Die Bestrebungen zur Erhöhung der Sexualmoral durch die katholische Kirche in den 1950ern. Eine Untersuchung


Hausarbeit, 2011

13 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Wiederherstellung von Zucht und Ordnung in den Fünfziger Jahren
2.1 Gründe für die Einführung einer sittlichen Ordnung und Inhalte der christlichen Moral
2.2 Gesetze und Verbote

3 Folgen und Auswirkungen der christlichen Moral
3.1 Reaktion der Gesellschaft und die Entwicklung revolutionärer Gedanken
3.2 Aufklärung und Verhütung

4 Fazit

5 Bibliographie

1 Einleitung

Die Folgen des Zweiten Weltkrieges hatten für die deutsche Bevölkerung in der Nachkriegszeit eine überwältigende Bedeutung. Der Kampf gegen Arbeits- und Obdachlosigkeit, Hunger und Trauer hatten begonnen, und infolge eines Mangels an Ordnung herrschte auch in sexueller Hinsicht eine gewisse Freiheit – auch der Versuch, durch Zügellosigkeit die Erinnerungen an den Krieg und den Faschismus zu verdrängen. Familien zerbrachen, weil die Ehemänner gefallen waren und nicht zurückkehrten oder die lange Wartezeit auf den in den Krieg gezogenen Gatten zur Entfremdung beitrug. Das traute Familienleben war eher selten geworden. Zahlreiche Ehepaare ließen sich scheiden oder lebten in Begleitung ständiger Konflikte zusammen. Zudem führte der Mangel an Männern dazu, dass die Frauen an Selbstständigkeit gewonnen hatten. Die abendländisch-christliche Ordnung mit dem dominanten Hausherren und ein sittliches Zusammenleben gehörten der Vergangenheit an. Für viele Mitbürger entstand aus dieser Situation der Wunsch, endlich wieder Halt zu finden.

Als dann Anfang der 50er Jahre die katholische Kirche beständig an Prestige gewann sollte wieder Zucht und Ordnung in den Alltag zurück gebracht werden. Mit der Verbreitung von gottgewollten Geboten und zahlreichen Verboten wurde die Gesellschaft anfänglich gerettet und begeistert, schließlich jedoch eingeschüchtert und entrüstet.

Wie die katholische Kirche letztlich versuchte Zucht und Ordnung wiederherzustellen und welche Auswirkungen und Folgen dies auf die Gesellschaft hatte, soll in der vorliegenden Arbeit diskutiert werden. Hierfür wird zunächst ein Blick auf die Ausgangssituation in den 1950er Jahren geworfen, die zu den genannten Bemühungen durch die Kirche geführt hat. Anschließend soll betrachtet werden welche Veränderungen in Politik und Gesellschaft die Folge waren, und wie die Gesellschaft reagiert hat. Selbstverständlich können die einzelnen Bereiche aufgrund der begrenzten Seitenzahl nur in einem gewissen Umfang angeschnitten werden, für eine Beurteilung der Wirksamkeit und Auswirkungen katholischer Bestrebungen zur Sexualmoral in der Nachkriegszeit sollte dies allerdings ausreichen.

2 Die Wiederherstellung von Zucht und Ordnung in den Fünfziger Jahren

2.1 Gründe für die Einführung einer sittlichen Ordnung und Inhalte der christlichen Moral

In diesem Kapitel sollen Inhalte der konservativen Moral aufgezeigt und ausschlaggebende Gründe für die Verbreitung dieser dargelegt werden.

In der Nachkriegszeit stiegen die Scheidungsraten beständig an und außereheliche Begegnungen waren Alltag geworden. Außerdem war der kriegsbedingte Männermangel und die daraus resultierende Abkehr von einer monogamen Lebensweise, sowie die weitläufige Befürwortung von Verhütungsmitteln, Anfang der Fünfziger Jahre ausschlaggebend für die Kirche, die Wiederherstellung von Zucht und Ordnung zu fordern.[1] Seitens der westlichen Besatzungsmächte war es der katholischen Kirche auferlegt, die Entnazifizierung in die Hand zu nehmen und somit an Prestige zu gewinnen. Auch die Wahl von Konrad Adenauer 1949, der als Christdemokrat galt und nun der erste Bundeskanzler sein sollte, erlaubte der Kirche immensen Einfluss und Präsenz.

