Auswirkungen des Personalauswahlprozesses auf die Arbeitgeberattraktivität. Eine empirische Analyse


Bachelorarbeit, 2014

76 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffliche Grundlagen
2.1 Personalauswahl
2.2 Arbeitgeberattraktivität

3. Theoretische Grundlagen und Hypothesenentwicklung
3.1 Signaling-Theorie, Person-Organization (P-O) Fit und Arbeitgeber-attraktivität
3.2 Einstellungsbildung und Bewerbungsabsicht

4. Empirische Studie
4.1 Methodisches Vorgehen der Untersuchung
4.2 Auswertung
4.3 Darstellung der Ergebnisse

5. Diskussion

6. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Versicherung

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Signaling im Zeitablauf

Abb. 2 Dimensionen des P-O Fit 13

Abb. 3 Einstellungsbildung und Bewerbungsabsicht aus Personal- auswahlprozesssignalen

Abb. 4 Arbeitgeberattraktivität zwischen Selbsteinschätzung je nach Auswahlprozess

Abb. 5 Bewerbungsabsicht zwischen Selbsteinschätzung je nach 34 Auswahlprozess

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Einer Studie der Prognos Aktiengesellschaft (AG) aus dem Jahre 2011 zufolge droht Deutschland im Jahr 2030 ein Mangel an etwa fünf Millionen Arbeitskräften. Hierbei ist besonders hervorzuheben, dass das bereits für das Jahr 2015 prognostizierte Defizit an Arbeitskräften mit Hochschulabschluss rund eine Million betragen wird (vgl. Prognos AG 2011, S. 32). Bezüglich dieser Entwicklung besteht ein enormer Wettbewerb um qualifizierte Nachwuchskräfte, der in der Literatur vielfach unter dem durch McKinsey & Company geprägten Begriff war for talent diskutiert wird (vgl. Michaels/Handfield-Jones/Axelrod 2001).

Um geeignete Kandidaten anzusprechen, muss ein Unternehmen ein attraktiver Arbeitgeber sein. Der Anreiz hängt für die Bewerber unter anderem von deren Vorstellungen an den gesamten Rekrutierungsprozess ab (vgl. Chapman u. a., S. 929). Als dessen Bestandteil ist das Personalauswahlgeschehen von Bedeutung: Eine positive Bewertung der Auswahlverfahren seitens der Bewerber hat positive Auswirkungen auf das wahrgenommene Unternehmensimage und die Bereitschaft, ein Jobangebot anzunehmen (vgl. Hausknecht/Day/Thomas 2004, S. 37). Die Gestaltung des Rekrutierungs- und Auswahlprozesses hat folglich Auswirkungen auf die Unternehmensattraktivität.

Die Bewertung von einzelnen Personalauswahlverfahren anhand von Bewerberreaktionen ist ein Thema, das in der Literatur häufig behandelt wird. Ein wichtiges Ergebnis ist, dass eine Verfahrensbewertung Auswirkungen auf die wahrgenommene Attraktivität hat (vgl. Hausknecht/Day/Thomas 2004; Reeve/Schulz 2004; Bauer u. a. 1998). Die Forschung zur Unternehmensattraktivität und zu deren Einflussfaktoren (vgl. Hautzinger 2009, Lievens/Decaesteker/Coetsier 2001, Turban/Keon 1993) ist ebenfalls breit dokumentiert.

Es finden sich jedoch kaum Arbeiten, die sich mit den Auswirkungen von Personalauswahlprozessen auf die Arbeitgeberattraktivität und das Bewerbungsverhalten von Kandidaten beschäftigen. Diese Forschungslücke ist jedoch besonders relevant: Einerseits ist bekannt, dass eine Bewertung einzelner Personalauswahlverfahren durch Bewerber die wahrgenommene Unternehmensattraktivität beeinflusst (vgl. Hausknecht/Day/Thomas 2004, S. 20/60). Andererseits wirken sich Effekte von Rekrutierungsmaßnahmen auf Bewerber besonders in den frühen Phasen aus (vgl. Taylor/Bergmann 1987, S. 281). Reeve & Schulz fanden heraus, dass Jobsuchende Informationen über Auswahlprozesse in ihre Bewertungen zur Jobsuche einbeziehen (vgl. Reeve/Schulz 2004, S. 350), und analysierten die einzelnen Verfahren in Bezug auf die Bewerbungsabsicht.

Es ist bisher unerforscht, inwieweit sich eine differente Ausgestaltung des Personalauswahlprozesses – in Hinblick auf die Art und Anzahl der angewandten Auswahlverfahren – auf die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität und das Bewerbungsverhalten auswirkt.

Es ist das Ziel der Arbeit, die Wirkung von Personalauswahlprozessen auf die Arbeitgeberattraktivität zu analysieren. Zu Beginn werden begriffliche Grundlagen zur Personalauswahl und der Arbeitgeberattraktivität ausgearbeitet. In diesem Zusammenhang werden der Personalauswahlprozess und die für den empirischen Teil relevanten Auswahlverfahren erläutert. Zudem werden eine Definition von Arbeitgeberattraktivität entwickelt, Determinanten abgeleitet und deren Dimensionalität dargestellt.

