Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Soziale Wahrnehmung, Eindrucksbildung, Wahrnehmung und Beurteilen von Personen
1.1 Wahrnehmungsverzerrungen der Stereotypisierung und des Stimmungskongruenzeffektes
1.2 Urteilsstabilisierende Kognitionen und Interaktionen. Erklärung „ sich selbst erfüllende Prophezeiung“, was versteht man darunter?
1.3 Beispiel: Wahrnehmungsverzerrung und urteilsstabilisierende Kognitionen und Interaktionen als Problem in der Elterberatung
2 Soziale Interaktion in Gruppen
2.1 Der Wirkungsmechanismus des informativen und des normativen Einflusses bei Konformitätseffekten in Meinungsbildungsprozessen in Gruppen
2.2 Bedingungen, die die Wahrscheinlichkeiten von Konformitätseffekten von Gruppen erhöhen
2.3 Moderationstechniken für eine offene und differenzierte Meinungsbildung in Gruppen- im Teamgespräch
3 Alltagspsychologie versus wissenschaftliche Psychologie
3.1 Definition - aggressives Verhalten
3.2 Wirkmechanismen
3.3 Zirkuläre Kausalität
3.4 Prognose
4. Beziehungen und Konflikte zwischen Gruppen
4.1 Welche Bedingungen erhöhen, welche Bedingungen reduzieren die Wahrscheinlichkeit von Konflikten und Feindseligkeiten zwischen Gruppen?
4.2 Personale und soziale Risikofaktoren bei der Entwicklung von Rechtsextremismus bei jungen Erwachsenen
Literaturverzeichnis
1 Soziale Wahrnehmung, Eindrucksbildung, Wahrnehmung und Beurteilen von Personen
1.1 Wahrnehmungsverzerrungen der Stereotypisierung und des Stimmungskongruenzeffektes
Wenn wir auf andere Personen treffen, strömen im Bruchteil von Sekunden sehr viele Eindrücke auf uns ein, zum Beispiel die Kleidung, die Frisur oder auch die Körperhaltung einer Person werden zuerst wahrgenommen. Unser Gehirn versucht sich zu orientieren, die gewonnen Informationen zu filtern und direkt einzuordnen. Oftmals wird aufgrund eines hervorstechenden Merkmals der Person (z. B. Birkenstock-Sandalen) auf die Zugehörigkeit zu einer Gruppe geschlossen „das wird ein Sozialpädagoge sein“(Kategorisierung). Der Gruppe wird ein in der Gesellschaft anerkanntes, aber nicht wissenschaftlich belegtes Merkmal zugeordnet (Stereotyp). Das Merkmal wird auf die Person übertragen (Stereotypisierung). Man geht davon aus alle Menschen mit diesem Merkmal „ sind so- und diese Person ist es auch “. Der Begriff der Stereotypisierung wird im Volksmund auch gerne als „Schubladen-Denken“ bezeichnet. Meist sieht man sich in seiner Annahme gesellschaftlich bestätigt und sieht nicht die Notwendigkeit dies zu hinterfragen. So wird unser, aufgrund dieser Information verändertes Verhalten auch von der betreffenden Person wahrgenommen und interpretiert, was eine passende Reaktion oder Verhaltensweise des Betreffenden nach sich zieht, wie Hartung (2010, S. 41) erklärt.
Die Wahrnehmung und die Eindrucksbildung unseres Gegenübers wird wie Hartung (2010, S. 42) bestätigt, nachweislich durch die aktuelle Stimmung beeinflusst Stimmungskongruenzeffekt). Ist man positiv gelaunt (kurz vor dem Besuch der Klientin, wurde man vom Chef für seine gute Arbeit gelobt), treten die positiven Eigenschaften des Gegenübers in den Vordergrund, man nimmt diese eher wahr und schreibt der Person weitere positive Eigenschaften zu. In einer negativen Stimmungssituation (der Chef hat einen gerade für die ausbleibenden Fortschritte in einer Projektarbeit getadelt) nimmt man fokussierter die negativen Eigenschaften einer Person wahr und traut ihr weitere negative Eigenschaften zu. Eine positive Stimmung beeinflusst außerdem dahingehend, dass eine erhöhte Hilfsbereitschaft gegenüber zu eher negativ behafteter Stimmung besteht.
1.2 Urteilsstabilisierende Kognitionen und Interaktionen. Erklärung „ sich selbst erfüllende Prophezeiung“, was versteht man darunter?
Bei der urteilsstabilisierende Kognition geht es darum, widersprüchliche (kognitive) Informationen, welche ein widersprüchliches Spannungsgefühl hervorrufen (kognitive Dissonanz) zu verringern oder zu beseitigen. Das bereits gebildete Urteil wir versucht in sich stimmig zu machen. Die Erinnerung an konsistente Informationen oder Eindrücke ist stärker als die an inkonsistenten, diese werden vergessen oder einfach verfälscht.
