Vegetarismus – die fleischlose Kost. Ein Begriff, der vielen Menschen im Grunde bekannt ist – trotzdem wissen nur wenige, dass sich dahinter nicht nur eine alternative Ernährungsform, sondern eine ganze Philosophie versteckt. Kaum jemand weiß, woher die Idee zu dieser Kost stammt und welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringt.
In dieser Arbeit wird der Vegetarismus genau unter die Lupe genommen. Im Vordergrund steht dabei der geschichtliche Aspekt. Es wird explizit untersucht, ob der Mensch von Natur aus ein Fleisch- oder Pflanzenfresser ist und wie die vegetarische Lebensweise bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. entstand und über tausende Jahre hinweg bis in unsere Zeit überlebt hat.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Ergründung der verschiedenen Anlässe, sich für eine fleischlose Kost zu entscheiden. Immerhin leben in Deutschland rund sechs Millionen Vegetarier. Tendenz steigend.
Ein Mode-Trend? Oder handelt es sich hierbei um einen Umbruch in der Ernährung unserer Sozialisation?
Dieser und vielen weiteren Fragen wird im Folgenden detailgenau auf den Grund gegangen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
2 Begriffsdefinition
3 Formen vegetarischer Ernährung
4 Geschichte der Vegetarismus
4.1 Ernährungsgeschichte des Menschen
4.2 Ist der Mensch Fleisch- oder Pflanzenfresser?
4.3 Antike
4.3.1 Die Orphiker
4.3.2 Pythagoras
4.4 Neuzeit
4.4.1 Großbritannien
4.4.2 Deutschland
5 Beweggründe, Vegetarier zu werden
5.1 Religion
5.1.1 Christentum
5.1.2 Hinduismus
5.1.3 Buddhismus
5.1.4 Islam
5.2 Gesundheit
5.2.1 Vorbeugung und Milderung von Krankheiten
5.2.1.1 Übergewicht
5.2.1.2 Diabetes mellitus
5.2.1.3 Herz- Kreislauf-Erkrankungen
5.2.1.4 Krebserkrankungen
5.2.1.5 Weitere Krankheiten, auf die vegetarische Kost positiv einwirkt
5.2.1.6 Lebenserwartungen
5.2.2 Nebenprodukte in Fleisch
5.3 Ökologie
5.4 Ethik
6 Tierschutz
6.1 Haltung
6.2 Ernährung
6.3 Transport und Schlachtung
6.4 Peta
7 Neuste Entwicklungen im Vegetarismus
8 Kritik
9 Zusammenfassung
10 Literatur
1 Einführung
Vegetarismus – die fleischlose Kost. Ein Begriff, der vielen Menschen im Grunde bekannt ist – trotzdem wissen nur wenige, dass sich dahinter nicht nur eine alternative Ernährungsform, sondern eine ganze Philosophie versteckt. Kaum jemand weiß, woher die Idee zu dieser Kost stammt und welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringt.
In dieser Arbeit wird der Vegetarismus genau unter die Lupe genommen. Im Vordergrund steht dabei der geschichtliche Aspekt. Es wird explizit untersucht, ob der Mensch von Natur aus ein Fleisch- oder Pflanzenfresser ist und wie die vegetarische Lebensweise bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. entstand und über tausende Jahre hinweg bis in unsere Zeit überlebt hat.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Ergründung der verschiedenen Anlässe, sich für eine fleischlose Kost zu entscheiden. Immerhin leben derzeit in Deutschland rund sechs Millionen Vegetarier. Tendenz steigend.
Ein Mode-Trend? Oder handelt es sich hierbei um einen Umbruch in der Ernährung unserer Sozialisation?
Dieser und vielen weiteren Fragen wird im Folgenden detailgenau auf den Grund gegangen.
2 Begriffsdefinition
Die Begriffe Vegetarier, vegetarisch und Vegetarismus leiten sich vom lateinischen vegare (= wachsen, leben) ab. Im angelsächsischen Sprachgebrauch hat sich daraus der Begriff vegetarian entwickelt, der als Wortstamm für die deutschen Termini übernommen wurde.
Somit kennzeichnet Vegetarismus im ursprünglichen Sinn eine Ernährung, in der neben pflanzlichen Lebensmitteln nur solche Produkte tierischen Ursprungs verzehrt werden, die von lebenden Tieren stammen (Milch, Käse, Eier).[1]
3 Formen vegetarischer Ernährung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
* Bei allen Lebensmitteln sind auch die jeweiligen daraus hergestellten
Produkte eingeschlossen.
