„Der Irak ist ein failed state“, „der Irak ist zerfallen“. Diese oder zumindest ähnliche Aussagen finden sich reihenweise in der neueren wissenschaftlichen und journalistischen Literatur. Demnach heißt es, der Irak sei seit der Militärintervention der USA und ihrer Verbündeter im Jahr 2003 „zerfallen oder „fragil“. Internationale Medien berichten seitdem kontinuierlich über desolate Zustände in dieser Region und bekräftigen somit die Wahrnehmung über ein „zerfallenes“ Irak. Es stellt sich die
grundlegende Frage: was ist ein failed state? Die Anschläge vom 11. September 2001 brachten das Thema erneut auf die politische Tagesordnung der internationalen Politik.
„Zerfallene“ oder „fragile“ Staaten sind keine Neuerscheinung in Wissenschaft und Politik, auch wenn sich darüber streiten lässt, ob der 11. September 2011 in der Tat eine Zäsur in der internationalen Politik darstellte und dadurch sicherheitspolitische Wahrnehmungen dominierender Akteure maßgebend veränderte. Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen „zerfallener Staat“ oder „fragile Staatlichkeit“ rückte seit dem Anschlag von 2001 in den Fokus des Interesses der OECD-Staaten, die „fragile Staatlichkeit“ als Gefahr für die internationale Ordnung deklarieren.
Die vorliegende Arbeit soll die Theorie der failed states näher analysieren und den damit eng verbundenen Begriff der „fragilen Staatlichkeit“ durchleuchten. Ein Problemfeld widmet sich zudem dem Nation-Building nach dem Irakkrieg im Jahr 2003. Beide Dimensionen sind insofern von Bedeutung, da sich die aktuelle politische Lage, aber auch historische Ereignisse auf diese Weise plausibilisieren lassen. Das allgemeine Erkenntnisinteresse der Arbeit wird auf die Volksgruppe der Kurden geworfen, der im Irak zahlenmäßig größten Minderheit, die jedoch unter dem Regime Saddam Husseins mehrfach Repressalien ausgesetzt waren. Wer sind die Kurden? Welche historische Entwicklung machten die Kurden im Irak durch? Welchen politischen Wandel durchlebte die Kurdistan Regional Government (KRG) im Irak seit dem Sturz Saddam Husseins?
Und: welche Parteien und Organisationen spielen eine Rolle und stellen einen kurdischen Staat in Sicht? Diese Forschungsfragen zu beantworten ist Ziel dieser Arbeit.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Einleitung
- Das Konzept des Nation-Building
- Staatszerfall und fragile Staatlichkeit
- Wer sind die Kurden?
- Die Kurden im Irak unter der Herrschaft von Saddam Hussein
- Anfal
- Der Irakkrieg 2003 und der Staatszerfall
- Kurdische Kräfte im Irak vor und nach dem Krieg
- FAZIT
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die Arbeit befasst sich mit dem Konzept des Staatszerfalls und dem damit verbundenen Prozess des Nation-Building im Irak, insbesondere unter Berücksichtigung der Rolle der Kurden. Sie analysiert die Theorie der „failed states“ und die Bedeutung der „fragilen Staatlichkeit“ im Kontext des Irakkriegs 2003. Die Arbeit erörtert außerdem die historische Entwicklung der Kurden im Irak unter der Herrschaft von Saddam Hussein, die Auswirkungen des Irakkriegs auf die Kurden und die Rolle kurdischer Kräfte im Irak vor und nach dem Krieg.
- Staatszerfall und „failed states“
- Nation-Building im Irak
- Die Rolle der Kurden im Irak
- Die Kurdistan Regional Government (KRG)
- Kurdische Parteien und Organisationen
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung der Arbeit stellt den Zusammenhang zwischen dem Staatszerfall im Irak, dem Konzept der „failed states“ und der Rolle der Kurden im Irak her. Sie beleuchtet die Bedeutung der Kurden als größte Minderheit im Irak und stellt die Forschungsfragen der Arbeit dar.
Das Kapitel „Das Konzept des Nation-Building“ befasst sich mit der begriffsanalytischen Präzisierung des Nation-Building und der Bedeutung dieses Prozesses für die Stabilität von Staaten. Es werden verschiedene Ansätze von Böckenförde und Hippler zur Definition des Nation-Building und seiner Kernelemente vorgestellt.
Das Kapitel „Staatszerfall und fragile Staatlichkeit“ untersucht die Ursachen und Folgen des Staatszerfalls, insbesondere im Kontext der „failed states“. Es wird die Bedeutung der „fragilen Staatlichkeit“ als Gefahr für die internationale Ordnung hervorgehoben.
Das Kapitel „Wer sind die Kurden?“ bietet eine allgemeine Einführung in die kurdische Geschichte und Kultur sowie in die politische Situation der Kurden in der Region.
Das Kapitel „Die Kurden im Irak unter der Herrschaft von Saddam Hussein“ untersucht die Geschichte der Kurden im Irak unter Saddam Hussein, insbesondere die Auswirkungen der Anfal-Kampagne.
Das Kapitel „Der Irakkrieg 2003 und der Staatszerfall“ analysiert die Folgen des Irakkriegs 2003 für den Irak und die Auswirkungen des Staatszerfalls auf die kurdische Bevölkerung.
Das Kapitel „Kurdische Kräfte im Irak vor und nach dem Krieg“ beschäftigt sich mit der Rolle kurdischer Kräfte im Irak vor und nach dem Krieg, insbesondere mit der Kurdistan Regional Government (KRG).
Schlüsselwörter (Keywords)
Staatszerfall, Nation-Building, Irak, Kurden, „failed states“, fragile Staatlichkeit, Anfal, Irakkrieg, Kurdistan Regional Government (KRG), kurdische Parteien, kurdische Organisationen, politische Selbstbestimmung, ethnische Heterogenität, nationale Identität.
- Arbeit zitieren
- Devran Seven (Autor:in), 2015, Ist der Irak ein Failed State? Staatszerfall und Nation-Building unter Berücksichtigung der Rolle der Kurden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310284