Die Problematik der Gewalt und Rache in Heinrich von Kleists Erzählung „Die Verlobung in St. Domingo“


Magisterarbeit, 2011

100 Seiten, Note: 16/20 (Sehr gut)


Leseprobe


Inhaltsübersicht

Vorwort

1 Einführung
1.1 „Die Verlobung in St. Domingo“: Zum geschichtlichen Hintergrund
1.2 Entstehungshintergrund von „Die Verlobung in St Domingo“
1.3 „Die Verlobung in St. Domingo“: Fiktion oder Realität?
1.4 Problemsphären der Novelle
1.4.1 Bedeutung der Begriffe Rache und Gewalt
1.4.2 Gewalt in Kleists „Die Verlobung in St. Domingo“

2 Zur Analyse der Gewalt in der Novelle
2.1 Verhältnisse und Konfliktverhältnisse: Congo Hoango und sein Herr
2.1.1 Die hemmungslose Wut von Congo Hoango
2.1.2 Congo Hoango und Babekan
2.1.3 Die Leichtgläubigkeit von Gustav von der Ried
2.2 Zur Rettung Gustav von der Rieds
2.3 Frauenbilder in Kleists „ Die Verlobung in St. Domingo“
2.3.1 Babekan und Toni: perfekte Schauspielerinnen
2.3.2 Die nachtragende Sklavin und deren Rache an ihrem ehemaligen Herrn
2.3.3 Babekan und Gustav von der Ried
2.4 Frauen und die Gewaltlosigkeitsideologie in dem Werk
2.4.1 Toni, die Verkörperung von Gewaltlosigkeit
2.4.2 Tonis vergebliche Hingabe
2.4.3 Liebe als Wendepunkt der Erzählgeschichte
2.5 Misstrauen und Missverständnis: Toni und Gustav von der Ried
2.6 Menschenopfer als Ende der Feindseligkeiten

3 Zur Analyse der Novelle und Kleists Lebensende
3.1 Perspektive oder Perspektivlosigkeit : Kleist und die Novelle
3.2 Erzähltechnik bei Kleist
3.3 Die Thematik der Gewaltlosigkeit im Anschluss an die Novelle

4 Schlussbetrachtung

5 Literaturverzeichnis

Vorwort

Ausgangspunkt dieser Arbeit ist Kleists Novelle „Die Verlobung in St. Domingo“, in der die Gewalt eine drastische Rolle spielt. Die Wahl des Themas „Die Problematik der Gewalt und Rache in Heinrich von Kleists Erzählung: „Die Verlobung in St. Domingo“ ist nicht zufällig entstanden. Anlässlich einer Vorlesung im Fach neuere deutsche Literatur im dritten Studienjahr an der Deutschabteilung der Universität Abomey-Calavi (Benin) habe ich einen Vortrag über Friedrich Dürrenmatt: „Der Besuch der alten Dame“ gehalten.[1] Damals habe ich mich teilweise an der Magisterarbeit von Herrn Sélognon NONVIDE[2] orientiert. Diese Tragikomödie von Dürrenmatt hat mich zu meinem Thema inspiriert, denn ihre Leitmotive unter anderem kollektive Schuld, verbale Gewalt, Verarmung etc. sind für Krisenentwicklung zentral. Die Meinungsverschiedenheit meiner Zuhörer und der Kern des Dramas haben nachhaltig mein Interesse an ähnlichen Büchern erweckt.

Beim Lesen einiger Erzählungen Heinrich von Kleists bin ich dann auf Themenverwandtes in „Die Verlobung in St. Domingo“ gestoßen. Mich hat dabei besonders beschäftigt, wie die zügellose Gewalt eine ganze Stadt verheert, Vertrauensverhältnisse mit Missverständnis und Misstrauen belastet und wie schließlich das Leben zweier Menschen, die sich eigentlich lieben, durch die von anderen hervorgerufene Gewalt zerstört wird. Zu meinem vorliegenden Thema hat mich diese traurige Novelle angeregt. Mich hat auch besonders Kleists Biographie beeindruckt. Seinem Leben hat er ein Ende durch einen Selbstmord gesetzt, erst nachdem er Henriette Vogel, die an Tuberkulose erkrankt ist, aus nächster Nähe erschossen hat. „Die Verlobung in St. Domingo“ endet auch mit dergleichen Szene. So habe ich entschieden, die Novelle zu bearbeiten, und zwar die verwüstende Gewalt im Werk, sowie eine Parallele zwischen Kleists Lebensende und dem Werk zu ziehen.

Ein blutiger Kampf bildet den Hintergrund des Geschehens. Weil er einstmals mit Gewalt seinem Vaterland entrissen wird, bringt Congo Hoango während eines Aufstandes seinen Herrn Guillaume Villeneuve durch einen Kopfschuss um. Hierdurch will er sich mit Hilfe von den anderen ausgebeuteten Bauern bei einem Sklavenaufstand seine geraubten Rechte durch Gewalt verschaffen. Solche Handlungen von Gewalt und Rache scheinen mir gefahrvoll zu sein. In einer solchen Gesellschaft führen diese Gewalttaten bis ins Unendliche. Ausgerechnet In diesem Sinn liest man Ähnliches bei Véronique Tadjo: “Si j´avais quelque chose à dire aux enfants à propos de la guerre, je leur ferais comprendre qu´elle vient de la haine et d´une trop grande ambition.“[3] Es heißt, hier bei Tadjo aufzuzeigen, wie der zu große menschliche Ehrgeiz und immer gepflegte Hass dem Krieg zugrunde liegen und den Anderen das Leben vergällen.

Eine weitere Anregung zu diesem Thema bildet außerdem mein eigenes Leben. Aus Furcht vor Gewalt, die damals in meinem Land herrschte, musste ich ins Ausland fliehen, wo ich mein Abitur in einem Flüchtlingslager bestand. Hinzu kommt das Leben im Lager mit Gewalttaten und Misere. Manche Freunde kamen ums Leben, weil sie keine gute ärztliche Behandlung bekamen oder weil sie noch an durch die Gewalt verursachten Wunden litten etc.

Aus dieser Sicht kann Literatur meines Erachtens ein weiterführendes Verhandlungsmedium sein, um Möglichkeiten der Konfliktbewältigung aufzuzeigen. Deswegen richtet sich mein Interesse an literarischen Werken zu Gewaltlosigkeit, Toleranz, Geduld und allem, was zum kollektiven Frieden zwischen Bevölkerung- oder Interessengruppen führen kann.

Meine erste Reise 2008 nach Deutschland zwecks einer Teilnahme am internationalen Sommerkurs hat mir zuerst geholfen, mir einen Überblick über Kleists Werke und deren Rezension zu verschaffen. Hierbei habe ich mich für die Betreuung dieser vorliegenden Arbeit mit dem Professor Thomas ALTHAUS von der Universität Bremen in Verbindung gesetzt. Ihm schulde ich besonders einen herzlichen Dank für seine beispielhafte Betreuung. Ebenfalls gilt mein Dank für Dr. Simplice AGOSSAVI von der Universität Abomey-calavi für seine konstruktiven Ratschläge und seine Hilfsbereitschaft. Linda MEDERAKE, Romaric Ayikoué ALOGNON, Silke LEHMKUHL, Frau Rahel MIEDEN und Frau Dr. Romana WEIERSHAUSEN bin ich dankbar für ihre Lektüre und verschieden triftigen Vorschläge. Professor Albert Kangni EKUE, dem Leiter von CPPS (Centre Panafricain de Prospective Sociale) in Porto-Novo/Benin, der teilweise mein Studium an der Universität ermöglicht hat, spreche ich auch meinen herzlichen Dank aus, sowie Frau Laétitia DAGNONHOUETON für ihre moralische Unterstützung. Hinzu kommt UNHCR/Benin, der hohe Flüchtlingskommissar der vereinten Nationen, der mir mitsamt der deutschen Botschaft/Benin ein Stipendium “DAFI“ während meines Studiums verlieh. Dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) sage ich besonders Danke für seinen finanziellen Beistand. Er hat mir durch einen sechsmonatigen Aufenthalt in Deutschland die Anfertigung dieser Arbeit ermöglicht. Sei all dessen MitarbeiterInnen hier herzlichst gedankt. Ich statte auch hier Holger Klingebiel und Kerstin Weißenberg einen freundlichen Dank für ihre entgegengebrachte Gastfreundlichkeit ab. All meinen Freunden und Freundinnen letzten Endes, die mir im Laufe meines Studiums ihre Zuwendung gezeigt haben, weiß ich es Dank. Für Ihre mir bisher erteilte Ausbildung, liebe LehrerInnen und Professoren, ernten Sie bitte hier alle Ihren Dank!

