Sozialisation durch Printmedien


Magisterarbeit, 1999

62 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS:

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Printmedien, Kommunikation und Sozialisation
2. Sozialisation durch Printmedien im Kindesalter
3. Sozialisationsfaktor Schulbuch
4. Bravo – Die Zeitschrift für die Jugend
5. Geschlechtsspezifische Zielgruppen von Printmedien
6. Die Bücherlandschaft
7. Die Zeitungs- und Zeitschriftenlandschaft
8. Journalismus als soziales System
9. Sportjournalismus.
10. Printmedien im Zeitalter des Internet.
11. Analphabetismus - Skandal der nicht vollständig geglückten Sozialisation.
12. Printmedien in totalitären Staaten – Propaganda und Zensur

III. Schluss

Literatur

I. EINLEITUNG:

Printmedien sind Bestandteil unseres täglichen Lebens. Wir haben fast alle gelernt, mit ihnen umzugehen, sie zu lesen. Wir befinden uns in einer Lesekultur, in der

wir ständig mit Printmedien konfrontiert sind, und es gibt keinen Weg, sich ihnen zu entziehen. Wir als Angehörige der Industrienationen sind zu weiten Teilen durch Printmedien sozialisiert. Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema " Sozialisation durch Printmedien " und greift verschiedene Aspekte der Medienwirkungsforschung und der Sozialisationsforschung auf. Ferner beschreibt sie die Printmedienlanschaft.

Zunächst gilt es, Grundlegendes zu den Themen "Printmedien, Kommunikation und Sozialisation" zu sagen. Dann werden die Themen "Sozialisation durch Printmedien im Kindesalter", "Sozialisationsfaktor Schulbuch", "Bravo - Die Zeitschrift für die Jugend" angesprochen. Die Zielgruppe von Printmedien "Jugendlicher" ist aus dem Grund so wichtig, weil für Jugendliche andere Gesetze gelten, als für Erwachsene.

Sie sind stärker geschützt und sie sind auch stärker manipulierbar. Gerade für die Werbewirtschaft sind Jugendliche eine wichtige Zielgruppe, da sie auf die

Werbeprodukte gut zu prägen sind und als die neuen, kaufkräftigen Kunden von morgen gelten. Ein weitere Thema ist „Geschlechtsspezifische Zielgruppen von Printmedien“. Es wird deutlich, dass zum einen der Markt aus Gleichberechtigungsgründen diese Unterscheidung fordert, und zum anderen tatsächlich spezifische weibliche Interessen existieren, die sich in den Printprodukten auch wiederspiegeln. Dann werden „Die Bücherlandschaft“ und „Die Zeitungs- und Zeitschriftenlandschaft“ beschrieben, wobei auch Marktstatistiken zum Tragen kommen. Der „Journalismus als soziales System“ wird beschrieben, wobei klassische Journalismusdefinitionen gegeben werden. Ein weiters Thema ist der „Sportjournalismus“. Er gilt als Beispiel für die verschiedenen Rubriken einer Zeitung, auf die sich das Interesse der Leser fokussiert. Unter dem Thema „Printmedien im Zeitalter des Internet" wird der Versuch unternommen, darzustellen, dass keine Verdrängung der Printmedien durch die neuen Medien stattfindet. Ein weiteres Thema ist „Analphabetismus - Skandal der nicht vollständig geglückten Sozialisation“. In diesem Teil wird dargestellt, dass eine große Anzahl an Menschen von der Sozialisation durch Printmedien ausgeschlossen ist. Unter dem Thema „Printmedien in totalitären Staaten - Zensur und Propaganda" wird beschrieben, dass Printmedien als Massenpresse auch zur Unterdrückung eingesetzt werden können. Die verschiedenen Themen sind in essayistischer Form dargeboten.

II. HAUPTTEIL

1. Printmedien, Kommunikation und Sozialisation

Wir leben im Informationszeitalter, unsere Gesellschaft ist eine Informationsgesellschaft. Informationen sind mitentscheidend für den sozialen und wirtschaftlichen Erfolg und Misserfolg des Individuums in der Gesellschaft. Printmedien sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Informationsgesellschaft.

Die Auseinandersetzung mit Printmedien ist fast immer mit Informationsaufnahme gleichzusetzen: Das Individuum informiert sich über vielfältigste Themen. Ein gewisses Informations- oder Wissensniveau bedeutet auch eine bestimmte sprachliche Kompetenz. Informierte Individuen können sich mit anderen über bestimmte Themen auseinandersetzen.