Anschließend erfolgt eine theoriegeleitete Entwicklung von Hypothesen über die Auswirkungen von different gestalteten Personalauswahlprozessen auf die Arbeitgeberattraktivität und die Bewerbungsabsicht. Sie werden in einer experimentellen Untersuchung überprüft. Vor der Zusammenfassung der Arbeit erfolgt eine kritische Betrachtung der empirischen Studie in Hinblick auf ihre Ergebnisse und Limitationen.

2. Begriffliche Grundlagen

2.1 Personalauswahl

Das erste Instrument des Personalmanagements ist die Personalbedarfsplanung. Wenn im Rahmen dieser Planung ein höherer Bruttopersonalbedarf als Ist-Personalbestand ermittelt wird, ergibt sich der Nettopersonalbedarf. Er ist durch die Personalbedarfsdeckung mithilfe interner oder externer Personalbeschaffung in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu decken.

Die Personalauswahl, die auf die Personalwerbung folgt, bildet den zweiten Schritt bzw. einen Teil der externen Personalbeschaffung. Sie versucht, denjenigen Bewerber zu identifizieren, dessen Qualifikation die höchstmögliche Übereinstimmung mit den Stellenanforderungen aufweist (vgl. Holtbrügge, S. 99-118).

In diesem Zusammenhang muss zwischen den Begriffen des Personalauswahlverfahrens und -prozesses unterschieden werden. Die Auswahl qualifizierter Bewerber bis zu deren Einstellung lässt sich als Prozess darstellen. Ein solcher Personalauswahlprozess (im Folgenden auch Auswahlprozess abgekürzt) reicht bei externer Personalbeschaffung von der Festlegung der Anforderungen, über die Vorauswahl durch Bewerbungsunterlagen und die Anwendung weiterer Auswahlverfahren bis hin zur Auswahlentscheidung sowie der Einstellung und der Kontrolle der Auswahlentscheidung (vgl. Jung, S. 153). Der Begriff des Personalauswahlprozesses wird im Folgenden für die Phase der unmittelbaren Anwendung der Auswahlverfahren verwendet. Er wird durch die unterschiedliche Gestaltung hinsichtlich der gewählten Personalauswahlverfahren charakterisiert. Ein Verfahren beschreibt die „Art und Weise der Durch-, Ausführung von etwas“ (Bibliographisches Institut, 2013A). Während der Personalauswahlprozess den gesamten Vorgang der Auswahl darstellt, spezifiziert ein Auswahlverfahren somit die Art, wie bestimmte Qualifikationen eines Bewerbers ermittelt werden. In der Literatur findet sich oft eine synonyme Verwendung der Begriffe des Verfahrens, des Instrumentes und der Methode im Kontext der Personalauswahl (vgl. Berthel/Becker, 2010; Huber, 2010; Scherm/Süß, 2010; Jung, 2011, Olfert 2012). Für die vorliegende Arbeit wird der Begriff des Auswahlverfahrens gewählt.

Im Folgenden werden ausgewählte Methoden erläutert. Auswahlverfahren finden sowohl zur Reduzierung der Bewerberzahl in der Vorauswahl als auch im weiteren Verlauf des Auswahlprozesses bei der differenzierten Beurteilung der Bewerber Anwendung. Die Auswertung der Bewerbungsunterlagen ist in der Praxis meist der erste Schritt der Vorauswahl. Die Sichtung der Unterlagen, die aus Bewerbungsschreiben, Lebenslauf, Zeugnissen und Referenzen bestehen, erfolgt anhand formaler und inhaltlicher Aspekte. Durch die Kontrolle der formalen Faktoren – beispielsweise Vollständigkeit oder Fehlerfreiheit – wird eine Vorselektion ermöglicht. Sie sollte jedoch nur zusammen mit einer inhaltlichen Überprüfung eine Entscheidung begründen (vgl. Scherm/Süß 2010, S. 51). Durch die inhaltliche Analyse werden unter anderem Rückschlüsse auf Darstellungs- und Ausdrucksvermögen gezogen sowie Informationen über Werdegang, Spezialkenntnisse und Fähigkeiten gewonnen (vgl. Scherm/Süß 2010, S. 51-52).

Da das Unternehmen sich in einer imperfekten Informationslage über die Eigenschaften eines Bewerbers befindet, hat er die Möglichkeit, sich entsprechend besser als in der Realität darzustellen. (vgl. Scherm/Süß 2010, S. 48) Um dieses Informationsdefizit abzubauen, können im weiteren Verlauf des Auswahlprozesses psychologische Testverfahren zur Beurteilung durchgeführt werden. Sie werden in Leistungs-, Intelligenz- und Persönlichkeitstests unterteilt. Bei Leistungskontrollen werden spezifische Merkmale von zu erbringender Leistung, bezogen auf die Aufgaben der zu besetzenden Stelle, untersucht (vgl. Berthel/Becker 2010, S. 339). Intelligenztests werden einerseits zur Analyse von Fähigkeiten wie z. B. Gedächtnisleistung oder räumlichem Vorstellungsvermögen eingesetzt; andererseits wird das Vermögen zum Problemlösen oder abstraktem Denken, das die allgemeine Intelligenz beschreibt, gemessen (vgl. Berthel/Becker 2010, S. 341). Persönlichkeitsprüfungen werden in projektive und psychometrische Verfahren differenziert. Durch projektive Tests wird ein gesamtes Persönlichkeitsbild des Bewerbers abgebildet, wohingegen durch psychometrische Methoden nur bestimme Persönlichkeitsaspekte oder Verhaltensmerkmale erfasst werden (vgl. Bertehl/Becker 2010, S. 340-341).

