehr Frauen als Männer.82

Diskussionen über andere Formen des Zusammenlebens und konkrete Forderungen zur Gleichberechtigung der Frau endeten mit der Währungsreform. „Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung übernahmen die Männer wieder alle entscheidenden Positionen. Emanzipatorische Ansätze in den Medien verschwanden zugunsten der Sensationsberichterstattung bezüglich des Wirtschaftsbooms. Im Janua r 1949 konnte die endgültige Entscheidung des Parlamentarischen Rats, den Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ nicht ins Grundgesetz aufzunehmen, gerade noch mit massivem Protest von Frauen verhindert werden. Ansonsten aber beraubte die gesellschaftliche Restauration die Frauen wieder der meisten ihrer in den Kriegs- und Nachkriegsjahren erreichten Freiheiten.“83 Küche, Heim, Herd und Mode wieder zu den Frauen zugeordneten Interessengebieten erklärt. Emanzipatorische Ansätze wurden den neuen alten Rollenzuweisungen geopfert. Die 50er Jahre wurden eine repressive Zeit für die Frauen, die sich nun wieder auf die Rolle der Hausfrau, Gattin und Mutter beschränken sollten. „Für die Idealfrau bestand die Hauptaufgabe darin, sich einen Ehemann zu angeln und ihn an sich zu binden.“84 Der perfekt geführte Haushalt wurde dadurch zum wichtigsten Gradmesser für Weiblichkeit.

Obwohl sich die Öffentlichkeit sehr intolerant gegenüber der Berufstätigkeit von Müttern aus vollständigen Familien zeigte, nahm die Zahl arbeitsuchender Frauen seit der Währungsreform kontinuierlich zu. Nicht nur Witwen, geschiedene und alleinstehende Frauen, sondern auch verheiratete Frauen wollten hinzuverdienen. Die Zahl berufstätiger Ehefrauen wuchs von 1950 bis 1962 um 1,9 Millionen.85 Allerdings übernahmen Frauen meist niedere, von den Männern wenig begehrte Tätigkeiten und das Arbeitseinkommen der Ehefrau blieb sehr gering. Betrug es im Bundesdurchschnitt 1950 nur 1,7% der Gesamteinnahmen der Haushalte, so stieg es bis 1957 nur minimal an auf 3% und sank bis 1963 sogar wieder auf 1,4% ab.86 Viele Familien wollten trotzdem nicht mehr auf ein zweites Gehalt verzichten. Die Industrie lieferte mit Fertigmenüs ihren Beitrag, mit der Doppelbelastung fertig zu werden. Neben Fertigknödeln gab es jetzt auch Waschmaschinen und Staubsauger, die das Leben der erwerbstätigen Frauen etwas erleichterten. Vor allem praktisch sollte alles sein. So galt die Rationalisierung des Haushalts und der Küche in den 50er Jahren als Inbegriff von Modernität.

Besonders schwierig gestaltete sich die Wohnsituation der 50er Jahre. Durch den Krieg waren 40% der Wohnungen zerstört worden, so daß 1949 noch 5 Millionen Wohnungen fehlten. Mit den gesetzlichen Regelungen zum „sozialen Wohnungsbau“ (1953) konnten bis 1956 jährlich 600.000 Wohnungen geschaffen werden, die Hälfte wurde durch die Förderung des sozialen Wohnungsbaus finanziert. Im Rahmen der „Wohnungs-Welle“ ging es in den 50er Jahren nur darum, so schnell und billig wie möglich, Wohnraum zu schaffen. Die Häuser waren eng und hellhörig, wirkten stillos und eintönig. Viele Schlaf- und Trabantenstädte entstanden auf billigem Bauland außerhalb der Stadt. In den Großstädten entstanden Hochhäuser. Die Architektur war insgesamt geprägt durch Normierung, Standardisierung und Rationalisierung.87

Freiheit und Demokratie hieß in den 50ern vor allem Reisefreiheit und Individualverkehr. Die Automobilindustrie boomte. Die Zahl der Personenkraftwagen stieg von 0,52 Mio. (1950) auf 4,1 Mio. (1960) an, der PKW-Bestand verachtfachte sich somit in den 50er Jahren. Gab es 1950 noch doppelt so viele Krafträder wie PKW, so waren 1960 schon dreimal so viele PKW wie Krafträder als zugelassen gemeldet.88 Da die Deutschen zunächst noch ein sehr begrenztes Budget hatten, waren günstige Kleinfahrzeuge sehr beliebt. Typisch für damals war z.B. der Messerschmitt-Kabinenroller, eine Mischung aus Auto und Motorroller. Da man zum Fahren eine Plexiglashaube über sich schließen mußte, wurden die Besitzer auch liebevoll „Männer in Aspik“ genannt. Auch „Straßenwanzen“, „Nuckelpinnen“ und „Leukoplastbomber“ pflasterten die Straßen.89

Mit der schnellen Produktion und Verbreitung der Individualverkehrsmittel veränderten sich auch die Städte bzw. Landschaften und die Lebensgewohnheiten der Menschen. Die räumliche Mobilität stieg drastisch an: zu überwindende Distanzen wurden größer und der individuelle Aktions-und Erfahrungsraum erweiterte sich. Die Zahl der zwischengemeindlichen Berufspendler verdoppelte sich fast (1950: 3,36 Mio., 1961: 6,13 Mio.). Dadurch entstand eine neue Form intensivierter Stadt-Land-Verflechtung.90 Das allgemeine Ziel war die „autogerechte Stadt“ - nicht etwa der Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes. Trotz Verkehrsprobleme und erster Ölpest-Vorfälle wurde Ökologie in den 50ern noch nicht als Problem aufgefaßt.91

3.2.3 Kulturindustrie und Mode in den 50er Jahren

Mit der Kulturindustrie entstand in den 50er Jahren ein neuer kultureller Pluralismus. Die rasante Entwicklung und Verbreitung der Massenmedien und der Unterhaltungstechnologie führte zur scharfen Trennung zwischen U- und E-Kultur. Die U-Kultur wurde zum dominanten Wirtschaftsfaktor, denn sie orientierte sich nicht mehr an Kunstphilosophien, sondern an den Bedürfnissen der Konsumenten, d.h. am kapitalistischen Markt. Die U-Kunst (Illustrierte, Heftromane, Schlager, Tanzmusik) dehnte sich nach 1948/49 rasch aus. 1954 wurden in der Bundesrepublik 25 Mio. Platten verkauft - etwa die Hälfte an junge Käuferschichten.92 Zu den beliebtesten deutschen Stars zählten Cornelia Froboess, Peter Alexander, Freddy Quinn, Fred Bertelmann, Caterina Valente und Vico Torriani. Elvis Presley und Bill Haley machten den Rock’n Roll in Deutschland bekannt. Wenig später verbreiteten auch deutsche Rock-Sänger wie Peter Kraus, Tommy Kenz und Ted Herold die neue Musik. In Folge der Rock’n Roll Begeisterung kam es erstmals in der BRD zu sog. Halbstarkenkrawallen.93 Diese fanden im Anschluß an erste Konzerte amerikanischer und deutscher Rock’n Roll-Stars oder Kinovorführungen von „Halbstarken“-Filmen wie „Außer Rand und Band“ statt.