Bremen, im Dezember 2010

Kangnikoé ADAMA

1Einführung

In der heutigen Gesellschaft wird so oft der Aushandlung von Konflikten viel Interesse gewährt. Erstaunlicherweise kann festgestellt werden, dass die Gewalt viel zu oft als erstes Mittel für die Lösung unserer Probleme gilt. Auf diese Weise wäre die Gewaltlosigkeit das Motto, da die Menschen nicht ständig in den Feindseligkeiten leben können. Gewaltlose Verhandlungen, der beste Weg zur Lösung der Konflikte, haben sich in der Welt noch kaum durchgesetzt. Frappierenderweise wird noch festgestellt, dass vielerorts der Welt immer noch Auseinandersetzungen oft mit Blutvergießen das Leben der Menschen bestimmen. Bei Mariama Bâ hängt das friedliche Zusammenleben der Menschen von ihrer gegenseitigen Eintracht, von Kulturen, Rassen und Herkunft ab[4]. Überall ist der Mensch der Gleiche.

Hintergrund dieser Arbeit ist deshalb das Interesse an literarischen Beiträgen zu Gewaltlosigkeit, Toleranz und Geduld. Dieser Problematik der Gewalt möchte ich an einem berühmten historischen Beispiel nachgehen: Kleists Novelle “Die Verlobung in St. Domingo“[5], die auf einem zeitgenössischen blutigen Konflikt um Sklaverei und dem resultierenden Sklavenaufstand Ende des 18. Jahrhunderts auf Haiti, der damaligen französischen Kolonie Saint Dominique, fußt. Die literaturwissenschaftliche Untersuchung konzentriert sich auf die Frage nach Möglichkeiten gewaltloser Konfliktbewältigung und beschäftigt sich auch im Zusammenhang mit Kleists Novelle mit Denkmodellen, die hier zu Antworten beitragen. Dabei spielt aber Toleranz eine hervorragende Rolle. Damit das Thema nachvollziehbar ist, scheint eine Eingrenzung wichtig zu sein.

Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel einerseits, die mit Gewalt überschattete Auseinandersetzung in Kleists Novelle „Die Verlobung in St. Domingo“ zu untersuchen, und andererseits, die Möglichkeiten der Gewaltlosigkeit und der Verständigung in kritischer Auseinandersetzung mit dem Dargestellten zu reflektieren. Hierbei soll festgestellt werden, dass die „neuere deutsche Literatur“ mir die Gelegenheit anbietet, die europäische bzw. deutsche Tradition der Konfliktbewältigung in der Literatur anzuschließen und hier dadurch einen zentralen Bereich deutscher Kultur und Denkweise für die eigene Vorstellung fruchtbar zu machen und ihn mit unseren eigenen afrikanischen Handlungsstrategien zu vergleichen.

Um das oben erwähnte Ziel zu erreichen, wird der Beitrag von Büchern, wissenschaftlichen Reflexionen wie Kolloquien sowie Aufsätzen von ausschlaggebender Bedeutung sein. Dementsprechend wird auch zudem die Sekundärliteratur helfen, die einzelnen Punkte meiner erarbeiteten Gliederung wissenschaftlich in Angriff zu nehmen. Diese wissenschaftliche Untersuchung des literarischen Textes „Die Verlobung in St. Domingo“ soll unter verschiedenen Perspektiven durchgeführt werden, wobei drei Schwerpunkte verfolgt werden. Zunächst soll der Erzähltext dem Umfeld einiger Werke von Heinrich von Kleist zugeordnet werden, um in erster Linie die besondere literarische Gestaltung erzähltechnisch zu untersuchen. In der zweiten Linie sind die vielfältigen Aspekte sozialer Realitäten zu berücksichtigen, die in dieser lehrreichen Novelle auftauchen. In der dritten Linie wird es um ein Plädoyer für Gewaltlosigkeit, sowie die Lehre der gesamten Arbeit gehen.

In der ersten Phase sind nach einer Themenklärung einige Werke von Kleist beizuziehen, die das Thema von Gewalt und Rache berühren. Eine vergleichende ausführliche Analyse scheint hier relevant, um die Verarbeitung des Themenfeldes bei Kleist besser einschätzen zu können. Auf dieser Basis soll „Die Verlobung in St. Domingo“ genau untersucht werden. In der zweiten Phase werden die in der Novelle auftauchenden sozialen und kulturellen Realitäten im Einzelnen analysiert. Auf der Figurenebene werden in diesem Zusammenhang auch die innerfamiliären Konflikte behandelt: zum Beispiel Babekan und Toni. Da der Text auffällig mit einem traurigen Mord von Toni und dem Selbstmord von Gustav von der Ried infolge angeblichen Verrats endet, soll auch untersucht werden, inwieweit sich solche Perspektivlosigkeit auf Heinrich von Kleist selbst übertragen lässt, der sein eigenes Leben auch mit einem Doppelselbstmord beendete. Nicht zuletzt wird die erzähltechnische Gestaltung des Textes für das Thema von Gewalt und Gewaltlosigkeit ausgewertet. In der dritten Phase werden die vorher gewonnenen Erkenntnisse in einer bündigen Argumentation zusammengefasst. Hier soll dazu der Einfluss von Kleists Schreibweise auf die zeitgenössische Erzähltechnik näher untersucht werden, dies aber auch im Zusammenhang mit der Geschichte der Novelle im beginnenden 19. Jahrhundert.

Laut Dieter Zimmermann erkennt man bei Kleist folgende Charakterzüge:

„Teilnahmslos“ heißt, er nimmt nicht am Gespräch teil, nicht an dem, was um ihn herum geschieht; er ist in Gedanken versunken und in Gedanken woanders, als er mit dem Körper ist.[6]

Hermetisch war Kleist im Gespräch. Das gilt auch für seine Werke. Liebe hat er für sich nicht entdecken können. Schon zu seinen Lebzeiten drückt er seine Verzweiflung durch seine Briefe an Freunde, Freundinnen sowie durch seine Werke aus. Es geht hier darum: „wenn ich nur ein Weib habe, so werde ich meinem Ziele ganz ruhig und ganz sicher entgegengehen.“[7] Hier ausgerechnet soll festgestellt werden, dass angesichts dessen, was Kleist in seiner Epoche, sei es in Aufsätzen, Novellen, Erzählungen, Theaterstücken etc. niedergeschrieben hat, er sich bis heute literaturgeschichtlich in keine der herrschenden literarischen Strömungen an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, nämlich Klassik oder Romantik einordnen lässt.[8] Obwohl „Die Verlobung in St. Domingo“ den sechs Kriterien einer Novelle laut Ivo Braak entspricht,[9] ist sie nach Kleist eine Erzählung. In Hinblick auf das, was schon über Kleist gesagt wird, wundert es keinen, wenn Gundolf Folgendes formuliert: „Kleist wirkt neben Lessings Gesamtperson wie ein Dummkopf, neben Schiller wie ein Wirrkopf, neben Goethe wie ein Barbar.“[10] Davon ausgehend hätten Lessing, Schiller und Goethe Recht, wenn sie ihre Meinung so unverschämt von Kleist äußern? Auf jeden Fall sagt Kleist selbst: „Die Wahrheit ist, dass mir auf Erden nichts zu helfen war“. [11]

Abgesehen von diesen Autoren, die Kleists negative Aspekte betrachten, bleibt Kleist trotzdem eine Figur in der deutschen Literatur. Sein Schöpfergeist kommt allerdings von seiner Irritation. Sein Renommee ist seit langem über die Grenzen; denn seit gut hundert Jahren, seit Beginn der Moderne, scheint Kleist aus dem literarischen Leben nicht mehr wegzudenken. Fast jede Generation in Schule und Universität, in Lehre und Forschung hat ihn seither für sich neu entdeckt, beeindruckt und nicht selten fasziniert. Das betrifft die Themen und Motive seiner Dichtung, doch seine unveraltete Sprache nicht zuletzt.[12] In diesem Geist bezüglich seines Lebens hat Hans Zigelski Folgendes affirmiert:

Der Nachhall, den das Werk eines Dichters findet, ist des Schöpfers eigentlicher Lohn. Bisweilen jedoch liegen die Höhenzüge geistigen Verständnisses so […], dass es vieler Jahre bedarf, ehe ein Widerhall von dorther antwortet. Dann allerdings weckt er vielfach neue Stimmen und gewinnt so an Breite und Vielfältigkeit. So stand es mit dem Werk Heinrich von Kleists.[13]

Nach der Meinungen der Autoren über Kleists Werken und seine Person, was ist jetzt die weitere Anregung zum Thema der Gewalt auf sich?