Die durch die Testverfahren gesammelten Informationen können im späteren Verlauf des Auswahlprozesses unter anderem als Grundlage für ein Einstellungsinterview – das Vorstellungsgespräch – dienen. Sie sind das in der Praxis am weitesten verbreitete Verfahren (vgl. Schuler u. a. 2007, S. 2). Die verschiedenen Formen werden anhand zweier Dimensionen differenziert: Zum einen durch den Freiheitsgrad, d. h. die Strukturiertheit des Interviews, und zum anderen durch die Art und Anzahl der beteiligten Personen (vgl. Berthel/Becker 2010, S. 334-337). Zwei in den vergangenen Jahren zunehmend eingesetzte Verfahren zur Eignungsprüfung sind telefonische Interviews und Assessment-Center (vgl. Schuler u. a. 2007, S. 4). Assessment-Center sind verhaltensorientierte Verfahren, bei denen Bewerber zur Eignungsprüfung innerhalb von ein bis drei Tagen mehrere Übungen absolvieren, wobei das spezifische Verhalten durch mehrere Beobachter beurteilt und anschließend bezogen auf die vorformulierten Anforderungen bewertet wird. Dieses Vorgehen lässt sich durch die vier Prinzipien der Methodenvielfalt, der Mehrfachbeurteilung, der Verhaltensorientierung, und der Anforderungsbezogenheit zusammenfassen (vgl. Berthel/Becker 2010, S. 279).

2.2 Arbeitgeberattraktivität

Der Begriff Attraktion leitet sich vom lateinischen Wort attrahere ab, das anziehen bedeutet (vgl. Bibliograpisches Institut 2013B). Eine Attraktion beinhaltet somit die Anziehung, wobei der Begriff als Prozess des Von-etwas-angezogen-Werdens verstanden werden kann. Somit bezeichnet Attraktivität die Anziehungskraft, die von einem Objekt oder einer Person ausgeht und sich auf wahrnehmbare Eigenschaften oder nicht unmittelbar wahrnehmbare Wesenszüge der Person oder Sache bezieht (vgl. Schmicker u. a. 2007, S. 8). Das Adjektiv attraktiv ist jedoch keine objektive Eigenschaft, sondern stellt vielmehr eine Wertung dar, die nur entsteht, wenn ein Objekt auf ein Subjekt wirkt. Es stellt jeweils ein relatives und subjektives Urteil über den Wert dar (vgl. Sponsel, 2005). Wenn in diesem Kontext Unternehmen als Objekte und potenzielle Bewerber als Subjekte betrachtet werden, werden Firmen folglich durch die Anwärter subjektiv bewertet. Je nach positiver oder negativer Ausprägung empfinden sie die Unternehmen als attraktiv oder unattraktiv. Falls der Bewerber das Unternehmen als potenziellen Arbeitgeber sieht, kann die Bewertung als Arbeitgeberattraktivität bezeichnet werden.

Für das Konstrukt der Arbeitgeberattraktivität findet sich in der Literatur bislang keine einheitliche Definition. Nach Rynes (1991) können Organisationen im Rahmen des organisationalen Images als gute Arbeitgeber (vgl. Rynes 1991, S. 433) gesehen werden. Über diese frühe, unspezifische Annäherung hinausgehend definieren Aiman-Smith, Bauer und Cable (2001) organisationale Attraktivität (engl.: organizational attractiveness) als positive Gemütserregung oder Einstellung, die die Absicht beeinflusst, mit einer als erstrebenswerte Gesamtheit gesehenen Organisation eine Beziehung einzugehen (vgl. Aiman-Smith/Bauer/Cable 2001, S. 221). Eine definitorische Eingrenzung in Bezug auf Unternehmen in ihrer Funktion als Arbeitgeber nehmen Berthon, Ewing und Hah (2005) vor, indem sie die Arbeitgeberattraktivität als den von potenziellen Arbeitnehmern gesehenen Nutzen definieren, den sie in einer Beschäftigung bei einem Unternehmen sehen (vgl. Berthon/Ewing/Hah 2005, S. 156). Andererseits wird die Arbeitgeberattraktivität auch als das Ausmaß beschrieben, das die Mitarbeiter und potenziellen Bewerber für die Mitgliedschaft in einer Organisation für erstrebenswert erachten (vgl. Huf 2007, S. 58).

Als inhaltliche Gemeinsamkeit der genannten Definitionen lässt sich herausstellen, dass sich die Arbeitgeberattraktivität auf die Einstellungen aus subjektiven Wertungen bezieht, die zu Reaktionen seitens des Bewertenden führen. Somit wird im Rahmen dieser Arbeit die Arbeitgeberattraktivität als subjektiv-positiv empfundene Anziehungskraft verstanden, die aus der Einstellung gegenüber einem als erstrebenswert wahrgenommenen Unternehmen hervorgeht. Die Einstellung entsteht aus der Bewertung von Eigenschaften des Unternehmens und bezieht sich auf dieses in seiner Rolle als potenzieller Arbeitgeber.