Das " Sich - Informieren " gehört zum täglichen Leben dazu, und es bleibt dem Individuum überlassen, welche Medien es dafür auswählt. Einen entscheidenden Anteil bei der Informierung des Bürgers haben nun mal die Printmedien. Sie stehen in Konkurrenz zu Radio, Fernsehen, Internet und anderen elektronischen Medien.

Das Besondere an den Printmedien ist, dass die Informationsaufnahme auf visuellem Weg geschieht, das Medium ist kein elektronisches, die Augen werden auf

Dauer nicht so sehr belastet. Die Informationsaufnahme durch Printmedien ist aus dem Grund besonders praktisch, da es sich um aktive Informationsaufnahme

handelt. Der Leser oder Konsument ist mit sich und dem Buch, der Zeitung oder der Zeitschrift alleine und kann die Informationsaufnahme selbst kontrollieren: er

kann das Lesetempo selbst bestimmen, vor- und zurückblättern und gegebenenfalls, wenn es Verständnisprobleme gibt, Passagen oder Sätze wiederholen, und er kann Pausen machen, wann er will, man kann in der U-Bahn, im Bus oder im Park lesen. Man unterwirft sich nicht in dem Masse der Informationsaufnahme, wie es bei elektronischen Medien der Fall ist. Die Informationen werden bei elektronischen Medien zumeist automatisch gegeben. Der Rezipient bleibt passiv. Nur bei einigen neueren Medien wie z.B. Videotext oder dem Internet kann man auch aktiv in die Informationsaufnahme mit eingreifen. Der Internet-Surfer blättert in den elektronischen Seiten ( to browse = blättern ). Jedoch kann es dabei Probleme geben. So kann man sich beim Surfen regelrecht verlaufen, der Rechner kann abstürzen, und dieses ist wie ein Lichtausfall beim Lesen. Man bedenke auch das Problem von langen Ladezeiten.

Als Printmedien gelten das Blatt, die Flugschrift, der Brief, sofern er in gedruckter Form vorliegt, das Buch, das Heft oder Heftchen, das Plakat, die Zeitschrift und die Zeitung ( Faulstich, Grundwissen Medien ). Man muss betonen, dass die Informationsaufnahme beim Konsum von Printmedien ausschliesslich auf visuellem Wege stattfindet: Das Printmedium wird gelesen, d.h. die Informationen, die

aus Zeichen, Buchstaben, Wörtern, Sätzen oder Bildern bestehen, werden über die Augen aufgenommen und im Gehirn verarbeitet. Der von der Blickspanne erfasste

Ausschnitt wird auf der Netzhaut abgebildet. Über die Sehnerven und die anderen beteiligten Nervenbahnen wird das Erfasste zur Sehrinde, die sich auf der

Großhirnrinde befindet, transportiert. Nun findet ein neuronaler Prozess statt, bei dem das Gelesene oder Erfasste in einen Gesamtkontext eingeordnet wird.

" Lesen ist eine wichtige Voraussetzung für eine aktive und emanzipierte Teilhabe am gesellschaftlichen Kommunikationsprozess. Es scheinen vor allem Printmedien zu sein, deren Gebrauch zu einem spezifischen und funktionalen kommunikativen Problemlöseverhalten ( Kompetenz ) führt " (Dörrich, Die Zukunft des Mediums Buch, S.84).

Das Individuum lernt also für eine eigenständige und selbstbewusste Teilnahme an der Gesellschaft. Sozialisation durch Printmedien ist vor allem auch

Sozialisation durch Sprache und Bilder. Ein Text ist geschriebene Sprache. Eine Zeitung zum Beispiel besteht aus einer Unzahl von Artikeln über bestimmte Themen, also geschriebene Sprache. Dazu kommen die Bilder, Werbung, Kreuzworträtsel, Karikaturen usw. Ein Zeitungsartikel spiegelt das sprachliche Vermögen seines Autors wieder. Der Rezipient kann aus diesen Artikeln lernen. Er kann rein thematisch seinen Horizont erweitern, er kann neue Begriffe und Formulierungen lernen, er kann seinen Wortschatz erweitern. Durch das Lesen werden eine Menge von psychischen Funktionen trainiert. Das Gelesene regt die Phantasie an, schult Aufmerksamkeit und Konzentration. Gedächtnis und Vorstellungsvermögen werden trainiert. Das Lesen regt die kleinen grauen Zellen an. Durchs Lesen sammelt man Wissen an, und Wissen ist Macht, so sagt ein Sprichwort. Man bedenke auch das geistige Wohlbefinden und den Genuss, den das Lesen erzeugen kann. Man versteht Witze, Pointen und Kritiken und kann das Beschriebene miterleben.

