Versorgungsbedarf und Versorgungssituation von Schlaganfallpatienten in Deutschland

Study Proposal


Forschungsarbeit, 2013

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung: Beschreibung des Krankheitsbildes

2 Versorgungsbedarf
2.1 Wer ist betroffen und wie viele, einschließlich Trend
2.2 Risikogruppen
2.3 Regionale Unterschiede
2.4 Inanspruchnahme

3 Versorgungsstruktur
3.1 Wer übernimmt die Versorgung und wie viele?
3.2 Differenzierung nach Sektoren
3.3 Versorgungsdefizite

4 Versorgungsforschungsstudie
4.1 Fragestellung (nach PICO)
4.2 Kurze Skizze der Umsetzung

5 Beschreibung der Literatursuche

1 Einleitung: Beschreibung des Krankheitsbildes

Als Schlaganfall wird eine plötzlich einsetzende Funktionsstörung des Zentralnervensystems (ZNS) durch eine Minderdurchblutung (Ischämie) des Gehirns oder Einblutung (intracerebrale Blutung, Hämorrhagie) in das Gehirn bezeichnet. Synonym gebraucht werden die Begriffe wie z. B. Apoplex, Apoplexie Hirninsult, Hirninfarkt oder auch Stroke. Wenn der Zustand der Unterversorgung persistiert, gehen Nervenzellen zugrunde. Leichte neurologische Ausfälle mit z. B. Sehstörungen (Amaurosis fugax), Sprachstörungen (Aphasie), Verwirrtheit oder Halbseitenschwäche, werden als transitorische ischämische Attacken, kurz TIA bezeichnet. Sie können Vorboten oder auch schon Ausdruck eines beginnenden Hirninfarktes sein. Jede symptomatische Durchblutungsstörung des Gehirns ist ein akuter Notfall. Für den Erfolg einer Akuttherapie sind die ersten Stunden nach einem Schlaganfall entscheidend („time is brain“). Die Zeit ist ein wesentlicher Faktor bei der Akutbehandlung des ischämischen Hirninsults. Die Wahrscheinlichkeit für ein Leben ohne bleibende Behinderung ist umso größer, je früher es gelingt, ein thrombosiertes Gefäß zu rekanalisieren (1), da die Anzahl der absterbenden Gehirnzellen von der Zeit vom Ereignis bis zur Eröffnung des Gefäßes abhängt. Erschwert wird die rasch einsetzende Therapie dadurch, dass viele Betroffene und ihre Angehörigen, vor allem ältere Menschen, die Symptome des Schlaganfalls nicht ausreichend kennen (7).

Je nach Lokalisation der betroffenen Hirnregion und der Größe des von der verschlossenen Arterie versorgten Hirngebietes resultieren qualitativ und quantitativ unterschiedliche Symptome und ggf. bleibende Behinderungen. Das Spektrum reicht z. B. von Allgemeinsymptomen wie Schwindel und Erbrechen bis hin zu Halbseitenlähmungen, Bewusstlosigkeit und Koma. Die häufigste bleibende Symptomatik sind Halbseitenlähmungen von Arm und/oder Bein (Hemiparese und Hemiplegie).