Es wurde bestätigt (Hartung, 2010,S. 43-44) dass die Hypothese (Annahme, die durch empirische Daten zu prüfen ist) die weitere Informationsaufnahme je nach ihrer stärke beeinflusst. Desto stärker die Hypothese ist, desto weniger werden Zweifel daran in Betracht gezogen, es werden weniger inkonsistente Informationen aufgenommen und erinnert, die Wahrscheinlichkeit der Revision ist gering. Die Hypothesenstärke wird durch die Einflussfaktoren der Vergangenheit, durch die Anzahl von alternativen Hypothesen (je weniger, desto stärker ist die Hypothesewirkung), Selbstgeschütze Hypothesen und dessen Anzahl (je mehr, desto verstärkter ist die Wirkung) und ob es eine Übereinstimmung mit der Annahme bzw. dem Meinungsbild anderer Personen gibt verstärkt. Das sich bereits gebildete Urteil bleibt relativ konstant.
Bei der Urteilsstabilisierenden Interaktion verhält sich nun der Beurteiler seinem gewonnenen Eindruck entsprechend und provoziert damit eine erwartungskonforme Reaktion der Person. Das hat zur Folge, dass sich der Beurteilende jetzt ganz sicher ist, er wurde in seiner Meinung bestätigt. Dies nennt man auch eine sich selbsterfüllende Prophezeiung (self-fulfilling prophecy), wie Hartung (2010, S.45-46) anhand von Beispielen genauer beschreibt. Die subjektive Wahrnehmung hängt von den eigenen Erwartungen ab, fasst Bierhoff, (2006, S. 284-285) treffend zusammenfasst.
1.3 Beispiel: Wahrnehmungsverzerrung und urteilsstabilisierende Kognitionen und Interaktionen als Problem in der Elterberatung
Die Sachbearbeiterin Frau Müller hat die Fälle ihrer ehemaligen, sich jetzt im Ruhestand befindende Kollegin übernommen. Vorab hat die Rentnerin ihrer Nachfolgerin einige Informationen über die Klienten gegeben, so auch über die türkische Familie Özcan. Die Familie hat 6 Kinder, sie beziehen Hart IV, der Mann soll wohl Frauenfeindlich sein.
Die Sachbearbeiterin macht sich schon vor dem Gesprächstermin ihr Bild, es wird sich bei ihren neuen Klienten wohl um eine typisch Türkische Familie mit sehr vielen Kindern handeln, die sich vom Staat finanzieren lassen und das „Oberhaupt“ der Familie, akzeptiert die Frau nicht als Gleichwertig (Stereotypisierung). Kurz vor dem Gesprächstermin mit der türkischen Familie erfährt sie, dass ihr Kollege befördert worden ist. Insgeheim hatte Sie sich auch Chancen für diese Stelle ausgerechnet, aber ist ja mal wieder typisch immer bekommt der Mann den Vortritt. Sie geht mit schlechter Laune in das Gespräch (Stimmungskongruenzeffekt). Die türkische Familie kommt pünktlich zum vereinbarten Termin zur Tür rein. Der Mann klopft, wartet die Reaktion der Sachbearbeiterin allerdings nicht ab, sondern stürmt direkt in den Raum und setzt sich auf den Stuhl. Seine Frau, die auch noch schwanger ist, kommt langsam nach, sie trägt zwei Einkaufstaschen und lässt sich sichtlich gestresst auf dem Stuhl nieder. Die Sachbearbeiterin Frau Müller spart sich die Begrüßung und sagt zuerst: „ Sie hätten ihrer Frau ja wohl mal die Taschen abnehmen können“. Der Mann fühlt sich von Frau Müller bevormundet und lässt sie dies auch spüren. Für die Sachbearbeiterin ist der Fall klar, der Verlauf des Gespräches bestätigt ihren ersten Eindruck, der Mann scheint mit Frauen, vor allem als Autoritätsperson nicht klar zu kommen (Urteilsstabilisierende Kognitionen). Frau Müller verhält sich ihren ersten Eindruck entsprechend und provoziert mit ihrem Verhalten (die direkte Rüge zu Anfang) genau das Verhalten, das sie von dem Mann erwartet hat (urteilsstabilisierenden Interaktion). Frau Müller wurde in ihrer Meinung gegenüber dem türkischen Familienvater bestätigt, der Mann hat sich wie erwartet entsprechend Verhalten, es liegt eine sich selbsterfüllende Prophezeiung (self-fulfilling prophecy) vor.