Ab 1957 entfaltete sich eine eigene breite Jugendkultur - in eigenen Räumen und mit einem speziell für die Jugend geschaffenen kulturindustriellen Warenangebot. Die Jugendlichen wollten sich immer stärker von den Erwachsenen abgrenzen. Sie verfügten nun auch immer häufiger über eigenes Geld: Nach einer Erhebung eines Hamburger Marktforschungsinstituts hatten die 14- bis 19-jährigen 1959 im Durchschnitt 40 DM auszugeben - das waren 4 Milliarden DM pro Jahr, die das Interesse der Konsumindustrie weckten. Wünsche der Jugendlichen waren u.a. ein Fahrrad, ein Motorrad oder Motorroller, ein Fotoapparat, ein Plattenspieler und Kleidung.94 Die „Bravo“ wurde seit Ende der 50er Jahre zur wichtigen Trägerin für Werbeangebote, die auf Juge ndliche zielten, und - mit Modetips und Geschichten von Stars - zur Vermittlerin von US-amerikanischen Leitbildern. Die Bravo hatte 1959 schon eine Auflage von 523.000 Exemplaren, mehr als 1,5 Millionen Jugendliche lasen sie.95

Die Bedeutung der Medien nahm in den 50ern stark zu. Bis 1960 verdoppelte sich auch die Zahl der angemeldeten Rundfunkempfänger. Der Hörfunk wurde immer mehr zum tagesbegleitenden Informations- und Unterhaltungsmedium. Doch zunehmend trat der Hörfunk auch in Konkurrenz mit dem Fernsehen. Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1952 nahm das NWDR-Fernsehen als erste Anstalt offiziell seinen Betrieb auf. Seit dem 1. November 1954 gab es dann ein Gemeinschaftsprogramm der ARD mit der Bezeichnung „Deutsches Fernsehen“. Das Fernsehen avancierte schnell zum Massenmedium und immer mehr Bundesbürger genossen das Weltgeschehen aus der Wohnzimmerperspektive. Im September 1957 wurden zum ersten Mal mehr Fernseh- als Radio-Teilnehmer registriert. Bei den Bevölkerungsteilen, die sich kein eigenes Gerät leisten konnten, erfreute sich der öffentliche und kollektive Empfang großer Beliebtheit: Rezeptions-Orte waren z.B. der Elektrohandel und die Kneipe. 1953 waren 78,2% der Fernseh-Teilnehmer Selbständige, davon 25,3% Gastwirte und 21,6% Rundfunkhändler. Nur 4,8% der Eigentümer waren damals Arbeiter.96

Steigende Einkommen, sinkende Preise und großzügige Ratenzahlungsangebote ermöglichten Ende der 50er vielen Haushalten die Anschaffung eines Geräts. Das Fernsehen übernahm zunehmend die Funktion des „Familienmediums“. Spiel- und Gewinnsendungen am Samstagabend, Fernsehfamilien wie die „Schölermanns“ und Krimi-Reihen trugen zur häuslichen Unterhaltung bei. Mit der „Tagesschau“ wurde das Fernsehen ab 1956 schnell zu einem glaubwürdigen Informationsmedium. Es strukturierte bald die abendliche Freizeitgestaltung und verdrängte zunehmend den Kino-Besuch.97 Statt des bisherigen gemeinsamen Abendbrots, gab es nun die schnelle „Fernsehmahlzeit“: Kalte Platten, Häppchen, Butterbrote oder Salzgebäck. Nicht mehr der Tisch war Mittelpunkt der Familie, sondern das Fernsehgerät. Das Bedürfnis nach Unterhaltung und der Wunsch nach Privatheit waren für die meisten das Hauptmotiv für die Anschaffung eines Fernsehers. Eine neue Häuslichkeit und Zurückgezogenheit auf das eigene Heim charakterisierten die späten 50er Jahre.98

Mit der massenhaften Verbreitung des Fernsehens nahm nun auch die Bedeutung der Fernsehwerbung zu. Der Beginn des Werbefernsehens in der BRD ist durch die tägliche 6- minütige Ausstrahlung reiner Werbung vom Baye rischen Rundfunk markiert. Als schließlich auch der Norddeutsche Rundfunk sein Werbeprogramm aufnahm (April 1959), lag die gesamte Bundesrepublik im Bereich des Werbefernsehens.99 Kommerzielle Werbung wurde, nachdem sie einmal eingeführt war, von den Zuschauern nicht abgelehnt. Es wird davon ausgegangen, daß durchschnittlich die Hälfte des Fernsehpublikums die Werbung anschaute.100

Mit dem Fernsehen erhielt auch Hollywood Einzug in das Wohnzimmer und beeinflußte die Alltagswelt der Menschen. Stars wie Marilyn Monroe, Liz Taylor, Sophia Loren und Gina Lollobrigida verkörperten das neue Schönheitsideal schlechthin. Weibliche Kurven standen jetzt nicht mehr für Mütterlichkeit - wie in der Nazizeit - sondern für Sex-Appeal. Film- Schönheiten der 50er waren zwar schlank, aber nicht dürr.101 Generell herrschte damals ein anderes Schönheitsideal: Viele Menschen in den Nachkriegsjahren waren dick; nach den mageren Hungerjahren zeigte man am eigenen Leibe, daß es einem wieder gut ging. Beleibtheit war ein Zeichen von Wohlstand und Attraktivität. Dabei legte man zunehmend mehr Wert auf das Äußere. Vor allem Frauen schminkten sich jetzt und kleideten sich modisch.

Zu Beginn der 50er Jahre waren noch Wiederverwertung und Eigenproduktion an der Tagesordnung. Zahlreiche Sond erbroschüren gaben nach der Devise „Aus alt mach neu“ Ratschläge zum Umarbeiten und Kombinieren vorhandener Stoffe. Die Materialknappheit diktierte noch die modischen Entwicklungen. Aus Uniformen, Tischtüchern, Vorhängen und Sofadecken wurden Anzüge und Kleider geschneidert. Man setzte auf schlichte Eleganz. Erst ab 1953 wurde die Mode figurbetont und extravaganter. Nun lagen asymmetrische Schnitte und Cocktailkleider im Trend. 1954 kam schließlich alles das in Mode, was wir heute als „typisch 50er“ Kleider- und Frisurmoden kennen. Pferdeschwanz, Capri-Hose und Petticoat für die Frau; Röhrenhosen und spitze Schuhe für den Mann. Enge Kostüme, Nickis, Parallelos, Nylons mit Naht, Wasserfrisuren und Entenschwanz waren „in“. Stil, Mode und Eleganz waren die wichtigsten neuen Begriffe, die zur individuellen Profilierung im aufkommenden Wohlstand ausgegeben wurden. Im Gegensatz zur ersten Hälfte der 50er Jahre entwickelte sich nun der Trend zum Fertigprodukt: „Natürlich fertig gekauft“ und “öfter mal was Neues“ war die Devise (auch in der Werbung). Gegen Ende der 50er erlebten die inzwischen etablierten Modezeitschriften ihre Hoch-Zeit, neue entstanden, wie „Madame“, „Elegante Welt“, „Der Herr“, „Chic“ und „Schöner Wohnen“.102

Wie in der Kleidermode setzte man auch bei der Wohnungseinrichtung auf pflegeleichte Materialien und verwendete mit Vorliebe die neuen Kunst- und Plastikstoffe. Das Design der 50er Jahre wurde durch leichte, grazile, organische Formen und abstrakte Dessins geprägt. Zur Alltagskultur der 50er Jahre gehörten z.B. Musiktruhen, Nieren- und Palettentische. Daneben eroberten auch Tütenlampen, Blumenhocker, Cocktail-Sessel und trapezförmige Schränke die Wohnzimmer. Möbel und Gebrauchsgegenstände mußten vor allem zweckmäßig sein. Klappbett und Schlafcouch sollten die zu engen und überbelegten Wohnräume der Nachkriegszeit optimal nutzen. Mit der zunehmenden Verbreitung des Fernsehens schmückten auch die sog. Fernsehtruhen die Wohnzimmer. Deutlich erkennbar bestimmte Funktionalität das Design.103

4. Werbung in den 50er Jahren

Nach der Währungsreform 1948 stand die Werbung zunächst im Zeichen des „Wieder“. Sprüche wie „Sunlicht ist wieder da“ oder „Die Fabrik steht noch, es wird wieder produziert, in Kürze gibt es unser Produkt zu kaufen“104 waren typisch für diese Zeit. Werbung beschränkte sich darauf, daß sich Markenartikel105 und große Firmen aus der Vorkriegszeit wieder beim Verbraucher zurückmeldeten.

