Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definitionen des Menschenhandels
2.1 Europarat
2.2 IOM
2.3 Ministerrat der Europäischen Union
2.4 Definitionen der internationalen Staatengemeinschaft
2.4.1 Historische Entwicklung internationaler Abkommen
2.4.2 Konvention von 1949
2.4.3 Aktuelle Definition der Vereinten Nationen
2.5 Analyse der Definitionskriterien
2.6 Eigener Ansatz
3. Historische Entwicklung und aktuelles Ausmaß
3.1 Geschichte des Frauenhandels
3.2 Ausmaß des gegenwärtigen Frauenhandels
4. Abschließende Betrachtung / Fazit
5. Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)
1. Einleitung
Migration und Zuwanderung nach Deutschland sind Thematiken, die in den Medien, auf politischer Ebene und in der Fachliteratur seit Jahrzehnten stark kontrovers diskutiert werden.
Seit der Anwerbung von Gastarbeitern in den 1950er Jahren und dem damit zusammenhängenden Zuzug von Familienangehörigen ist die Zahl der Ausländer bis in die 1990er Jahre stark angestiegen.
Als politische Konsequenz wurden in der Folge die Ausländergesetze und Einwanderungsbestimmungen immer restriktiver. Daraus resultierte eine verstärkte illegale Einwanderung.
Einen Teilbereich dieser irregulären Migration stellt der Frauenhandel dar, bei dem Frauen aus wirtschaftlich benachteiligten Ländern mit Hilfe von Schleppern nach Deutschland migrieren.
Dieser Problematik wird gerade in den letzten Jahren auf internationaler Ebene vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt, vor allem angesichts der Tatsache, dass der Zustrom von betroffenen Frauen kontinuierlich zunimmt.
Aufgrund der Aktualität und Brisanz der Thematik schreibe ich diese akademische Arbeit über von Menschenhandel betroffene Frauen als Klientinnen sozialer Arbeit.
Meiner Arbeit liegt folgende Fragestellung zugrunde:
Wie stellt sich das Phänomen Frauenhandel insgesamt dar? (D.h.: warum entsteht Frauenhandel, welche Frauen sind betroffen und in welchem Umfang und in welcher Form läuft er ab?)
Nachdem ich vorab verschiedene themenbezogene Definitionsansätze vorstelle, biete ich im dritten Kapitel einen Einblick in die historische Entwicklung und das aktuelle Ausmaß von Frauenhandel.
Ziel der Arbeit ist es, anhand der aufgestellten Fragestellungen, einen Gesamtüberblick über das Phänomen Frauenhandel zu vermitteln. Ich möchte herauskristallisieren, wo die Ursachen von Frauenhandel liegen und daraus Ansatzpunkte für Gegenstrategien herleiten. Dabei möchte ich auch darlegen, wo ich die Aufgabenbereiche der sozialen Arbeit mit dem Klientel der Menschenhandelsopfer sehe.
2. Definitionen des Menschenhandels
Im Folgenden stelle ich verschiedene Definitionsansätze zu Menschen- bzw. Frauenhandel vor. Hierbei werde ich auch auf die Entwicklung internationaler Abkommen zu Frauenhandel eingehen. Anschließend nehme ich eine Analyse der vorgestellten Definitionen vor und leite daraus meinen eigenen Definitionsansatz her.
2.1 Europarat
Die parlamentarische Versammlung des Europarates verwendet nach Beschluss vom 23.4.97 folgende Definition von Frauenhandel:
„Die Versammlung definiert Frauenhandel und Zwangsprostitution als jeden legalen oder illegalen Transport von Frauen und/oder Handel mit ihnen, mit oder ohne ihre anfängliche Einwilligung, zu wirtschaftlichen Zwecken, mit dem Ziel der Zwangsprostitution, Zwangsheirat oder anderen Formen der erzwungenen sexuellen Ausbeutung. Der Einsatz von Zwang kann dabei physisch, sexualisiert oder psychisch sein und schließt Nötigung, Vergewaltigung, Missbrauch einer Machstellung oder einer Abhängigkeitssituation mit ein.“ 1
2.2 IOM
Auf der von der Europäischen Kommission angeregten Konferenz über Migration und Frauenhandel im Juni 1996 in Wien legte die Internationale Organisation für Migration (IOM) ihre Definition von Frauen- und Menschenhandel fest. Die IOM unterscheidet dabei zwischen Menschen- und Frauenhandel.
