„Gesetze erlasse der Staat, weil sie ihm nützlich erscheinen, aber für die Zukunft“ (Platon).
Was für Platon in seinen Rechtstheorien ohne jeden Zweifel logisch war, kann in der heutigen Gesetzgebung nicht immer ohne Schwierigkeiten berücksichtigt werden. Die Vielfalt und Spezialisierung der Rechtsgebiete und der ständige Wandel von Politik und Gesellschaft zwingen das Recht flexibel und anpassungsfähig zu sein, aber trotzdem für den Bürger möglichst verständlich zu bleiben und ihm in seinen täglichen Entscheidungen eine rechtliche Trittsicherheit zu geben.
Trotzdem kommt es zu Fällen, in denen der Gesetzgeber bewusst oder unbewusst Gesetze verabschiedet, die Momente der Vergangenheit aufgreifen, um eine belastende Rechtsfolge der Zukunft zu begründen.
Im Folgenden wird geklärt, was man genau unter einer Rückwirkung versteht, wie es zu ihr kommt, und wie sie sich gegenüber einer verfassungsrechtlichen Betrachtung hält. Der Fokus wird hierbei auf Rückwirkungen im Steuerrecht gelegt, die aufgrund der Änderung der §§ 17, 23 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 entstanden sind, wobei jeweils zu Beginn die Besteuerung nach dem Paragraphen selbst erörtert wird. Anschließend werden zum Teil anhand von konstruierten Fällen, zum Teil anhand von Fällen aus der Finanzrechtsprechung Möglichkeiten aufgezeigt, wie eine Rückwirkung entstehen kann. Nachfolgend werden jeweils die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu den Fällen betrachtet und deren Bedeutung für die Stellung des Steuerpflichtigen und die zukünftige Finanzrechtsprechung anhand der herrschenden Literatur und einer eigenen Stellungnahme zusammengefasst und bewertet.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Rückwirkung und Dispositionsschutz (§§ 17, 23 EStG)
- I. Rückwirkung im Steuerrecht
- 1. Echte Rückwirkung
- 2. Unechte Rückwirkung
- 3. Die Veranlagungszeitraumrechtsprechung
- II. Rückwirkung in Fällen der Besteuerung nach §§ 17, 23 EStG
- 1. Die Beschlüsse vom 7. Juli 2010
- 2. Die Spekulationsfrist bei Grundstücksverkäufen, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
- a) Möglichkeiten einer steuerlichen Rückwirkung bei § 23 EStG
- aa) Veräußerung vor dem Beginn des VZ
- bb) Ablauf der zweijährigen Frist und Veräußerung vor Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002
- cc) Ablauf der zweijährigen Spekulationsfrist vor, aber Veräußerung nach der Verkündung
- dd) Ablauf der ursprünglichen zweijährigen Frist nach Verkündung
- b) Der BVerfGsbeschluss vom 7. Juli 2010 -BVerfG 2 BvL 14/02 u.a
- 3. Die Absenkung der Beteiligungsquote von Kapitalanteilen, § 17 EStG
- a) Möglichkeiten einer steuerlichen Rückwirkung bei § 17 EStG
- aa) Eine Veräußerung von Kapitalanteilen unterhalb der alten Grenze von 25% im VZ 1998
- bb) Veräußerung von Kapitalanteilen zwischen 10% und 25% im VZ 1999 vor Verkündung
- cc) Unterschreitung der Grenze vor Beginn des VZ 1999 und Veräußerung nach der Verkündung
- dd) Überschreitung der 10% Grenze und Veräußerung nach Verkündung
- b) Das Absenken der Beteiligungsgrenze auf 1%
- c) Der Bundesverfassungsgerichtsbeschluss vom 7. Juli 2010 -BVerfG 2 BvR 748/05 u.a
- 4. Abschaffung der Steuervergünstigung für Entlassungsentschädigungen
- III. Zusammenfassung und Bewertung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage der Rückwirkung im Steuerrecht, insbesondere im Kontext der §§ 17 und 23 EStG. Dabei stehen die verfassungsrechtlichen Grenzen der Rückwirkung und der Schutz des Vertrauensschutzes im Vordergrund.
- Verfassungsrechtliche Grenzen der Rückwirkung im Steuerrecht
- Dispositionsschutz im Steuerrecht
- Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Rückwirkung und Vertrauensschutz
- Anwendung der Rückwirkungsprinzipien auf die §§ 17 und 23 EStG
- Bewertung der aktuellen Rechtslage und der Auswirkungen auf die Rechtssicherheit
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Das erste Kapitel untersucht die verschiedenen Arten der Rückwirkung im Steuerrecht, insbesondere die Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung.
- Das zweite Kapitel analysiert die Anwendung der Rückwirkungsprinzipien auf die §§ 17 und 23 EStG. Dabei werden die relevanten Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2010 ausführlich behandelt.
- Die einzelnen Fallkonstellationen der Rückwirkung bei der Spekulationsfrist (§ 23 EStG) und der Absenkung der Beteiligungsquote (§ 17 EStG) werden im Detail beleuchtet.
Schlüsselwörter (Keywords)
Rückwirkung, Dispositionsschutz, Vertrauensschutz, Steuerrecht, §§ 17, 23 EStG, Bundesverfassungsgericht, Spekulationsfrist, Beteiligungsquote, Rechtssicherheit
- Arbeit zitieren
- Philipp Schlemmer (Autor:in), 2014, Rückwirkung und Dispositionsschutz (§§17, 23 EStG), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/308226
