Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Überfischung der Meere
2. 1 Überfischung als globales Problem
2. 2 Auswirkungen des Overfishing
2. 2. 1 Folgen der Überfischung für das Ökosystem Meer
2. 2. 2 Die Konsequenzen der Fischerei für den Menschen
3. Systemtheorie und Resonanzbegriff Luhmanns
3.1 Die Systemtheorie im Überblick
3.2 Der Resonanzbegriff Luhmanns
4. Zu viel oder zu wenig Resonanz – Reaktionen auf das globale Problem der Überfischung
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Globale Fischbestände von 1974 bis 2011
Abbildung 2: Gesellschaft als System
Abbildung 3: Funktional differenziertes Gesellschaftssystem
Abbildung 4: Spezifikation des Wirtschaftssystems als Teilfunktionssystem der Gesellschaft
Abbildung 5: Die Außengrenze des Gesellschaftssystems
Abbildung 6: Gesellschaftsinterne Systemgrenzen
Abbildung 7: Kopplung des Funktionssystems Recht
1. Einleitung
„Welche Zukunft haben die Meere?“ Mit dieser banal klingenden Frage machten Dehmer und Knauer Anfang des letzten Jahres auf ein Thema aufmerksam, welches uns alle betrifft: die Überfischung der Meere (Dehmer & Knauer, 2013, 1. Abs.). Das sogenannte Overfishing führte in den letzten Jahrzehnten dazu, dass die weltweiten Fischbestände um bis zu 80 Prozent dezimiert wurden (Bald bleiben die Netze leer, k.D., 1. Abs.). Gründe hierfür sind der stetige Anstieg der globalen Nachfrage nach Fisch und die zunehmende Technologisierung der Fangmethoden, durch welche immer höhere Fangquoten möglich sind (Hanano, 2013, 1. Abs.). Die Folgen sind weitreichender als zunächst angenommen: Einerseits sind die für das Ökosystem Meer drohenden Konsequenzen durch die stetig zunehmende Belastung und Bedrohung zwar noch nicht absehbar, doch andererseits ist festzuhalten, dass die Überfischung bereits jetzt zu weitreichenden Konsequenzen für viele Menschen führt (ebd., 4. Abs.). Trotz dieser negativen Bilanz und obwohl diese Thematik seit einigen Jahren vermehrt in den Schlagzeilen diverser Zeitungen und Onlineplattformen auftaucht, fällt das Interesse der breiten Bevölkerung für dieses Problem eher gering aus (vgl. z.B. Dehmer & Knauer, 2013, 1. Abs.; Hillmer, 2013, 1. Abs.; Viering, 2009, 1. Abs.).
Die vorliegende Arbeit soll erneut auf die gegenwärtige Problematik aufmerksam machen und daraus folgernd die Frage beantworten, ob und inwiefern auf das Overfishing und dessen verheerende Auswirkungen reagiert wird. Dazu wird die Überfischung der Weltmeere zu Beginn der Arbeit ausführlich behandelt. Da die Komplexität der Systemtheorie ein fundiertes theoretisches Gerüst für die Analyse der Maßnahmen gegen die bestehenden Probleme im Bereich der Überfischung der Weltmeere bildet, soll diese anschließend kurz erläutert werden. Im Anschluss daran wird der mit der Theorie und ökologischen Gefährdungen in Verbindung stehende Resonanzbegriff Luhmanns thematisiert. Dieser soll im Zusammenhang mit der Bewertung der Reaktionen auf das Problem der Überfischung eine zentrale Rolle spielen. Auf Grundlage näherer Ausführungen dazu soll die Arbeit mit der Beantwortung der anfangs gestellten Frage abschließen: Löst die Problematik ausreichend Resonanz aus und inwiefern wird eine nachhaltige Fischereipolitik angestrebt?
2. Die Überfischung der Meere
Fisch zählt zum einen zu den wichtigsten Lebensmittelgrundlagen weltweit und spielt zum anderen eine große Rolle in der Wirtschaft. Doch es ist schlecht um den Fisch bestellt: „Die Fischbestände gehen weltweit zurück, ganze Meeresregionen gelten als überfischt, einige Arten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten“ (Gelpke, 2013, 4. Abs.).