Zur Darstellung der dazugehörigen Determinanten wird im Folgenden nicht zwischen der Sicht aktueller Arbeitnehmer und der tatsächlicher und prospektiver Bewerber differenziert, da die wenigen Arbeiten zu den Arbeitnehmern ebenfalls Ableitungen aus den Arbeiten zu Bewerbern vornehmen (vgl. Bruhn/Batt/Flückinger 2013). Die in Studien vorwiegend untersuchte Sicht ist die Bewertung durch potenzielle Mitarbeiter (vgl. Highhouse u. a. 1999; Lievens/Highhouse 2003; Lievens/Van Hoye/Schreuers 2005). In diesem Zusammenhang ist der Begriff der Bewerberattraktion (engl.: applicant attraction) relevant, der besonders in der Recruitment-Literatur Verwendung findet (vgl. Turban/Forret/Hendrickson 1998; Chapman u. a. 2005) und die Unternehmensattraktivität für Bewerber kennzeichnet.

Die Faktoren der Bewerberattraktion lassen sich in die sechs Kategorien

(1) Job- und Organisationscharakteristiken,
(2) Recruitercharakteristiken,
(3) Wahrnehmung des Auswahlprozesses,
(4) wahrgenommene Person-Organisation-Passung (P-O Fit) und Person-Job-Passung (P-J Fit),
(5) wahrgenommene Alternativen und
(6) Einstellungswahrscheinlichkeit

einteilen (vgl. Chapman u.a. 2005, S. 929-930). Bei der Attraktivitätswahrnehmung wird durch die Bewerber stets eine Wertung vorgenommen. Sie erfolgt entweder in Form eines Vergleichs oder einer Erwartungsbildung. Als Bezugsobjekt können zwei Arten differenziert werden: instrumentale und symbolische Attribute (vgl. Arachchinge/Robertson 2011, S. 36).

Instrumentale Spezifika beschreiben Aspekte einer Organisation oder eines Jobs durch objektiv-sachliche Eigenschaften. Sie lassen sich Jobcharakteristiken und organisationalen Merkmalen zuordnen (vgl. Lievens/Highhouse 2003, S. 80). Dabei sind sowohl Jobfaktoren wie Bezahlung, Art der Arbeit, Arbeitszeitgestaltung und Work-Life-Balance als auch organisationale Faktoren wie Auswahlverfahren, Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitsumfeld bzw. -klima und Arbeitsplatzsicherheit als wichtige Determinanten der Arbeitgeberattraktivität zu sehen. Diversitätsfaktoren, Recruitercharakteristiken und Organisationstypen haben ebenfalls Einfluss auf die attraktivität von Unternehmen als Arbeitgeber . (vgl. Thomas/Wise 1999, S. 386; Schmidtke 2002, S. 39-40; Lievens/Highhouse 2003, S. 89; Madhavkumar 2013, S. 7, Weitzel u. a. 2013, S. 34-35) Instrumentale Attribute entsprechen somit den im Rahmen des Attraktivitätsbegriffs aufgeführten wahrnehmbaren Eigenschaften.

Symbolische Attribute beschreiben ein Unternehmen oder einen Job durch subjektiv-abstrakte, intangible Faktoren (vgl. Lievens/Highhouse 2003, S. 81). Zu diesen zählen Aspekte wie Aufrichtigkeit, Originalität, Kompe-tenz, Ansehen und Robustheit (vgl. Lievens/Highhouse 2003, S. 88). Es handelt sich folglich um nicht unmittelbar wahrnehmbare Wesenszüge, die Bewerber einer Organisation subjektiv zuordnen. Die von den Bewerbern gezogenen Rückschlüsse (engl. trait inferences) haben Auswirkungen auf die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität (vgl. Lievens/Highhouse 2003, S. 95) – auch wenn diese Wesenszüge in Form von Persönlichkeitsmerkmalen dargestellt werden (vgl. Slaughter u. a. 2004, S. 99). Eine getrennte Betrachtung nach instrumentalen und symbolischen Attributen ist allerdings nicht zwangsläufig vorzunehmen. Wie Lievens (2007) zeigt, hat beispielsweise eine Employer Brand als Kombination aus symbolischen und instrumentalen Attributen Auswirkungen auf die Arbeitgeberattraktivität (vgl. Lievens 2007, S. 62).

Um eine Messung der Arbeitgeberattraktivität zu ermöglichen, ist es zunächst notwendig, die Dimensionen der Organisationsattraktivität zu differenzieren. Wenn nach Aiman-Smith, Bauer und Cable (2001) – die organisationale Attraktivität (engl.: organizational attraction) den positiven Einstellungen gegenüber einer Organisation entspricht und mit Beziehungsabsichten einhergeht, ist bereits eine Annäherung an die Multidimensionalität erfolgt. Vor diesem Hintergrund identifizieren Highhouse, Lievens und Sinar (2003) drei Komponenten von Organisationsattraktivität: die generelle Attraktivität, Intentionen und das Prestige (vgl. Lievens/Highhouse/Sinar 2003, S. 990). Die Attraktivität bezieht sich auf „affective and attitudinal thoughts about particular companies as potential places for employment“ (Highhouse/Lievens/Sinar 2003, S. 989). Es handelt sich somit um die Arbeitgeberattraktivität, ohne Einbeziehung weiterer Handlungsabsichten.