Das Thema von Gewalt betrifft Grundprobleme meines Heimatlandes. Dies ist entscheidend für die Zukunft dieses Landes, denn wie könnte man sich ohne Frieden entwickeln? Wie könnte man sinnvoll bei ständigen politischen und sozialen Unruhen leben, die die ärmliche Bevölkerung oft zur Auswanderung oder Umsiedelung zwingen? Nach einem Artikel der „ Norddeutsche Mission “ endeten die Präsidentschaftswahlen in Togo vor fünf Jahren in einem Blutbad mit mindestens 400 Toten.“[14] Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich gern an Kleists Text arbeiten. Gewaltlosigkeit, Besonnenheit, Toleranz als Tugend zur Entschärfung von Konflikten werden in der Gesellschaft wenig gepflegt. Der bedeutsamste Grundstein des sozialen und kulturellen Lebens wird leider ohne diese Tugenden von Gewaltlosigkeit und Toleranz preisgegeben.

Die Literatur kann hier Beiträge leisten, um neue Ansätze zur Verständigung zu finden, deshalb „P.E.N. Autoren sagen „nein“ zu Fremdenhass, Antisemitismus und Gewalt […]“[15].

An der deutschen Abteilung der Universität Abomey-Calavi wurde diese Fragestellung von Gewalt und Gewaltlosigkeit bisher noch nicht bearbeitet. Das Thema der Rache und Gewalt war zwar Gegenstand der Magisterarbeit von Sélognon NONVIDE gewesen, hier allerdings in Bezug auf Friedrich Dürrenmatts Stück „Der Besuch der alten Dame“. Diese Arbeit untersucht einzelne humane und inhumane Verhaltensweisen und die Macht des Geldes in Dürrenmatts Theaterstück. Abgesehen von dieser wichtigsten Arbeit ist das vorliegende Thema weder an der deutschen Abteilung der Universität noch an einer anderen Forschungsabteilung des Landes bisher erforscht worden.

Wir werden jetzt detaillieren, wie sich die Auseinandersetzungen in „Die Verlobung in St. Domingo“ bis zur Gewaltausübung zuspitzen; aber zunächst wird uns der geschichtliche Hintergrund der vorliegenden Novelle beschäftigen.

1.1 „Die Verlobung in St. Domingo“: Zum geschichtlichen Hintergrund

Hier werden die der Novelle zugrunde liegenden Realitäten erforscht und dann wird geprüft, inwieweit die Novelle die einst in Haiti geschehenen Sklavenaufstände widerspiegelt. Es geht hier also darum, die Wahrhaftigkeit oder die Fiktionalität von Kleists Novelle aufzuzeigen.

1.2 Entstehungshintergrund von „Die Verlobung in St Domingo“

Von dem Hintergrund der hier erzählten Geschichte, welche uns im Nachfolgenden beschäftigt, ist hier die Rede. Es wird hier also ein Blick auf die bis 1803 fortdauernden Verhältnisse zwischen Weißen und Bauern, hier Bauersklaven, auf der Karibikinsel geworfen. Anschließend werden die sich bis zum Aufstand der Einen gegen die Anderen entwickelnden Feindseligkeiten herausgearbeitet.

Am 6. Dezember 1492 landet Kolumbus an der Nordwestküste von Haiti, das seine spanischen Seefahrer zunächst “Hispaniola“ nennen. Das Bordbuch von Kolumbus beschreibt diese große Karibikinsel südlich von Kuba als ein fruchtbares und friedliches Paradies.[16] Dieses friedliche Land soll aber nicht länger bleiben. Als Ovando[17] zehn Jahre später in der inzwischen gegründeten Niederlassung namens Santo Domingo ankommt, beginnt die systematische Ausrottung der von der modernen Forschung auf etwa eine Million geschätzten Indios.[18] So verfährt Ovando nicht weniger grausam als die spanischen Eroberer Mittel- und Südamerikas, Cortes und Pizarro. Lebendig lässt er (Ovando) die Eingeborenen auf Feuern rösten, oder sie mit Hunden hetzen. Später wird die Inselkönigin namens Anacoana bei einer Zusammenkunft in Fesseln gelegt und zusammen mit den Stammeshäuptlingen niedergemetzelt. Nachdem die einheimische Bevölkerung in kurzer Zeit beinahe ausgelöscht ist und auch weil für die Zwangsarbeit in den Gold- und Silberminen „Neger“[19] körperlich geeigneter scheinen, beginnen die Spanier schon bald Negersklaven aus Afrika auf die Insel einzuführen. Bereits 1503 legen die ersten Schiffe von Negersklaven in Santo Domingo an.[20] Die nun ausgeplünderte Insel verlassen die spanischen Siedler einige Jahrhunderte später und folgen jetzt den Konquistadoren in die neueroberten Reiche der Azteken und Inkas.[21] Jetzt lauern die auf dem Weg von Mittel- und Südamerika nach Europa vorbeifahrenden französischen Seeräuber den mit Silber und Gold beladenen spanischen Handelsschiffen Anfang des 17. Jahrhunderts auf. Die spanische Besitzung Santo Domingo verwandeln diese nun in eine französische Niederlassung, die fortan Saint Dominique heißt.[22] In der Absicht, die Bevölkerung zu vermehren, wodurch mehr Arbeitskräfte erzielt werden, schickt die französische Regierung damals Auswanderer, Deportierte und auch Kriminelle auf die Insel. Als im Jahre 1644 das Zuckerrohr aus Java[23] eingeführt wird, beginnt dann ein enormer ökonomischer Aufschwung. Riesige Zuckerrohrplantagen sind die Folge, aber auch Kaffee-, Kakao- und Baumwollplantagen. Spanien, das sich nun an der Insel interesselos zeigt, tritt 1697 durch den Friedensvertrag von Ryswick den Westteil von Hispaniola an Frankreich ab. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist Saint Dominique die reichste Kolonie Frankreichs, die nicht weniger als ein Viertel des französischen Handelsvolumens bestritt.[24] Für die auszudehnende Plantagenwirtschaft führen die Franzosen jährlich 30.000 Neger ein. Auf diese Weise beträgt am Vorabend der Französischen Revolution das Zahlenverhältnis der Neger, die in Kleists Novelle so wichtig ist: 30.000 (S. 184).

Über die Verhältnisse zwischen Weißen und Schwarzen und die Behandlung der Schwarzen durch die Weißen gibt das französische Sklavengesetz, der Code Noir von 1685 Auskunft. Weil die Sklaven, größtenteils Schwarzen, diese von den Weißen zugefügten Behandlungen unter anderen Peitschenhiebe, Lynchjustiz inhuman fühlen, führt dies ständig zu Aufständen der Mulatten und Schwarzen. 1791 dekretiert die französische Nationalversammlung die Gleichberechtigung der „freien Farbigen[25] “. Noch im selben Jahr wird diese Gleichberechtigung widerrufen. Der ein Jahr später entstandene National-Konvent[26] beschließt 1794 die Abschaffung der Sklaverei. Der Anführer der aufständischen Schwarzen, Toussaint L´Ouverture[27] arbeitet 1794 daraufhin mit den französischen Kommissaren an der Berufung des Konvents zusammen. Er stieg 1795 zum Brigadegeneral auf, 1796 zum Divisionsgeneral. Sein Unterführer Jean Jacques Dessalines (1758-1806) schlägt einen Aufstand der Mulatten blutig nieder. 1801 macht sich Toussaint L´Ouverture aufgrund einer neuen Verfassung zum Gouverneur von St. Dominique auf Lebenszeit. Infolge eines Wortbruches Frankreichs wird Toussaint L´Ouverture gefangen genommen und nach Frankreich gebracht, wo er am 7. April 1803 auf Fort Joux bei Besançon stirbt.[28] Nach seiner Kapitulation wird am 1. Januar 1804 die Unabhängigkeit St. Dominiques proklamiert, Dessalines zum Gouverneur auf Lebenszeit ernannt.

