In dieser Arbeit findet sich ein theoretisch-konzeptioneller Zugang zu dem weiten Felde, das sich zwischen den Fragen zum Verstehen des Anderen und dem Autismus ausbreitet.
Nach dem Verstehen des Anderen zu fragen, hat kein leichtes Beginnen. Denn so selbstverständlich wie wir diesen Vorgang nehmen und so unbewusst wie dieser Vorgang abzulaufen scheint, in dem wir zu unseren Mitmenschen und auch Mitgeschöpfen leben, so schwer ist er auf eine klare Weise bewusst zu machen und so verwickelt erscheint er und ist mitnichten selbstverständlich und einfach ab dem Moment, in dem das Gemenge der vorfindlichen Phänomene durchschaut, erkannt und erklärt werden soll.
Wir Menschen begegnen einander im soziokulturellen Lebensraum und wir machen an einander Erfahrungen, die unser soziales Interagieren bestimmen. Es kann deshalb danach gefragt werden, was wir dabei jeweilig genau von einander erfahren, auf welche Weise und in welchem Ausmaß wir uns in unserem Beieinander von einander eigentlich gewahr werden können. Nehmen wir hierbei an allen möglichen fremden mitmenschlichen Zuständen unseren eigenen, an der Sache hängenden Teil, oder liegen uns verschlossene und unzugängliche, verborgen bleibende Bereiche anbei, die uns die Grenzen der Erfahrung des Anderen aufzeigen?
In der hier vorgelegten Magisterarbeit wird ein philosophischer Erkundungsgang in einem interdisziplinären Sachverhalt zwischen dem Fachgebiet der Philosophie und dem der Psychologie vorgenommen. In dieser Ausgangslage liegt der Grund für die in dieser Arbeit verwendete Methodik. Philosophische und psychologische Sachverhalte und Argumente werden einmal jeweilig für sich entwickelt und dann in einer anschließenden Betrachtung auf einander bezogen.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Vorwort
- Einleitung
- Autismus und die Herausforderung des Anderen: Ein Problem des Verstehens
- Zur Begrifflichkeit und Definition von Autismus
- Eine kurze Geschichte der Autismusforschung
- Das Problem der Verstehensproblematik in der Autismusforschung
- Der „Andere" in der Autismusforschung und die „Verstehenslücke"
- Autismus und das Fremdheitserlebnis: Ein Problem des Zugangs
- W. Dilthey und die Hermeneutik des Verstehens
- Diltheys Konzept des „Verstehens"
- Diltheys Hermeneutik und ihre Relevanz für das Verständnis von Autismus
- M. Scheler und die Philosophie des Mitgefühls
- Schelers Konzeption des Mitgefühls
- Das Mitgefühl als Brückenbauer zwischen „Ich" und „Du"
- Autismus, Verstehen und die Problematik des Mitgefühls
- Die Problematik des Mitgefühls im Kontext der Autismusforschung
- Verstehen und Mitgefühl: Ein Widerspruch?
- Verstehen des Anderen und der ethische Anspruch an die Autismusforschung
- Die ethische Dimension des Verstehens von Autismus
- Autismus und die Notwendigkeit einer neuen „Hermeneutik des Anderen"
- Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, wie Autismus in einem theoretisch-konzeptionellen Rahmen verstanden werden kann. Sie setzt dabei den Fokus auf die Herausforderung des Verstehens des Anderen, insbesondere im Kontext von Autismus. Ziel ist es, einen interdisziplinären Ansatz zu entwickeln, der verschiedene Perspektiven auf Autismus und Verstehen zusammenbringt.
- Das Problem des Verstehens in der Autismusforschung
- Die Relevanz der Hermeneutik von W. Dilthey für das Verständnis von Autismus
- Die Rolle des Mitgefühls im Kontext von Autismus, nach M. Scheler
- Die ethische Dimension des Verstehens von Autismus
- Die Notwendigkeit einer neuen „Hermeneutik des Anderen"
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung stellt das Thema der Arbeit vor und erläutert den persönlichen Hintergrund des Autors, der in der Betreuung von Menschen mit Autismus arbeitet. Sie führt in die Thematik des Verstehens von Autismus ein und skizziert die Herausforderungen, die sich aus der Kommunikation mit Menschen mit Autismus ergeben.
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Begriff des Autismus und betrachtet verschiedene Definitionen und Ansätze der Autismusforschung. Es gibt einen Überblick über die Geschichte der Autismusforschung und stellt verschiedene Modelle und Theorien vor, die versuchen, Autismus zu erklären.
Das zweite Kapitel beleuchtet das Problem des Verstehens in der Autismusforschung. Es stellt die Frage, wie die "Verstehenslücke" zwischen neurotypischen Menschen und Menschen mit Autismus überwunden werden kann. Es werden verschiedene Ansätze zur Bewältigung der Fremdheitserfahrung im Kontext von Autismus diskutiert.
Das dritte Kapitel stellt die Hermeneutik von Wilhelm Dilthey vor. Es untersucht Diltheys Konzept des Verstehens und seine Relevanz für das Verständnis von Autismus. Die Arbeit analysiert, wie Diltheys Hermeneutik die Bedeutung von Sprache, Kultur und Lebenswelt für das Verständnis von Autismus hervorhebt.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Philosophie des Mitgefühls von Max Scheler. Es untersucht, wie Schelers Konzeption des Mitgefühls einen Beitrag zum Verstehen von Autismus leisten kann. Das Kapitel analysiert, wie Mitgefühl die Brücke zwischen „Ich" und „Du" schlagen kann und wie es zum Aufbau einer empathischen Beziehung zwischen Menschen mit und ohne Autismus beitragen kann.
Das fünfte Kapitel analysiert die Problematik des Mitgefühls im Kontext der Autismusforschung. Es stellt die Frage, ob Mitgefühl als Werkzeug zum Verstehen von Autismus sinnvoll ist oder ob es zu Missverständnissen und Stereotypisierungen führen kann. Das Kapitel beleuchtet die Grenzen des Mitgefühls und diskutiert alternative Ansätze, die zur Überwindung der „Verstehenslücke" beitragen können.
Das sechste Kapitel beleuchtet den ethischen Anspruch an die Autismusforschung. Es geht der Frage nach, welche ethischen Verpflichtungen sich aus dem Streben nach Verstehen von Autismus ergeben. Das Kapitel argumentiert für eine "Hermeneutik des Anderen", die den Fokus auf die Lebenswelt und die Bedürfnisse von Menschen mit Autismus legt.
Schlüsselwörter (Keywords)
Autismus, Verstehen, Hermeneutik, Dilthey, Scheler, Mitgefühl, Fremdheitserfahrung, ethische Dimension, „Hermeneutik des Anderen"
- Arbeit zitieren
- André Kühn (Autor:in), 2015, Autismus und das Verstehen des Anderen. Theoretisch-konzeptionelle Betrachtungen zum Autismus im Anschluss an W. Dilthey und M. Scheler, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309266