Die Dimension der Intentionen hingegen geht auf weitere Absichten ein, die zusätzliche unternehmensausgerichtete Aktionen einbeziehen (vgl. Highhouse/Lievens/Sinar 2003, S. 989). Sowohl die Dimension der generellen Attraktivität als auch die der Intentionen involvieren individuelle Aspekte. Das Prestige spiegelt eine allgemeine gesellschaftliche Meinung über ein Unternehmen wider und besitzt im Gegensatz zu den vorgenannten Dimensionen eine normative Qualität (vgl. Highhouse/Lievens/Sinar 2003, S. 989).

Eine weitere Auseinandersetzung zur Messung differenzierter Komponenten bezüglich der Arbeitgeberattraktivität führen Berthon, Ewing und Hah (2005) durch. Im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit finden jedoch die von Highhouse, Lievens und Sinar (2003) verwendeten Items zur Messung der Arbeitgeberattraktivität Anwendung, da lediglich die Auswirkung auf die Arbeitgeberattraktivität im Generellen untersucht wird.

3. Theoretische Grundlagen und Hypothesenentwicklung

3.1 Signaling-Theorie, Person-Organization (P-O) Fit und Arbeitgeber-attraktivität

Im Rahmen der Spieltheorie werden in der Mathematik Situationen beschrieben, bei denen jeder Spieler stets vollkommene Kenntnis über zuvor getroffene Entscheidungen seiner Mitspieler hat (vgl. Schlee 2004, S. 95). Diesen Situationen stehen Spiele ohne perfekte Information gegenüber, bei dem jeder Spieler jeweils nur seine eigene Entscheidung und Absichten kennt. Wenn diese Betrachtung auf allgemeine Interaktionen übertragen wird, können imperfekte Informationen der Akteure über die anderen Interagierenden angenommen werden. Dieser Zustand wird unter anderem in den Wirtschaftswissenschaften als asymmetrische Information bezeichnet. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass eine gewisse Unsicherheit über das Verhalten einer Person oder Institution seitens des Geschäfts- oder Vertragspartners besteht (vgl. Spremann 1990, S. 562). Diese Verhaltensunsicherheiten lassen sich auf drei Dimensionen der Informationsasymmetrie zurückführen. Zunächst kann eine Unsicherheit bezüglich des Handelns (hidden action) des jeweils anderen vorliegen. Es besteht häufig keine Klarheit über die Absichten (hidden intention) der anderen Partei und über deren Eigenschaften (hidden characteristics) (vgl. Dillerup/Stoi 2006, S. 20-21). Eine Partei hat stets einen Vorsprung in Bezug auf Informationen über die eigene Person oder Sache. Da perfekte Informationen fehlen, muss das Beobachtete gedeutet werden. Daher kann durch die Interpretation von Signalen eine Möglichkeit zur Informationsgewinnung bestehen.

Die Signaling-Theorie beschäftigt sich mit der Interpretation von Signalen und den daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen aus informationsökonomischer Sicht. Spence (1973) befasst sich in seiner Untersuchung mit der Funktion von Bildung als Signal auf dem Arbeitsmarkt. Dem Arbeitsmarkt-Signaling-Modell liegt die Idee zugrunde, dass die Arbeitnehmer Eigenschaften besitzen, die einem Unternehmen Nutzen stiften, jedoch von diesem nicht unmittelbar feststellbar sind (vgl. Spence 2002, S. 436). Die Arbeitgeber benötigen als Akteure auf dem Arbeitsmarkt jedoch Informationen über die Bewerber. Durch fehlende direkte Angaben über ihren Nutzen sind die Arbeitgeber darauf angewiesen, Signale der Bewerber über Charakteristiken und Eigenschaften zu beobachten und Folgerungen über deren Gewinn zu ziehen. Bewerber entscheiden, welche Signale sie senden, wobei sie sowohl Signalisierungskosten als auch Erträge in Form von angebotenem Gehalt miteinbeziehen (vgl. Spence 1973, S. 357-358). Bewerber reduzieren somit die Informationsasymmetrie zwischen ihnen und dem Unternehmen, indem sie ihre Eignung durch Bildung signalisieren (vgl. Connelly u.a. 2011, S. 42-43) und die Unternehmen diese Indikatoren interpretieren.

In Abbildung 1 ist die grundlegende Beziehung innerhalb der Signaling-Theorie zwischen dem Signalisierenden und dem Empfänger ersichtlich. Es ist generell möglich, dass eine Mehrzahl an Empfängern, Signalisierenden oder Signalen vorhanden ist (vgl. Connelly u. a. 2011, S. 44), wobei im Folgenden nicht nach der Anzahl der Beteiligten differenziert wird. Von den Akteuren ausgehend können im Zeitablauf vier Elemente identifiziert werden, die das allgemeine Signaling-Umfeld beschreiben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abb. 1 : Signaling im Zeitablauf (Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Connelly u. a. 2011, S. 44)

