Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Forderungen an die Soziologie
Das Kohortenkonzept als Datenverwaltungskonzept
Methodologie einer Kohortenanalyse – eine qualitative Differenzierung
Verwendung von Kohortendaten, um Generationen zu beschreiben
Vorteile einer qualitativen Methodologie
Generationen: Mannheimsches Spezifikum der Bewusstwerdung
Generation und Altersgruppe – eine konzeptuelle Differenzierung
Generationen- vs. Altersgruppenkonflikt
Das Problem der Eingrenzung
Fazit
Kurze Biographische Information
Forderungen an die Soziologie
Victor Marshall formuliert in seinem Aufsatz “Tendencies in Generational Research. From Generation to the Cohort and Back to the Generation” deutliche Forderungen nach klaren Konzeptualisierungen und einem Gebrauch von eindeutigen Begrifflichkeiten, wenn generationale bzw. Altersrelationen untersucht werden. Er weist hierbei ausdrücklich auf die Schwierigkeiten für Soziologen hin, wenn diese unklar oder mehrdeutig verwendet werden[1]. Dies sei auch ein Grund, weshalb Begriffe wie Generation, Kohorte oder Altersgruppe ungern in der Soziologie verwendet werden. Allerdings stellt Victor Marshall hier ebenso den alleinigen Nutzungsanspruch dieser Begriffe für die Soziologie, welchen er weder ausreichend begründet noch sehe ich darin aufgrund oftmals interdisziplinärer Forschungen besondere Plausibilität.
Im Hinblick auf Forschungen zu Generationstheorien solle die Soziologie auf Mannheims Konzept der Historischen Generationen zurückgreifen, da das Kohortenkonzept in seinen Anwendungsmöglichkeiten limitiert sei. Diese Begrenzung zeige sich insbesondere in der auf Alter oder Generation basierenden politischen Soziologie und in der Analyse von kultureller Verschiedenheit von Generationen.
Wie Victor Marshall nun versucht, sich Mannheims Generationenkonzept und dessen Problematiken zu nähern, worin Marshalls Forderungen aber auch Leistungen bestehen, seine Definitionen und Differenzierungen von Begriffen und Konzepten, will ich im Folgenden nachgehen.
Wie definiert man Generationen und wie kann man diese von anderen abgrenzen? Im Prinzip die wichtigsten Fragen, deren befriedigende Beantwortung uns Victor Marshall allerdings schuldig bleibt. Er problematisiert diese zwar, aber verstrickt sich hierbei in eigene Kritikansätze.
Das Kohortenkonzept als Datenverwaltungskonzept
Victor Marshall spricht sich dafür aus, das Kohortenkonzept nicht als theoretisches, sondern als rein methodologisches zu betrachten und zu verwenden, da dies für den Forscher eher praktische Gründe habe, nämlich um große Mengen an Daten zu verwalten.
Er beruft sich auf Norval Glenn und Maddox und Wiley, wenn er schreibt, dass das Kohortenkonzept eine atheoretische Natur besitze, da man dessen Grenzen willkürlich und beliebig definieren könne. Damit wird dieses Konzept zu einem einmaligen und zudem unvergleichbaren, wobei dies für Forschungen auf Mikroebene sicherlich interessant, aber vor allem ein nützliches „Werkzeug“ zur Organisation und Verwaltung von Daten sei, z.B. zur Erstellung von amerikanischen Zensus Daten (5-Jahres Geburtskohorten).
Aufgrund dieser definitorischen Willkürlichkeit setzt sich Victor Marshall nachstehend dafür ein, Kohorten – wie meist üblich – tatsächlich als Geburtskohorten zu gebrauchen.
Methodologie einer Kohortenanalyse – eine qualitative Differenzierung
1-Jahres Geburtskohorten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Verwendung von Kohortendaten, um Generationen zu beschreiben:
Nimmt man hier 1-Jahres Geburtskohorten als Voraussetzung[2] und verfügt über viele Informationen über die einzelnen Kohortenmitglieder, so kann man die Daten danach untersuchen, ob nahe beieinander liegende Geburtskohorten spezifische soziale Charakteristika teilen und somit zu einem Kohorten-Cluster zusammengefasst werden können. Diese Differenzierung erfolgt somit auf der Ebene der Sozialstruktur. Beispiele hierfür gibt er nicht an. Diesen Cluster bezeichnet Victor Marshall als Generation, um eine Unterscheidung zu willkürlich aneinander gereihten, quantitativen Kohorten in regulären Intervallen zu treffen. Denn es ist anzunehmen, dass Generationen durch diese Art der Differenzierung nicht in rhythmischen Abständen auftreten.
Das Ziel einer Beschreibung von Generationen liegt nun darin, die qualitativen Unterschiede bezüglich theoretisch relevanter Merkmale herauszuarbeiten.
[...]
[1] Über diese Unklarheit der Begriffsverwendung von Generation wurde im Rahmen des Seminars insbesondere diskutiert bei: Schatz, Jaff (1989): The Generation: The Rise and Fall of the Jewish Communists of Poland. Dissertation; Universität von Lund (und 1991: Berkeley, University of California Press)
[2] Victor Marshall nimmt dies als grundlegende Voraussetzung für seine Überlegungen.