Ein technischer Verarbeitungsprozess ist die Grundvoraussetzung für die Erstellung eines Printmediums. Bloße Notizen, also Aufzeichnungen in geschriebener Form, bilden noch kein Printmedium. Dass man gesammelte Informationen als Printmedium bezeichnen kann, setzt einen Verarbeitungsprozess oder Druckprozess voraus. Dabei wird leeres Papier maschinell bedruckt oder geprintet. Dieses geschieht entweder im großen Rahmen in Druckereien, oder im kleinen Rahmen mit einem Drucker oder Druckgerät, das die Größe eines Handkoffers haben kann. Der technische Verarbeitungsprozess setzt Wissen um die Funktion der Maschine voraus. Beim einfachen Drucker oder Druckgerät setzt dieses die Kenntnis der Bedienungsanleitung voraus, im Fall von Druckereien wird teilweise für die Bedienung der Maschinen eine Ausbildung verlangt.

Es ist eine Tatsache, dass Printmedien ein bestimmtes Ziel verfolgen. Dieses kann sein: informieren, bilden, unterhalten oder auch politisch zu beeinflussen. Da es sich bei einem Printmedium um ein Produkt handelt, soll in den meisten Fällen damit auch Geld verdient werden, es sei denn, es handelt sich um pure Informations-Broschüren, Werbeblätter, Waschzettel oder ähnliches. Aber auch hierbei spielt hintergründig der Profit eine wesentliche Rolle. Aber Printmedien verfolgen in vielen Fällen auch ein politisches Ziel. Der Mensch ist nun mal auch ein politisches Wesen, und wenn er in einem Buch seine Meinung kund tut, dann äußert er sich auch politisch. Das ganze Verlagswesen ist auch ein politisches Spektrum, da jeder Verleger seine eigenen politischen Vorstellungen besitzt. Das gleiche gilt fürs Zeitungs- und Zeitschriftenwesen, wo viele Produkte nicht nur die Haltungen und Meinungen des einzelnen Redakteurs widerspiegeln, sondern auch durch einen Chefredakteur kontrolliert werden. Das Paradebeispiel für Politik und Printmedien sind die Informationsbroschüren, die von Regierungen, Parteien, Ämtern, Behörden und Institutionen verteilt werden. Unter den bekannten sind z.B. die „Informationen zur politischen Bildung“, die regelmässig von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegeben und in Bildungseinrichtungen verwendet werden. In ihnen wird zu verschiedensten politischen Themen Stellung genommen.

Jede Schülerzeitung und jedes Schulbuch hat auch einen politischen Hintergrund. Eine Schülerzeitung erzeugt eine politische Öffentlichkeit und ist Gesprächsforum.

Schüler können hier zum Teil ihre Meinung kund tun und somit für Gesprächsstoff sorgen. Schulbücher spiegeln hingegen das politische System wieder, indem in ihnen das vorherrschende Menschenbild vermittelt wird. Schulbücher in einem freiheitlich-demokratischen Staat zeugen auch von freiheitlichdemokratischem Denken. Auf

der anderen Seite wurden beim politischen Gegner Systeme verherrlicht oder einfach abqualifiziert, ohne einen nüchternen Systemvergleich vorzunehmen. Diese Vorgehensweise wurde im DDR-Unterricht praktiziert. Ein Printmedium ist also auch immer ein politisches Ding, eine Sache, mit der informiert, gebildet, beeinflusst, unterhalten oder Geld verdient werden soll. Das Spannungsfeld Printmedien und Politik geht soweit, dass die extremsten politischen Gruppierungen mit ihren

Produkten den Markt polarisieren. So gibt es im linken Spektrum die PDS-nahe Zeitung " Neues Deutschland " und im rechten Spektrum die " Nationale Volkszeitung " des rechtsradikalen Verlegers Frey. Diese Gruppierungen wollen mit ihren Publikationen Auflagenzahlen erhöhen und politische Ansichten unters Volk bringen. Sie vertreten dabei ihre jeweiligen Ideale, Menschenbilder und politischen Überzeugungen. Printmedien greifen in alle Lebensbereiche ein, nur das Individuum, das nicht lesen kann oder noch nicht auf Printmedien reagiert, ist frei von diesem Eingriff.