Ziel der Katholiken war es, eine konservative Lebenseinstellung zu propagieren. Dem Volk wurde mit der Einführung einer neuen Sexualmoral die Lust entsagt und Sexualität wurde weitest gehend zum Tabuthema gemacht. Die Kirche setzte sich für die Normalisierung der entarteten gesellschaftlichen Zustände ein, indem den Menschen strikte Verhaltensregeln auferlegt wurden. Sex sollte in dem Sinne nicht mehr Thema Nummer Eins sein. Die freie Äußerung und das zur Schau stellen von Sexualität in der Öffentlichkeit wurden untersagt und von der Kirche strikt abgelehnt. Besonders die Negation von außerehelichem Sex spielte eine große Rolle.[2]

Die Verbreitung streng christlicher Lebensweisen diente zum Einen dem Vergessen der schrecklichen Erinnerungen an die gottlose Kriegszeit und die dort herrschenden moralischen Verwirrung und Würdelosigkeit. Das deutsche Volk hatte in vieler Hinsicht Schaden erlitten und die katholische Kirche war vor allem darauf bedacht, den guten Ruf des deutschen Volkes wieder herzustellen.[3] Die „Sünde[n] von gestern“[4] sollten demnach angeprangert und gleichzeitig vergessen werden. Zum Anderen sollte die Verbreitung einer sittlich konservativen Lebensmoral stattfinden, um wieder ein „christliches Familienleben“[5] herzustellen und somit gleichzeitig den Erhalt des deutschen Volkes zu gewährleisten. Die Tatsache, dass zahlreiche auf den Ehegatten wartende Frauen an Selbstständigkeit gewannen, da sie gezwungen waren, die Versorgung der Kinder und die Beschaffung eines Lebensunterhaltes erst einmal selbst in die Hand zu nehmen, missfiel den nach und nach zurückkehrenden Ehegatten. Die vom Krieg gezeichneten Männer fühlten sich in ihrer Autorität eingeschränkt und sehnten die Zeit zurück, in der eine klare Rollenverteilung Bestand hatte. Der Wunsch nach Restauration des traditionellen Familienzusammenlebens war groß, und so wurde die Gesellschaft wieder an alte konservative Denkstrukturen erinnert. Die zuvor erwerbstätige Frau war von nun an wieder für den Haushalt zuständig, während der Mann wie gewohnt das Geld nach Hause brachte.[6] Wie sich jedoch in den frühen Sechzigern, mit dem beginnenden Zeitalter der sexuellen Revolution zeigte, war „die Geschlechterbeziehung […] >> als Arrangement erkennbar <<, und das Mitmachen der Frauen innerhalb der später so genannten >> Fassadenfamilien << […] >> vielfach nur ein taktischer Preis für erhofftes Nachkriegsglück <<“.[7]

2.2 Gesetze und Verbote

Wie gezeigt wurde, stand die Nachkriegsgesellschaft auch in Bezug auf private Beziehungen vor großen Herausforderungen und im Folgenden soll genauer darauf eingegangen werden mit welchen Gesetzen und Verboten konkret „Zucht und Ordnung“ wieder hergestellt werden sollten.

Nachdem die Kirche folglich immer mehr Einfluss bekam, stand die Verbreitung einer christlichen Moral im Vordergrund. Die Anhänger und Publizisten der katholischen Kirche scheuten sich nicht davor, die Menschen mit der Proklamation von bedenklichen Konsequenzen, die ein nicht-christlichen Lebensstil mit sich bringen würden, einzuschüchtern. Es wurde beispielsweise behauptet, dass ein Mann aller Wahrscheinlichkeit nach unter Erektionsstörungen zu leiden habe, wenn er bereits vor der Ehe sexuell aktiv sein würde. Weiterhin plädierten die Vertreter der Kirche dafür, dass das volle Auskosten der Liebe, ausschließlich in der Ehe möglich sei. Außerdem hieß es, dass mit vorehelichen Beziehungen die Chance auf diese selige Liebe zerstört würde. Den jungen Mädchen heuchelte man vor, dass sie als gefühlskalt betrachtet würden, wenn sie sich außerehelichen sexuellen Aktivitäten hingäben.[8] Letztlich sah man es als Vergeudung des kostbaren Samens an, wenn der Mann diesen in außerehelichen Beziehungen verschwendete und nicht der Fortpflanzung schenkte.[9] Ging es jedoch um die sexuelle Aktivität von Ehepartnern, kannten die sonst als konservativ geltenden Autoren keine Grenzen. Der gottgewollte sexuelle Trieb wurde so lüstern und erotisch wie möglich dargestellt und sämtliche Vorteile diesen Aktes unterstrichen.[10]