Neben diesen anerkannten Formen des Vegetarismus gibt es noch weitere Vegetarier-Typen wie beispielsweise die Halb-Vegetarier, Beinahe-Vegetarier und die Pudding-Vegetarier. Diese Menschen leben überwiegend vegetarisch und schränken den Verzehr von tierischen Produkten weitestgehend ein – jedoch nicht immer.[2]
Der geringe Fleischverzehr ist ein schwierig zu erfassendes Kriterium, besonders, wenn er auf Selbsteinschätzung beruht. Daher werden diese Formen des Vegetarismus in dieser Arbeit nicht berücksichtigt.
4 Geschichte des Vegetarismus
4.1 Ernährungsgeschichte des Menschen
In Teilen der griechisch-römischen Literatur wie auch in der Bibel wird von einer paradiesischen Urzeit gesprochen, in der die Menschheit sich nur vegetarisch ernährte und Menschen und Tiere einander respektierten.
Die historische Realität allerdings sieht anders aus:
Schon die Vorfahren der Menschen, die Australopithekinen, aßen Fleisch – allerdings betrieben sie keine Jagd, sondern ernährten sich von Aas, also von bereits gerissenen oder verhungerten Tieren.[3]
Ähnlich verhielten sich auch die Urmenschen Homo Rudolfensis und Homo habilis, die vor rund zweieinhalb Millionen Jahren die Erde bewohnten. Auch sie waren keine Jäger, aber auch keine Vegetarier, sondern Aasfresser.[4]
Erst der Homo erectus, auch als »Jäger und Sammler« bekannt, jagte gezielt Tiere, um sie für den Verzehr zu erlegen. Vor etwa eineinhalb Millionen Jahren entwickelte er eigens auf dieses Ziel zugeschnittene Jagdgeräte, Jagdmethoden und besondere Techniken zur Fleischzerlegung.[5]
Der Mensch entwickelte sich „zum Allesfresser mit hohem Fleischanteil […], während die übrigen Primaten überwiegend Pflanzenfresser blieben.“[6] Somit ist der Übergang zur Jagd nach Meinung des Religionshistorikers Walter Burkert „die entscheidende ökologische Veränderung zwischen den übrigen Primaten und dem Menschen.“[7]
Allerdings war Fleisch nicht die Hauptnahrung. Auch wenn der Fleischverzehr in den folgenden Jahrtausenden stetig anstieg, ernährten sich die Menschen zu einem Großteil von Pflanzen. Dies wurde durch die Möglichkeit, einen Acker zu bestellen, die es seit etwa 8000 v. Chr. gibt, gefördert. Der Ackerbau schuf die Voraussetzung für den Vegetarismus.[8]
4.2 Ist der Mensch Fleisch- oder Pflanzenfresser?
Seit Jahrzehnten diskutieren Evolutionswissenschaftler, Historiker und Ökotrophologen über die Frage, ob der Mensch ein Fleisch- oder Pflanzenfresser ist.
An den Universitäten von Berkeley, Carolina, Southcalifornia, Minnesota und London wollen Wissenschaftler nun durch exakte Vermessungen am menschlichen Organismus und am Gebiss herausgefunden haben, dass der Mensch von seiner Anlage her Pflanzenköstler ist. Demnach hatte der Mensch bis zur Erfindung primitiver Werkzeuge und Waffen, über Millionen Jahre hinweg, lediglich seine Hände zum Nahrungserwerb zur Verfügung. Das Töten von Tieren war ihm daher kaum möglich. Während dieses Zeitraums musste und konnte der Organismus immer von der gegebenen Urnahrung, das heißt Pflanzen, Samen und Früchten, leben.[9]
Bei den anatomischen Merkmalen lassen die Proportionen zwischen Magen, Dünn- und Dickdarm beim Menschen Rückschlüsse auf eine gemischte, jedoch überwiegend pflanzliche Kost zu. Bei reinen Fleischfressern nimmt allein der Magen 70 Prozent des Volumens des Verdauungstraktes ein. Bei reinen Pflanzenfressern, die nicht zu den Wiederkäuern gehören, haben Blind- und Dickdarm ein sehr großes Volumen. Hingegen stellt beim Menschen der Dünndarm mit etwa 60 Prozent des Verdauungstraktvolumens den größeren Teil des Verdauungstraktes dar, was auf eine Stellung zwischen Pflanzen- und Fleischfressern hinweist.
