Die Gedankenwelt Friedrich Nietzsches ist in ihrer philosophischen Bedeutsamkeit für die europäische Philosophiegeschichte essenziell. Seine poetische Sprache, sein Genie und seine andauernde Aktualität begeistern viele seiner Leser. Doch worin mag diese außergewöhnliche Faszination, die seine Leser bis heute in den Bann zieht, bestehen?
Dieser Arbeit liegt die Überzeugung zu Grunde, dass die außergewöhnliche und schwer zu beschreibende Kraft des Werkes Nietzsches vor allem mit der eigentümlichen Verschränkung von Form und Inhalt zusammenhängt. Diese soll hier mit besonderem Fokus auf den Leser untersucht werden. Durch welche literarischen Mittel lässt Nietzsche den Leser was erfahren? Und welche Konsequenzen hat seine Art und Weise des Schreibens auf die Haltung des Lesers?
Zwar ist der „Nietzscheleser“ an sich nie zu beschreiben, da jeder Leser sich und sein Leben in die Lektüre hineinträgt, dennoch möchte ich versuchen Hinweise in den sprachlichen Mitteln Nietzsches und in seinen eigenen Äußerungen über sein Schreiben zu finden, die eine gewünschte Wirkung seiner formulierten Sprache erkennen lassen. Nach einigen Vorbemerkungen zu Nietzsches Auffassung von Stil und Sprache soll der Aphorismus, der ein wesentlicher Bestandteil der Schriften Nietzsches ist, in den Blick genommen werden. Er interessiert zunächst als außergewöhnliche Art des Philosophierens, besonders in Hinblick auf seine dialektische, offen-geschlossene Form.
Anschließend sollen beispielhaft zwei Aphorismen der Fröhlichen Wissenschaft herausgegriffen werden und auf heraus stechende literarische Mittel untersucht werden. In einem anschließenden Exkurs soll besonders die Metapher in ihrem spezifischen Wahrheitscharakter nach Hans Blumenberg beleuchtet werden. Es handelt sich in dieser Arbeit um eine Auswahl von Aphorismen, der kein besonderes Schema zu Grund liegt, da dieses Vorhaben grundsätzlich mit jedem Aphorismus Nietzsches möglich wäre. Aus der Analyse sollen Konsequenzen und Wirkungen für die Denkhaltung des Lesers herausgearbeitet werden, die anschließend mit dem Charakter des „freien Geistes“, den Nietzsche entwirft, in Verbindung gebracht werden (Kapitel 4). Dabei leitet mich die These, dass die intensive Lektüre von Nietzsches Aphorismenbücher, genauer der Fröhlichen Wissenschaft als Einübung in eine philosophische Haltung des freien Geistes verstanden werden kann.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Einleitung
- 2. Nietzsches Auffassung von Stil und Sprache
- 2.1. „Der Stil muss leben“
- 2.2. Wir „besitzen doch nichts als Metaphern der Dinge“
- 3. Nietzsches literarische Mittel in ihrer Wirkung auf den Leser
- 3.1. Der Aphorismus als Nietzsches philosophische Form
- 3.2. Aphorismus 307: Zu Gunsten der Kritik
- 3.3. Aphorismus 343: Was es mit unserer Heiterkeit auf sich hat
- Exkurs zur Metapher nach Hans Blumenberg
- 4. Der Charakter des freien Geistes und die Herausforderungen des Lesers
- 4.1. Schaffend im Angesicht des radikalen Nichts
- 4.2. Das Bild des Tanzes als Notwendigkeit der Bewegung
- 4.3. Die wenigen freien Geister
- 4.4. Die Übung des freien Geistes und die Kunst des Lesens
- 4.5. Die Tugenden des freien Geistes
- 5. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die Arbeit verfolgt das Ziel, die besondere Kraft des Werkes Nietzsches, die sich in der Verschränkung von Form und Inhalt zeigt, zu untersuchen. Dabei liegt der Fokus auf der Wirkung des Schreibstils Nietzsches auf die Haltung des Lesers. Die Arbeit analysiert die literarischen Mittel, die Nietzsche einsetzt, um den Leser an seinen Gedanken teilhaben zu lassen, und untersucht die Konsequenzen, die sich für die Denkhaltung des Lesers ergeben.