Von Beginn der Französischen Revolution bis zur Diktatur Bonapartes toben fast unaufhörlich Sklavenaufstände. Es zeichnen sich damals auch Gipfel zur Verbesserung der Sklavenrechte ab. In der ersten Phase entfalten sich aufgrund der revolutionären Verkündigung der Menschenrechte Bestrebungen, auch das Los der Sklaven zu verbessern. Sie gipfeln 1794 im Beschluss des Pariser Nationalkonvents, die Sklaverei in den Kolonien abzuschaffen. Genau auf diesen Beschluss spielt Kleists Erzähler am Anfang seiner Novelle an: „Congo Hoango war, bei dem allgemeinen Taumel der Rache, der auf die unbesonnenen Schritte des National-Konvents in diesen Pflanzungen aufloderte, einer der ersten, der die Büchse ergriff […]“[29]. Durch den Begriff „unbesonnenen Schritte“ wird hier aufgezeigt, dass der Nationalkonvent nicht gut gedacht wird. Diese weißen Pflanzer aber widersetzen sich. In der Folge gehen die Sklavenaufstände weiter. Die zweite Phase fällt in die Zeit der Herrschaft Bonapartes. Dieser entsendet daraufhin, um die gesamte Insel für Frankreich wiederzugewinnen, eine Invasionsarmee, die am 1. Februar 1802 in St. Dominique landet. Am 20. Mai 1802 verkündet er per Dekret die Wiedereinführung der Sklaverei in den Kolonien sowie ausdrücklich den Sklavenhandel und die neuerliche Einfuhr von Schwarzen auf die ferne Insel. Darauf steigern sich die Sklavenaufstände noch. Wie Bonapartes Invasionsarmee vorgeht, zeigt deutlich ein Schreiben eines ihrer Anführer, des Generals Rochambeau, an General Ramel vom 5. April 1803.

Ich sende Ihnen, verehrter Kommandant, eine Abteilung von 150 Mann der Nationalgarde unter dem Befehl des Herrn Barri sowie 28 englische Bulldoggen. Diese Verstärkungen werden Ihnen erlauben, Ihre Operationen ohne weitere Hilfe zu beenden. Ich mache Sie pflichtgemäß darauf aufmerksam, daß ihnen keinerlei Futter oder Geldmittel für die Ernährung dieser Hunde zur Verfügung gestellt werden. Geben Sie ihnen Neger zu fressen!

Ich grüße Sie herzlichst

Rochambeau 1[30]

Viele Tausende von Negern werden in der Tat gefoltert, ersäuft und verbrannt. Es kommt sogar zu den ersten Vergasungsaktionen in der Geschichte. Rochambeau lässt massenweise Schwarze durch Schwefeldampf ersticken.[31] Die häufigste Strafe sind Peitschenhiebe, die mit schweren geknoteten Riemen ausgeführt werden und von denen jeder das blutige Fleisch bloßlegt. Es geht also um die Willkür der Kolonialherren, die mitleidslos Lynchjustiz an ihren Untertanen üben. In Kleists vorliegender Novelle wird Babekan Opfer einer solchen Strafaktion, deren Folge sie immer mit sich trägt und die ihrer Teilnahme an den Gewalttaten zu Grunde liegt:

Ich werde den Eidschwur, den er die Frechheit hatte, mir ins Gesicht zu leisten, niemals vergessen, ein Gallenfieber war die Folge davon, und bald darauf noch sechzig Peitschenhiebe, die mir Herr Villeneuve geben ließ, und in deren Folge ich noch bis auf diesen Tag an der Schwindsucht leide (S. 194).

In die Wunden werden Salz und Pfeffer gestreut oder glühende Kohlen. Der Spezialausdruck der französischen Pflanzer für diese Strafe war „tailler un nègre“, d.h. einen Neger schnitzen.[32] Schlimmere und ebenfalls häufige Strafen sind Brandmarkung mit glühenden Eisen, Abschneiden der Ohren und der Zunge, Rädern, Verbrennen bei lebendigem Leibe etc.[33] Solche Verhältnisse herrschen fortdauernd bis zu einer beträchtlichen Verminderung der eingeführten sowie der schon auf der Insel lebenden Schwarzen. Von insgesamt einer Million Schwarzen, die eingeführt werden, und die sich natürlich auch fortpflanzen, lebt bis am Vorabend des Aufstands unter diesen Umständen nur noch weniger als die Hälfte. Immer wieder kommt es zu Aufständen von den Sklaven. Die Heere der aufständischen Mulatten und Schwarzen vereinigen sich aufgrund dieser Entwicklung und besiegen die durch eine Fieberepidemie bereits dezimierte französische Invasionsarmee. Der Erzähler deutet auch in der Novelle auf eine solche Fieberepidemie hin (S. 195).

Nachdem Dessalines zum Nachfolger von Toussaint L´Ouverture ernannt wird, verfügt er im März 1804 die Ermordung aller noch auf der Insel lebenden Franzosen.[34] Kurz darauf lässt er sich zum Kaiser von Haiti krönen, 11 Tage später wird er aber von aufständischen Mulatten ermordet.

Noch liegt für Kleist dieses Geschehen nicht nur zeitgeschichtlich, sondern auch biographisch nahe; denn 1807 muss er als französischer Kriegsgefangener mehrere Monate in Fort Joux verbringen, wo wie bereits erwähnt, 1803 kürzlich Toussaint L´Ouverture gestorben ist.

Die Frage, ob Kleist diese Geschichte erzählt bekommen hat oder sie selbst erfindet, überleitet uns zu einem anderen Thema.

1.3 „Die Verlobung in St. Domingo“: Fiktion oder Realität?

Ob die „Verlobung in St Domingo“, eine von Kleists bedeutsamen Novellen, die seinem Lebensende ähnlich ist, eine wahre Geschichte widerspiegelt, scheint eine übertriebene Frage zu sein, da es auf der Hand zu liegen scheint, dass jedes literarische Werk fiktional ist. Betrachtet man aber die Novelle und den geschichtlichen Entstehungshintergrund, zweifelt man an der Fiktionalität.

Kleists Novelle “Die Verlobung in St Domingo“ liegt eine unentwirrbare Geschichte zugrunde: Sklavenbefreiung auf einer Karibikinsel. Der Text verweist auf konkrete historische Fakten: die Mannschaft von 30.000 Mann, mit der der General Dessalines gegen Port au Prince vorrückte (S.184). Die Szene spielt sich 1803 ab, was derselben Zeitspanne der Geschehnisse entspricht. Der Leser las 1811 in „Kuhns Freimüthigem“ die Erstveröffentlichung.[35] Auch die Erwähnung der „unbesonnenen“ Schritte des National-Konvents wird plausibler. Verknüpft man diese Elemente, so stößt man auf Schwierigkeiten, wie G.L. Fink nachwies.[36] Rekurriert man aber jetzt auf die Anordnungen des National-Konvents, der zwischen 20. September 1792 und 26. Oktober 1795 tagt und der durch das Dekret vom 4. Februar 1794 die Sklaverei in den französischen Kolonien aufhebt, versteht man naheliegender Weise, was die teilweise aus Afrika herstammenden Sklaven revoltieren lässt. Obwohl es schwer ermittelt werden kann, auf welches Ereignis sich Kleist eigentlich bezieht, gibt es trotzdem Spuren zuverlässiger Quellen. Hoffmeister findet, dass Kleists Schriften einigermaßen der Realität entsprechen. Er schreibt:

Wollte man die Dichtung Kleists auf ihre Wirklichkeitsnähe hin untersuchen, in welcher Auswahl und wie gegenständliche, empirisch Feststellbares zur Darstellung gelangt, so käme man wohl zu dem Ergebnis, dass sich zwar einige realistische Züge aufweisen lassen […].[37]