Die Art der Zähne der Vorfahren des Menschen (Mahlzähne) und deren Morphologie (Dicke des Zahnschmelzes) liefern einen weiteren Beleg für eine überwiegende pflanzliche Kost. Vorgefundene Abnutzungsspuren an Zähnen des Australopthecus deuten auf ein intensives Kauen pflanzlicher Kost hin. Weiterhin sind der Schluckmechanismus, die Schweißdrüsen sowie das Vorkommen eines stärkeabbauenden Enzyms im Speichel typische Merkmale von Pflanzenfressern, die bei Fleischfressern fehlen.
Bei den physiologischen Merkmalen ist die Bedeutung der pflanzlichen Kost für die Ernährung des Menschen daran erkennbar, dass der Mensch nicht in der Lage ist, Vitamin C eigenständig zu synthetisieren. Offenbar war Vitamin C schon immer ausreichend in der Nahrung (Blätter, Früchte) vorhanden, so dass auf die Fähigkeit zur Synthese dieses lebenswichtigen Vitamins verzichtet werden konnte. Außer dem Menschen sind nur noch Affen, Meerschweinchen und einige Vogelarten nicht in der Lage, Vitamin C zu bilden. Typische Fleischfresser synthetisieren Vitamin C selbst.[10]
Gegner der »Der Mensch ist ein Pflanzen-Köstler«-These argumentieren damit, dass einige Völkergruppen der Erde bestimmte tierische Stoffe nicht vertragen. So leiden beispielsweise viele Asiaten an einer Milchzucker-Unverträglichkeit und können keine oder nur kaum Milchprodukte zu sich nehmen. Wie also kann der Mensch dann Vegetarier sein?
Die Thesenverfechter erklären dies folgendermaßen: Der Beginn des Ackerbaus und des Verzehrs der Milch liegen nur wenige tausend Jahre zurück. Dies wird als eine zu kurze Zeit für eine vollständige genetische Anpassung angesehen. Der »Jäger und Sammler« hat mehr als eine Million Jahre regiert – genug Zeit, dass sich der Organismus des Menschen von Pflanzen auf tierische Produkte umstellen konnte. Jetzt leben wir in einer Phase, in der unser Körper wieder zurück zum Pflanzenfresser „renoviert“ wird.[11]
Anatomische und physiologische Unterschiede der Verdauung bei Pflanzen- und Fleischfressern[12]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.3.1 Die Orphiker
Erste Impulse für das Meiden von Fleisch gingen im griechischen Altertum von den Orphikern (6. Jahrhundert v. Chr.) aus. Die Orphiker waren eine religiöse Sekte, die sich auf Orpheus, den berühmten mythischen Sänger Thrakiens, berief. Die Orphiker waren der Ansicht, die Seele sei wegen einer früheren Schuld im Körper wie in einem Grab eingeschlossen. Durch ein asketisches Streben nach Reinheit, so dachten die Anhänger, könnte der Mensch sich von seiner Schuld lösen, um ein seliges Dasein zu gewinnen. Aus diesem Grund verzichteten sie auf Fleischgenuss und lehnten Tieropfer ab.[13]
Diese Lebensweise ist durch Platon überliefert. In einem seiner zahlreichen Werken schrieb er: „Vielmehr hielten sich die damaligen Menschen an die so genannte orphische Lebensweise, indem sie sich den Genuss alles Leblosen gestatteten, dagegen den Genuss alles Beseelten mieden.“[14]
[...]
[1] Vgl. Leitzmann, Claus; Hahn Andreas: Vegetarische Ernährung. Stuttgart 1996. S. 14.
[2] Ebenda, S. 15 f.
[3] Vgl. Schrenk, Friedemann: Die Frühzeit des Menschen. Der Weg zum Homo sapiens. München 1997. S. 53.
[4] Ebenda, S. 79.
[5] Ebenda, S. 94.
[6] Ebenda, S. 95.
[7] Burkert, Walter: Homo Necans. Interpretationen altgriechischer Opferriten und Mythen. Berlin / New York 1972. S. 24.
[8] Vgl. Leitzmann, S. 39.
[9] Vgl. Voelk, Marianne: Vital und gesund ohne Fleisch. Niederhausen 2001. S. 27.
[10] Vgl. Leitzmann, S. 41.
[11] Ebenda, S. 39 – 41.
[12] Ebenda, S. 42.
[13] Vgl. Dierauer, Urs: Vegetarismus und Tierschonung in der griechisch-römischen Antike. In: Linnemann, Manuela; Schorcht, Claudia (Hrsg.): Vegetarismus. Zur Geschichte und Zukunft einer Lebensweise. Erlangen 2001. S. 12.
[14] Leitzmann, S. 25.
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