Printmedien sind allgegenwärtig. Unser Haushalt ist reich bestückt mit ihnen. Sie liegen in Cafes, Kneipen, Gaststätten, Arztpraxen aus. In allen Bereichen des öffentlichen Lebens kann man sie antreffen: Informationsbroschüren über Öffnungszeiten in Schwimmhallen, Aidsaufklärung bei Gesundheitsämtern,

die Speisekarte im Restaurant, die Bedienungsanleitung des neuen Fernsehers, Telefonbücher, Plakate an Plakatwänden, egal, ob legal oder illegal aufgeklebt, der Fahrplan an der Bushaltestelle. Printmedien tragen entscheidend zur Information und zur Meinungsbildung bei.

Printmedien tragen auch erheblich zur Sozialisation des Menschen bei. Printmedien oder speziell Schulbücher, wie auch andere Unterrichtsmedien, stellen eine nicht wegzudenkende Unterstützung und Ergänzung des Lehrers dar. Ein Mensch kann sich durch Printmedien autodidaktisch bilden und dadurch ein höheres Bildungs- und Wissensniveau erreichen. Bildung macht den Menschen stärker, er erreicht eine höhere Lebensqualität, denn er lernt, sich zu behaupten und durchzusetzen. Gebildete Menschen haben auch weniger Schwierigkeiten beim Argumentieren, und dieses besonders dann, wenn sie sich die einzelnen Fakten angelesen haben. Sie können auf die Quellen verweisen. Das Resultat von Bildung ist auch eine gefestigtere Persönlichkeit, denn das Individuum hat gelernt, eigenständig zu lernen. Gebildete Menschen sind aufgeklärter und können dadurch bessere Handlungsstrategien im Umgang mit anderen entwickeln. Lesen kann ferner wie Meditation wirken. So können Printmedien den Effekt haben, dass der Leser ganz ruhig und entspannt wird und einfach ausgeglichener ist. Lesen tut der Seele gut, wenn es sich nicht gerade um die Beschreibung eines Horrorszenarios oder eine Kathastrophenmeldung handelt.

Als gängige Definition für den Begriff Sozialisation gilt die im Handbuch der Sozialisationsforschung von Hurrelmann gegebene. Demnach ist Sozialisation begrifflich zu fassen

"als der Prozess der Entstehung und Entwicklung der Persönlichkeit in wechselseitiger Abhängigkeit von der gesellschaftlich vermittelten sozialen und materiellen Umwelt. Vorrangig thematisch ist dabei ... , wie sich der Mensch zu einem gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekt bildet ".

Bezogen auf Printmedien ist festzustellen, dass diese einen erheblichen Anteil an der Sozialisation haben. Sie sind unter anderem die Medien, die dem Menschen Informationen, Nachrichten und Lerninhalte vermitteln. Nun kann man sagen, dass ein Lehrer oder Erzieher dieses viel besser kann. Jedoch gibt es die Situationen, in denen Printmedien unentbehrlich sind, oder aus dem Grund herangezogen werden, weil sie einfach praktisch sind. Unsere Kultur basiert auf dem Gebrauch von Printmedien, sie haben sich über Jahrhunderte hinweg etabliert. Sie sind Informationsspeicher für eine Unzahl an Informationen. Als Printmedium liegen Informationen in geordneter Weise vor. Printmedien sind Sozialisationsfaktoren, da sie den Menschen bilden, und Bildung ist eine große Errungenschaft der Gesellschaft. Ein gebildeter Mensch ist qualifizierter und hat damit auch bessere Chancen in der Gesellschaft. Wir leben in einer Informations-gesellschaft, die neben den elektronischen Medien zu einem erheblichen Teil auf Printmedien basiert. So informieren sich über 80 Prozent der Bundesbürger täglich aus Zeitungen (Faulenbach, Informationen zur politischen Bildung: Massenmedien).

Bei der Nutzung von Printmedien entsteht folgender Kommunikationsprozess: Bei dem Prozess Sozialisation durch Printmedien steht der Leser (Rezipient oder Empfänger) in Kommunikation mit dem Autor eines Textes (Kommunikator oder Sender). Es handelt sich dabei um zweigliedrige Kommunikation:

"ein A tritt in Kommunikation mit einem B. Das ist die Grundform des Kommunikationssystems, das aus einem Sender besteht, der die Mitteilung aussendet, einem Übertragungsmedium, also dem Weg, auf dem die Mitteilung übergeht, und einem Empfänger, der die Mitteilung aufnimmt“ (Flechtner, Grundbegriffe der Kybernetik, S.16 ).