Die Rezeption zweier zeitgenössischer Berichte, eines französischen[38] und eines englischen[39] könnten Kleists Interesse am “Sklavenproblem“ geweckt haben. Seine persönlichen Kontakte sind aber auch nicht auszuschließen. Bereits während seines Aufenthaltes in der Schweiz erzählt ihm vermutlich Hauptmann Gatchet, der ihm vermietet, von der Revolte in Saint Domingo.[40] Hauptmann Gatchet hingegen ist diese Geschichte durch seinen Bruder bekannt, einen französischen Offizier, der im Verlauf der Auseinandersetzungen dort ums Leben kommt.[41] Verhaftet durch die französischen Truppen als angeblicher Spion während der Reise nach Berlin sitzt Kleist Mitte Januar bei Wasser und Brot auf dem Fort de Joux[42] und danach im Kriegsgefangenenlager in Châlons-sur-Marne[43], wo er am 23. April 1807 seiner geliebten Schwester Ulrike[44] diese Geschichte weitererzählt. Auch bedeutsam bleibt der Fakt, dass Kleist in das Kriegsgefangenenlager geworfen wird, wo jüngst Toussaint L´Ouverture die Seele aushaucht. Zudem ist Kleists Waffenbruder Gauvin in derselben Zelle wie Toussaint L´Ouverture.

Andere Autoren wie Wolff sind aber der Auffassung, dass diese Novelle von Kleist fast rein eine Abschreibung von “Wilhelm Meisters Lehrjahre“ (das erste Fragment entsteht zwischen 1777 und 1786)´´ von Goethe ist. Wolff bekräftigt seine Einstellung mit konkreten Argumenten. Aus einem Brief von Kleist an seine Braut Wilhelmine vom 21. Mai 1801 liest man Folgendes aus der Feder von Hans Wolff : „ Warum bin ich, wie Tankred, verdammt, das, was ich liebe, mit jeder Handlung zu verletzen.“ [45] Andeutungsweise weist Wolff hier darauf hin, dass Kleist Goethe zitiere. Ferner zieht Wolff eine andere Parallele zwischen den Figuren dieser beiden Werke nämlich „Wilhelm Meisters Lernjahre“ und „Die Verlobung in St Domingo“. Die Handlungen von Mariane bei Goethe sind denen von Mariane und Toni bei Kleist ähnlich. Die alte Babekan erinnert an die alte Barbara beim goetheschen Roman. Wie bei Goethe, wo ein junges Mädchen Barbara ausgeliefert wird, zeigt auch Kleist die gleichen Ansätze, indem er der alten Babekan ein junges Mädchen, also ihre leibliche Tochter, zuordnet. Wolff setzt fort und erklärt, dass die beiden Frauen Hintergedanken haben. Allerdings kommen die beiden Frauen aus einer unteren Schicht der Gesellschaft; sie erleben Härte und zudem Grausamkeit. Was Gustavs von der Ried Tat angeht nämlich seine Liebesbindung, schließt auch Wilhelm zwei Liebesbindungen ab. Beim Goethe’schen heißt Wilhelms erste Braut Mariane. Bei Kleist heißt Gustavs erste Braut auch Mariane.[46] In den beiden Werken sterben die beiden Marianen als Opfer der Liebe. Angesichts dessen besteht nun kein Zweifel, dass Kleist entweder von Goethe, von dem Aufstand der Sklaven auf der Karibikinsel oder von beiden inspiriert ist.

Allem Anschein nach gibt es in der Novelle und zwar in Hinblick auf die Realität markante und signifikante Merkmale des Sklavenaufstands, denen sich die Novelle unterzieht. Daher weiß Kleist von verschiedenen Seiten um das Problem der Sklaverei in den französischen Kolonien. Zudem bekräftigt die folgende Passage das Fundament der Novelle:

Dans ses nouvelles, Kleist emprunte le thème des fiançailles à saint-Dominigue aux récits français de l´aventure de Toussaint-Louverture. Le héros du conte le Nouveau Werther est un jeune français. Le récit Histoire d´un singulier combat, il dit le devoir à Froissant; il est donc véridique.[47]

Hier wird jetzt die Herkunft der Novelle geklärt. Vor allem aber, die persönlichen Kontakte, die Kleist Auskünfte zu den Problemen der Revolte vermitteln, lassen eher die Vermutung zu, dass die Ereignisse des Jahres 1803 den primären Anlass für Kleists Beschäftigung mit dem Thema bilden.[48]

Aller Vermutung nach scheint die Novelle, wahre Geschichte zu sein, denn ihre Ursprünglichkeit bleibt greifbar und real. Sie bleibt trotzdem fiktional, was allerdings alle literarischen Werke kennzeichnet.

Im Nachfolgenden untersuchen wir die verschiedenen Thematiken, die in der Novelle behandelt sind.

1.4Problemsphären der Novelle

Unter „Problemsphären der Novelle“ werden hier die unterschiedlichen Aspekte sozialer und politischer Realitäten verstanden, die in der Novelle eine Rolle spielen.

Der Novelle „Die Verlobung in St. Domingo“ liegt von vornherein ein Konflikt zwischen Schwarz und Weiß zugrunde. Drei Hauptbereiche verbindet die Novelle. Oft kehren diese Themen in Kleists Werken wieder. Zum einen erscheint das Motiv von Gewalt als Zentralthema der Novelle; denn alles beginnt damit:

Congo Hoango war, bei dem allgemeinen Taumel der Rache, der auf die unbesonnenen Schritte des National-Konvents in diesen Pflanzungen aufloderte, einer der ersten, der die Büchse ergriff, und, eingedenk der Tyrannei, die ihn seinem Vaterlande entrissen hatte, seinem Herrn die Kugel durch den Kopf jagte. Er steckte das Haus, worein die Gemahlin desselben mit ihren drei Kindern und den übrigen Weißen der Niederlassung sich geflüchtet hatte, in Brand, verwüstete die ganze Pflanzung [...] (S. 183 – 184).

Dieses Motiv vom Widerstandskampf der Schwarzen gegen die französischen Kolonialherren ist andeutungsweise ein Hinweis auf die napoleonische Unterdrückung gegenüber Preußen. Aus dem Nachlass von Staegemann kann man etwas Ähnliches lesen: „Ich bleibe dabei, dass uns nichts errettet als ein neuer Krieg auf Leben und Tod, eine allgemeine Insurrektion mit Knütteln und Dreschflegeln“. [49] Staegemann schreibt hier Kleists Worte am 12. Oktober 1807 an seine Verlobte ab, um die Insurrektion der Schwarzen gegen die Weißen zu begründen. Was die zwei Hauptfiguren Toni und Gustav angeht, sind sie inzwischen verlobt; diese Liebe scheitert aber aufgrund des Misstrauens. Zum zweiten tritt also das Motiv von Misstrauen und auch Missverstehen heraus, das sich letzten Endes in Tonis Worten lesen lässt: „Du hättest mir nicht misstrauen sollen“ (S. 223). In Bezug auf die Überschrift der Novelle geht es teilweise um Gewalt aber auch insbesondere und größtenteils um eine Liebesgeschichte, die leider infolge eines Missverständnisses tragisch endet. Zum dritten werden hier sowohl die Wechselhaftigkeit des Menschen (z.B. Toni), kleistsche Ironie als auch die Kolonisation und die Willkür der Kolonialherren dargestellt.

Kurz gesagt geht es in „Die Verlobung in St. Domingo“ darum, nicht nur Kolonisation, u.a. die französische Kolonisation (mit all ihren Formen und Farben) anzuprangern, sondern auch die Barbarei des Menschen insgesamt anzuzeigen und auch die Grundlagen einer soliden Beziehung zu erklären, wobei Kleist viele Motive ans Licht treten lässt, in deren Zentrum allerdings die Gewalt steht.

1.4.1Bedeutung der Begriffe Rache und Gewalt

Im Rahmen der Themenklärung setzt sich dieser Teil der Arbeit zum Ziel, sich mit den Begriffen „Rache und Gewalt“ auseinanderzusetzen, da sie die Grundpfeiler der Arbeit ausmachen, obwohl es a prima vista in der Novelle um den Rassendiskurs geht.