In den 50er Jahren war die Werbung Ausdruck der allgemeinen Aufbruchstimmung und des „deutschen Wirtschaftswunders“. Die Grundbotschaft der Werbung - „Wir haben alles“ und „Wir sind wieder wer!“ - war der emotionale Resonanzboden, der wiederum den Deutschen Selbstbewußtsein und Optimismus vermittelte. Lachende Gesichter demonstrierten in der Werbung die „heile Welt“ und den neu erlangten Wohlstand. Die Masse der Werbespots und Anzeigen war durch treudeutsche Biederkeit gekennzeichnet. Der Tendenz der Vergangenheitsverdrängung kam die Werbung entgegen, indem sie das Sinnvakuum nach dem Dritten Reich auffüllte und eine materialistische Konsumhaltung der deutschen Bevölkerung propagierte.106

Im Gegensatz zu heute hatte das Fernsehen in den 50er Jahren als Werbeträger noch keine große Bedeutung und war in der deutschen Werbeszene noch relativ unbeliebt. Die deutschen Kreativen hatten damals noch keine Erfahrung im Umgang mit dem neuen Medium.107 Formen und Strategien der Fernsehwerbung waren deshalb noch deutlich von Kinofilm und Printwerbung beeinflußt. Alle verfügbaren Techniken - vom Realfilm bis zum Sach- und Zeichentrick - wurden ausprobiert und miteinander kombiniert.108 Die Printwerbung war in den 50er Jahren meist noch gemalt; oft wurden dekorative Elemente und Schnörkel als formales Gestaltungs- und Werbeinstrument eingesetzt. Eine Verbindung von formalen und inhaltlichen Aspekten war damals noch leicht realisierbar, da die gesamte Anzeigengestaltung in einer Hand lag. Erst mit komplizierten Werbetechniken und steigender Bedeutung der Werbepsychologie wurden mehr Menschen aktiv am Entstehen einer Anzeige beteiligt.109

4.1 Werbegedichte, Konsumleitbilder und „mutti-kulturelle“ Epoche

Ab 1954 boomte in der Anzeigenwerbung das lange Werbegedicht. Gedichte sollten ordnungsgemäß, schön und verständlich sein und ihren Beitrag zur neuen Anständigkeit und Gesittetheit leisten. Nicht nur für Konsumgüter, wie z.B. Linde’s Zichorien-Kaffee und Dujardin-Weinbrand wurde mit Lyrik geworben, sondern auch für langfristige Gebrauchsgüter. Bei letzteren gestalteten sich die Werbegedichte oft als Hymnen des Konsums und zelebrierten den neuen, durch Konsumstandards definierten „Mittelstand“. Das lange Werbegedicht beschrieb den Augenblick des Anschaffungsglücks in euphorischen Worten, wodurch die Erstausstattung mit Autos oder Kühlschränken oft an Initiationsriten erinnerten. Es war eben der eigene, ganz persönliche Kühlschrank, den man sich anschaffte. So wird z.B. in einer Werbeanzeige der Kühlschrank (Bosch) wie ein neues Familienmitglied empfangen. Alle Straßenanwohner gucken zu, wie das Produkt vom Lieferwagen abgeladen wird und bestaunen das Ereignis. Der Kühlschrank wird zum Anschaffungsdenkmal und zur Einlösung des Konsumversprechens.110

Doch genauso plötzlich wie das Werbegedicht Mitte der 50er Jahre aufkam, kehrte man anfangs der 60er wieder zur Prosa zurück. Dies hängt vermutlich mit der veränderten Wirtschaftslage zusammen. Als die besonderen Wachstumsbedingungen der westdeutschen Nachkriegswirtschaft zu Ende gingen und der Markt immer mehr vom Verkäufer- zum Kundenmarkt wurde, mußte Werbung auf einmal wirklich effektiv sein. Während in der zweiten Hälfte der 50er noch ökonomisch und gestalterisch viel Freiraum vorhanden gewesen war, wurden nun zunehmend Experten gefragt, die nicht mehr nur lustige Werbereime produzierten, sondern Ahnung von Absatzwirtschaft und der Ware haben mußten.111

In der Werbung der 50er Jahre wurden mit Vorliebe Sympathieträger - meist Film- und Fernsehstars - eingesetzt. Marianne Koch war eine der meistbeschäftigten deutschen Schauspielerinnen der fünfziger Jahre und war so häufig in der Werbung zu sehen wie kein anderer Star. Sie warb für Lux-Seife, Martini, Gillette, Jacobs-Kaffee, Gardinen und vieles mehr. Jugendidole wie Conny Foboess und Peter Kraus warben für Mopeds, Vicco Torriani warb für Kern-Hemden, Peter Frankenfeld für Bohnerwachs, Karlheinz Böhm und Heinz Rühmann für das Krawattentragen im allgemeinen.112 Michael Kriegeskorte (1992) erklärt den starken Einsatz von Stars in der Werbung folgendermaßen: „Das führte in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre zu einer derartigen Massierung von Sympathieträgern in der Werbung, daß man die Fünfziger zum Jahrzehnt der Konsumleitbilder erklären könnte. Es ist durchaus vorstellbar, daß der Verlust aller ideellen Werte im Zweiten Weltkrieg dieser Werbestrategie Vorschub leistete, die so ein Sinnvakuum auszufüllen versuchte.“113

Bis in die 60er Jahre hinein herrschte vor allem in der Printwerbung ein allgemeiner Trend zur Personendarstellung. Die beiden Nachkriegsjahrzehnte waren offensichtlich geprägt von parochialen Rückzugstendenzen in enge, aber überschaubare, familienorientierte Lebensverhältnisse.114 So setzten Werbetreibende immer wieder auf den Schlüsselreiz „Kindchenschema“. Große Kinderaugen und typisch rundliche Körperformen von Babies und Kleinkindern sollten die Aufmerksamkeit der Rezipienten gewinnen. Vor allem Anzeigen für Babypflege, Waschmittel, Margarine- und Seifenwerbung appellierten mit Kinderbildern an die überwiegend weibliche Kundschaft. Auch Anzeigen, die Familienleben oder liebevolle Fürsorge darstellen wollten, nutzten oft den Charme der Allerkleinsten. Christa Wehner stellt in ihrer Untersuchung der STERN-Anzeigen einen extrem hohen Anteil (8%) von Kindchenschema-Motiven in den Jahren zwischen 1958 und 1965 fest. Auch Mosebach (1994), der sich mit Plakaten, Anzeigen und Fernsehspots der 50er Jahre befaßt hat, spricht von einer „muttikulturellen (!) Epoche der Werbung“115. Als Beispiel kann hier die STERN- Anzeige für Colgate aus dem Jahr 1957 angeführt werden (Anzeige 31/Anhang): Zu sehen sind Mutter und Tochter eng nebeneinander, beide strahlen gesund und glücklich den Betrachter an, die Mutter drückt gerade ihrem Kind etwas Zahnpasta auf die Zahnbürste. Während in der entsprechenden Anzeige von 1997 (Anzeige 32/Anhang) ganz auf Personendarstellung verzichtet wurde, sollen 1957 durch die betonte Darstellung von liebevoller Fürsorge Mutterinstinkte geweckt werden.

Gegen Ende des Jahrzehnts begann die Werbung auch einen allgemein verbindlichen Männertyp zu kreieren. Wurden bislang Männer als starke Individualisten umworben, wurde nun der coole Typ mit adrettem Kurzhaarschnitt - in Anzug und Krawatte systemkonform gestylt - zum Leitbild für Millionen von Männern.116 Generell wurde in der damaligen Werbung dem Produkt oft eine Person zugeordnet, die die Werte verkörperte, die die Menschen mit dem Produkt assoziieren sollten. Die Werbebotschaft wurde durch eine Person und nicht durch eine abstrakte Zuweisung von Symbolen manifestiert. So wurde z.B. Backpulver durch eine Hausfrau repräsentiert, die von ihrem Mann gelobt wurde.117

4.2 „Mach mal Pause!“ - Ein Slogan trifft den Puls der Zeit

In der Phase des Wiederaufbaus versuchten die Deutschen die verlorenen Kriegsjahre in jeder Beziehung wieder aufzuholen. Man suchte in einer abstrakten Modernität nach einem möglichen Neuanfang - meist angelehnt an das Vorbild Amerika. Da traf das Erfrischungsgetränk Coca-Cola mit seinem neuen Slogan „Mach mal Pause...“ mitten ins Herz der Konsumenten. Der Werbespruch erinnerte daran, daß gearbeitet wird, um zu leben. Die Coca-Cola-Werbung war für die Deutschen die Botschaft eines neuen Lebensstils. Der Erfolg der Kampagne beruhte gerade darauf, daß der zuständige Werbeberater Hubert Strauf, nicht auf einen bereits verankerten Wert setzte, sondern mit „Mach mal Pause“ einen Wertewandel in Deutschland voraussah und diesen mit dem Produkt Coca-Cola verband. In Frankreich stieß die Kampagne dagegen auf Ablehnung. Weinbauern und Kommunisten demonstrierten gegen den Getränke-Imperialismus.118

