Der Begriff Grenze spielt in der vorliegenden Arbeit eine zentrale Rolle. Wenn man an Ausdrücke denkt wie: „Jemand hat seine Grenze überschritten“, „grenzt sich aus“, „wird in seine Grenzen verwiesen“ oder „in seinen Grenzen leben“ wird deutlich, dass Grenzen nicht nur Objekte und Flächen trennen, sondern auch soziale Beziehungen beschränken, „voneinander abgrenzen“.
Der in Konstanz direkt an der Schweizer Grenze lebenden Person Dr. B wurde folgende erste Frage gestellt: „Was fällt ihnen denn spontan zum Thema Nachbarschaft ein? Zu dem Begriff Nachbarschaft?“. Nun, was antwortet jemand auf diese Frage und was sagt dies aus über seine Identität, die Art wie er die Welt wahrnimmt und darauf aufbauend denkt und handelt? Die Antwort ist etwas versteckt, man findet sie zwischen den Zeilen. Erst das auch Zwischen-den- Zeilen-Lesen einer hermeneutischen Herangehensweise überraschte den Autor mit der Antwort.
Nach welchen Mustern/Prozessen sich sozialer Sinn in der Handlungsfolge, beziehungsweise der Textsequenz aufbaut ist ein weiteres Untersuchungsziel der vorliegenden Analyse. Nach dieser Identifikation idealtypischer Handlungs- und Denkmuster der interviewten Person abstrahiere ich von einzelnen Mustern und gehe deutend der Frage nach, welche sozialen Faktoren, oder auch prägende Vergangenheitserfahrungen als sogenannte „root causes“ ursächlich wirken könnten. Diese Verbindung zwischen individuellen Handlungs- und Kognitionsmustern mit sozialen Faktoren wirft abschließend die Frage auf, inwiefern die beschriebenen Muster für Gesellschaftsmitglieder mit gleicher oder ähnlicher sozialer Konstellation generalisierbar sind. Grenzen trennen immer. Was aber trennt Menschen genau, was wird als trennend empfunden, welche sozialen Grenzen errichten wir und warum? Angelehnt an Max Webers Auffassung von Soziologie soll als Ergebnis ein theoretisches Modell helfen soziales Handeln deutend zu verstehen und ursächlich zu erklären. Die generelle Herangehensweise ist interpretativhermeneutisch, die spezifische basiert auf der Narrationsanalyse nach Fritz Schütze.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Methodik
- Rahmenbedingungen des Interviews
- Inhaltsbeschreibung
- Narrationsanalyse
- Formale Textanalyse
- Strukturelle inhaltliche Beschreibung
- Segmentieren und Abschluss der Oberflächenanalyse
- Strukturelle Tiefenbeschreibung der Erzählsegmente
- Theoretisches Handlungsmodell und Typologie des Erzählers
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die soziale Grenzziehung und das Verständnis von Nachbarschaft aus der Perspektive eines an der Schweizer Grenze lebenden Individuums. Sie strebt eine interpretativ-hermeneutische Analyse des Interviews mit Dr. B. an, um soziale Handlungs- und Denkmuster aufzudecken und in Bezug zu seiner unmittelbaren Nähe zur Schweiz und seinen Erfahrungen zu setzen.
- Die Bedeutung von Grenzen im sozialen Kontext
- Die Konstruktion sozialer Grenzziehung durch individuelle Erfahrungen und Denkmuster
- Die Rolle von sozialer Konstellation und Vergangenheitserfahrungen in der Gestaltung von Handlungs- und Kognitionsmustern
- Die Analyse des narrativen Interviews und die Anwendung der Narrationsanalyse nach Fritz Schütze
- Die Entwicklung eines theoretischen Modells zur Erklärung des sozialen Handelns.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Bedeutung von Grenzen im sozialen Kontext dar und führt das Interview mit Dr. B. ein, dessen Aussagen im Zentrum der Analyse stehen. Sie beleuchtet die Frage, wie sich die Nähe zur Schweiz und soziale Grenzen auf sein Denken und Handeln auswirken.
- Methodik: Dieses Kapitel erläutert die Forschungslogik und die Methode der Analyse. Es bezieht sich auf Max Webers Konzeption der Soziologie und erklärt die Anwendung der Narrationsanalyse nach Fritz Schütze.
- Rahmenbedingungen des Interviews: Dieser Abschnitt beschreibt die Kontextualisierung des Interviews und erläutert die Art des Interviews, nämlich ein narratives Interview, das alle Äußerungen des Interviewten inklusive Pausen und Stockungen des Redeflusses beinhaltet.
- Inhaltsbeschreibung: Die Inhaltsbeschreibung bietet eine Übersicht über den Inhalt des Interviews und liefert relevante Informationen, die für die weitere Analyse von Bedeutung sind.
- Narrationsanalyse: Dieser Abschnitt erläutert die narrationsanalytische Vorgehensweise und die Anwendung von formalen und strukturellen Analysen, um die Textstruktur und die Bedeutung des erzählten Narrativs zu analysieren.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Konzepte der sozialen Grenzziehung, Nachbarschaft, Narrationsanalyse, interpretativ-hermeneutische Analyse, soziales Handeln, Identität, soziale Konstellation, Vergangenheitserfahrungen und die Anwendung der Theorie von Max Weber und Fritz Schütze.
- Arbeit zitieren
- Malko Ebers (Autor:in), 2004, Soziale Grenzziehung - Narrationsanalyse eines Konstanzer Nachbarschaftsverhältnisses, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30841