Es soll zuerst festgestellt werden, dass es eine Vielzahl von Definitionen für Rache gibt. Alle diese Definitionen greifen aber auf denselben Begriff zurück: die Vergeltung. Im weitesten Sinne wird Rache verstanden als „eine persönlich, oft von Emotionen geleitete Vergeltung einer als böse, besonders als persönlich erlittenes Unrecht empfundenen Tat.“ An gleicher Stelle liest man aber weiter, dass Rache auch folgende Bedeutung innehat: „Eine Boshaftigkeit, mit der jemand bei günstiger Gelegenheit jemandem mit größerem Einfluss, dem er sonst nicht ohne weiteres einen Schaden zufügen kann, etwas heimzahlt.“[50]

Mehrere Autoren, die die Rache oder die Herkunft der Konflikte unter Menschen verarbeitet haben, haben sich mit der Sache bzw. mit dem Begriff befasst. Ein Beispiel ist hier Albert Camus, der der allgemeinen Definition der Rache folgendes hinzufügt: „Rache heißt Strafe, die züchtigt, ohne zu verhüten.“[51] Wie bereits im oben zitierten Satz erwähnt geht es keineswegs um Mitleid bei der Anwendung von Rache. Das Thema von Rache und Gewalt behandelt Kleist radikal bis zum Blutvergießen. Darf aus solcher Konsequenz nicht auf Rache gesonnen werden? Soll man seinen rachsüchtigen Emotionen so freien Lauf wie Congo Hoango und Babekan lassen? Soll man immer hemmungslos das Unrecht mit gleicher Münze heimzahlen, was kaum konstruktiv ist? Ist das Beispiel von Congo Hoango nicht veranschaulichend? Es soll aber betont werden, dass, wie die Bedeutung der Rache es klar macht, der Rachsüchtige meistens eine günstige Zeit dafür findet, um sich zu entschädigen. Allerdings wartet Congo Hoango, rettet sogar seinem Herrn das Leben, bis ihm die Zeit zum Vorteil wird: „die unbesonnenen Schritte des National-Konvents (S. 183). Für ihn ist nun die Zeit reif, sodass er kaum seine Zielscheibe verfehlen kann. Zudem sagt ein französisches Sprichwort: „la vengeance est un plat qui se consomme froid, et il faut savoir attendre pour se venger“.

Wie lässt sich jetzt die Gewalt definieren? Unter ihr versteht man ein „unrechtmäßiges Vorgehen, wodurch jemand zu etwas gezwungen wird, oder eine physische Kraft, mit der etwas erreicht wird“.[52] Laut Immanuel Kant, der unter der Reihe der Autoren ist, die sich mit der Gewalt beschäftigt haben, hat der Mensch eine feste Neigung zu Gewalt. Er bleibt unter anderem schadenfroh und ihm wohnt auch ein bestimmt natürliches Verhalten im rohen Naturzustand inne.[53] Autoren wie Albert Camus und Thomas Hobbes erwähnten schon zuvor einen dem Menschen innewohnenden Charakter des Gewalttätigen. Wenn aber Kant von rohem Naturzustande spricht, deutet er nicht nur die Bosheit des Menschen an. Nach Kant ist jeder Mensch gut von Natur, aber trotzdem besitzt er einige Gene von Bosheit, die seine Erbanlagen prägen. Darüber hinaus ist unter Gewalt Folgendes zu verstehen:

Gewalt bedeutet die Anwendung von physischem Zwang gegenüber einem anderen, um diesem Schaden zuzufügen bzw. ihn der Herrschaft der Gewaltausübenden zu unterwerfen oder um solcher Gewaltausübung (mittels Gegengewalt) zu begegnen.[54]

Durch die beiden Definitionen erweist sich, dass man die Rache nicht von der Gewalt trennen kann und umgekehrt; denn die beiden Begriffe gehen ineinander über. Der Sachverhalt der beiden definierten Begriffe führte Congo Hoango zum Anzünden der Plantagen; denn er entsinnt sich immer der mitleidslosen Gewalt, die ihm einst angetan wurde. Davon ausgehend lässt sich die Gewalt in verschiedene Aspekte kategorisieren. Nämlich unterscheidet sich physische Gewalt von psychischer. Als physische Gewalt wird hier die an Herrn Guillaume Villeneuve von Congo Hoango begangene Tat betrachtet oder die von Gustav an Toni. In Kleists Werk „Der Findling“ übt Piachi die gleiche Gewalt auf Nicolo aus, denn Piachi überhäuft Nicolo mit all seinen Gütern aber verliert letzten Endes die Contenance, als dieser seine Frau vergewaltigt. Die Erpressungen von Babekan an Toni, um sie von ihrer Liebe zu Gustav abzubringen oder vice versa, sind noch Beispiele psychischer Gewalt. Das ist nämlich ein sprachloser Ausdruck. Toni wird psychisch von Babekan „verfolgt“. Dieser Gewalt will sich Toni entziehen, indem sie niemanden von ihrer allein erarbeiteten Strategie informiert. Dementsprechend folgen in dem Werk auch Mimik und Gestik: z.B: „Beim Himmel! erwiderte die Alte, indem sie die Brille von der Nase nahm […]“ (S.189). Es geht hier ausgerechnet um Pantomimen oder sogar um Verstummen, welche entweder zum Verrat seitens der Aufständischen oder der Weißen führen. Dies ist als non verbale Kommunikation zu bezeichnen.

Daraus folgt, dass die hergeleitete Gewalt von Rache im Mittelpunkt der Novelle steht. Sie zieht aber viele Strategien und Motive mit sich unter anderem die Liebesgeschichte von Toni und Gustav von der Ried.

Im Nachfolgenden wird die Gewalt bearbeitet, um die die Szene dreht.

1.4.2Gewalt in Kleists „Die Verlobung in St. Domingo“

Es geht hier darum, die verschiedenen Facetten der Gewalt, sei es physisch oder psychisch in Kleists vorliegender Novelle zu untersuchen.

Anfangs handelt es sich um die Figur des Herrn Guillaume von Villeneuve, den Pflanzungsbesitzer. Man stellt fest, dass seine Macht über die Sklaven ihm nicht nur erlaubt, sich Congo Hoango und noch andere Sklaven zu kaufen, sondern auch Congo Hoango wieder die Freiheit zu schenken. Eine Art Willkür übt er Babekan gegenüber; erstens indem auf seine Veranlassung Babekan sechzig Peitschenhiebe gegeben werden und zweitens, als sie Congo Hoango, dem Aufseher seiner Pflanzung, als Frau attribuiert wird. Die von Kleist fortdauernd verarbeitete Gewalt lässt seinen Leser bestürzt, denn fast nichts Positives wird ihm auf den ersten Blick nach dem Lesen beigebracht. Dies führt Tieste zur folgenden Behauptung: “Wer sich einen schnellen Überblick über den Inhalt von Kleists Werken verschaffen will, greift üblicherweise zu Schauspiel- und Romanführern und ist enttäuscht […].“[55]

Guillaume von Villeneuve erweist sich auf diese Weise in der Novelle als absolut unnachgiebiger Herr, der mit voller Macht über alles herrscht. Bemerkenswert ist hier auch zu notieren, dass er einen adligen Namen trägt. Was Herrn Strömli, Gustav von der Ried und Congo Hoango anbelangt, liegt unter den drei ein aufeinander bezogenes Handeln, denn schließlich sieht Congo Hoango ein, dass das Leben seiner zwei Söhne nun von den Weißen abhängt. Herr Strömli stellt auch fest, dass sie noch infolge Babekans Gnade, leben, da Babekan auf Gustavs Bitte nach dem Erzähler ihnen am Möwenweiher einen Korb Lebensmittel zuschickt. Durch den Korb Lebensmittel wird falsche Hoffnung Gustav vermittelt und er wird hinter das Licht geführt. Toni und Babekan betreffend sagt Müller-Seidel: „Plan, List, und Berechnung sind die Kennzeichnen der hinterhältigen Handlungsweise der aufständischen Neger“.[56] Congo Hoango seinerseits wird in der Novelle als der einzige Schwarze dargestellt, der sich für die Ansprüche der Sklaven auf der Insel einsetzt, auch wenn ihm Hilfe durch die anderen Sklaven beigebracht wird.