2. 1 Überfischung als globales Problem
Tagtäglich ziehen neben kleinen Fischerbooten auch unzählige Kutter und hochtechnologisierte Tiefseetrawler auf See – sie alle plündern die Weltmeere, um die globale Nachfrage nach Fisch stillen zu können. Dass der Reichtum der maritimen Ökosysteme nicht unerschöpflich ist, ist bereits festzustellen: „Die weltweite Überfischung gilt heute als eine der größten Bedrohungen für die Gesundheit der Meere und das Überleben seiner Bewohner“ (Überfischung: Bald drohen uns leere Meere, k.D., 1. Abs.).
Die Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), die UN-Welternährungsorganisation, veröffentlicht im Intervall von zwei Jahren auf Grundlage diverser Quellen einen Statusbericht, welcher die „Entwicklung der Fischbestände weltweit möglichst realistisch abzuschätzen [versucht]“ (World Ocean Review, 2013, S. 44). Der aktuellste dieser sogenannten SOFIA-Reports (The State of World Fisheries and Aquaculture) wurde jüngst in diesem Jahr veröffentlicht.
Laut der FAO sind mehr als 80 Prozent der globalen Fischbestände „überfischt oder bis an die biologischen Grenzen ausgebeutet“ (Überfischung, k.D., 1. Abs.). Beide Raten nehmen kontinuierlich zu: „30 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände [gelten] als überfischt und 57 Prozent als maximal genutzt“ (Überfischung: Bald drohen uns leere Meere, k.D., 1. Abs.).
Allerdings sind die Daten der FAO unvollständig. Für die Bestände, deren Daten bisher fehlten, hat eine amerikanisch-deutsche Forschergruppe „in mühevoller Kleinarbeit bei den Behörden in den betreffenden Ländern Informationen abgefragt“ (Word Ocean Review, 2013, S. 48). Die Ergebnisse sind dramatischer als die der FAO: „56,4 Prozent der Bestände sind demnach überfischt/zusammengebrochen, nicht 29,9 Prozent, wie die FAO sagt“ (ebd., S. 48).
Bei der Datenerhebung für den Statusbericht erfasst die FAO nicht nur die Fischbestände, sondern auch die Bestände anderer maritimer Arten wie Garnelen und Muscheln. Aus diesen gesammelten Daten geht hervor, dass die Gesamtfangmenge seit 1960 rasant angestiegen ist: „Seit circa 2 Jahrzehnten [liegt] sie stets bei 80 Millionen Tonnen [jährlich]“ (ebd., S. 48). Dieser Anstieg der Fangmenge ist zum einen durch den ansteigenden weltweiten Fischkonsum begründbar. Laut dem SOFIA-Report (2014) stieg der Fischkonsum von 1960 mit 9,9 Kilogramm auf 19,2 Kilogramm Fisch pro Person im Jahr 2012 an (vgl. Food and Agriculture Organization of the United Nations, 2014, S. 3).
„The driving force behind this impressive surge has been a combination of population growth, rising incomes, and urbanization interlinked to the strong expansion of fish pro- duction and modern distribution channels“ (ebd., S. 17).
Neben der ansteigenden Nachfrage nach Fisch sind es demnach vor allem wirtschaftliche Interessen und die industriellen Fischereiflotten, welche als Gründe für die Überfischung angeführt werden. Insbesondere die „zunehmende[.] Technologisierung der Hochsee-trawler“ (Hanano, 2013, 2. Abs.) ist ein Hauptgrund für die globale Überfischung der Meere. Laut Hanano (2013) sind es „rund 23.000 [Schiffe], die mit 3-D Sonargeräten und Satellitennavigation Fischgründe aufspüren und metergenau bis auf den letzten Fisch im Schwarm befischen können“ (2.Abs.). Dem Druck, der somit auf die Fischbestände ausgeübt wird, können die meisten Arten nicht Stand halten – sie sind bis an ihre Grenzen befischt oder sogar überfischt. Hinzu kommt, dass „500.000 Tonnen illegal gefangener Fisch [.] laut Expertenschätzungen jedes Jahr in der EU auf den Teller [kommt]“ (Hanano, 2013, 2. Abs). Mehr als ein Fünftel aller Fänge ist illegal. Der Grund hierfür sind die gesetzlich bestimmten Fangquoten, welche die Fischer zu beachten haben. Diese sinken aufgrund der Überfischung zum Schutze der Meere kontinuierlich, während die welt-weite Nachfrage nach Fisch steigt. Die illegale Fischerei ist daher lukrativ und führt zu einem Teufelskreislauf. Das größte Problem ist allerdings, dass eben diese Fänge nicht in Statistiken aufgenommen werden können. Folglich steht es höchst-wahrscheinlich noch schlechter um die globalen Fischbestände, als es die FAO im SOFIA-Report deklariert (vgl. Hanano, 2013, 2. Abs.).