Um schließlich ein gänzlich keusches Leben vor der Ehe durchsetzen zu können, formulierte die Kirche das Verbot von Empfängnisverhütung.[11]

Einen weiteren bedeutungsvollen Einfluss auf diesen moralischen Umbruch hatte letztlich der streng katholische Bundesfamilienminister Franz-Josef Wuermling. Dessen Hauptanliegen bestand darin, die Ehepartner aufzufordern, so viele Nachkommen wie möglich zu zeugen. Für die Durchsetzung dessen, erschwerte er die Möglichkeit der Scheidung, forderte die Behinderung der Geburtenkontrolle und machte es jungen Müttern schwer, weiterhin erwerbstätig zu sein oder erst zu werden. Kinderreiche Familien sollten außerdem belohnt werden und Vorteile gegenüber anderen genießen, wie etwa das vergünstigte Fahren mit der Bahn.[12]

Infolge des 1950 in Kraft getretenen Gesetzes „Schutz vor Schmutz und Schund“[13], war den Jugendlichen der Einblick in die Welt der Erotik, und sei es nur durch die Illustrierten, erschwert oder gar gänzlich verwehrt. Außerdem wollte man die Jugendlichen somit vor sexueller Frühentwicklung schützen.[14] Letztlich sollte der „Kuppeleiparagraph“ verstärkt vorehelichen sexuellen Kontakten vorbeugen. Den Eltern und Vermietern wurden fünf Jahre Haft angedroht, sobald sie sexuelle Begegnungen zwischen Jugendlichen in ihrem Hause ermöglichten.[15]

Diese Verbreitung der sittlichen Sexualmoral hatte erwartungsgemäß prägende Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Aufklärung jener Zeit. Darauf soll im folgenden Kapitel näher eingegangen werden.

[...]


[1] Vgl. Silies, Eva-Maria (2010): S. 38-39

[2] Vgl. Herzog, Dagmar (2005): S. 91-92

[3] Vgl. Herzog, Dagmar (2005): S. 93-94

[4] Vgl. Herzog, Dagmar (2005): S. 94

[5] Vgl. Herzog, Dagmar (2005): S. 94

[6] Vgl. Grotum, Thomas (1994): S. 49

[7] Vgl. Veigl, Hans (1996): S. 17

[8] Vgl. Herzog, Dagmar (2005): S. 100

[9] Vgl. Silies, Eva-Maria (2010): S. 246

[10] Vgl. Herzog, Dagmar (2005): S. 99

[11] Vgl. Silies, Eva-Maria (2010): S. 247

[12] Vgl. Silies, Eva-Maria (2010): S. 46-47

[13] http://members.aon.at/zeitlupe/schund3.html

[14] Vgl. Grotum, Thomas (1994): S. 68-69

[15] Vgl. Silies, Eva-Maria (2010): S. 52

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Bestrebungen zur Erhöhung der Sexualmoral durch die katholische Kirche in den 1950ern. Eine Untersuchung
Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)  (Kulturwissenschaften)
Note
2,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
13
Katalognummer
V308413
ISBN (eBook)
9783668065253
ISBN (Buch)
9783668065260
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nachkriegsgesellschaft, Katholische Kirche, Aufklärung und Verhütung
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts Christin Franke (Autor:in), 2011, Die Bestrebungen zur Erhöhung der Sexualmoral durch die katholische Kirche in den 1950ern. Eine Untersuchung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/308413

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