Was Seppy, Nanky und Toni angeht, äußert Kurt Günther sarkastisch seine Meinung.[57] Laut Günther erfindet Kleist nur diese drei Namen, um der Novelle eine bestimmte musikalische Harmonie beizulegen. Dieser aus den drei Namen hervortretende Gleichklang (y, y, i) bestimmt die Eintracht zwischen Toni und den beiden Söhnen von Congo Hoango. Sicherlich weiß Kleist, was er schreibt. Hoango tritt hier als Oberhaupt seines „Geschlechts“ und seiner Rasse auf. Das Gleiche gilt auch für Herrn Strömli, Oberhaupt seiner „Familie“.[58] Auffallend ist die Verwendung der Begriffe „Geschlecht“ bei den Sklaven und „Familie“ bei den Weißen. Dies ist ein markanter Fakt, eine angedeutete Stellungnahme des Erzählers oder er berichtet nur die innere Struktur jeder Gruppe. Curt Hohoff fragt in diesem Zusammenhang, ob Kleist großen Humor besitze, ob er erhaben über die Schwächen der Welt - einschließlich seiner eigenen stehe und letztendlich ob er in seinen Werken lache, nur wie ein großer Humorist lächle.[59] Congo Hoango und Herr Strömli werden im Leben auf die Probe gestellt. Sie sind beide „Häuptlinge“ ihrer jeweiligen Familie und schließen am Ende nach dem Tod von Toni und Gustav einen Vertrag von Interesse ab, der den beiden Familien Schlimmeres erspart. Auf jeden Fall führt der Vertrag dazu, dass ein weiterer Angriff von den „Negern“ unterbleibt. Das dramatische Ende der Novelle führt Gundolf aber zu folgender Behauptung:

Gerade die gewollte Künstlichkeit der Darstellung deutet darauf hin, dass Kleist nicht nur ein dramatisches Kabinettstück bieten will, sondern dass es ihm um das Problem der Sinngebung menschlichen Lebens in einer von Verblendung beherrschten Welt geht.[60]

Parallel dazu will Kleist in Gustav von der Ried seine eigenen Züge zeigen. Wie Gustav von der Ried deutet Kleist an, dass er auch ein „Offizier“ war, auch wenn er damals nicht als Anführer wie im Fall von Gustav war: „Ich bin ein Offizier von der französischen Macht, obschon, wie Ihr selbst schon urteilt, kein Franzose“ (S. 188). Von Herrn Strömli stellt er einen Vergleich zwischen Freiheit und Macht an, indem unter Strömli „Strom des Rheines“ verstanden werden könnte. In seinem Namen deutet Kleist seine noch nicht abzuschätzende Kraft und Größe an. Friedlich geht der Strom des Rheines seinen Weg. In einem seiner Briefe an Ulrike geht es ausdrücklich darum: „Zuweilen stehe ich auf der Rheinbrücke, und es ist erfreulich zu sehen, wie dieser Strom schon an seinem Beginnen so mächtig anfängt.“[61] Man stellt nun fest, dass dieser Fluss Kleists Faszination und Bewunderung erweckt. Der Herrn Strömli verliehene Name inkarniert die Souveränität des strömenden Wassers - er kennt seine Richtung und sein Ziel und zudem folgt ihm jeder seiner Söhne und sklavische Bedienteste gehorsam. Seinem Marsch zu Gustavs Rettung steht nichts entgegen. Ja, er tritt in der Novelle stark derart auf, dass ihm nichts zu trotzen wagt. Der Strom eines Flusses bahnt nur mächtig seinen Weg wie Herr Strömli.

[...]


[1] Dürrenmatt, Friedrich: Der Besuch der alten Dame. Bd.5 Zürich: Bange, 1985.

[2] Vgl. Funktion des Gelds am Beispiel von Friedrich Dürrenmatt: „Der Besuch der alten Dame“, Manuskript. Universität Abomey-Calavi 1997.

[3] Tadjo, Véronique: L´ombre d´Imana. Voyage jusqu´au bout du Rwanda. Paris: Actes Sud, 2000, S.122-123.

[4] Vgl. Bâ, Mariama: Une si longue Lettre. Dakar/ Abidjan/ Lomé: NEA, 1979, S. 116.

[5] Heinrich von Kleist: Die Verlobung in St. Domingo. In: Heinrich von Kleists sämtliche Erzählungen und Briefe. Hrsg. v. Helmut Sembdner. 5. vermehrte und revidierte Aufl. München: 1970. Alle hier entnommenen Zitate werden nach Folgendem angeführt.

[6] Zimmermann, Hans Dieter: Kleist, die Liebe und der Tod. Frankfurt/Main: Athenäum, 1989, S. 183.

[7] Brief an Wilhelmine von Zenge am 13. November 1800. Zit. n. Kleist, Heinrich von: Sämtliche Werke und Briefe. Hrsg. v. Helmut Sembdner. Zweibändige Ausg. In: 1 Bd. München: Dt. Taschenbuch Verlag, 2001, S. 968.

[8] Vgl. Rötzer, Hans Gerd: Geschichte der deutschen Literatur. Epoche – Autoren – Werke. Bamberg: 1992, S. 149.

[9] Vgl. Braak, Ivo: Poetik und Stichworte. Kiel: Hirt, S.245. Wie in der Reihe von „Michael Kohlhaas, Die Marquise von O, Das Bettelweib von Locarno, Der Findling, Der Zweikampf etc.“ ist „Die Verlobung in St. Domingo“ noch nach Kleist selbst eine Erzählung, denn es heißt so: Kleist nennt sie noch „Erzählungen“( S.246). Wir bevorzugen hier in dieser Arbeit den Begriff „Novelle“. Auch wenn beides zur epischen Gattung gehört, soll folgender Unterschied trotzdem festgestellt werden: Novelle : Erzählung kürzeren od. mittleren Umfangs, die von einem einzelnen Ereignis handelt u. deren geradliniger Handlungsablauf auf ein Ziel hinführt. Erzählung : kürzeres Werk der erzählenden Dichtung. Siehe: Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006, S. 524.

[10] Gundolf, Friedrich: Heinrich von Kleist. 2. unverarbeitete Aufl. Berlin: Bondi, 1922, S. 15 .

[11] Vgl. Zit. nach: Zimmermann, Hans Dieter: Kleist, die Liebe und der Tod. a.a.O., S. 2.

[12] Vgl. Kleist, Die Verlobung in St. Domingo. a.a.O., S. 309.

[13] Zigelski, Hans: Heinrich von Kleist. Berlin: 1934, S. 5.

[14] Vgl. Brücke für Afrika, Mitregieren oder demonstrieren? Norddeutsche Mission (Hg.) Mitteilung Nr.3 Juni/August 2010 S.6. Pastor Hannes Menke, den Urheber dieses Artikels, habe ich während meines Aufenthalts in Deutschland in Bremen persönlich angetroffen und mit ihm über diesen Artikel diskutiert.

[15] Menschen sind Menschen überall. P.E.N. Autoren schreiben gegen Gewalt. hrsg. v. Karlhans Frank. München: ctb/cbj,2002, S. 162.

[16] Vgl. Schmidt, Jochen : Heinrich von Kleist. Die Dramen und Erzählungen in ihrer Epoche. Darmstadt: wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2003, S. 244.

[17] Nicolàs von Ovando (geboren 1451 in Brozas und am 29. Mai 1511 in Madrid gestorben) war ein spanischer Soldat und Ritter des Alcántaraordens. Von 1502 bis 1509 war er Gouverneur der Insel Ispaniola. Unter seiner Ägide begann die systematische Erschließung der spanischen Kolonien in Westindien. Er setzt das Enconomiendasystem durch, befriedete die Insel, gründete zahlreiche Städte, führte den Sklavenhandel ein und verlieh der Landwirtschaft bedeutende Impulse. Für Weiteres siehe Jochen Schmidt. a.a.O., S. 244.

[18] Vgl. Schmidt, Jochen: Heinrich von Kleist. Die Dramen und Erzählungen in ihrer Epoche. a.a.O., S. 244.

[19] Auch wenn der Begriff abwertend ist, wird er oft in der Novelle verwendet, sowie Schwarze. Um dem Text treu zu bleiben, benutzen wir sie auch so.

[20] Vgl. Schmidt, Jochen: a.a.O., S. 245.