Der Signalisierende sendet ein Signal aus, das vom Empfänger anschließend wahrgenommen und bewertet wird. Es besteht die Möglichkeit einer Rückmeldung des Empfängers an den Signalisierenden. Dem Signalisierenden wird unterstellt, dass er einen Informationsvorsprung besitzt – in Form von Wissen über Eigenschaften von Produkten, Organisationen oder Personen, die dem Empfänger nicht ersichtlich sind (vgl. Connelly u. a. 2011, S. 44). Dieses Wissen kann sowohl aus positiven als auch negativen Informationen bestehen, wobei die Signaling-Theorie sich hauptsächlich auf die Kommunikation positiver Attribute bezieht (vgl. Connelly u. a. 2011, S. 44). Dem gesendeten Signal werden zwei Eigenschaften beigemessen. Einerseits ist es nötig, dass das Signal von Außenstehenden wahrgenommen und empfangen wird – es demnach beobachtbar ist –; andererseits entstehen bei der Signalerstellung und -übermittlung Kosten, sogenannte signal cost, auf Seiten des Signalisierenden (vgl. Connelly u. a. S. 45). Der Interpretation eines Signals durch den Empfänger liegt die Annahme zugrunde, dass er sich in einer Situation mit unzureichenden Informationen befindet. Der Empfänger ist als Außenstehender zu betrachten, der durch die Bewertung des Signals positiv oder negativ auf den Signalisierenden reagiert, z. B. in Form einer bevorzugten Auswahl (vgl. Connelly u. a. 2011, S. 45).

Wenn die genannten Elemente der Signaling-Theorie auf die Arbeit von Spence (1973) übertragen werden, können die Bewerber als Signalisierende und die Arbeitgeber als Empfänger eingeordnet werden. Das Signal wird durch die Bildung des Bewerbers beschrieben. Obgleich, wie beispielsweise durch Spence (1973) untersucht, Informationsasymmetrien zulasten von Arbeitgebern vorhanden sein können, besteht auch auf Seiten der potenziellen Bewerber ein Zustand imperfekter Information über die Arbeitgeber. In diesem Fall können Bewerber laut Rynes (1991) Signale und Hinweise von Unternehmen nutzen, um Rückschlüsse auf die Attribute einer Firma zu ziehen (vgl. Rynes 1991, S. 404). Wobei aus Signalen nicht nur Rückschlüsse auf instrumentale, sondern auch auf symbolische Attribute gezogen werden (vgl. Highhouse/Thornbury/Little 2005, S. 137). Im Gegensatz zu Spence (1973) können Bewerber mithilfe der Signaling-Theorie somit auch als Empfänger und Unternehmen als Signalisierende betrachtet werden. Diese Möglichkeit belegen mehrere Studien (vgl. Ehrhart/Ziegert 2005, S. 903-904).

Somit haben aus Signalen abgeleitete Rückschlüsse über Unternehmen Einfluss auf das Verhalten und die Attraktivitätswahrnehmung von Bewerbern (vgl. Celani/Singh 2011). Im Rahmen der Arbeitgeberwahl beziehen Bewerber weiterhin sowohl die Menge verfügbarer Informationen (vgl. Barber/Roehling 1993, S. 853) als auch Fairnessbewertungen von Auswahlverfahren (vgl. Hausknecht/Day/Thomas 2004, S. 35) in ihre Beurteilungen ein. In der Praxis wird durch die Unternehmen der Auswahlprozess regelmäßig kommuniziert (vgl. Daimler AG 2014; Deutsche Post AG 2014; Henkel AG & Co. KGaA 2014; Unilever Deutschland Holding GmbH 2014). Zusätzlich findet über Bewerberforen im Internet ein Austausch zwischen prospektiven Bewerbern und jenen, die bereits Auswahlprozeduren durchlaufen haben, statt (vgl. Büro für Berufsstrategie GmbH 2014; My-trainee.de 2014).

Die Darstellung des Auswahlprozesses gibt eine zusätzliche, dem Bewerber zugängliche Information wieder. Weiterhin werden durch einen Auswahlprozess die Verfahren der Personalauswahl kommuniziert. Bewerber können die Abbildung eines Auswahlprozesses als Signal wahrnehmen und auf mögliche Attribute des Unternehmens rückschließen. Daher beeinflusst ein veranschaulichter Personalauswahlprozess, bestehend aus den dargelegten Auswahlverfahren, die Attraktivitätsbewertung. Die bisherigen Erläuterungen lassen folgende Hypothese zu:

Hypothese H1: Die Darstellung des Auswahlprozesses hat Auswirkungen auf die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität.

Wie mithilfe der vorangegangenen Ausführungen deutlich wird, deuten die Bewerber die von Unternehmen gesendeten Signale und schließen auf organisationale Merkmale zurück. Durch die psychologische Konzeption des P-O Fit werden sie im Kontext der Passung von Organisationen und Individuen betrachtet. Die Person-Organisation-Passung wird in Bezug zur Person-Umwelt-Passung (P-E Fit) gesetzt. Eine Differenzierung erfolgt durch die Betrachtung der Passung von aktuellen und potenziellen Arbeitnehmern in verschiedenen Umwelten. Die Passung kann zu Arbeitsgruppen (person-group fit), Vorgesetzten (person-supervisor fit), einem bestimmten Beruf (person-vocation fit), Aufgaben bzw. Anforderungen einer Stelle (person-job fit) und der Organisation als Ganzes (person-organization fit) bestehen (vgl. Kristof-Brown/Zimmerman/Johnson 2005, S. 283-287). P-O Fit wird als „the compatibility between people and organizations that occurs when: (a) at least one entity provides what the other needs, or (b) they share similar fundamenral characteristics, or (c) both“ definiert (Kristof 1996, S. 4-5). Der Begriffserklärung liegt die Annahme zugrunde, dass es sich bei der Person-Organisation-Passung um ein mehrdimensionales Konstrukt handelt. Wie Abbildung 2 zeigt, bieten Unternehmen verschiedenartige Ressourcen und Möglichkeiten an, die von Individuen nachgefragt werden. Innerhalb dieser Needs-Supplies - Dimension wird durch die Person diejenige Organisation präferiert, die den individuellen Wünschen – beispielsweise in Form von Arbeitsplatzmerkmalen oder Aufstiegsmöglichkeiten – bestmöglich entspricht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Dimensionen des P-O Fit (Eigene Darstellung und Ergänzungen; in Anlehnung an: Kristof 1996, S. 4)