2. 2 Auswirkungen des Overfishing
Die kommerzielle, durch die zunehmende Technologisierung ausgebaute, globale Fischereiwirtschaft führt neben einer Bedrohung des Ökosystems Meer allerdings auch zu zahlreichen Folgen für den Menschen (vgl. Hanano, 2013, 3. Abs.).
Im Folgenden wird zunächst auf die Konsequenzen der Überfischung auf die Meere und deren Bewohner eingegangen, bevor die Auswirkungen auf den Menschen thematisiert werden.
2. 2. 1 Folgen der Überfischung für das Ökosystem Meer
Die ökologischen Konsequenzen, welche die Überfischung der Weltmeere mit sich bringt, sind weitreichend: Neben Auswirkungen auf die Größe und Beschaffenheit der globalen Fischbestände, Veränderungen der Nahrungsnetze und der Zerstörung des Lebensraumes Meer, verenden täglich viele Millionen Tonnen Meereslebewesen als sogenannter „Beifang“ aufgrund der umweltgefährdenden Fangmethoden (vgl. Eine tödliche Verschwendung, k.D., 1. Abs.; Hanano, 2013, 3. Abs.).
Betrachtet man die Beschaffenheit und die Größe der Fischbestände über die letzten Jahre hinweg, fällt ein Phänomen auf, welches als „fischereiinduzierte Evolution“ bezeichnet wird. Durch die Überfischung und dem dadurch entstehenden Druck auf das Überleben der Fischarten, hat sich deren Größe und Geschlechtsreife evolutioniert. Die befischten Arten werden evolutionär bedingt immer kleiner und früher geschlechtsreifer, da genau diese kleineren Fische durch die Netzmaschen der Fischer passen, überleben und sich vermehren können. Dies wirkt sich nicht nur auf die zukünftige Qualität der Fänge, sondern auch auf die Nahrungsnetz-beziehungen aus (vgl. Überfischung, k.D., 3. Abs.).
Sowohl die gefangenen Fische als auch die anderen Meeresbewohner wie Garnelen und auch Meeressäuger, welche in die Netze der Fischer gehen, spielen eine wesentliche Rolle im Nahrungsnetz: Die Überfischung „verändert […] die natürliche Zusammensetzung und die Dynamik des Nahrungsnetzes“ (Überfischung: Bald drohen uns leere Meere, k.D., 3. Abs.). Durch das übermäßige Fischen diverser Arten, nehmen die Bestände der Beutetiere rasant zu. Es kommt zu einem Ungleichgewicht des Ökosystems Meer, da das „Fehlen wichtiger Arten [.] ganze Lebensgemeinschaften [verändert]“ (Überfischung, k.D., 2. Abs.).
Ein weiteres Problem, welches durch die Überfischung mittels hochentwickelter Fangmethoden entsteht, ist die irreparable Zerstörung des gesamten Lebensraumes Meer (vgl. Tiefseefischerei: Raubbau in der Finsternis, 2012, 3. Abs.).
„Industrial trawlers are destroying seabeds with their sackshaped nets that catch everything in their path, including threatened species, while destroying sponges ans corals that are thousands of years old“ (Oceana, k.D., 3. Abs.).
Nachdem ein Hochsee-Trawler seine Grundschleppnetze, die über den Meeresgrund gezogen werden, eingeholt hat, bleibt lediglich zerstörter Lebensraum zurück: „blanker Fels, Geröll und Korallenschutt“ (ebd., 3. Abs.). Durch diese Fangmethode wird zum einen der Meeresboden stark beschädigt und zum anderen werden so Unmengen an anderen Meeresbewohnern aufgescheucht, die dann ebenfalls in die Netze gehen (Welche Fangmethoden gibt es, k.D., 3. Abs.).
Diese Meerestiere, beispielsweise Jungtiere, andere Fischarten und Krebse, welche sich in den Netzen der Trawler verfangen, werden als sogenannter Beifang oder Discard wieder zurück ins Meer geworfen. Diese Prozedur auf den zumeist mit internen Fischfabriken ausgestatteten XXL-Trawlern überleben die meisten der Tiere nicht. Nach Schätzungen beträgt der Anteil des jährlichen Beifangs mehr als 30 Millionen Tonnen, was fast ein Drittel des insgesamt gefangenen Fisches ausmacht (vgl. Bald bleiben die Netz leer, k.D., 3. Abs.).