Printmedien können aber auch ziemlich extreme Wirkungen entfachen: Im 18.Jahrhundert nahmen sich einige sensible Jünglinge nach der Lektüre von Goethes " Die Leiden des Jungen Werthers " das Leben. Das Buch wurde zu einem Kultroman. Dieses Beispiel zeigt, dass Bücher durchaus starke Nebenwirkungen haben können.

In den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts untersuchten zunächst Militärs die Wirkungen der Propagandamaschinerie der Nationalsozialisten auf die

Bevölkerung. Unter anderem dieser Maschinerie wurden die massiven Erfolge der Nationalsozialisten zugesprochen. Aus dieser Forschung entstand dann später die moderne Kommunikationswissenschaft. 1948 formulierte Lasswell die Leitfrage der

Kommunikationswissenschaft:

" Who ( Kommunikator ) says what ( Aussage ) in which channel ( Medium ) to whom ( Rezipient ) with what effect ( Wirkung ) ? "

Mit dieser Frage wird nicht nur auf die Teilnehmer einer Kommunikation hingewiesen ( Kommunikator, Rezipient ), sondern auch auf das Medium, die Aussage und die Wirkung. Diese Frage kann natürlich auch auf Printmedien bezogen werden.

Lasswells Modell und das psychologische " Stimulus-Response-Modell ", das die Annahme vertrat, dass ein bestimmter Reiz eine bestimmte Reaktion auslöst, waren

die Grundlage für verschiedene, sogenannte monokausale Ansätze in der Medien-wirkungsforschung: Kritisch zu sehen sind die durch Medien vermittelten Informationen, wenn Gewaltszenen dargestellt werden. Die Gewalt-

Wirkungsforschung geht diesbezüglich von vier zum Teil gegenteiligen Hypothesen aus. Alle sind empirisch verifiziert. Da wäre

1. Die Stimulations- oder Imitationshypothese. Sie geht davon aus, dass das Ansehen von Gewalt beim Zuschauer gewalttätiges Handeln stimuliert und dass er dieses imitiert.
2. Die Katharsishypothese: Diese Hypothese zielt ab auf die reinigende Wirkung von Gewaltbetrachtung: Wer Gewalt gesehen hat, reagiert sich dadurch ab, hat die eigene Ausübung von Gewalt nicht mehr nötig.
3. Die Inhibitionshypothese: Auf die Darstellung von Gewalt erfolgt deswegen keine Aggression, weil die negative Sanktionierung von Gewalt inhibitiert ("verinnerlicht") sei.
4. Die Habitualisierungshypothese: Die ständige Konfrontation mit Gewalt führt zu einem Abstumpfungseffekt.

(Hurrelmann, Neues Handbuch der Sozialisationsforschung, S.496).

An anderer Stelle werden zur Erklärung von Gewaltwirkungen Lerntheorien, Triebtheorien und Erregungstheorien herangezogen ( Noelle-Neumann,

Fischer Lexikon Publizistik / Massenkommunikation, S.578 ). Bei den Lerntheorien spielt Banduras Theorie vom Lernen am Modell eine wichtige Rolle. Der Rezipient nimmt sich demnach ein Beispiel an dargestellten Gewaltakten und ahmt sie nach.

Triebtheorien gehen davon aus, dass im Individuum von Natur aus Dispositionen gegeben sind, die es aggressiv reagieren lassen. Diese Aggressionstendenz würde durch reale oder symbolische Gewalt wieder abgebaut. Schliesslich gibt es noch die Erregungstheorien: Gewaltszenen lösen im Individuum bestimmte Erregungszustände aus. Diese Erregungszustände steigern die Handlungsbereitschaft des Individuums. Gewaltszenen stellen einen Auslösereiz für den Rezipienten dar.

Dieser reagiere folglich auch gewalttätig.

Obwohl diese Hypothesen in erster Linie in Bezug auf die Nutzung von Radio, Fernsehen und Video erarbeitet wurden, kann man sie natürlich auch auf die Printmedien beziehen. Wir leben nun mal in einer zum Teil gewalttätigen Welt. Kriege und die Berichterstattung darüber, inklusive der Pressefotos, gehören zu unserem alltäglichen Leben dazu.