Nach Rainer Gries et al. spiegelt der Mach- mal-Pause-Slogan der Coca-Cola-Werbung ein bedeutendes Stück Mentalitätsgeschichte der Nachkriegszeit wider. Bis weit in die 50er Jahre hinein blieben US-Produkte Kultgegenstände. Auch Coca-Cola war bekannt, wurde aber noch lange nicht alltäglich oder selbstverständlich konsumiert. Die Menschen arbeiteten seit Kriegsende emsig und ruhelos, um sich so schnell wie möglich das Ersehnte kaufen zu können. Bei führenden Angestellten brach die „Managerkrankheit“ aus. Arbeiter wurden zu Workaholics. Da schlugen plötzlich die drei Worte „Mal mal Pause!“ wie eine Bombe ein. Der Slogan war auf die Alltagsverhältnisse zugeschnitten, erinnerte die schuftenden Leute in Form eines Imperativs an das, was gefehlt hatte: nämlich die kurze Pause - ein Lichtblick im Arbeitsalltag. So auch das Kleingedruckte der STERN-Anzeige von 1957 (Anzeige 30/ Anhang): „Im Tempo der Zeit, zwischen Konferenzen und Telefongesprächen, sollten Sie zwischendurch immer mal eine kleine Pause einlegen, sich entspannen und erfrischen mit einer Flasche köstlich-kühlem „Coca-Cola“. Das tut gut und gibt neuen Schwung. So bleiben Sie leistungsfähig.“

Hubert Straufs „Mach mal Pause“- Slogan verhalf der Coca-Cola-Company zu explosionsartigen Umsätzen. 10 Jahre lang begleitet er die Deutschen während und nach der Arbeit. In vielen Betrieben wurden Getränkeautomaten aufgestellt. Nun wurde die kleine 0,2- Liter-Flasche überall konsumiert: an der Tankstelle, auf dem Bau oder in der Kantine. Für 20 Pf war sie für jedermann erschwinglich.119 Wie die Zigarettenpause wurde auch die Coca- Cola-Pause zum unentbehrlichen Bestandteil der Arbeitswelt. Der Arbeitseifer litt nicht darunter. Das „mal“ in der Formulierung gab schon eine Dosierung vor: die Pause sollte eine kleine Pause sein und bitte nicht zu oft! Andererseits baute der Slo gan mögliche Schuldgefühle des Käufers und moralische Konsumsperren ab. Der Slogan machte den Leuten klar, daß die vollbrachte Arbeit praktisch selbst nach einer Pause ruft, daß sie kein schlechtes Gewissen zu haben brauchten, wenn sie „egoistisch“ konsumierten. Auf diese Weise baute die Werbung, indem sie Absolution erteilte, zugleich konsumtive Kompetenz in der Bevölkerung auf.120

4.3 Werbefiguren der 50er Jahre

In der Print- und Fernsehwerbung der 50er Jahre wurden häufig Werbefiguren eingesetzt. Schon damals versprachen sich die Kreativen einen starken Wiedererkennungswert und eine erhöhte Werbewirkung von den kontinuierlich eingesetzten Markenzeichen. Viele der Figuren sind heute noch bekannt, so z.B. das „HB-Männchen“ Bruno, das 1956 als Zeichentrickfigur zum neuen Geschöpf der Warenwelt wurde. In den Kinos sorgte es mit seinem cholerischen Temperament stets für Stimmung. Erst eine HB-Zigarette brachte Bruno nach einem Wutanfall wieder auf den Boden zurück. Werbefiguren wie das HB-Männchen waren schon damals Glückstreffer für Markenartikel-Hersteller. Solange sie den Zeitgeist und den Zeitgeschmack treffen, schaffen Werbefiguren - damals wie heute - durch ihren durchgängigen Auftritt klare innere Marken- und Firmenbilder, die starke Beeinflussungswirkungen nach sich ziehen.121 Das HB-Männchen war Ausdruck des Zeichenstils und des Humors der 50er Jahre. Schon ein Jahrzehnt später mußte eine Zigarette mehr leisten als nur die innere Erregung dämpfen. Der Zigarettengenuß sollte nun nicht mehr Spannungen abbauen, sondern wichtiger Bestandteil des Lebensgenusses werden. Bereits ab den 60ern setzte die Zigarettenindustrie als erste Branche auf „Lifestyle-Konzepte“ in der Werbung.122

Neben Zeichentrickfiguren, wurden aber auch lebende Menschen - häufig Schauspielerinnen - als Werbefiguren eingesetzt. Beispiele sind die burschikose Ariel-Klementine, die ihre Kunden über die Wirkungsweise des Waschmittels aufklärte und natürlich Frau Renate, die in den 50er Jahren für Dr.-Oetker-Produkte warb. Frau Renate war als zentrale Werbefigur der Marke „Dr. Oetker“ in der Fernsehwerbung sowie in den Anzeigen der Tageszeitungen und Frauenzeitschriften zu sehen. Sie verkörperte den Typ der jungen, berufstätigen Frau und sollte zum Leitbild für alle deutschen Frauen werden, die in einer ähnlichen Lage waren: tagsüber berufstätig und abends als Hausfrau bemüht, stets für Mann und Kinder etwas Gutes auf den Tisch zu bringen. Da machten die Dr.-Oetker-Produkte einem das Leben leichter: “Mach es, wie es Renate tut - mach es mit Dr. Oetker gut“, wurde in der Werbung aufgefordert. Als Dank erntete Frau Renate „zufriedene Mienen“ ihrer Lieben. Der Werbespruch „Zufriedene Mienen danken es Ihnen“ blieb bis Anfang der 60er Jahre Bestandteil der Werbestrategie.123

Da ich bei der Werbung der 90er Jahre nicht mehr gesondert auf Werbefiguren eingehen werde, möchte ich hier kurz die wichtigsten Unterschiede zwischen den Figuren aus den 50ern und 90ern skizzieren. Generell sind viele der Werbefiguren von damals heute noch bekannt und als Markensymbol auf den Produktverpackungen abgebildet. Wie sich aber noch in der exemplarischen Analyse zeigen wird, haben viele Werbefiguren von damals an Bedeutung verloren, da sie für die Werbebotschaft oder -handlung keine entscheidende Rolle mehr spielen. Falls Werbefiguren heute noch einen dominanten Part in der Werbung übernehmen, haben sie eine andere Funktion als in den 50er Jahren. In der beginnenden Konsumgesellschaft halfen Werbefiguren, wie Lurchi, der Tchibo-Mann oder das HB- Männchen, sich in der wachsenden Vielfalt des Warenangebots zu orientieren. Aufgabe der Figuren war es, die Ware zu kennzeichnen und „Innere Bilder“124 zu schaffen. Durch kontinuierliche und häufige Verwendung der Werbefiguren sollte Aufmerksamkeit und Markenerinnerung beim Konsumenten erzielt werden.

Die Aufgabe der Figuren beschränkte sich in den 50ern noch auch auf die Schaffung von Wiedererkennung. Werbefiguren, die in der 90er Jahre-Werbung noch eine hervorstechende Rolle einnehmen, gehen über diese Funktion hinaus. Heute sollen sie das strategisch angestrebte Image einer Marke repräsentieren sowie sachlich und emotional etwas über die Besonderheit der Marke aussagen. Ein Beispiel hierfür ist die seit 1972 von Milka eingesetzte Werbefigur der „lila Kuh“. Sie vermittelt das Image von gesunder Milch in der Schokolade, was die Projektion in die Alpen noch hervorhebt. Auch der Marlboro-Cowboy aus der Zigarettenwerbung übernimmt marketing-strategische Aufgaben: Er symbolisiert Männlichkeit, Freiheit und Unabhängigkeit - Attribute, die für die Botschaft eine besondere, geschmackvolle Zigarette stehen sollen.125 Dieser Wandel in der Funktion der Werbefiguren ist in direktem Zusammenhang mit der allgemeinen Entwicklungstendenz hin zur „emotionalen Werbung“ zu sehen (siehe Punkt 6.2).