Neben diesem vor allem durch Grundschleppnetze verursachten Beifang sterben jedes Jahr auch tausende anderer Tiere wie Haie, Meeresschildkröten, Seevögel, Wale und Delphine durch die Netze der Schiffe. Sie verfangen sich in den Maschen und können nicht, oder nur mit starken Verletzungen, entkommen (vgl. Bald bleiben die Netze leer, k.D., 3. Abs.; Eine tödliche Verschwendung, k.D., 1. Abs.; Hanano, 2013, 4. Abs.). Allerdings handeln die Fischer den Richtlinien gemäß: Fische und andere Meerestiere, für welche die Fischer keine Fangerlaubnis haben, „dürfen sie [.] nach dem EU-Gesetz nicht an Land bringen, sondern müssen sie noch auf See zurückwerfen“ (Eine tödliche Verschwendung, k.D. 2. Abs.) - auch wenn dadurch unzählige Tiere einen qualvollen Tod erleiden. Greenpeace, eine globale Umweltschutzorganisation, fasst die Auswirkungen des Beifangs treffend zusammen:
„Beifang ist eine gigantische Verschwendung. Sie bringt Arten an den Rand des Aussterbens, bedroht die Basis der Fischerei und zerstört den empfindlichen Lebensraum Meer – ganz abgesehen davon, ob wir es ethisch vertreten können, dass Lebewesen wie Müll behandelt werden“ (Eine tödliche Verschwendung, k.D., 1. Abs.).
2. 2. 2 Die Konsequenzen der Fischerei für den Menschen
Neben den verheerenden Auswirkungen der globalen Überfischung auf die maritimen Ökosysteme, hat die industrialisierte Fischerei auch direkte Konsequenzen für viele Menschen. Engpässe in der Nahrungsmittelversorgung, Verarmung ganzer Gebiete vor allem an den Küsten Westafrikas und Asiens und unmenschliche Arbeits-bedingungen sind bereits jetzt beobachtbar (vgl. Hanano, 2013, 3. Abs.; Überfischung, k.D. 3. Abs.).
Der Direktor des UNO-Umweltprogramms, Achim Steiner, warnt daher: „Wir verspielen unsere wichtigste Nahrungsquelle, da weltweit etwa 2,6 Milliarden Menschen sich hauptsächlich von Fisch ernähren“ (Achim Steiner in: Hanano, 2013, 3. Abs.). Vor allem in den armen Küstenregionen Westafrikas, Asiens und Südamerikas hat die Überfischung „dramatische Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit großer Bevölkerungsteile“ (Hanano, 2013, 3. Abs.). Der Grund hierfür ist, dass die EU-Staaten regelmäßig neue Fischereiabkommen mit den betreffenden Staaten aushandeln, da sie ihre eigene Nachfrage nicht durch die Fischerei in den eigenen Gewässern, wie beispielsweise der Nordsee, decken können (vgl. ebd., 3. Abs.). Die Dezimierung der Fischbestände vor den Küsten durch die Trawler anderer Staaten hat fatale Auswirkungen auf die Ernährungs-sicherheit der Küstenbevölkerung und für die lokalen Fischer (vgl. ebd., 3. Abs.). Diese müssen ihr Geschäft aufgeben, da sie weder ihre Familie ernähren, noch den Lebensunterhalt mit der Fischerei bestreiten können. Der Beruf des Fischers ist in diesen Regionen immer gefährdeter. Dies ist jedoch nicht nur in Westafrika der Fall: auch die insgesamt circa 540 Millionen Arbeitplätze in der Fischereibranche sind durch die Überfischung und dem damit verbundenen Zusammenbruch ganzer Fischbestände in Gefahr (vgl. Bald bleiben die Netze leer, k.D., 5. Abs.).