Neben diesen monokausalen Ansätzen und den Lern-, Trieb- und Erregungstheorien in der Medienwirkungsforschung gibt es auch noch ideologiekritische Ansätze. Hierbei werden Massenmedien ausschliesslich als Manipulationsinstrumente gesehen, die den Herrschenden bei der Ausbeutung des Individuums helfen. Vertreter dieses kulturpessimistischen Ansatzes sind Horkheimer und Adorno. Das, was in den Medien dargestellt wird, ist natürlich nicht immer Gewalt.

Man kann die Medienlandschaft als die vierte Gewalt bezeichnen, sie ist von Exekutive, Legislative und Jurisdiktion weitestgehend unabhängig. Die drei Gewalten des Staates sind durch die Verfassung getrennt. Die Medienlandschaft in einem freiheitlich-demokratischen Staat hat eine ähnlich große Wirkungsmacht und Kontrollfunktion. Sie trägt bei zur Willensbildung. Dennoch sprechen Kritiker vom

Konsumterror der Wirtschaft, was sich in der Werbung manifestiert. Die besondere Brisanz von Medien, insbesondere von Printmedien, liegt in der Tatsache, dass sie enorm große Reichweiten erzielen können. Bei der Kommunikation, die Leser mit den Zeitungsmachern, Schriftstellern und Autoren eingehen, handelt es sich nämlich um Massenkommunikation:

"Das Massenkommunikationssystem ist charakterisiert durch eine polarisierte Verteilung der kommunikativen Rollen: auf der einen Seite findet sich der Kommunikator bzw. eine aufgabenorientierte Gruppe von Kommunikatoren und auf der anderen Seite eine große Anzahl von Rezipienten,"

und

"Die Kommunikatoren ... bemühen sich häufig intensiv darum, einige Charakteristika ihres Publikums insbesondere durch Umfragen zu erfahren, um ihre Aussagen besser anpassen oder auch deren Wirkungschancen sicherer abschätzen zu können " (Koszyk und Pruys, Wörterbuch der Publizistik, S.195 )

Die Kommunikatoren sind also oftmals auch um ein Feedback bemüht. Das Feedback ist zum Teil durchaus gewollte Kritik am eigenen Produkt. Da für Printmedien in den meisten Fällen ein Markt besteht, ist dieses Feedback hilfreich bei einer besseren Anpassung des Produktes an den Markt. Der Kommunikatortritt also in Kommunikation zu dem Rezipienten und erhält von diesem ein Feedback durch Umfragen, Kritiken und Leserbriefe. Im Extremfall kann beispielsweise eine Zeitung vom deutschen Presserat für ihre Berichterstattung gerügt werden. Dieses ist auch eine Form des Feedbacks.

2. Sozialisation durch Printmedien im Kindesalter

Die ersten Printmedien, die zur Sozialisation des Kindes beitragen, sind Kinderbücher und zum Teil auch Comics. Man spricht hier auch von Lesesozialisation (Harmgarth, Lesegewohnheiten - Lesebarrieren, S.17 ).

Es gibt einen richtigen Markt für Kinderbücher und Comics. Die Klassiker unter den Kinderbüchern im deutschen Kulturkreis sind die Märchen der Gebrüder Grimm und die von Hans Andersen. Weitere Klassiker sind " Max und Moritz " von Wilhelm Busch, " Der Räuber Hotzenplotz " von Otfried Preussler und der "Struwwelpeter " von Dr. Heinrich Hoffmann. Die Klassiker unter den Comics sind zum Beispiel " Asterix " und auch die Geschichten von Walt Disney's bekannten Comicfiguren wie Mickey Mouse, Goofy oder Donald Duck.

Der erste Kontakt mit Büchern für die Kleinkinder, die noch nicht lesen können, findet in der Form statt, dass ihnen aus den Kinderbüchern vorgelesen wird. Das

Kind hört also die Geschichten und betrachtet die Bilder, die die Geschichten illustrieren. Dadurch wird die geistige und seelische Entwicklung des Kindes gefördert, es wird ein innniges und vertrautes Verhältnis zwischen dem Kind und den Eltern als Vorlesenden erreicht. Durch regelmäßiges Vorlesen wird die Aufnahmefähigkeit des Kindes systematisch entwickelt und das Vorstellungsvermögen geschult. Ein Kind, dem regelmäßig vorgelesen wird, entwickelt einen wesentlich größeren Wortschatz als andere und lernt, sich besser auszudrücken. Damit wird ein solide Grundlage für das spätere Lernen in der Schule erreicht.