5. Gesellschaftliche Kontexte der 90er Jahre

Seit den 50er Jahren hat sich die Gesellschaft der BRD in vielerlei Hinsicht gewandelt. So haben politische, wirtschaftliche und technische Entwicklungen zu einer Veränderung der sozialen und kulturellen Struktur geführt. Darüber hinaus kennzeichnen allgemeine Tendenzen wie die Individualisierung und die Erlebnisorientierung sowie neue Wertorientierungen und ein gewandeltes Geschlechterverständnis die heutige Gesellschaft und unterscheiden diese grundlegend - in ihren Ansprüchen und in ihrem Konsumverhalten - von der Nachkriegsgesellschaft der 50er Jahre.

5.1 Politische, wirtschaftliche und technische Entwicklungen

Die politische Entwicklung der 90er Jahre wurde ganz entscheidend durch die CDU- geführte Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl bestimmt. Es war nicht zuletzt der Verdienst dieser Regierung, als 1989 die Wiedervereinigung Deutschlands gefeiert werden konnte. Jedoch führte der politisch-diplomatische Erfolg auch zu zahlreichen gesellschaftlichen Problemen, zu hohen Arbeitslosenzahlen und einer hohen Staatsverschuldung der Bundesrepublik. Konsequenzen wie der Solidaritätszuschlag bedeuteten für die Westdeutschen auch privat eine finanzielle Belastung und schürten eine Ablehnung gegenüber den neuen Mitbürgern. Deutschland kam in eine Identitätskrise. Nach 40 Jahren Teilung Deutschlands mußte man feststellen, daß man sich auseinandergelebt hatte. Bislang hatte sich die alte Bundesrepublik in der Randlage am Eisernen Vorhang bequem eingerichtet, nun war sie nach allen Seiten offen, befand sich im Herzen Europas und zeigte ein extremes Wohlstandsgefälle an den östlichen Grenzen.126

In wirtschaftlicher Hinsicht hat sich die Bundesrepublik von der industriellen Gesellschaft der 50er Jahre zur Dienstleistungsgesellschaft der 90er Jahre entwickelt. Es hat einerseits eine deutliche Abnahme in der Beschäftigung in Land- und Forstwirtschaft und im produzierenden Gewerbe stattgefunden, andererseits ein leichter Anstieg in Handel und Verkehr sowie ein dynamisches Wachstum im Dienstleistungssektor (vgl. Abb. 21/Anhang). 1990 waren bereits 28 Millionen im Dienstleistungssektor beschäftigt. Betrachtet man den Strukturwandel nicht nur sektoral nach der Zahl der Beschäftigten, sondern auch nach den Tätigkeiten, so wird eine noch stärkere Zunahme der Dienstleistungstätigkeiten in allen Bereichen, auch in Handwerk und Industrie, deutlich.

Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien haben seit Mitte der 80er Jahre zu einem tiefgreifenden Strukturwandel in der Wirtschafts-, Arbeits- und Berufswelt geführt. Wachsende Arbeitslosigkeit ist die Begleiterscheinung. Durch den technischen Fortschritt, durch zunehmende Internationalisierung und durch den Wegfall des Eisernen Vorhangs sind große Beschäftigungsbereiche (Bergbau, Werften und Stahlindustrie) weggebrochen.127 Dafür weisen neue Bereiche, wie Computerindustrie, Kommunikationstechnik, Unterhaltungselektronik und vor allem auch die Medienindustrie enorme Wachstumsraten auf und entwickeln sich zu attraktiven Beschäftigungsfeldern der Zukunft. Neben neuen Arbeitsformen - wie „telebanking“, „teleworking“, Videokonferenzen und Telekooperation - sind auch ganz neue Berufsfelder entstanden, wie z.B. die neuen IT-Berufe.128 Jeder zweite Erwerbstätige ist bereits mit der Vorbereitung, Vermittlung oder Nutzung von Informationen beschäftigt. Die Dienstleistungsgesellschaft der 90er wandelt um die Jahrtausendwende immer stärker zur Informations- und Wissensgesellschaft.129

Die Erfindung der Mikroelektronik bestimmt heute das Leben in Büro, Fabrik und privatem Haushalt. Es gibt kein Büro mehr ohne Computer, Fax und Internetzugang. Die Technisierung in Bildung, Gesundheitswesen, Produktion und Dienstleistung ersetzt immer mehr die menschliche Arbeit durch Computer und Roboter. Viele Unternehmen setzen schon auf programmgesteuerte Produktions- und Arbeitsprozesse wie z.B. die computergesteuerte Produktion oder Qualitätskontrolle. 1980 gab es 1.300 Roboter, 1996 waren es schon über 64.000 in den deutschen Produktionsstätten. Der Computer prägt immer stärker die betrieblichen Arbeitsstrukturen, -organisationen und -abläufe.

Nicht nur im wirtschaftlichen, sondern auch im technischen, kulturellen und politischen Bereich findet eine zunehmende Internationalisierung und Globalisierung der Märkte statt. Getragen wird der Globalisierungstrend durch das Entwicklungstempo der neuen Verkehrs-, Informations- und Kommunikationstechnologien. Unternehmen und vernetzte Systeme werden immer komplexer, es entwickelt sich eine weltweite Kooperation und Konzentration der Unternehmen. Deutsche Unternehmen verlagern ihre Produktion ins Ausland oder kaufen ausländische Unternehmen auf: Mercedes-Benz hat sich mit dem amerikanischen Chrysler zu Daimler-Chrysler zusammengeschlossen, und VW produziert Skoda in Tschechien. Nationale Märkte in Europa haben sich zu einem gemeinsamen Europäischen Binnenmarkt zusammengeschlossen. Auch ein enormer Anstieg der weltweiten Finanztransaktionen ist festzustellen.130

Gegenüber den 50er Jahren hat die Arbeitszeit heute deutlich abgenommen und die verfügbare Freizeit stark zugenommen. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit ist von 48 Std. (1950) auf 37,4 Std. (1996) gesunken. Die Zahl der tariflich vereinbarten Urlaubstage stieg von neun (1950) auf 30 Urlaubstage. Außerdem ist festzustellen, daß die gesamte deutsche Bevölkerung immer älter wird. Betrug die durchschnittliche Lebenserwartung 1949/51 nur 66,5 Jahre, sind es heute schon über 75 Jahre. Aber auch die im Arbeitsleben stehende Bevölkerung wird immer älter: 1995 waren 22% der erwerbstätigen Personen 65 Jahre oder älter.131

5.2 Individualisierung und Erlebnisorientierung

Seit den 50ern haben sich gesellschaftliche Bedürfnisse und Wertprioritäten gewandelt, was wiederum eine Veränderung im Konsumverhalten hervorgerufen hat. Begriffe wie Gesundheit, Genuß, Abenteuer und Aktivität haben heute an Bedeutung gewonnen. Nach Gerhard Schulze ist das Leben immer ästhetischer und erlebnisorientierter geworden - eine Tatsache, die sich auch in der Werbung niederschlägt. Gerhard Schulze (1992) nennt in seiner Arbeit „Die Erlebnisgesellschaft“ (1995) vor allem zwei neue Eigenschaften, die das neue Konsumentenverhalten charakterisieren: Individualisierung und Erlebnisorientierung. Seit den 50er Jahren haben sich im Zuge des sozialen Wandels alte Lebensgemeinschaften und -stile aufgelöst. Durch die Individualisierung sind neue soziale Gruppen, nach anderen Kriterien und Prinzipien, entstanden. Die Gesamtstruktur der sozialen Milieus stellt heute kein klares vertikales oder horizontales Muster mehr dar. Die „Erlebnisgesellschaft“ der 90er Jahre ist nicht mehr wie damals nach Klassen oder Schichten untergliedert, sondern vielmehr nach „Szenen“ und Moden. Soziale Milieus sind zu „Erlebnisgemeinschaften“ mutiert, die sich heute durch Merkmale wie Stiltypen, Alter und Bildung unterscheiden - nicht mehr durch Lebensstandard, Beruf oder Religion.132 Schulze umschreibt diesen Sachverhalt folgendermaßen: „Nicht mehr Beruf und Bildung steuern die Selektion von Kommunikationspartnern, sondern Szene n, altershomogene Beziehungen, Partnerbeziehungen und Kontaktnetze bis hin zu neuen sozialen Beziehungsmustern in Computernetzwerken.“133 Die Trend zur Erlebnisorientierung geht mit einer Pluralisierung der Gesellschaft und ihrer Werte einher. Orientierten sich die Werber in den 50ern an großen Massenmärkten mit überschaubaren Volumina, so haben sie heute Schwierigkeiten, in dem Wirrwarr von Wertvorstellungen noch psychologische „Markenpersönlichkeiten“ anzusiedeln.134 Die Milieus grenzen sich heute nur noch durch erhöhte Binnenkommunikation voneinander ab; sie sind heterogen, randunscharf und binnendifferenziert.

