Fasching am Wiener Hof. Grundmuster und Variationen des höfischen Faschings anhand des Tagebuchs von Khevenhüller-Metsch


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Quellenkritische Vorüberlegungen
2.1. Die Quellengattung
2.2. Zur Person Johann Josephs Khevenhüller-Metsch

3. Grundmuster und Variationen des Faschings am Wiener Hof 1743 bis 1776
3.1. Grundmuster des Faschings
3.1.1. Die Art der Veranstaltung
3.1.2. Funktionale Elemente des Faschings
3.2. Variationen des Faschings durch die Haltung der Monarchen
3.2.1. Die Auswirkungen der Regentschaft Maria Theresias mit Franz I. auf den Fasching
3.2.2. Die Auswirkungen der Regentschaft Maria Theresias mit Joseph II. auf den Fasching

4. Fazit

5. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Karnevalsumzüge, Masken, Musik und Verkleidungen – so kennen und feiern wir heutzutage das Faschingsfest, welches in vielen Ländern mit Freude zelebriert wird. Doch ergeben sich dabei wiederum regionale Unterschiede, denn beispielsweise feiert man in Rio de Janeiro anders Karneval als in Venedig und auch dort differieren die Bräuche der Fastnachtsfeierlichkeiten wiederum erheblich von denen der deutschen Karnevals-Hochburg Köln, wo der Fasching als besonders ausgelassen gilt. Wenn man allerdings die diachrone Perspektive des Faschings näher in Augenschein nimmt, abgesehen von den räumlichen Differenzen, so kann man feststellen, dass „Ausgelassenheit“ nicht überall unbedingt als treffendstes Attribut zur Beschreibung des Karnevals erscheint – vor allem dann nicht, wenn die Feste an den fürstlichen Höfen des 18. Jahrhunderts stattfanden. Unterhaltung galt zu dieser Zeit nicht als vorrangige Funktion dieser Feste, weshalb es besonders schwierig erscheint, den damaligen Fasching aus heutiger Sicht nachzuvollziehen. Doch gerade ebenjene starke Abweichung von den Vorstellungen des Karnevals im 21.Jahrhunderts macht eine Beschäftigung mit dieser Thematik besonders spannend, um diese vollkommen andere Welt ein wenig besser verstehen zu können. Von besonderer Attraktivität für ein solches Vorhaben erscheint dabei die genauere Betrachtung des Wiener Hofes, einer der größten Europas, der stets als kultureller Leithof[1] für viele andere Höfe der Frühen Neuzeit galt. Als zeitlicher Rahmen erscheint das 18.Jahrhundert am interessantesten, da es sich bei diesem Jahrhundert um die „Blüte der Festkultur“[2] handelte. Was würde sich dabei für einen Blick hinter die Kulissen des Faschings am Wiener Hof besser eignen, als einem direkt daran Beteiligten über die Schulter zu schauen? Johann Joseph Khevenhüller-Metsch, unter anderem Obersthofmeister der Kaiserin Maria Theresia,[3] war unmittelbar involviert am Geschehen bei Hofe und führte zudem akribisch Tagebuch über die dortigen Ereignisse über mehr als 30 Jahre (1742 – 1776) hinweg, weshalb es folglich zwei verschiedene Mitregentschaften Maria Theresias, Franz Stephans I. und Josephs II., die Geschehnisse umspannt. Es ist davon auszugehen, dass nicht jeder Monarch die gleiche Einstellung und Vorliebe zu festlichen Veranstaltungen hegte: Man kann sich somit aus einer seriellen Untersuchung von Khevenhüllers Aufzeichnungen eine Auskunft darüber versprechen, wie sich der Fasching im Laufe der Zeit verändert und entwickelt hat, aber auch welche Basiskomponenten des Festes allgemein daraus hervorgehen – welche Grundmuster und Variationen lassen sich demnach im höfischen Fasching anhand des Tagebuchs von Khevenhüller-Metsch finden? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, sollen zunächst einige grundlegende quellenkritische Vorüberlegungen über die Gattung der Quelle und deren Verfasser angestellt werden, im Anschluss daran steht dann die Analyse der Grundmuster im Fokus, welche sich nach den groben Rahmenbedingungen sowie den verschiedenen Funktionen der Festlichkeiten unterteilen: Repräsentation, Abbildung von Rangfolgen und letztendlich die Erfüllung von Distinktionen. Demgegenüber werden in einem weiteren Schritt die Variationen und Entwicklungen der Faschingsfeste ermittelt, wobei in der Haltung der Monarchen zum Fest einige Unterschiede festzustellen sind, die sich in erhebliche Modifikationen der Karnevalsfeierlichkeiten auswirkten. Während sich die Forschung fast ausschließlich darauf beschränkt, die diversen einzelnen Veranstaltungstypen zu erfassen und zu beschreiben, soll hier hingegen eine Systematisierung derselben des Faschings als Ganzes auf allgemeingültige und davon abweichende Grundtendenzen erfolgen. Im Verlauf der Arbeit werden Referenzen auf das Tagebuch Khevenhüllers, welches den Kern der Untersuchung bildet, direkt in Form der Datierung des Eintrages in der Fußnote angegeben und zusätzlich dazu die Seitenzahl bei Elisabeth Großegger, die das Tagebuch als Konglomerat verschiedenster auf Theater und Feste reduzierter Episoden herausgegeben hat.