2 Versorgungsbedarf

2.1 Wer ist betroffen und wie viele, einschließlich Trend

Jährlich erleiden in Deutschland etwa 160.000 Menschen erstmals einen Schlaganfall (3). Im Jahr 2008 gab es standardisiert auf die deutsche Bevölkerung 266 Erstinsulte pro 100 000 Einwohner (95 % Konfidenzintervall (CI) 263,8 - 267,2), wobei Patienten mit Schlaganfällen sowohl aufgrund von Hirninfarkten als auch von Hirnblutungen betrachtet wurden, die in den fünf Jahren zuvor im Hinblick auf die Symptomatik eines Schlaganfalls oder einer transitorischen ischämischen Attacke (s. o.) beschwerdefrei waren (5). Daraus ergibt sich eine absolute Zahl von knapp 220.000
Erstinsulten in Deutschland im Jahr 2008 (5). Hirninfarkte waren mit 207 Patienten
pro 100 000 (95 % CI 205,7 - 209,0) deutlich häufiger (78,0 % aller Schlaganfälle) als Insulte infolge Hirnblutungen mit 16,3 % aller Schlaganfälle (43 Fälle pro 100 000; 95 % CI 42,5 - 44,1) (5). Hinzu kommen geschätzt 200 000 sogenannte „stumme“ Hirninfarkte pro Jahr, deren Prävalenz bei Menschen über 80 Jahre ca. 30% beträgt - sie sind damit fünfmal häufiger als die klinisch manifesten Infarkte (15). Wie die Abb. 1 zeigt nimmt die Häufigkeit des Schlaganfalls mit steigendem Lebensalter zu (9). Die Erkrankungshäufigkeit steigt ab dem 50. Lebensjahr deutlich an und erreicht bei Männern einen Gipfel zwischen dem 70. und 74. Lebensjahr und bei Frauen zwischen dem 80. und 84. Lebensjahr.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Schlaganfall: Altersspezifische Erkrankungsrate Anzahl der im Jahr 2002 aus dem Krankenhaus entlassenen vollstationären Patienten mit cerebrovaskulären Krankheiten nach Alter und Geschlecht. Quelle: Krankenhausdiagnosestatistik, Statistisches Bundesamt: ICD-10: I60 bis I69, aus GBE des Bundes 2006 (9)

Innerhalb der Herz-Kreislauf-Leiden stehen cerebrovaskuläre Erkrankungen an dritter Stelle der Krankenhausdiagnosestatistik (8). Der Schlaganfall gehört zu den häufigsten vaskulären Erkrankungen in Deutschland (5). Die 1-Jahres-Sterblichkeit nach Erstinsult beträgt 24,3 Prozent (5). Mehr als die Hälfte der Patienten, die einen Schlaganfall überleben, ist behindert und auf fremde Hilfe angewiesen (3). Der Schlaganfall ist die häufigste Ursache für erworbene Behinderungen im Erwachsenenalter (3). Zurzeit leiden etwa eine Million Patienten an den Folgen der Erkrankung (3). Der intensive Pflege- und Versorgungsbedarf macht den Schlaganfall zu einer der teuersten Erkrankungen in den westlichen Industrienationen (3).

Aus Abb. 1 wird deutlich, dass die meisten Schlaganfälle (fast 85 Prozent aller Erkrankungen) jenseits des 60. Lebensjahres auftreten. Wegen der demografischen Alterung ist in Deutschland mit einem weiteren Anstieg der Erkrankungshäufigkeit zu rechnen (9).

Abb. 2 ist zu entnehmen, dass die Schlaganfall-Sterblichkeit in Deutschland von 1990 bis 2003 deutlich zurückgegangen ist (11). Dieser Trend könnte auch durch die Verbesserung der Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in diesem Zeitraum bedingt sein (10).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Zeitliche Trends der Sterblichkeit an cerebrovaskulären Krankheiten je 100.000 Einwohner bei den über 60-jährigen Frauen und Männern in Deutschland in den Jahren 1990 und 2003. Quelle: Todesursachenstatistik, Statistisches Bundesamt, 1990: ICD-9: 430 bis 438; 2003: ICD-10: I60 bis I69, aus GBE des Bundes 2006 (9)

Der Schlaganfall nimmt mit 6,1% aller Todesfälle einen führenden Platz in der deutschen Todesursachenstatistik ein (6). Der Schlaganfall ist bei den Frauen die vierthäufigste, bei den Männern die fünfthäufigste Todesursache (11). Mit höherem Alter und Pflegebedürftigkeit vor Insult steigt das Sterberisiko an (5). Einen ersten Schlaganfall überleben ca. 80 – 85 % der Patienten in der Akutphase (4). Von diesen Patienten erleiden 8 – 15 % im ersten Jahr ein Zweitereignis, wobei das Risiko in den ersten Wochen am höchsten ist (4). Insgesamt versterben 20% der Patienten, die wegen eines Schlaganfalls ins Krankenhaus kommen, bereits in der Klinik an dessen Folgen (3). Zu den häufigsten Komplikationen gehört die Lungenentzündung (2). Jeder dritte Todesfall bei Patienten unmittelbar nach dem Insult ist darauf zurückzuführen (2). Für die überlebenden Schlaganfall-Patienten kann grob eine Ein-Drittel-Regel formuliert werden: Ein Drittel der Erkrankten bleibt nach einem Schlaganfall langfristig pflegebedürftig, ein Drittel der Patienten kann sich nach dem Schlaganfall und entsprechenden Reha-Maßnahmen wieder selbst versorgen und ein Drittel der Patienten erfährt eine Rückbildung der Symptome.