Lebenslauf und -situation sind heute viel stärker durch individuelle Entscheidungen bestimmt als früher. Das Individuum sieht sich in den 90ern einer großen Anzahl von Optionen gegenüber und erfährt sich dadurch immer wieder als selbst wählende Instanz. Nach Schulze ist das alltägliche Wählen zwischen den verschiedenen Möglichkeiten immer mehr durch den bloßen Erlebniswert der gewählten Alternative mo tiviert: bei Konsumartikeln genauso wie bei Einstellungen, Berufslaufbahnen, Wohnungseinrichtungen, Eßgewohnheiten und Partnern. Heute geht es um „gutes Essen“, „stilvolles Wohnen“, Fortbewegung als Erlebnis und Bekleidung als Selbstinszenierung.

Beim erlebnisorientierten Handeln richtet sich der Anspruch, Glück zu finden, ohne Zeitverzögerung auf die aktuelle Situation. Es wird Geld, Zeit, Aktivität investiert und im selben Moment der Gegenwert erwartet. Das Erlebnis wird dadurch zum Handlungsziel. Erlebnis meint hier „innenorientiertes Konsumieren“: Heute sind nicht mehr die objektiven Eigenschaften eines Produkts konsumrelevant, sondern das mit dem Produkt verbundene subjektive Erlebnisgefühl. Es wird nicht mehr konsumiert um des Konsums willen, sondern subjektiv wichtige Erlebnisinhalte, die das Leben in irgendeiner Form bereichern - die Spaß machen - sind von zentraler Bedeutung. Nach Schulze gibt es nur noch wenige Produkte (z.B. Kochsalz, Mehl, Schnürriemen) die heute noch außenorientiert und damit jenseits der Erlebnisdimension konsumiert werden. Eine scharfe Nutzen-Kalkulation entfällt, die Handlungen der Konsumenten sind heute also eher Erlebnis-spezifisch als Ökonomie- spezifisch.135 Während die ältere Generation das wahre Leben vor lauter Wiederaufbaupflichten immer wieder vor sich hergeschoben hat, widmet sich die neue Generation individuell dem, was Freude bereitet - im privaten wie im beruflichen Bereich. Ein Hang zum Hedonismus und ein Trend zum individuellen Lebensgenuß sind erkennbar.136

Viele Autoren sprechen daher vom „neuen Konsumenten“, der endgültig aus dem starren Verhaltenskorsett des rational handelnden „Homo Oeconomicus“ herausfällt. Nach Jörg Tropp ist das Verhalten des Konsumenten heute viel weniger ökonomisch bestimmt. Die neue Verbraucherschaft ist differenzierter, stärker erlebnisorientiert, wechselhaft und dadurch für die Werbepsychologie „unberechenbar“. Die passiven Verbraucher sind zu aktiven, vielseitig wählenden Konsumenten geworden, die ein immer differenzierteres, qualitativ verbessertes Angebot fordern. Sie streben nach Selbstverwirklichung im Konsum, zeichnen sich durch einen Hang zur Individualität und durch sinkende Produkt-, Marken- und Einkaufstätten- Treue aus.137 Die individuellen Kombinationen eines in sich stark differenzierten Konsumverhaltens mit den unterschiedlichsten Einstellungen, Meinungen und Lebensformen machen ein kalkulierbares Bild von „dem Konsumenten“ unmöglich. Auch Zielgruppentypologien sind keine Lösung mehr, denn die Multioptionalität ein und desselben Konsumenten ist unvereinbar mit unflexiblen und starren Typologisierungen.138 Wiswede spricht hier von der „Lebensstil-Inkonsistenz“. Der Verbraucher ist durch eine neue Ambivalenz geprägt. Er schwankt vom „partikularen Luxus bis hin zur kalkulierten Askese, aber beides bleibt aufeinander bezogen.“139

Neben diesen Schwierigkeiten bezüglich der Konsumentenforschung ist die heutige Werbung durch eine zunehmende Betonung der ästhetischen, postmaterialistischen Werte und eine immer geringere Bedeutung von funktionalen, sachlichen Produkteigenschaften gekennzeichnet. Schulze beschreibt diesen Sachverhalt wie folgt: „Seit der Nachkriegszeit hat sich die Beziehung der Menschen zu Gütern und Dienstleistungen kontinuierlich verändert. Wohin diese Entwicklung gegangen ist, wird am Wandel der Werbung besonders offensichtlich. Wurde zunächst der Gebrauchswert der Produkte in den Mittelpunkt der Präsentation gestellt - Haltbarkeit, Zweckmäßigkeit, technische Perfektion - , so betonen die Appelle an den Verbraucher inzwischen immer stärker den Erlebniswert der Angebote. (...) Design und Produktimage werden zur Hauptsache, Nützlichkeit und Funktionalität zum Accessoire.“140

Dieser Prozeß der Ästhetisierung, der Herrichtung der Produkte für Erlebnisse, wird von den Wirtschaftsunternehmen und der Industrie immer weiter vorangetrieben. Mit Christa Wehner bin ich der Ansicht, daß Schulze aber übertreibt, wenn er behauptet, daß Design und Produktimage prinzipiell zur Hauptsache, Nützlichkeit und Funktion zur Nebensache werden. Dieses ist bei vielen Produkten der Fall, es kann aber nicht verallgemeinert werden.141 Wie sich in der exemplarischen Analyse noch zeigen wird, werden vor allem bei technischen Gebrauchsgütern postmaterialistische Werte eher zusätzlich zu anderen Qualitäten kommuniziert. So sind z.B. in der Autowerbung materielle Eigenschaften und Funktionen auch noch in den 90er Jahren von Bedeutung. Hier schließe ich mich der Ansicht Konstantin Ingenkamps an, daß grundsätzlich zwischen Werbung für Konsumgüter und Werbung für Investitionsgütern unterschieden werden muß. Während Investitionsgüter-Werbung - damals wie heute - auch sachliche Argumente des Produkts kommuniziert, verzichtet Konsumgüter- Werbung oft ganz auf sachliche Argumente.142 Einer generellen Tendenz zu einer immer stärkeren Betonung des Erlebniswertes in der Werbung ist natürlich in jedem Fall zuzustimmen.

[...]


1 Zum weitesten Leserkreis (WLK) gehören die Personen, die mindestens eine Ausgabe einer Zeitschrift in den letzten 12 Erscheinungsintervallen gelesen oder durchgeblättert haben.

2 vgl. Wehner, Christa: Überzeugungsstrategien in der Werbung, S. 61 ff.

3 Niklas Luhmann (1988): „Wir gehen statt dessen von einem Gesellschaftsverständnis aus, von dem her gesehen Funktionssysteme für Politik und für Wirtschaft neben vielen anderen nur für spezifische Funktionen ausdifferenziert sind (...) Das Ausdifferenzieren eines besonderen Funktionssystems für wirtschaftliche Kommunikation wird jedoch erst durch das Kommunikationsmedium Geld in Gang gebracht, und zwar dadurch, daß sich mit Hilfe von Geld eine bestimmte Art kommunikativer Handlungen systematisieren läßt, nämlich Zahlungen. In dem Maße, wie wirtschaftliches Verhalten sich an Geldzahlungen orientiert, kann man deshalb von einem funktional ausdifferenzierten Wirtschaftssystem sprechen, das von den Zahlungen her dann auch nichtzahlendes Verhalten, zum Beispiel Arbeit, Übereignung von Gütern, exklusive Besitznutzungen usw., ordnet.“ (Zitat aus „Die Wirtschaft der Gesellschaft“, S. 11 und S.14)

4 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 35 ff.