Entlang der Demands-Abilities-Dimension suchen Unternehmen nach demjenigen Bewerber, der die organisationalen Anforderungen in Form individueller Kompetenzen und Fähigkeiten erfüllt. Diese beiden Dimensionen beschreiben gemeinsam die komplementäre Passung, bei der sich die beschriebenen individuellen und organisationalen tätigkeitsbezogenen Merkmale ergänzen. Die Ausprägung der supplementären Passung wird durch das Maß der Übereinstimmung von grundlegenden Organisationscharakteristiken mit den Persönlichkeitsmerkmalen bestimmt (vgl. Kristof 1996, S. 3-4).

Der P-O Fit erfährt in der Literatur eine unterschiedliche Operationalisierung, die auf die Multidimensionalität zurückzuführen ist. Es werden im Rahmen der supplementären Passung vorwiegend sowohl die Wertepassung von Person und Organisation als auch die Passung zwischen individuellen und organisationalen Zielen betrachtet. Andererseits wird insbesondere auch anhand komplementärer Passungskriterien entlang der Needs-Supplies-Dimension die Bewertung der Passung untersucht (vgl. Kristof 1996, S. 5-6). Trotz einer möglichen perspektivisch unterschiedlichen Betrachtung des P-O Fit ist es ein intradependentes Konstrukt. So kann eine komplementäre Passung beispielsweise dadurch bestehen, dass tätigkeitsbezogene Merkmale einer Organisation von einer Person als erstrebenswert angesehen werden – beispielsweise die Arbeitszeitgestaltung. Diese Merkmale wiederum lassen sich aus der Organisationskultur ableiten, ebenso wie individuelle Anforderungen persönliche Einstellungen reflektieren (vgl. Kristof, 1996 S. 4). Wird durch eine Person die Kompatibilität direkt beurteilt, wird dieses Vorgehen als wahrgenommene Passung (perceived fit) bezeichnet. Des Weiteren kann eine perspektivische Differenzierung in objektive (objective fit) und subjektive Passung vorgenommen werden. Bei einer objektiven Passung wird die Bewertung durch verschiedene Akteure (Person und Unternehmen) vorgenommen und geht somit nicht nur von der Person selbst aus.

Kristof-Brown, Zimmerman und Johnson (2005) definieren die subjektive Passung als „match between the person and environment as they are perceived and reported by the person“ (Kristof-Brown/Zimmerman/Johnson, S. 291). Die Person beobachtet und bewertet sowohl die eigenen als auch die Eigenschaften der Umwelt – im Fall des P-O Fit die Organisation. Der Vergleich beider Perspektiven zeigt, dass für die Einstellungen von Bewerbern die subjektive im Gegensatz zur objektiven Passung als Prädiktor geeigneter ist (vgl. Carless 2005, S. 413).

Wenn ein Bewerber die Charakteristiken von Unternehmen mit den eigenen vergleicht, wird eine Bewertung im Rahmen der subjektiven Person-Organisation-Passung vorgenommen. Eine Bewertung der komplementären Passung kommt infrage, falls ein Bewerber seine persönlichen Anforderungen mit den angebotenen Ressourcen und Möglichkeiten des Unternehmens entlang der Needs-Supplies-Dimension gegenüberstellt. Dabei können Bewerber die Länge des dargestellten Personalauswahlprozesses beispielsweise als Signal für die Arbeitsqualität des Unternehmens deuten und mit den eigenen Anforderungen abwägen. Mithilfe der Demands-Abilities-Dimension kann ein Vergleich der eigenen Fähigkeiten mit den geforderten Anstrengungen oder Ansprüchen des Unternehmens, die durch Rückschlüsse aus Signalen getroffen wurden, erfolgen. Es ist ebenfalls möglich, dass Bewerber als Empfänger Rückschlüsse auf fundamentale organisationale Merkmale ziehen, die das Unternehmen hinsichtlich des Signaling-Modells signalisiert. Der Vergleich mit den bewerbereigenen Werten, Zielen oder Eigenschaften ergibt das Maß supplementärer Passung. Somit kann die Darstellung eines Personalauswahlprozesses sowohl durch die Bewertung der komplementären als auch der supplementären Passung den wahrgenommenen subjektiven P-O Fit der Bewerber beeinflussen.

