Wir treten fremdbestimmt in unser Leben, erlernen dann (bestenfalls) im Laufe der Zeit dieses Leben selbstbestimmt zu führen, um dann am Ende – in der Regel – wieder fremdbestimmt aus dem Leben zu scheiden. Vielen Menschen ist der Gedanke, am Ende des Lebens nicht mehr die Kontrolle zu haben, ein Graus. Aus diesem Grund ist ein nicht unerheblicher Teil der Gesellschaft bereit, das eigene Leben selbstbestimmt zu beenden zu wollen.
Die jährliche Suizidrate in der Bundesrepublik Deutschland liegt bei ungefähr 10.000 Menschen – die Anzahl der versuchten Selbsttötungen liegt dabei laut Schätzungen um das 10 bis 15 fache höher. (vgl. LEWINSKI 2012) Diese Zahlen zeigen, dass es eine nicht gerade geringe Anzahl von Menschen in der bundesdeutschen Gesellschaft gibt, die sich, aus welchen Gründen auch immer, für einen selbstbestimmten Tod entscheidet. Derzeit sind sie in der Bundesrepublik Deutschland bei der Verwirklichung ihres Wunsches größtenteils auf sich selbst gestellt oder sie müssen sich an mehr oder weniger zwielichtige Organisationen wenden. Denn: Ärzt*innen ist es aufgrund verschiedener Regelungen und Gesetze nicht möglich, diese Patient*innen aktiv bei ihrer Entscheidung zu unterstützen.
Seit 2014 ist die gesellschaftliche und politische Diskussion über die aktive Sterbehilfe durch einen Vorstoß des Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe neu entflammt. In der vorliegenden Arbeit soll der aktuelle Diskurs in Ausschnitten wiedergegeben und die wichtigsten Fragestellungen sowie Problempunkte beleuchtet werden. Dazu wird zunächst der Versuch einer Bestimmung und Eingrenzung des Begriffs des assistierten Suizids unternommen. Im Fokus soll dabei die Abgrenzung zu anderen Formen der Sterbehilfe und Sterbebegleitung stehen, um eine klare Sicht auf die, in der vorliegenden Arbeit, betrachtete Form der Sterbehilfe zu ermöglichen. Daraufhin soll die momentane rechtliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland näher betrachtet werden, um darzulegen, warum eine Novellierung bzw. die Schaffung eines sogenannten Suizidbeihilfegesetzes dringend nötig erscheint. Im Anschluss wird die aktuelle parlamentarische Debatte, anhand der fraktionsübergreifenden Gesetzesvorschläge, skizziert. Im Hauptteil der Arbeit soll die ethische Auseinandersetzung bezüglich Sterbehilfe und assistiertem Suizid erläutert werden.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Einleitung
- 2. Theoretische Hinführung
- 2.1. Begriffsbestimmung und Eingrenzung
- 2.2. Rechtliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland
- 3. Aktuelle parlamentarische Debatte
- 4. Ethische Auseinandersetzung und Positionierung
- 4.1. Rekurs
- 4.2. Was heißt, in Würde zu sterben?
- 4.3. Patient*innenrechte vs. Ärzt*innenrechte
- 4.4. Freiwillige und unfreiwillige Selbsttötung
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit befasst sich mit dem aktuellen Diskurs über Sterbehilfe in der Bundesrepublik Deutschland und beleuchtet die wichtigsten Fragestellungen sowie Problematiken. Sie verfolgt das Ziel, die rechtlichen und ethischen Aspekte des assistierten Suizids zu analysieren und die aktuelle Debatte in ihrer Komplexität darzustellen.
- Begriffsbestimmung und Eingrenzung des assistierten Suizids
- Rechtliche Situation der Sterbehilfe in Deutschland
- Aktuelle parlamentarische Debatte um die Legalisierung der Suizidbeihilfe
- Ethische Aspekte der Sterbehilfe und des assistierten Suizids
- Rekurs auf philosophische Positionen zum Thema Suizid
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung stellt die Problematik der Sterbehilfe im Kontext des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende dar. Sie verdeutlicht die Relevanz der Debatte anhand der hohen Suizidrate in Deutschland.
Im Kapitel "Theoretische Hinführung" wird der Begriff des assistierten Suizids abgegrenzt und die aktuelle rechtliche Situation in Deutschland beleuchtet. Dabei wird die standesrechtliche Relevanz für medizinisches Fachpersonal betrachtet.
Das dritte Kapitel skizziert die aktuelle parlamentarische Debatte über Sterbehilfe und die verschiedenen Gesetzesvorschläge der Fraktionen.
Der Hauptteil der Arbeit behandelt die ethische Auseinandersetzung mit der Sterbehilfe. Hierbei wird ein Rekurs auf die Geschichte der Philosophie und die Positionen verschiedener Philosophen zum Thema Suizid vorgenommen. Außerdem werden die zentralen Fragen und Problemfelder der Sterbehilfedebatte diskutiert.
Schlüsselwörter (Keywords)
Assistierter Suizid, Sterbehilfe, Suizidbeihilfe, Selbstbestimmung, Würde, Patient*innenrechte, Ärzt*innenrechte, ethische Debatte, Rechtliche Situation, Bundesrepublik Deutschland.
- Quote paper
- Kai Richter (Author), 2015, Sterbehilfe in der pluralistischen Gesellschaft. Versuch einer ethischen Bewertung der aktuellen Sterbehilfedebatte in der Bundesrepublik Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/308642