5 vgl. Tropp, Jörg: Die Verfremdung der Werbung, S. 87

6 vgl. Luhmann, Niklas: Die Wirtschaft der Gesellschaft, S. 60 ff.

7 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 35 ff.

8 vgl. Ingenkamp, Konstantin: Werbung und Gesellschaft, S.219

9 vgl. Bovelet, Rainer: Werbung und politische Kultur in der Bundesrepublik Deutschland, S. 183

10 zit. Schweiger,G./ Schrattenecker, G.: Werbung - eine Einführung, S. 9

11 vgl. Ingenkamp, Konstantin: Werbung und Gesellschaft, S. 155

12 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Geburt der schönen Bilder, S. 15

13 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 35 ff.

14 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Geburt der schönen Bilder, S. 17 f.

15 zit. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 38

16 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Geburt der schönen Bilder, S. 16

17 mit Karl-Götz Windhorst verstehe ich „Werte“ stark verallgemeinert als Vorstellungen über wünschenswerte Zustände, die den Mitgliedern einer Gruppe oder Kultur gemeinsam sind. Im Gegensatz zu Bedürfnissen beschränken sich Werte nicht nur auf den individuellen Bereich, sondern umfassen auch soziale und gesellschaftliche Vorstellungen. Werte stellen die kognitive Transformation von Bedürfnissen dar (vgl. Windhorst 1985, S. 7 und S. 35).

18 vgl. Schulz, Tanja Marlen: Klassifikation und Typologisierung von Fernsehwerbespots, S. 47

19 vgl. Hansen, Rose Marie: Zum Informationsgehalt von Werbeanzeigen, S. 51 ff.

20 zit. Hansen, Rose Marie: Zum Informationsgehalt von Werbeanzeigen, S. 51

21 vgl. Hansen, Rose Marie: Zum Informationsgehalt von Werbeanzeigen, S. 41 f.

22 zit. Dankwart, Rost: Werbung, S. 75

23 zit. Römer, R.: Die Sprache der Anzeigenwerbung, S. 133

24 vgl. Grosse, Eduard: 100 Jahre Werbung in Europa , S. 9

25 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 35

26 vgl. Schmidt/Spieß: Die Geburt der schönen Bilder, S. 83 ff.

27 Unter „sozialem Wandel“ verstehe ich hier den Wandel von materiellen oder nicht-geistigen Werten, wie veränderte Schichtungsstrukturen und Einkommensverhältnisse, gewandelte berufliche und familiäre Strukturen, Veränderungen der Produktions- und Konsumtionsverhältnisse. Unter „kulturellem Wandel“ verstehe ich dagegen einen Wandel in der kulturellen oder geistigen Struktur: Wandel der gesellschaftlichen Mentalität, der Wertorientierungen und Symbole, veränderte Geschlechterrollen und Weltperspektiven, aber auch Veränderungen auf subjektiv-psychischer Ebene wie etwa Veränderungen des individuellen Verhaltens oder individueller Zielvorstellungen. Hier wird z.B. die Frage gestellt, ob kollektive Interessen im Vordergrund stehen oder eher private, eigennützige Interessen verfolgt werden.

28 Unter „Mentalitäten“ werden hier kollektive Einstellungsmuster mit langfristiger Dauer verstanden

29 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 49

30 vgl. Dörge, Friedrich-Wilhelm/Steffens, Heiko: Wirtschaft Deutschland, S. 29

31 vgl. Ingenkamp, Konstantin: Werbung und Gesellschaft, S. 79

32 zit. Degen, Kurt Markus: Werbung für übermorgen, S. 38

33 Domizlaff, Hans zit. nach Rainer Gries et al.: „Ins Gehirn der Masse kriechen!“, S. 1

34 Baran, P.A. zit. nach Hansen, Rose Marie: Zum Informationsgehalt von Werbeanzeigen, S. 218

35 vgl. Gries, Rainer et al.: „Ins Gehirn der Masse kriechen!“, S. 2 f.

36 vgl. Schmidt/Spieß: Die Geburt der schönen Bilder, S. 75

37 ebd.: S. 114

38 zit. Hondrich, Karl Otto: Zweiter Teil: Exemplarische Analysen zum Wert- und Bedürfniswandel, S. 94

39 zit. Brechtel-Schäfer, Jutta: Analyse der Fernsehwerbung in der BRD, S. 273 f.

40 ebd.: S. 284 f.

41 zit. Bergler, Reinhold: Kulturfaktor Werbung, S. 35

42 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 43

43 zit. Degen, Kurt Markus: Werbung für übermorgen, S. 139 f.

44 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 46 ff.

45 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Geburt der schönen Bilder, S. 18

46 vgl. Ingenkamp, Konstantin: Werbung und Gesellschaft, S. 18 ff.

47 vgl. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 88 f.

48 zit. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 88

49 zit. Bovelet, Rainer: Werbung und politische Kultur in der Bundesrepublik Deutschland, S. 186

50 zit. Bergler, Georg: Werbung und Gesellschaft, S. 18

51 vgl. Ingenkamp, Konstantin: Werbung und Gesellschaft, S. 37

52 vgl. Schmidt/Spieß: Die Geburt der schönen Bilder, S. 31 f.

53 zit. Bergler, Reinhold: Kulturfaktor Werbung, S. 31

54 vgl. Gies, Rainer et al.: „Ins Gehirn der Masse kriechen!“, S. 7 f.

55 vgl. Wehner, Christa: Überzeugungsstrategien in der Werbung, S. 22 f.

56 vgl. Hondrich, Karl Otto: Exemplarische Analysen zum Wert- und Bedürfniswandel, S. 84 ff.

57 zit. Schulze, Gerhard: Die Erlebnisgesellschaft, S. 417

58 vgl. Hondrich, Karl Otto: Exemplarische Analysen zum Wert- und Bedürfniswandel, S. 90

59 vgl. Kellner, Joachim: 1945 bis 1995: 50 Jahre Entwicklung der Werbeagenturen in Deutschland. In: Deutsches Werbemuseum (Hg.): 1945-1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland, S. 11

60 vgl. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 106 ff.

61 vgl. Rupp, Hans Karl: „wo es aufwärts geht, aber nicht vorwärts...“ Politische Kultur, Staatsapparat, Opposition. In: Die fünfziger Jahre, S. 31 f.

62 vgl. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 109 f.

63 vgl. Hardach, Gerd: Die Rückkehr zum Weltmarkt 1948-1958. In: Modernisierung im Wiederaufbau, S. 97

64 vgl. Gries, Rainer et al.: „Ins Gehirn der Masse kriechen!“, S. 98

65 vgl. Peden, George: Modernisierung in den 50er Jahren: Die britische Erfahrung. In: Modernisierung im Wiederaufbau, S. 55

66 vgl. Ambrosius, Gerold: Wirtschaftlicher Strukturwandel und Technikentwicklung. In: Modernisierung im Wiederaufbau, S. 127/Tabelle 3

67 vgl. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 109 f.

68 vgl. Dörge, Friedrich-Wilhelm/Steffens, Heiko: Verbraucher und Markt. In: Wirtschaft Deutschland, S. 20

69 vgl. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 115 f.

70 zit. Sywottek, Arnold: Wege in die 50er Jahre. In: Modernisierung im Wiederaufbau, S. 35

71 zit. Wildt, Michael: Privater Konsum in Westdeutschland in den 50er Jahren. In: Modernisierung im Wiederaufbau, S. 282

72 vgl. Glaser, Hermann: Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 85

73 vgl. Sywottek, Arnold: Wege in die 50er Jahre. In: Modernisierung im Wiederaufbau, S. 17 f.

74 vgl. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 118

75 zit. nach Gries, Rainer et al.: „Ins Gehirn der Masse kriechen!“, S. 93

76 vgl. Dörge, Friedrich-Wilhelm/ Steffens, Heiko: Verbraucher und Markt. In: Wirtschaft Deutschland, S. 19

77 zit. Gries, Rainer, et al.: „Ins Gehirn der Masse kriechen!“, S. 106

78 vgl. Gries, Rainer, et al.: „Ins Gehirn der Masse kriechen!“, S. 108

79 zit. Bergler, Georg: Werbung und Gesellschaft, S. 44 f.