„Da Menschenhandel stets mit grenzüberschreitender Migration einhergeht, ist dieser Tatbestand (...) gegeben, wenn die Grenze zu einem anderen Staat überschritten wird, daran ein Helfer beteiligt ist, eine Geldleistung erfolgt, die Einreise in das Zielland und/oder der Aufenthalt dort ungesetzlich sind.
Vom Helfer können die folgenden Leistungen in vollem Umfang oder teilweise erbracht werden: Informationen, Beschaffung gefälschter oder gestohlener Reisepapiere/Personaldokumente, reguläre oder irreguläre Beförderung, sichere Unterbringung an Transistoren, Schleusung über die Grenze, Aufnahme und Beschäftigung im Zielland“.2
„Frauenhandel [wird] vorläufig als das illegale Verbringen von Frauen ins Ausland oder der Handel mit ihnen zum Zweck der Erlangung wirtschaftlicher oder sonstiger persönlicher Vorteile definiert. Dabei können folgende Elemente auftreten, die Schleusung der Frauen in andere Länder mit oder ohne deren Zustimmung bzw. Kenntnis, Täuschung über den Zweck der legalen bzw. illegalen Migration, körperlicher oder sexueller Missbrauch mit dem Ziel des Frauenhandels, Verkauf von Frauen und Handel mit Frauen zum Zweck der Beschäftigung, Heirat und Prostitution sowie sonstige Formen des gewinnorientierten Missbrauchs“3.
2.3 Ministerrat der Europäischen Union
Der Ministerrat der Europäischen Union hat am 24. Februar 1997 eine „gemeinsame Maßnahme zur Bekämpfung des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung von Kindern“ beschlossen. Inhalt ist eine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Überprüfung und gegebenenfalls Verbesserung der Strafverfolgung von Menschenhandelsdelikten sowie der Ausbau der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Frauenhandel. In dieser „gemeinsamen Maßnahme“ ist der Begriff Menschenhandel ebenso wie der Begriff der sexuellen Ausbeutung definiert.4
„Unter Menschenhandel wird jegliche Handlung verstanden, die die Einreise in und die Durchreise durch das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates, den Aufenthalt dort oder die Ausreise aus diesem Hoheitsgebiet erleichtert. (...) Menschenhandel ist hiernach die „sexuelle Ausbeutung von Personen, die keine Kinder sind, zu Gewinnzwecken unter Ausübung von Zwang, insbesondere Gewalt oder Drohungen, oder durch arglistige Täuschung oder durch Missbrauch einer Machtstellung oder durch sonstigen Druck in einer Weise, dass die betroffene Person keine echte und für sie annehmbare andere Wahl hat, als sich diesem Druck oder Missbrauch zu beugen“5.
2.4 Definitionen der internationalen Staatengemeinschaft
2.4.1 Historische Entwicklung internationaler Abkommen
Am 18.5.1904 kam es in Paris zu einem ersten internationalen Abkommen über Verwaltungsmaßregeln zur Gewährung wirksamen Schutzes gegen Mädchenhandel6. Es wurde von 75 Staaten ratifiziert. Mädchenhandel wird hier verstanden als ein kriminelles Anwerben zum Zweck der Unzucht von Mädchen und Frauen, bei dem die Täter Gewinnabsichten verfolgen. Das Abkommen von 1904 wurde 1910 vom internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung des Mädchenhandels ergänzt und von annähernd ebenso vielen Staaten ratifiziert.
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1 http://assembly.coe.int/Documents/AdoptedText/TA97/EREC1325.HTM (übersetzt von englischer Fassung nach Mentz, Ulrike (2001), S.102)
2 IOM, Wien 1996 in Mentz, Ulrike (2001), S.94
3 IOM, Wien 1996 in Mentz, Ulrike (2001), S.95
4 vgl. Mentz, Ulrike (2001), S. 97-98
5 Rat der Europäischen Union: Gemeinsame Maßnahme vom 24.2.97 in Mentz, Ulrike (201, S.98
6 http://www.vilp.de/Depdf/d051.pdf (Abkommen über Verwaltungsmaßregeln zur Gewährung wirksamen Schutzes gegen Mädchenhandel von 1904)