Der Aufstieg Octavians und die Errichtung seiner Alleinherrschaft als Imperator und „Divus Augustus“ – vergöttlichter Augustus – markiert das Ende einer römischen Gesellschafts- und Staatskrise. Diese Krise kann dabei bereits vor dem Hintergrund des einsetzenden Wandels der römischen Gesellschaft und der Transformation der politischen Machtverhältnisse nach dem zweiten punischen Krieg beschrieben werden.
Insgesamt begann mit dem Principat des Augustus eine Symbiose der militärischen Welt mit der zivilen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die in ihrem Zusammenwirken wohl wesentlich zur Stabilität und Expansion des Imperiums beigetragen hat. Höchster Ausdruck dieser symbiotischen Staatsräson war die vergöttlichte Person des Kaisers und der damit verknüpfte Kaiserkult. Dabei ist das Herrschaftssystem des römischen Imperiums nicht mit der Machtergreifung des Augustus schon in seiner „Vollendung“ aufgetreten.
Wie der Weg zur Macht selbst bis zur Schlacht bei Actium (31 v. Chr.) ein langwieriger, blutiger Prozess mit offenem Ausgang war, war auch die Entwicklung zum göttlichen Herrscher ein schwieriger Weg; das Prinzipat war nicht Resultat eines „[...] einheitlichen 'imperialistischen' Generalplans [...]“, sondern Ergebnis eines Vorantastens. Eine Voraussetzung, um den Kult zu Lebzeiten zu festigen und den Nachruhm zu sichern, besteht nun gerade darin, den (eigenen) Aufstieg der Kontingenz des Schicksals zu entziehen und ihn zu einer notwendigen geschichtlichen und staatspolitischen Fügung zu machen. Wer diese Fügung in Frage stellt, dekonstruiert die Legitimität der Herrschaft des Princeps und damit die Legitimität des aus ihr erwachsenden römischen Kaisertums. Genau darin sah der Historiker Tacitus seinen historischen Auftrag. Dieses Wechselspiel aus (Selbst-)Legitimation, öffentlichem Kult und Dekonstruktion soll in den nächsten Kapiteln dieser Arbeit eingehender untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Einleitung
- 2. Selbsterhöhung und Kaiserkult
- 3. Tacitus: Kritik des Principats aus altrömischem Geist...
- 3.1. Quellen und die „,Methode“ der Kritik.
- 3.2. Das Bild des Prinzeps in den „Annalen“.
- 3.3. Die Dekonstruktion des Nachruhms: Geschichtsschreibung als „,Waffe”
- 3.4. Das Augustusbild des Tacitus im Kontext der römischen\nGeschichtsschreibung: Sueton und Cassius Dio
- 4. Fazit
- 5. Literaturverzeichnis.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit befasst sich mit dem Aufstieg Octavians und der Errichtung seiner Alleinherrschaft als Imperator und ,,Divus Augustus“ – vergöttlichter Augustus – sowie der damit verbundenen Kritik des römischen Historikers Tacitus an diesem Herrschaftssystem. Sie analysiert die Gründe für die Selbsterhöhung des Augustus und die Entstehung des Kaiserkults sowie die Art und Weise, wie Tacitus die historische Bedeutung des Augustus hinterfragt und sein Bild dekonstruiert.
- Die Errichtung des augusteischen Prinzipats und dessen historische und politische Bedeutung
- Die Selbsterhöhung des Augustus und die Entstehung des Kaiserkults
- Die Kritik des Tacitus am Principat und seine Methode der geschichtlichen Dekonstruktion
- Die Rolle der Literatur im augusteischen Zeitalter und die Bedeutung der „Res Gestae Divi Augusti“
- Der Vergleich von Tacitus' Darstellung des Augustus mit anderen römischen Historikern wie Sueton und Cassius Dio
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- 1. Einleitung: Dieses Kapitel erläutert den historischen Hintergrund des augusteischen Prinzipats und die Veränderungen der römischen Gesellschaft und Staatsordnung nach dem zweiten punischen Krieg. Die Entstehung der „Militärmonarchie“ und die Symbiose von militärischer Macht und ziviler Ordnung werden dargestellt.
- 2. Selbsterhöhung und Kaiserkult: Dieses Kapitel behandelt die Bedeutung der Selbsterhöhung und die Entstehung des Kaiserkults im Kontext des augusteischen Prinzipats. Der Kult wird als eine Form der „religiösen Sehnsucht“ interpretiert, die die Herrschaft des Princeps göttliche Legitimation verleiht.
- 3. Tacitus: Kritik des Principats aus altrömischem Geist...: Dieses Kapitel befasst sich mit der Kritik des Tacitus am Principat und seiner Methode, die historische Bedeutung des Augustus zu dekonstruieren. Tacitus' historische Schriften werden im Kontext der römischen Geschichtsschreibung und dem Vergleich mit anderen Historikern wie Sueton und Cassius Dio betrachtet.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die zentralen Schlüsselbegriffe dieser Arbeit umfassen das augusteische Prinzipat, Selbsterhöhung, Kaiserkult, Tacitus, Kritik, Geschichtsschreibung, Dekonstruktion, „Res Gestae Divi Augusti“, Sueton, Cassius Dio, römische Gesellschaft, politische Machtverhältnisse, Militär, und Literatur.
- Quote paper
- Reinhold Wipper (Author), 2015, Das Augustusbild bei Tacitus zwischen kritischer Würdigung und Dekonstruktion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310350