Die vorliegende Arbeit soll sich im Folgenden kritisch mit dem Thema Sozialisation – Bildung – Schule auseinandersetzen. Dieses Terzett bestimmt das öffentliche Umfeld des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen. Damit ist es für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung, da sie durch dieses im kulturellen Sinne reproduziert wird (vgl. Grundmann 2009, S. 63).
Durch Bildung und Sozialisation in der Schule, aber auch in anderen Bereichen des Lebens, entwickeln Kinder und Jugendliche Lebenschancen und Zukunftserwartungen. In einer marktorientierten Gesellschaft sind diese jedoch zum größten Teil an Erwerbsarbeit geknüpft. Doch wie die Arbeitslosen - und Ausbildungslosenzahlen der letzten Jahre belegen, ist ein gelingender Übergang in Arbeit nicht mehr für alle wahrscheinlich. Wenn der Übergang in Arbeit jedoch nicht mehr gelingt, sei auch die „kulturelle Basissozialisation“ extrem gefährdet (vgl. Keupp 2001, S. 7). Damit werden auch die Lebenschancen und Zukunftserwartungen, zumindest eines Teils der Jugendlichen, gefährdet. Bereits 92% aller Jugendlichen sehen laut der Shell-Studie (2010) in der hohen Arbeitslosigkeitsrate ein großes soziales Problem" (vgl. ebd.).
Weitere Daten aus der Shell-Studie belegen, dass es eine hohe schichtspezifische Differenz in der Bewertung der eigenen Zukunft gibt. Während in der Gesamttendenz die Zahl der zuversichtlich in die Zukunft schauenden Jugendlichen steigt (2006: 50%, 2010: 59%) , ist die Tendenz bei Jugendlichen aus der Unterschicht leicht gegenläufig (2006: 35%, 2010: 33%) . Noch deutlicher wird die schichtspezifische Differenz bei der Frage nach der Zufriedenheit mit dem eigenen Leben: während insgesamt 74% aller Jugendlichen hierbei zufrieden sind, geben nur 40% der Jugendlichen aus der Unterschicht das gleiche an (vgl. Albert et al. 2011, S. 200). Auch beim Betrachten des Schulniveaus tritt diese Differenz auf: so sähen 57% der Gymnasiasten, aber nur 38% der Hauptschüler ihre Zukunft eher zuversichtlich (vgl. Heinz 2011, S. 18).
Doch nicht nur die Krise der Erwerbsarbeit ist für Jugendliche problematisch. Auch der gesellschaftliche Wandel stellt Jugendliche vor neue Probleme, denn wenn „[f]ür diese Welt […] kein Atlas (mehr) [existiert], auf den Erwachsenen zurückgreifen könnten, um Heranwachsenden ihren möglichen Ort und den Weg dorthin erklären zu können“ (Keupp 2001, S. 3f.), wie finden Jugendliche dann ihren Weg? [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Jugend in Deutschland
- Sozialisation zum Verlierer?
- Definition von Sozialisation
- Sozialisation in der Schule
- Capability-Ansatz
- Definition von Handlungsbefähigung
- Handlungsbefähigung aus der individuellen Perspektive
- Handlungsbefähigung aus der gesellschaftlichen Perspektive
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Problematik der Sozialisation, Bildung und Schule im Kontext der wachsenden Ungleichheit in den Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Sie befasst sich mit der Frage, welche Faktoren zu einer misslingenden Sozialisation und damit zu einer verringerten Handlungsbefähigung führen können. Dabei wird der Capability-Ansatz als theoretisches Fundament herangezogen, um die komplexen Zusammenhänge zwischen individueller Entwicklung und gesellschaftlichen Strukturen zu beleuchten.
- Analyse der aktuellen Lage der Kinder- und Jugendlichen in Deutschland im Kontext gesellschaftlicher Veränderungen und sozialer Ungleichheit.
- Untersuchung der Rolle von Bildung und Sozialisation in der Schule für die Entwicklung von Lebenschancen und Zukunftserwartungen.
- Erläuterung des Capability-Ansatzes als theoretisches Instrument zur Analyse von Handlungsbefähigung und ungleichen Lebenschancen.
- Identifizierung von Faktoren, die eine gelingende Sozialisation behindern können und zu einer „Sozialisation zum Verlierer“ führen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der Sozialisation, Bildung und Schule in den Kontext der heutigen Herausforderungen für heranwachsende Menschen in Deutschland dar. Die Arbeit fokussiert dabei auf die wachsende Ungleichheit in den Lebenschancen und beleuchtet, wie diese mit der Sozialisation zusammenhängt.
Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Wandel des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Es analysiert die Veränderungen in den letzten Jahrzehnten und diskutiert die „riskante Autonomie“, die junge Menschen in einer Gesellschaft mit vielfältigen Lebensentwürfen und zugleich wachsenden Ungleichheiten erfahren.
Im dritten Kapitel wird der Begriff der Sozialisation definiert und die Bedeutung der Schule als Sozialisationsinstanz herausgestellt. Darüber hinaus wird die Frage aufgeworfen, inwiefern bestimmte Faktoren zu einer „Sozialisation zum Verlierer“ führen können.
Das vierte Kapitel widmet sich dem Capability-Ansatz, der die Handlungsbefähigung von Individuen in den Mittelpunkt stellt. Es werden die verschiedenen Dimensionen von Handlungsbefähigung, sowohl aus individueller als auch aus gesellschaftlicher Perspektive, beleuchtet.
Schlüsselwörter
Sozialisation, Bildung, Schule, Capability-Ansatz, Handlungsbefähigung, Lebenschancen, Zukunftserwartungen, gesellschaftliche Ungleichheit, Riskante Autonomie, Jugendliche in Deutschland, Armut, Bildungsgerechtigkeit.
- Arbeit zitieren
- B.A. Ilka Bengs (Autor:in), 2011, Sozialisation zum Verlierer? Mögliche Faktoren einer misslingenden Sozialisation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310179