Über die Arbeitsbedingungen in der Branche wird oft diskutiert. Vor allem die thailändische Fischwirtschaft als drittgrößter Exporteur geriet durch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in die Schlagzeilen: Es wurden Verstöße sowohl gegen die Menschenrechte als auch gegen das Arbeitsrecht nachgewiesen (vgl. Kritik an Arbeitsbedingungen in Thailands Fischindustrie, 2013, 1. Abs.; Thailand will Arbeitsbedingungen in der Fischwirtschaft verbessern, 2013, 1. Abs.). ILO kritisiert die Fischbranche Thailands vor allem für Kinderarbeit und Gewalt am Arbeitsplatz:
„Rund zehn Prozent der Beschäftigten würden während der Arbeit geschlagen, mehr als ein Viertel von ihnen habe angegeben, zwischen 17 und 24 Stunden arbeiten oder in Rufbereitschaft sein zu müssen. Unter den Befragten seien sieben Kinder unter 15 Jahren und 26 Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren gewesen“ (Kritik an Arbeitsbedingungen in Thailands Fischindustrie, 2013, 2. Abs.).
Ob die nach dieser öffentlichen Debatte ausgearbeiteten Änderungen umgesetzt werden, bleibt jedoch fragwürdig (vgl. Thailand will Arbeitsbedingungen in der Fischwirtschaft verbessern, 2013, 1. Abs.).
Abschließend ist festzuhalten, dass durch das Overfishing nicht nur das maritime Ökosystem gefährdet wird, sondern auch die Zukunft nachfolgender Generationen auf das Spiel gesetzt wird (vgl. Bald bleiben die Netze leer, k.D., 5. Abs.).
3. Systemtheorie und Resonanzbegriff Luhmanns
In ihrer Komplexität bietet die Systemtheorie des Soziologen Niklas Luhmann einen guten Ansatz, um sich mit der Überfischung der Weltmeere und den Reaktionen auf diese Problematik auseinanderzusetzen. Insbesondere der Resonanzbegriff eignet sich für einen soziologischen Blick auf die Thematik.
3.1 Die Systemtheorie im Überblick
Der deutsche Soziologe Niklas Luhmann baut seine Systemtheorie auf folgender Grundannahme auf: „Die [.] Überlegungen gehen davon aus, daß es Systeme gibt“ (Luhmann, 1987, S. 30). Dies meint nicht, dass es Systeme gibt. Die vollkommene Widerspiegelung der Wirklichkeit ist nicht das Ziel. Die Aussage ist lediglich die erste, aber nicht die einzig mögliche, Anfangsentscheidung einer Theorie der Gesellschaft.
Die zweite grundlegende Überlegung, die Luhmann macht und mit welcher die Systemtheorie operiert, ist die Unterscheidung von Umwelt und System (vgl. Endreß, 2013, S. 155). Diese Abgrenzung von Umwelt und System ist die zentrale Beobachtungsachse der Welt aus Sicht der Systemtheorie:
Laut Luhmann „[existieren] Systeme nicht als solche [.], sondern nur als Differenz von System und Umwelt“ (Endreß, 2013, S. 156). Umwelt definiert sich demnach als all das, was nicht zum System gehört und was durch die systeminterne Operation ausgeschlossen wird (vgl. ebd., S. 156). Für Luhmann ist die Überführung von Informationen aus der Umwelt in das System nicht möglich (vgl. Luhmann, 2008, S. 30). Die System-Umwelt-Differenz ist die Voraussetzung dafür, dass „die Welt die Möglichkeit gewinnt, sich selbst zu beobachten. Andernfalls gäbe es nur Faktizität“ (ebd., S. 30). Systeme sind demzufolge „das Resultat von Beobachtungen“ (Endreß, 2013, S. 159). Durch diese Beobachtungen ist es dem System möglich „in die Umwelt Möglichkeiten hinein[zu]legen und das Vorgefundene dann als Auswahl aus Möglichkeiten zu begreifen“ (Luhmann, 2008, S. 30). Innerhalb des Gesellschaftssystems geht Luhmann von autopoietischen, selbst-organisierenden Prozessen aus (vgl. Luhmann, 1987, S. 18 – 24). Dieses Konzept der Autopoiesis von Systemen ist definiert als die Möglichkeit „eine spezifische Operationsweise festzustellen, die in diesem System und nur dort stattfindet“ (Endreß, 2013, S.158). Einerseits sind autopoietische Systeme demnach operativ geschlossen, beziehen sich also hinsichtlich ihrer Operation nur auf sich selbst: „Das System konstituiert sich, seine Einheiten und seine Grenzen durch sich selbst“ (Luhmann, 1997, S. 67) in einem geschlossenen Netzwerk ohne direkten Kontakt mit der Umwelt. Andererseits sind solche autopoietischen Systeme gleichzeitig auch offen. Diese Offenheit ist das Resultat der (Selbst-)Beobachtung.
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