- Nietzsches Auffassung von Stil und Sprache
- Der Aphorismus als philosophische Form
- Die Rolle der Metapher in Nietzsches Werk
- Der Charakter des „freien Geistes“ bei Nietzsche
- Die Einübung in die Haltung des „freien Geistes“ durch die Lektüre Nietzsches
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Kapitel 1: Einleitung
Die Einleitung stellt die Faszination für Nietzsches Werk heraus und erklärt, warum die Arbeit sich mit der Beziehung zwischen Form und Inhalt in seinen Schriften auseinandersetzt. Die Arbeit konzentriert sich auf die Wirkung des Schreibstils auf die Haltung des Lesers und versucht, Hinweise auf eine gewünschte Wirkung in Nietzsches Sprachmitteln und seinen Äußerungen über sein Schreiben zu finden.
Kapitel 2: Nietzsches Auffassung von Stil und Sprache
Dieses Kapitel beleuchtet Nietzsches Verständnis von Stil und Sprache. Es wird gezeigt, wie Nietzsche Sprache als Instrument der Kritik an einer überkommenen Wahrheitskonzeption nutzt und wie er durch seinen Stil den Leser zur Auseinandersetzung mit seinen Gedanken anregt.
Kapitel 3: Nietzsches literarische Mittel in ihrer Wirkung auf den Leser
Dieses Kapitel widmet sich der Analyse des Aphorismus als wesentlicher Bestandteil der Schriften Nietzsches. Es wird gezeigt, wie die dialektische, offen-geschlossene Form des Aphorismus die Denkhaltung des Lesers beeinflusst. Zwei Aphorismen aus der Fröhlichen Wissenschaft werden als Beispiele herangezogen, um herausstechende literarische Mittel wie die Metapher zu untersuchen. Im Exkurs wird die Metapher nach Hans Blumenberg im Hinblick auf ihren spezifischen Wahrheitscharakter beleuchtet.
Kapitel 4: Der Charakter des freien Geistes und die Herausforderungen des Lesers
Dieses Kapitel erörtert den Charakter des „freien Geistes“ in Nietzsches Werk und untersucht die Herausforderungen, die sich für den Leser ergeben, wenn er sich mit Nietzsches Schriften auseinandersetzt. Die intensive Lektüre der Aphorismenbücher, insbesondere der Fröhlichen Wissenschaft, wird als Einübung in eine philosophische Haltung des freien Geistes verstanden. Es wird gezeigt, wie Nietzsche den Leser subtil zu dieser Einübung auffordert.
Kapitel 5: Schluss
Der Schluss wird in dieser Zusammenfassung nicht berücksichtigt, um Spoiler zu vermeiden.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen und Begriffen im Werk Nietzsches, wie Stil, Sprache, Aphorismus, Metapher, freie Geist, Einübung in die Haltung des „freien Geistes“, philosophisches Schreiben, Wirkung auf den Leser und die Analyse von Texten. Die Arbeit untersucht, wie Nietzsche durch seinen Schreibstil den Leser zu einem kritischen und eigenständigen Denken anregt. Die Arbeit stellt die enge Beziehung zwischen Form und Inhalt im Werk Nietzsches heraus und zeigt, wie Nietzsche durch seine literarischen Mittel den Leser in einen Dialog mit seinen Gedanken einbezieht.
- Quote paper
- Laura Meinhardt (Author), 2015, "Lernt mich gut lesen!" Nietzsche lesen als Einübung in die Haltung des freien Geistes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311042