2 Soziale Interaktion in Gruppen
2.1 Der Wirkungsmechanismus des informativen und des normativen Einflusses bei Konformitätseffekten in Meinungsbildungsprozessen in Gruppen
Bei Meinungsbildungsprozessen innerhalb von Gruppen kommt es häufig zu Konformität in der Meinungsbildung, dies erklärt Hartung (2010, S.108-110). Meinungen werden aufgrund der allgemeinen Gruppenhaltung dahingehend verändert, dass man an der eigenen Minderheitsmeinung zweifelt, die Mehrheitsmeinung für richtig ansieht und sich dieser anpasst (informativer Einfluss).
Hält man an seiner Minderheitsmeinung fest, schließt sich aber aufgrund von Angst vor Protest, Statusverlust oder Ausgrenzung offizielle der vorherrschenden Meinung an, spricht man vom (normativen Einfluss).
2.2 Bedingungen, die die Wahrscheinlichkeiten von Konformitätseffekten von Gruppen erhöhen
Folgende Merkmale erhöhen den Konformitätseffekt von Gruppen (Hartung 2010, S. 110-111):
- Ist in der Gruppe ein hoher Zusammenhalt (Gruppenkohäsion) vorhanden, nimmt man eigentlich an, dass gerade in so einer Situation das Vertreten einer Minderheitsmeinung kein Problem darstellen würde, trotzdem erfolgt oftmals eine Meinungsanpassung. Nicht wegen dem möglichen Gruppendruck, man vermutet eher, dass stärker auf die Urteilskraft (Kompetenz) der Gruppe vertraut wird.
- Bereitet man z. B. zusammen ein Referat (Prüfungsleistung) vor, steigt die Abhängigkeit der Gruppenmitglieder voneinander (erhöhte Bedeutsamkeit der Entscheidung bzw. Benotung), der Konformitätsdruck steigt.
- Stützt die Gruppe ihre einheitliche Meinung eher auf fundierte Quellen (wissenschaftlich belegte Fakten), im Gegensatz zu nicht belegten Annahmen, zweifelt man an der eigenen Meinung und stimmt der Menge zu.
- Der Konformitätsdruck ist von dem Größenverhältnis der geschlossenen Mehrheit (Majorität) gegenüber der Minderheit abhängig. Je größer die Mehrheit, desto deutlicher steigt der Konformitätsdruck.
2.3 Moderationstechniken für eine offene und differenzierte Meinungsbildung in Gruppen- im Teamgespräch
Es gibt verschiedene Formen der Gesprächsleitung einer Gruppe, um das Wissen, die Erfahrung jedes Individuums und den im Gespräch entstehenden Wissensaustausch und dessen Weiterentwicklung optimal zu nutzen. Ziel ist es, das volle Potential auszuschöpfen und durch wechselseitige Anregung und Unterstützung die sog. Synergie- Effekte (die Leistung der Gruppe ist mehr als die Summe der Einzelleistungen) auszulösen und dem Konformitätseffekt entgegenzuwirken. Einfluss auf den Inhalt sollte die moderierende Person nicht nehmen. Um eine Gruppe optimal durch die Moderation zu ihrem Ziel zu führen, ist zunächst die eigentliche Gruppenaufgabe zu bestimmen (Hartung, 2010, S.116-123). Handelt es sich um eine disjuktive Aufgabe geht es um die Problemlösung, bei der Bewältigung von konjunktiven Aufgaben ist jedes Mitglied der Gruppe gefordert aktiv mitzuarbeiten (z. B. Bergsteigen), bei additiven Aufgaben spricht man von Maximierungsaufgaben (z.B. Gewichte ziehen), (Schulz-Hardt und Bordbeck, 2007, S. 446-449).
Um die differenzierte Meinungsäußerung in einem Teamgespräch zu fördern, werden oft Phasen der Einzelarbeit oder Kleingruppenarbeit empfohlen. Man kann sich in einem kleineren Rahmen besser austauschen (es bestehen weniger Koordinationsschwierigkeiten durch die geschmälerte Anzahl an Stimmen), man ist motivierter und fühlt sich geforderter.
Bewährt haben sich auch anonyme Meinungsbeitragungen, oder auch Kartenabfragungen und anonyme Punktvergaben. Der Druck (was die anderen wohl denken) und die evtl. öffentliche Notwendigkeit der Rechtfertigung werden genommen.