2.2 Risikogruppen

Insgesamt können nicht beeinflussbare und beeinflussbare Risikofaktoren für Schlaganfall unterschieden werden. Neben anderen Faktoren wie familiäre Belastung und sozialer Status etc. sind Alter und Geschlecht die beiden wichtigsten Risikofaktoren der ersteren Kategorie (14). Die wichtigsten therapeutisch beeinflussbaren Risikofaktoren für Schlaganfall sind Vorhofflimmern und Bluthochdruck. Weitere Risikogruppen für das Erleiden eines Schlaganfalls sind Menschen mit Diabetes mellitus, Übergewicht, Rauchkonsum etc. (13).

Wie oben ausgeführt steigt mit zunehmendem Alter das Schlaganfallrisiko. Das Alter gilt als der wichtigste unabhängige Risikofaktor (14). 50 % der Schlaganfälle ereignen sich ab dem 74. Lebensjahr (14). Frauen erleiden bis zum 75. Lebensjahr deutlich seltener einen Schlaganfall als Männer (9). Nach dem 75. Lebensjahr ist die Schlaganfallrate bei Frauen deutlich höher als bei Männern (siehe Abb. 1) (9).

Die mit der demographischen Entwicklung einhergehende Zunahme des Anteils der Bevölkerung mit einem höheren Alter führt auch zu einer Zunahme kardiovaskulärer Risikofaktoren für das Erleiden eines Schlaganfalls, insbesondere der absoluten Arrhythmie bei Vorhofflimmern und des Bluthochdrucks. Vorhofflimmern verfünffacht das Auftreten von Schlaganfällen infolge von Hirninfarkten durch thromboembolische Ereignisse (12). Damit ist Vorhofflimmern der größte Risikofaktor für die Entstehung von Hirninfarkten (13). Die Lebenszeitinzidenz für diese Herzrhythmusstörung beträgt bei Menschen ab einem Alter von 40 Jahren 25 % (12). Somit ist Vorhofflimmern eine der häufigsten behandlungsbedürftigen Herzrhythmusstörungen bei Menschen ab 40 Jahren (12, 18). 20 % aller Schlaganfälle sind durch Vorhofflimmern bedingt (12). Schlaganfälle mit dieser Ätiologie resultieren zudem in schwereren Folgezuständen (12). Ein weiterer wesentlicher Risikofaktor in der Pathogenese eines Schlaganfalls ist wie schon erwähnt der Bluthochdruck, der zum einen über die Begünstigung der Entstehung von Arteriosklerose zu einer Verengung der Gefäße führen kann, die eine Störung der Blutversorgung des Gehirn begünstigt. Zum anderen ist Bluthochdruck neben der koronaren Herzkrankheit und Herzklappenfehlern eine der häufigsten Ursachen für das Auftreten von Vorhofflimmern (siehe oben). Eine nicht unerhebliche Problematik in der Versorgung von Menschen mit Bluthochdruck besteht darin, dass dieser häufig asymptomatisch ist und daher oftmals nicht erkannt wird (siehe auch Abschnitt 3.3). Ein Schlaganfall kann in solchen Fällen unter Umständen die Erstmanifestation von Bluthochdruck sein. Etwa 20 Mio. Erwachsene sind betroffen, d. h. jeder dritte Erwachsene hat Bluthochdruck mit einer deutlichen Zunahme im Alter (19).

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Versorgungsbedarf und Versorgungssituation von Schlaganfallpatienten in Deutschland
Untertitel
Study Proposal
Hochschule
Charité - Universitätsmedizin Berlin  (Berlin School of Public Health)
Veranstaltung
Versorgungsforschung
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
20
Katalognummer
V309273
ISBN (eBook)
9783668079441
ISBN (Buch)
9783668079458
Dateigröße
1082 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schlaganfall, Apoplex, Versorgungssituation, Versorgungsbedarf, cerebrovaskuläre Erkrankungen, Vorhofflimmern, Comprehensive Stroke Units, „time is disability“, regionale Versorgungsunterschiede
Arbeit zitieren
Dr. Jae Hyong Sorgenfrei (Autor:in), 2013, Versorgungsbedarf und Versorgungssituation von Schlaganfallpatienten in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309273

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