2. Quellenkritische Vorüberlegungen

Da die Grundlage der Arbeit das Tagebuch von Johann Joseph Khevenhüller-Metsch darstellt, sollen zunächst, um zu einer adäquaten Bearbeitung und Analyse der verschiedenen Faschingsfeste zu gelangen, einige quellenkritische Vorüberlegungen angestellt werden.

2.1. Die Quellengattung

Für eine angemessene Interpretation müssen hinsichtlich der Quellengattung einige Faktoren berücksichtigt werden: Bei der vorliegenden Quelle handelt es sich um ein Tagebuch, welches als Gattung viele wesentliche Vorzüge, aber auch einige Schwierigkeiten in Bezug auf die Quellenkritik mit sich bringt. Unter einem Tagebuch versteht man allgemein zumeist täglich fortlaufende Aufzeichnungen über Erlebtes, Erfahrungen oder Beobachtungen innerhalb des jeweiligen Eintragungszeitraumes[4] – daraus ergibt sich eine gewisse Regelmäßigkeit sowie ein chronologischer Aufbau, was beides für das Vorhaben der Ermittlung von Schemata und Veränderungen des Faschings am Wiener Hof als äußerst dienlich ist. Von einer Vorwegnahme oder Korrektur der Ereignisse – und somit eine Verfälschung der Gegebenheiten – ist bei dieser Quellengattung nicht auszugehen.[5] Des Weiteren erfolgt im Tagebuch das Aufschreiben der Erlebnisse relativ zeitnah, woraus die Darbietung einer „weithin ungeformte[n] Gegenwart“ resultiert.[6] Eine Verzerrung der Gegebenheiten durch schwindende Erinnerung gilt daher als unwahrscheinlich. Jedoch ergeben sich aus dieser Quellenform auch einige Nachteile: Aufgrund der Tatsache, dass das Tagebuch von seiner Natur aus einen besonders privaten Charakter besitzt, werden viele Zusammenhänge als bekannt vorausgesetzt, da die Einträge ja in diesem Fall an Khevenhüller-Metsch selbst adressiert waren. Daraus resultiert eine gewisse Lückenhaftigkeit.[7] Wie man vielen Tagebucheinträgen entnehmen kann, werden oft lediglich Rahmeninformationen vermittelt und nähere Details hingegen werden ausgespart.[8] Just spricht in diesem Fall von einem „selektive[m] Bild der Welt“, da lediglich Wesentliches festgehalten wird.[9] Insgesamt gestaltet sich daher eine detailgetreue inhaltliche Analyse anhand des Tagebuchs als schwierig, jedoch das Anliegen, grundlegende Muster und Variationen des Wiener Faschings per se zu erfassen, erscheint aufgrund der chronologischen Abfolge sowie dem hohen Authentizitätsgrad durch den privaten Charakter der Aufzeichnungen, die über viele Jahre hinweg erfolgen, für eine serielle Untersuchung als durchaus geeignet. Die Subjektivität der Tagebucheinträge ermöglichen als positiven Aspekt darüber hinaus einen Einblick in Gefühle und Wertung über die festlichen Ereignisse,[10] was als zusätzliches Extra Mentalität und Zeitgeist zum Vorschein bringt

[...]


[1] Vgl. Sommer-Mathis, Andrea: „Von denen Divertissements und Lustbarkeiten“. Höfische Feste im Zeitalter des Absolutismus, in: Kreissl, Eva (Hrsg.): Feste feiern, Linz 2002, S. 161–168, hier S. 164.

[2] Vgl. ebd. S. 164.

[3] Vgl. Grossegger, Elisabeth (Hrsg.): Theater, Feste und Feiern zur Zeit Maria Theresias 1742–1776, Wien 1987, S. IX.

[4] Vgl. Henning, Eckart: Selbstzeugnisse. Quellenwert und Quellenkritik, Berlin 2012, S. 29.

[5] Vgl. ebd, S. 18.

[6] Vgl. ebd. S. 13.

[7] Beispielsweise sind viele der beteiligten Personen nur anhand der Anmerkungen Großeggers einzuordnen, eine Erklärung Khevenhüllers fehlt.

[8] Vgl. Henning, Selbstzeugnisse, S. 20.

[9] Just, Klaus Günther: Übergänge. Probleme und Gestalten der Literatur, Bern [u.a.] 1966, S. 31.

[10] Vgl. Eintrag vom 19.1.773: „[…] weßwegen ich mich auch von heut an meistens absentiret, massen mir doch nicht anständig vorkommen können, daß bei solchen Umständen der Obristhofmeister, welcher gleichwollen in regula nach denen allerhöchsten Herrschafften der erste am Hof sein sollte, sich mit dans la foule confundiren lassen solle.“, S. 305.

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Details

Titel
Fasching am Wiener Hof. Grundmuster und Variationen des höfischen Faschings anhand des Tagebuchs von Khevenhüller-Metsch
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Department Geschichte)
Veranstaltung
Die höfische Gesellschaft
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
21
Katalognummer
V310395
ISBN (eBook)
9783668091054
ISBN (Buch)
9783668091061
Dateigröße
469 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fasching;, Fastnacht, Wien;, Habsburg;, Habsburger;, Zeremoniell;, Feier;, Fest;, 18. Jahrhundert;
Arbeit zitieren
Julia Hümmer (Autor:in), 2013, Fasching am Wiener Hof. Grundmuster und Variationen des höfischen Faschings anhand des Tagebuchs von Khevenhüller-Metsch, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310395

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