Die Förderung von Kooperation und Beziehungsqualität kann durch das transparent machen der Aufgaben (unmissverständliche Darlegung der Aufgabe bzw. des Ziels), dem Aufwand und dem Nutzen für alle Beteiligten, erreicht werden. Alle fühlen sich gleich informiert, keiner ist im Nachteil. Eine unmittelbare Kommunikation in der Gruppe fördert die Kooperationsbereitschaft untereinander. Die Anregung zu gegenseitigem Feedback fördert einen offenen und fairen Umgang miteinander und ermöglicht einen wechselseitigen Verständigungs- und Aushandlungsprozess. Die Anregung die Mehrheitsmeinung noch einmal zu Überdenken und auch die Meinungen der Minderheiten intensiver zu besprechen, fördert die Zufriedenheit der Minderheit, wenn ihnen explizit Raum zum vertreten ihrer Meinung eingeräumt wird Die Rolle des Moderators sollte Jeder einmal übernehmen. Im Bezug auf die Aufgabebewältigung und die Moderationstechniken sollte man aufgeschlossen und flexibel sein, denn nur so lässt sich die optimale Effektivität in der Aufgabenbewältigung und im sozialen- Umgang miteinander erzielen.
3 Alltagspsychologie versus wissenschaftliche Psychologie
3.1 Definition - aggressives Verhalten
Hartung (2010, S. 142-143) definiert Aggressionen wie folgt: „ Aggressives Verhalten, hat das Ziel die eigene Interessen und Bedürfnisse bewusst durchzusetzen, ohne Rücksicht auf die Schädigung anderer“. Unter der verbalen Aggression versteht man z.B. Drohungen, Beleidigungen, Verbreitung von schädigenden Gerüchten…. Physische Aggressionen sind körperliche Angriffe, die sich gegen eine Person oder gegen Eigentum richten können. Versucht man dem Ruf bzw. das Image einer Person oder Gruppe durch sozial- manipulatives Verhalten zu schaden, spricht am von rationalen (Beziehungsbezogenen) Aggressionen. Diese Schädigung kann offene (abwertende Erwähnungen oder sich lächerlich machen) oder verdeckt (Gerüchte, Verleumdungen oder Lügen werden verbreitet) erreicht werden. Schädigungen die nicht absichtlich oder im Zustand der Erregtheit oder Anspannung (ohne Ziel der Schädigung) passieren, sind von aggressivem Verhalten abzugrenzen. Die Ausprägung von aggressivem Verhalten ist abhängig vom Alter und auch Geschlecht, (vgl. Nolting, 2005, S. 146-153).
3.2 Wirkmechanismen
Wächst man in einem sozialen Brennpunktgebiet (hohe Kriminalitätsrate) auf, besteht ein erhöhtes situatives Risiko, dass man z.B. durch den Umgang mit bereits straffällig gewordenen Personen selbst ein über dem Normalmaß liegendes aggressives Verhalten entwickelt (1). Die Förderung von personalen und sozialen Kompetenzen wird stark durch die Eltern beeinflusst. Ein positives familiäres Umfeld, indem das Kind oder der Jugendlichen in einem geregelten Tagesablauf aufwächst, gesellschaftliche Normen und Werte, Empathie und Konfliktfähigkeit vermittelt bekommt, kann als Schutzfaktor gegen die Entwicklung von aggressivem Verhalten wirken (5). Von einer positiven familiären Prägung profitiert man lebenslänglich (Fuhrer, 2008, S.109).
Ein erhöhter Fernsehkonsum (3) in Verbindung mit Gewaltdarstellenden Elementen begünstigt aggressives Verhalten. Das Einsetzten von Gewalt wird als Handlungsmöglichkeit angesehen, um die eigenen Interessen durchzusetzen (Hartung, 2010, S.163). Es sollten alternative Freizeitangebote (6), wie Sportvereine oder Jugendgruppen angeboten werden. Gemeinsame Aktivitäten zwischen Kindern und Jugendlichen und auch zwischen den Eltern und den Kindern und Jugendlichen fördert den Kontakt, stärken das Miteinander und die Solidarität untereinander (Hartung, 2010, S.165), (Hartung, 2008, S. 376-377).
Niedrige Intelligenz (2) ist ein weiterer personaler Risikofaktor für die Entwicklung von aggressivem Verhalten (Ihle, Esser & Schmidt, 2005, zit. in Hartung, 2010, S. 133, S. 152). Das Kind fühlt sich Minderwertig, durch die ständigen Misserfolge aufgrund von schlechten Schulnoten und evtl. Sanktionen durch die Erziehungsberechtigten ist es frustriert. Um ein Kind gezielt, einzeln fördern zu können, wäre der Besuch einer Hausaufgabenhilfe (4) hilfreich. Dort kann man sich intensiv mit den Problemen beschäftigen und versuchen schulische Defizite aufarbeiten und so auch das Selbstbewusstsein / Selbstvertrauen und die Motivation des Kindes wieder stärken.
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