Das Sozialisationsfeld ist hierbei also die Familie, da der erste Kontakt mit Büchern durch Eltern und Verwandte herbeigeführt wird. Das Kind befindet sich also in der Obhut der Familie, die die Bücher als Mittel sehen, dem Kind das Lesen näherzubringen, das Familienleben zu gestalten und um das Kind und sich selbst zu unterhalten. Das Kleinkind lernt schon ansatzweise, mit dem Medium Buch umzugehen, ist jedoch bis zu der Phase, in der es lesen lernt, auf die Hilfe von

Menschen angewiesen, die bereits lesen können. Es sei denn, es will sich nur die Bilder ansehen. Das Alter, in dem Kinder lesen lernen, ist meistens auf das sechste Lebensjahr datiert, sofern keine Komplikationen beim Lesenlernen auftreten. Das Lesenlernen geschieht im Deutschunterricht mit Hilfe von Unterrichtsmedien, also durch den Einsatz von Schulbüchern und dem fürsorglichen Unterricht des

Deutschlehrers. Es gibt natürlich auch die Fälle, in denen das Kleinkind bereits vor Eintritt in die Schule das Lesen im Elternhaus lernt.

In erster Linie für Kinder, aber auch für Jugendliche und Erwachsene gedacht sind Comics. Schon frühzeitig wird das Kleinkind mit Comics konfrontiert. Man kann

Comics als Weiterentwicklung der illustrierten Kinderbücher betrachten. Bei Comics werden gezeichnete Bildergeschichten mit Sprechblasen und Randtexten untermalt. Die Comicgeschichten haben einen Plot und eine oder mehrere Hauptfiguren oder Helden. Diese Hauptfiguren erleben die unterschiedlichsten Abenteuer, die märchenhaft und phantastisch sein können. Man kann regelrecht eine historische Entwicklung der Comics ausmachen, ferner haben verschiedene Kulturkreise ihre eigenen Comic-Helden und Comiczeichner. So haben wir in den USA z.B. "Superman", in Japan "Akira", in Frankreich die Comics von Franquin und "Asterix", in Großbritannien "Slain", in Italien "Sturmtruppen" und in Deutschland "Fix und Foxy ". Dabei verfolgen die einzelnen Zeichner ihre Kunst mit absoluter Hingabe.

Comics werden auch in viele verschiedene Sprachen übersetzt, um sie einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen.

Man muss sagen, dass Comics etwa ab dem fünften oder sechsten Lebensjahr in fast jedem Alter gelesen werden. Bestimmte Comics haben eine eigene Fangemeinde oder lösen einen Kult aus. Teilweise werden die Comic-Helden dann später auch in Trickfilmen oder Spielfilmen verarbeitet. So machten die Comicfiguren von Walt Disney eine ganze Karriere durch. Von den ersten Entwürfen bis zu den

Zeichentrickfilmen entdeckt man eine enorme künstlerische Entwicklung der Zeichner. So ist der Ur-Donald Duck aus den ersten Comics und die spätere Zeichentrickfigur einer künstlerischen und technischen Entwicklung unterworfen. Die Zeichner gewinnen mit der Zeit immer mehr Detailtreue, Originalität und Esprit.

Schon frühzeitig verlieben sich die Kleinkinder in ihre Comic-Helden. Sie werden zu den Stars im Kinderzimmer und regen die Phantasie der Kinder an. Die Kinder reagieren auf jedes Produkt, für das mit ihren Comic-Helden geworben wird. Die Existenz von Comics führt teilweise zu einer regelrechten Sammelwut mit der Sucht, jede Ausgabe einer Comicserie zu kaufen.

3. Sozialisationsfaktor Schulbuch

Eine der wichtigsten Sozialisationsinstanzen für Jugendliche und Kinder ist neben dem Elternhaus und dem Freundeskreis die Schule. Ein wesentlicher Sozialisations- faktor während der Schulzeit ist das Schulbuch. Es bildet zumeist die Arbeits-grundlage für den Unterricht. Die Schulbücher werden auf der einen Seite von den Schulen angeschaft und an die Schüler verteilt, und auf der anderen direkt von den Schülern bzw. deren Eltern angeschaft. Im Deutschunterricht werden gemeinsam Texte aus dem Deutschbuch gelesen und durchgearbeitet. Der Schüler oder die Schülerin lernt, mit Texten zu arbeiten, sie zu analysieren, zusammenzufassen, sie zu reproduzieren und zu transferieren. Zum Teil werden auch Gedichte auswendig

gelernt.