80 zit. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 118

81 vgl. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 99

82 ebd.: S. 111

83 zit. Kriegeskorte, Michael: Werbung in Deutschland 1945-1965, S. 115

84 zit. Posch, Waltraud: Körper machen Leute, S. 42

85 vgl. Niehuss, Merith: Kontinuität und Wandel der Familie in den 50er Jahren. In: Modernisierung im Wiederaufbau, S. 323 ff.

86 vgl. Wildt, Michael: Am Beginn der „Konsumgesellschaft“, S. 60 f.

87 vgl. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 112 f.

88 vgl. Südbeck, Thomas: Motorisierung, Verkehrsentwicklung und Verkehrspolitik in Westdeutschland in den 50er Jahren. In: Modernisierung im Wiederaufbau, S. 171

89 vgl. Deutsches Werbemuseum (Hrsg.): 1945-1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland, S. 39

90 vgl. Südbeck, Thomas: Motorisierung, Verkehrsentwicklung und Verkehrspolitik in Westdeutschland in den 50er Jahren. In: Modernisierung im Wiederaufbau, S. 186

91 vgl. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 114 f.

92 ebd.: S. 121 f.

93 ebd.: S. 122 f.

94 vgl. Schildt, Axel: Von Not der Jugend zur Teenager-Kultur: Aufwachsen in den 50er Jahren. In: Modernisierung im Wiederaufbau, 343 ff.

95 ebd.: S. 347

96 vgl. Zielinski, Siegfried: Telewischen. Aspekte des Fernsehens in den 50er Jahren. In: Bikini, S. 251/261 f.

97 vgl. Jarren, Otfried: Medien und Kommunikation in den 50er Jahren. In: Modernisierung im Wiederaufbau,

S. 437 f.

98 vgl. Wildt, Michael: Am Beginn der „Konsumgesellschaft“, S. 71 und S. 121 f.

99 vgl. Brechtel-Schäfer, Jutta: Analyse der Fernsehwerbung in der BRD, S. 1

100 vgl. Schildt, Axel: Der Beginn des Fernsehzeitalters: Ein neues Massenmedium setzt sich durch. In: Modernisierung im Wiederaufbau, S. 491

101 vgl. Posch, Waltraud: Körper machen Leute, S. 41 f.

102 vgl. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 116 f.

103 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 117

104 vgl. Ulhardt, Barbara: Auferstanden aus Ruinen. Werbung in der Stunde Null. In: 1945-1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland, S. 33

105 Konrad Mellerowicz (1955) definierte Markenartikel als „Fertigwaren, die in einem größeren Absatzraum unter einem besonderen, die Herkunft kennzeichnenden Merkmal (Marke) in einheitlicher Aufmachung, gleicher Güte und Menge erhältlich sind und sich dadurch, sowie durch intensive, für die Verbraucher bestimmte Werbung im Markt Anerkennung erworben haben.“ (zit. nach Wildt 1994, S. 198) 106 vgl. Schmidt, Siegfried J./Spieß, Brigitte: Von der Reklame zur virtuellen Werbewelt. In: 1945-1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland, S. 183

107 vgl. Schmidt, Siegfried/Spieß, Brigitte: Geschichte der Fernsehwerbung in der Bundesrepublik Deutschland: Eine Skizze. In: Geschichte des Fernsehens in der Bundesrepublik Deutschland, S. 197

108 vgl. Schmidt, Siegfied J./Spieß, Brigitte: Von der Reklame zur virtuellen Werbewelt. In: 1945-1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland, S. 185

109 vgl. Kriegeskorte, Michael: Werbung in Deutschland 1945-1965, S. 126 f.

110 vgl. Gries, Rainer et al.: „Ins Gehirn der Masse kriechen!“, S. 112 ff.

111 ebd.: S. 108 ff.

112 vgl. Kriegeskorte, Michael: Werbung in Deutschland 1945-1965, S. 76 f.

113 zit. Kriegeskorte, Michael: Werbung in Deutschland 1945-1965, S. 71

114 vgl. Wehner, Christa: Überzeugungsstrategien in der Werbung, S. 82

115 ebd.: S. 85

116 vgl. Schmidt, Siegfried/Spieß, Brigitte: Geschichte der Fernsehwerbung in der Bundesrepublik Deutschland: Eine Skizze. In: Geschichte des Fernsehens in der Bundesrepublik Deutschland. Band 4, S. 195 f.

117 vgl. Ingenkamp, Konstantin: Werbung und Gesellschaft, S. 148

118 vgl. Kellner, Joachim et al.: 1945-1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland, S. 54

119 vgl. Gries, Rainer et al.: „Ins Gehirn der Masse kriechen!“, S. 94 ff.

120 ebd.: S. 96 f.

121 vgl. Kellner, Joachim et al. (Hg.): 1945-1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland, S. 52122 ebd.: S. 67 ff.

123 vgl. Rose, Angelika: Dr. Oetker - Eine Werbegeschichte. In: 1945-1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland, S. 50

124 Der Begriff „Innere Bilder“ wurde entscheidend durch Werner Kroeber-Riel (1982, 1984) geprägt

125 vgl. Erfert, Reiner: Markenfiguren, Geschöpfe der Werbung. In: Das Medium, S. 54 ff.

126 vgl. Kellner et al. (Hg.): 1945- 1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland, S. 147

127 vgl. Keim, Helmut: Arbeitnehmer und Betrieb. In: Wirtschaft Deutschland, S. 214

128 vgl. Keim, Helmut: Arbeitnehmer und Betrieb. In: Wirtschaft Deutschland, S. 93 ff.

129 ebd.: S. 100 ff.

130 ebd.: S. 96 ff.

131 ebd.: S. 104 f.

132 vgl. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 82 ff.

133 zit. Schmidt/Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation, S. 84

134 vgl. Rost, Dankwart: Werbung, S. 76

135 vgl. Schulze, Gerhard : Die Erlebnisgesellschaft, S. 427 ff. und Tropp, Jörg: Die Verfremdung der Werbung, S. 133 ff.

136 vgl. Schulze, Gerhard: Die Erlebnisgesellschaft, S. 13 und S. 428

137 vgl. Dörge, Friedrich-Wilhelm/Steffens, Heiko: Verbraucher und Markt. In: Wirtschaft Deutschland, S. 26

138 vgl. Tropp, Jörg: Die Verfremdung der Werbung, S. 130 f.

139 zit. Wiswede Günter: Der „neue Konsument“ im Lichte des Wertewandels. In: Szallies/Wiswede (Hg.): Wertewandel und Konsum, S. 36 f.

140 zit. Schulze, Gerhard: Die Erlebnisgesellschaft, S. 13

141 vgl. Wehner, Christa: Überzeugungsstrategien in der Werbung, S. 124

142 vgl. Ingenkamp, Konstantin: Werbung und Gesellschaft, S. 22 f.

Ende der Leseprobe aus 142 Seiten

Details

Titel
Werbung als Indikator sozialen und kulturellen Wandels
Untertitel
Exemplarische Untersuchung anhand ausgewählter Werbespots und Anzeigen der BRD der 50er und 90er Jahre
Hochschule
Universität Bremen  (Fachbereich Kulturwissenschaften)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
142
Katalognummer
V3079
ISBN (eBook)
9783638118569
Dateigröße
4570 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit gewann den Sonderpreis ImPact Award 2001! Dies ist ein von der IP Deutschland ausgeschriebener Förderpreis für praxisrelevante Abschlussarbeiten im Bereich Fernseh- und Werbeforschung. In der exemplarischen Analyse ausgewählter Werbespots und Anzeigen der 50er und 90er Jahre wird dargelegt, wie gesellschaftliche Entwicklungen mit entsprechenden Veränderungen in der Werbung korrespondieren. 50 Jahre Werbung in Deutschland sind zugleich auch die Geschichte von Konsum und Wirtschaft - allgemeine Entwicklungstendenzen, wie die Pluralisierung und die Individualisierung der Gesellschaft
Schlagworte
Werbung, Indikator, Wandels, Exemplarische, Untersuchung, Werbespots, Anzeigen, Jahre
Arbeit zitieren
Andrea Niemann (Autor:in), 2000, Werbung als Indikator sozialen und kulturellen Wandels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3079

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