Die wahrgenommene Passung hat starke Auswirkungen auf die von Bewerbern empfundene Attraktivität (vgl. Chapman u. a. 2005, S. 938). Wird durch einen Bewerber ein umfangreicher Personalauswahlprozess als Signal für ein hohes Maß an Arbeitsqualität oder generell hohe Anforderungen des Unternehmens interpretiert und bewertet er in dem gegebenen Kontext seine eigene Qualifikation ebenfalls hoch, kann eine aus Bewerbersicht hohe subjektive Passung angenommen werden. Demnach ist folgende Hypothese zu formulieren:

Hypothese H2a: Je umfangreicher der dargestellte Personalauswahlprozess ist, desto attraktiver wirkt ein Unternehmen auf Bewerber mit hoher Selbsteinschätzung.

Indessen ist bei gleichbleibender Interpretation eines umfangreichen Personalauswahlprozesses die durch den Bewerber wahrgenommene subjektive Passung als gering anzunehmen, wenn er seine eigenen Fähigkeiten schlecht einschätzt. Hieraus ergibt sich folgende Hypothese:

Hypothese H2b: Je umfangreicher der dargestellte Personalauswahlprozess ist, desto unattraktiver wirkt ein Unternehmen auf Bewerber mit geringer Selbsteinschätzung.

3.2 Einstellungsbildung und Bewerbungsabsicht

Die Einstellung einer Person gegenüber einer Sache oder einer anderen Person wird in der Psychologie als „psychological tendency that is expressed by evaluating a particular entity with some degree of favor or disfavor“ bezeichnet (Eagly/Chaiken 1993, S. 1). Aus dieser Definition gehen drei Komponenten hervor:

(1) das Objekt (entity), über das eine Meinung gebildet wird,
(2) die stattfindende Bewertung (evaluation) des Objektes
(3) die entstehende Tendenz (tendency)

Übertragen auf die Situation eines potenziellen Bewerbers kann ein Unternehmen als Objekt bewertet werden, das sich dem Kandidaten in einer positiven oder negativen Einstellung gegenüberstellt.

In diesem Kontext befasst sich Grobe (2003) mit dem Einstellungsbildungsprozess in Bezug zu Arbeitgeber und Bewerber. Er wird auf Grundlage des neobehavioristischen Stimulus-Organism-Response(S-O-R)-Modells der Kaufverhaltensforschung betrachtet, bei dem Reize auf ein Individuum wirken, sie im Organismus verarbeitet werden und anschließend zu einer Reaktion führen (vgl. Hellrung 2012, S. 4). Die Einstellungsbildung gegenüber potenziellen Arbeitgebern wird analog zum S-O-R-Modell als ein aus drei Phasen bestehender Prozess gesehen. Dabei nimmt der Bewerber zunächst verschiedene Stimuli wahr, die von einem Unternehmen mittels einer generellen Kommunikation oder konkreter Aktivitäten ausgehen. Sie werden verarbeitet und fließen in die Bewertung des persönlichen Involvierungsmaßes ein, das wiederum das Vorwissen bedingt (vgl. Grobe 2003, S. 22-23). Im Rahmen der Einstellungsbildung werden diese Komponenten in Verbindung mit den eigenen Werten und Anforderungen gesetzt. Die Beurteilung der Eindrücke auf kognitiver und affektiver Ebene beeinflusst weiterhin die Einstellung gegenüber dem Unternehmen, von dem die Stimuli ausgehen. Es liegt die Annahme zugrunde, dass Einstellungen einerseits durch wissensbasierte und andererseits durch gefühlsmäßige Komponenten bestimmt werden und Absichten direkt beeinflussen (vgl. Trommsdorff 2009, S. 151). Demnach resultiert – nach Grobe (2003) – aus den Einstellungen die Absicht, sich zu bewerben (vgl. Grobe 2003, S. 24). Aus den Absichten wiederum leiten sich mögliche Reaktionen ab.

Im übertragenen Kontext kann ein Signal durch Personalauswahlprozesse als möglicher Stimulus betrachtet werden. Den gesamten Prozess der Einstellungsbildung, ausgehend von einem Personalauswahlprozess als Signal, zeigt Abbildung 3. Durch die Darstellung des Auswahlprozesses werden direkte Informationen über die angewendeten Auswahlverfahren und den Umfang des Auswahlprozesses kommuniziert. Ein potenzieller Bewerber kann somit, wie in Abschnitt 3.1 erläutert, im Rahmen des Signaling mögliche Rückschlüsse ziehen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Auswirkungen des Personalauswahlprozesses auf die Arbeitgeberattraktivität. Eine empirische Analyse
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Lehrstuhl für Personal & Organisation)
Note
2,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
76
Katalognummer
V309407
ISBN (eBook)
9783668088016
ISBN (Buch)
9783668088023
Dateigröße
3365 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Anhang ist in der vorliegenden digitalen Version nicht mit publiziert, da er lediglich als SPSS-Output festgehalten wurde. Bei dringendem Interesse bitte ich um direkten Kontakt.
Schlagworte
Arbeitgeberattraktivität, Personal, Auswahl, Attraktivität, Auswahlprozess, Auswahlverfahren, Bewerbung, Bewerber
Arbeit zitieren
Patrik Fröhlich (Autor:in), 2014, Auswirkungen des Personalauswahlprozesses auf die Arbeitgeberattraktivität. Eine empirische Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309407

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