In den Schulbüchern der naturwissenschaftlichen Fächer finden sich immer Graphiken, Statistiken und Illustrationen. Der Schüler oder die Schülerin lernt diese zu analysieren und zu deuten. Im Mathematikunterricht helfen Schulbücher dabei, Rechenwege zu verdeutlichen und zu illustrieren. Oftmals sind in ihnen auch Textaufgaben gestellt. Geschichtsbücher liefern Quellen, Fotos, Graphiken und

Statistiken aus einer anderen Zeit. Oftmals werden ganze Generationen mit den gleichen Schulbüchern ausgebildet, und dieses zum Teil auch bundesländer-übergreifend. So ist ein bekanntes Geschichtsbuch "Menschen in ihrer Zeit", oder ein bekanntes Biologiebuch Linder, "Biologie". Im Erdkundeunterricht spielt der Diercke-Weltatlas eine große Rolle. Schulbücher bilden also die absolute Arbeitsgrundlage in den Schulen.

Die Kultusminister der Länder sind für die Bewilligung von Geldern in diesem Bereich zuständig. Auch die Entscheidung über Lehrpläne und damit über die Wahl der Schulbücher wird in den Kultusministerien gefällt. Die Schulbücher werden u.a. von Hochschuldozenten der Fachdidaktik konzipiert und in Schulbuchverlagen gedruckt. Bekannte Schulbuchverlage sind zum Beispiel der Schroedel- oder der Klett-Verlag. Die Literaturlektüre im Deutsch- und im Fremdsprachenunterricht

muss zumeist von den Schülern und Schülerinnen bzw. von den Eltern selbst beschaft werden. Bekannte Verlage sind hierbei der Reclam-Verlag in Deutschland oder Longman in Grosßbritannien. Die Schulbücher, die sich im Besitz der Schule befinden, werden in den sogenannten Schülerhilfsbüchereien aufbewahrt und am Schulanfang für das entsprechende Schuljahr oder Schulhalbjahr an die Schüler und Schülerinnen verteilt. Die Schulbücher müssen zumeist eingeschlagen werden, um sie vor Beschädigungen zu schützen. Am Ende eines Schuljahres oder Schulhalb-jahres werden die Bücher, die durchweg nummeriert sind, wieder eingesammelt. Die Schüler haben schon bei der Ausgabe ihren Namen auf die Innenseite des Umschlags zu schreiben, damit sie gegebenenfalls später regresspflichtig gemacht werden können. Wenn die Schulbücher irgendwann qualitativ überholt sind, dann werden sie entweder an die Schüler verschenkt oder entsorgt.

Bei der Verwendung von Schulbüchern und anderen Printmedien im Unterricht spielt der Lehrer durch sein Lehrverhalten eine sehr wichtige Rolle. Er gibt den Schülern und Schülerinnen die Anleitung zur Arbeit mit diesen Medien. Im Zentrum jedoch steht das Subjekt Schüler oder Schülerin. Er oder sie ist die Person, auf die es ankommt, sie steht im Mittelpunkt des Interaktionsfeldes Lehrer - Lernende. An den Noten und dem Verhalten der Lernenden wird auch der Erfolg des Lehrmittel-einsatzes und gleichzeitig des Einsatzes des Lehrers gemessen. Ziel ist es, unter anderem, den Schüler oder die Schülerin zu einer selbständigen Arbeit mit Texten, Abbildungen und Statistiken zu befähigen. Im Mittelpunkt steht der Mensch, beeinflusst durch den Sozialisationsfaktor Schulbuch.

[...]

Ende der Leseprobe aus 62 Seiten

Details

Titel
Sozialisation durch Printmedien
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Inst. f. Kommunikationswiss.)
Veranstaltung
Universitätsabschlussarbeit
Note
2
Autor
Jahr
1999
Seiten
62
Katalognummer
V30890
ISBN (eBook)
9783638320559
ISBN (Buch)
9783638728362
Dateigröße
615 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sie klassifiziert Printmedien, beurteilt ihren Beitrag zur Sozialisation und stellt die veränderten Bedingungen im Internetzeitalter dar.
Schlagworte
Sozialisation, Printmedien, Universitätsabschlussarbeit
Arbeit zitieren
Dr. phil. Roland Scheller (Autor:in), 1999, Sozialisation durch Printmedien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30890

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