[21] Vgl. Wassermann, Jakob: Das Gold von Caxamalca. Stuttgart, Ernst Klett, 1984 S. 10.

[22] Schmidt, Jochen: a.a.O., S. 245.

[23] Indonesische Insel, wo damals hauptsächlich Zuckerrohr angebaut wurde.

[24] Schmidt, Jochen: a.a. O., S. 245.

[25] Der in der Novelle verwendete Begriff, um die Neger und Mulatten zu bezeichnen.

[26] Der Nationalkonvent war die erste französische Versammlung, die durch ein allgemeines Wahlrecht ohne Klassenunterschiede am 10. August 1792 gewählt wurde, als die Pariser Volksmassen die Tuilerien und die Abschaffung der Monarchie in Anspruch nahmen, verordnete die Gesetzgebende Versammlung die vorläufige Suspendierung des Königs und die Einberufung eines Nationalkonvents, welcher über das Schicksal des Königs entscheiden sollte. Am 21. September 1792 erklärt der neu gewählte Nationalkonvent, König Ludwig XVI. für abgesetzt und ruft die Republik aus. Somit war die Französische Revolution von 1789 beendet. Die neu gewählte Nationalversammlung war aufgestellt. Frankreich wurde zur Republik. Neue Verfassung und Anpassung der Menschenrechte sind nur zwei Beispiele der Erfolge dieser Revolution. Doch schon entpuppte sich die Situation als weniger erfolgreich. Österreich und Preußen standen der Französischen Revolution zunächst relativ neutral gegenüber. Als sich aber der Druck auf die königliche Familie verschärfte, erklärten Österreich und Preußen im August 1792 bereit, in Frankreich militärisch einzugreifen, um das „ancien régime“ zu retten. Somit stand ein möglicher Krieg gegen die europäischen Großmächte vor der Tür u.a. der von Haiti. In Haiti arbeitete Toussaint L´Ouverture auch an der Berufung des Nationalkonvents, indem er das Volk vertrat. Für Weiteres siehe www. Wikipedia.de vom 30. Dezember 2010 um 13:48.

[27] François-Dominique Toussaint L´Ouverture (um 1743 in Cap-Haiti geboren und am 7. April 1803 in Châteaux de Joux, Frankreich, gestorben), war haitianischer Nationalheld afrikanischer Herkunft nämlich Benin( mit einem Denkmal in Allada), und einer der ersten Anführer der lateinamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung sowie der Befreiung schwarzer Sklaven.

[28] Greiner, Bernhard: Kleists Dramen und Erzählungen; Experimente zum Fall der Kunst. Tübingen, Basel, Francke 2000, S. 423.

[29] Kleist: Die Verlobung in St. Domingo. a.a.O., S. 183.

[30] Buch,Hans Christoph: Die Scheidung von San Domingo. Berlin: 1976, S. 166.

[31] a.a.O., S.246.

[32] Schmidt, Jochen: a.a.O., S. 245

[33] Ebd.

[34] Greiner, Bernhard: a.a.O., S. 423.

[35] Kreutzer, Hans Joachim: Die dichterische Entwicklung Kleists. Untersuchengen zu seinen Briefen und zu Chronologie und Aufbau seiner Werke. Berlin: 1968, S. 191.

[36] Vgl. Fink, Gautier Louis: Das Motiv der Rebellion in Kleists Werk im Spannungsfeld der französischen Revolution und der napoleonischen Kriege. In: Kleist Jahrbuch 1988/89, S. 78.

[37] Hoffmeister, Elmar: Täuschung und Wirklichkeit bei Heinrich von Kleist. Bonn: H. Bouvier und Co, 1968, S. 9.

[38] Vgl. Dubroca, L.: Geschichte der Neger-Empörung auf St. Domingo unter der Anführung von Toussaint L´Ouverture und Jacques Dessalines. In: Minerva 1805.Bd.53 S.434 ff und Bd. 54, S. 71.

[39] Vgl. Rainsford, M.: Geschichte der Insel Hayti oder St. Domingo, besonders auf derselben errichteten Negerreichs. Aus dem Englischen. Hamburg: 1806.

[40] Vgl. Schreiber, Christiane: Was sind dies für Zeiten! Heinrich von Kleist und die preußischen Reformen. hg. v. Ruth Schmidt-Wiegand. Frankfurt/Main: Peter Lang, 1991, S. 270.

[41] Vgl. Weiss ,H.F.: Funde und Studien zu Heinrich von Kleist. Tübingen: 1984, S. 44.

[42] Vgl. Kleists sämtliche Werke: a.a.O., S. 307.

[43] Ebd.

[44] Kleists Stiefschwester.

[45] Zit. nach: Wolff, Hans. Matthias: Heinrich von Kleist. Geschichte seines Schaffens. Bern: Francke, 1954, S. 58.

[46] Vgl. Kleist, Heinrich von: Die Verlobung in St. Domingo. a.a.O., S. 199.

[47] Heinrich von Kleist. Europe, Revue littéraire mensuelle. 64e Année. No 686-687. Paris: Barbès- Rochechouart, Juin-Juillet 1986 S. 5.

[48] Vgl. Schreiber, Christiane: Was sind dies für Zeiten! Heinrich von Kleist und die preußischen Reformen. a.a.O., S. 270.

[49] Aus der Franzosenzeit. Ergänzungsband zu den Briefen und Aktenstücken zur Geschichte Preussens unter Friedrich Wilhelm III. Vorzugsweise aus dem Nachlass von F.A. Staegemann. Franz Rüll (Hg.) Leipzig: 1904, S. 53.

[50] Duden: Deutsches Universalwörterbuch. 4. Neu bearb. u. erw. Aufl. hrsg. von der Dudenredaktion, Mannheim, Leipzig, 2001, S. 1266.

[51] Duden: Zitate und Aussprüche. Herkunft und aktueller Gebrauch. bearb. Von Werner Scholze-Stubenrecht. 12 Bd. Mannheim: Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag, 1993, S. 218.

[52] Deutsches Universalwörterbuch. a.a.O., S. 1347.

[53] Vgl. Kant, Immanuel: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. In: Immnuel Kants Werke. Werke in zehn Bänden Hg. von Wilhelm Weischedel Bd. 10, Darmstadt: 1975, S. 68.

[54] Meyers entzyklopädisches Lexikon, Bd.10. Mannheim, Wien, Zürich: 1974, S. 281.

[55] Tieste, Stefanie: Heinrich von Kleist. Seine Werke. Heilbronn: Kleist-Archiv-Sembdner, 2. Bd. 2009, S. 7.

[56] Müller-Seidel, Walter: Versehen und Erkennen. Eine Studie über Heinrich von Kleist. Köln/ Graz: 1961, S. 35.

[57] Vgl. Günther, Kurt: Die Konzeption von Kleists „Die Verlobung in St. Domingo“. In: Euphorion, 17. Bd. (1910) S. 68-95 und S. 313-331.

[58] Vgl. Kleist: Die Verlobung, a.a.O., S. 189.

[59] Vgl. Curt, Hohoff: Komik und Humor bei Heinrich von Kleist. Beitrag zur Klärung der geistigen Struktur eines Dichters. Berlin, 1937 S. 10.

[60] Gundolf, Friedrich: Heinrich von Kleist. Berlin, 1922 S. 32.

[61] Häker, Horst. Heinrich von Kleist: Prinz von Homburg und die Verlobung in St Domingo. Frankfurt am Main, Peter Lang, 1987, S. 42.

Ende der Leseprobe aus 100 Seiten

Details

Titel
Die Problematik der Gewalt und Rache in Heinrich von Kleists Erzählung „Die Verlobung in St. Domingo“
Note
16/20 (Sehr gut)
Autor
Jahr
2011
Seiten
100
Katalognummer
V307922
ISBN (eBook)
9783668062320
ISBN (Buch)
9783668062337
Dateigröße
830 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
problematik, gewalt, rache, heinrich, kleists, erzählung, verlobung, domingo
Arbeit zitieren
Kangnikoé Adama (Autor:in), 2011, Die Problematik der Gewalt und Rache in Heinrich von Kleists Erzählung „Die Verlobung in St. Domingo“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/307922

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Problematik der Gewalt und Rache in Heinrich von Kleists Erzählung „Die Verlobung in St. Domingo“



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden