In dieser Hausarbeit soll der Frage nachgegangen werden, ob das Individuum als Opfer oder Gestalter der heutigen Gesellschaft fungiert und in welchem Maße ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen beiden Komponenten besteht. Als von vornherein vorausgesetzt sollte die Auffassung bzw. Tatsache sein, dass das Individuum nur so individuell sein kann wie die Gesellschaft differenziert ist. Damit ist bereits vorweggenommen worden, dass ein Individuum nur innerhalb einer Gemeinschaft oder Gesellschaft existieren kann und dass das Eine das Andere bedingt. Bekannten Soziologen wie Durkheim und Luhmann und auch Philosophen wie Hegel und Kant wird in dieser Arbeit Aufmerksamkeit gewidmet, da sie sich mit dem Individuum und seinem Leben in der Gesellschaft beschäftigt haben und einige interessante Thesen und Theorien vertreten, die hier der Beantwortung der Fragestellung dienen. Im traditionellen Verhältnis von Individuum und Gesellschaft stehen sich das Individuum, das seine Freiheit gegen alle Fremdbestimmung verteidigen will, und die soziale Ordnung, die auf Funktionalität und Bestand ausgerichtet ist, gegenüber. In diesem Verhältnis ist die Paradoxie angelegt, dass das Individuum soziale Strukturen, die immer auch Fremdbestimmungen sind, benötigt, um seinerseits Identitätsstrukturen als Basis seiner Freiheit aufzubauen. Die soziale Ordnung hochdifferenzierter Gesellschaften dagegen bedarf nicht nur disziplinierter Individuen, sondern baut sich auf deren Eigenständigkeit auf.
Bereits der Metaphysik des Aristoteles lag die Erkenntnis zugrunde, dass einem erkennenden Subjekt eine der Erkenntnis unterworfene objektive Welt gegenüberstehe. Aristoteles erkannte, dass das Herrschende im freiwilligen Handeln das Wählende sei1. Er ging davon aus, dass es zur Natur des Menschen gehöre, seine Triebgewalten zu beherrschen und seiner Vernunft zu folgen. Die durch die Philosophie geleitete Vernunft richtet sich auf die Erkenntnis des Guten, die auf der praktischen Ebene als Ordnungsstruktur des Ganzen – der Polis – verstanden werden kann. Ähnlich wie Aristoteles gingen auch Kant und Hegel von einem vernunftgeleiteten Handeln der einzelnen Individuen aus, damit diese in einer Gesellschaft ohne große Ausfälle bzw. Komplikationen miteinander und nebeneinander existieren können. Das Naturrecht „Aller gegen Alle“ wie Rousseau es einst formulierte, hat sich in der Entwicklung zu immer höheren Gesellschaftsformen konsequenterweise nicht durchsetzen können. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Hinführung zum Thema
- Die Bedeutung von Individuum und Gesellschaft bei Hegel, Kant und anderen Klassikern
- Das allgemeine Wohl
- Die gegenseitige Abhängigkeit von Individuum und Gesellschaft als Notwendigkeit
- Durkheims Auffassung des Individuums in differenzierten Gesellschaftsformen
- Die parallele Steigerung von Autonomie und Abhängigkeit
- Die Eigenverantwortlichkeit der Individuen und deren Möglichkeit Gestalter der Gesellschaft zu sein
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht das Spannungsverhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft und fragt, inwieweit das Individuum als Opfer oder Gestalter der heutigen Gesellschaft fungiert. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Abhängigkeit, die zwischen beiden Komponenten besteht.
- Das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft im Wandel
- Die Bedeutung von Freiheit und Selbstbestimmung im gesellschaftlichen Kontext
- Die Rolle des Staates und seiner Institutionen in der Gestaltung des Gesellschaftslebens
- Die Relevanz von Individualität und sozialer Integration
- Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung und Hinführung zum Thema: Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Rolle des Individuums in der Gesellschaft und skizziert die zentrale These der Abhängigkeit zwischen beiden Komponenten. Sie beleuchtet die Bedeutung von Differenzierung in der Gesellschaft für die Entwicklung individueller Freiheit.
- Die Bedeutung von Individuum und Gesellschaft bei Kant, Hegel und anderen Klassikern: Dieses Kapitel beleuchtet die philosophischen Ansätze von Aristoteles, Kant, Hegel und Hobbes zum Verhältnis von Individuum und Gesellschaft. Es wird deutlich, dass bereits in der Antike die Bedeutung von Vernunft und Ordnung für die Koexistenz von Individuen in einer Gesellschaft erkannt wurde. Die Rolle des Staates als Garant für Ordnung und Sicherheit wird ebenfalls thematisiert.
- Durkheims Auffassung des Individuums in differenzierten Gesellschaftsformen: Dieser Abschnitt analysiert Durkheims Theorie des Individuums in komplexen Gesellschaften. Hierbei wird die parallele Steigerung von Autonomie und Abhängigkeit in modernen Gesellschaften beleuchtet.
- Die Eigenverantwortlichkeit der Individuen und deren Möglichkeit Gestalter der Gesellschaft zu sein: Dieses Kapitel befasst sich mit der Frage, inwieweit Individuen in der heutigen Gesellschaft über die Möglichkeit verfügen, sich selbst zu gestalten und aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft teilzunehmen.
Schlüsselwörter
Individuum, Gesellschaft, Abhängigkeit, Freiheit, Selbstbestimmung, Staat, soziale Ordnung, Differenzierung, Integration, philosophische Ansätze, Durkheim, Kant, Hegel, Hobbes, Aristoteles.
- Arbeit zitieren
- Sabrina von der Heide (Autor:in), 2004, Das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft: Das Abhängigkeitsverhältnis und die mögliche Gesellschaftsgestaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30836