Zusammenfassung von "Strukturenwandel der Demokratietheorien" von Richard Saage und Ingrid Thienel-Saage


Zusammenfassung, 2014

75 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Zum Demokratieverständnis der Antike
1.1 Einleitung
1.2 Die wichtigsten Institutionen der attischen Demokratie
1.3 Das Selbstverständnis der attischen Demokratie
1.4 Antike Demokratietheorien in antidemokratischer Absicht: Platon
1.5 Das antike Verdikt der "äußersten Demokratie": Aristoteles

2 Partizipationsmodelle der Frühen Neuzeit
2.1 Einleitung
2.2 Alternative Integrationsmodelle der Republik
2.3 Frage nach bürgerlicher Interessendurchsetzung im "starken" Staat oder in der Ständeversammlung
2.4 Modernes Naturrecht und Demokratietheorie in der Großen Englischen Revolution (17.Jhd)
2.5 Die demokratische, utopische, liberale und autoritäre Spielart politischer Theorie

3 Demokratie am Vorabend der Französischen Revolution
3.1 Einleitung
3.2 Montesquieus Aufwertung der Demokratie im Schatten seines aufgeklärten Reform- Modells im Ancien Regime
3.3 Demokratie als Selbstbestimmung des Volkes: Jean- Jaques ROUSSEAU (1712-78)
3.4 Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung: der Geist von 1776
3.5 Der Streit zwischen Federalists und den Antifederalists
3.6 Demokratie und Republik im Spiegel der Federalist- Artikel
3.7 Die Auslegung der amerikanischen Verfassung zwischen den Positionen Hamiltons und Jeffersons

4 Zum Stand der Demokratietheorie in der Französischen Revolution
4.1 Einleitung
4.2 Sieyés: "Was ist der Dritte Stand?" und die Verfassung von 1791
4.3 Von der konstitutionellen Monarchie [Verf. v. 1791] zur Diktatur des Wohfahrtsausschusses
4.4 Der Verfassungsentwurf von 1793 und Robespierres Demokratieverständnis
4.5 Babeufs Antwort auf die großbürgerliche Direktorialverfassung
4.6 Burkes Kritik der revolutionären Demokratisierungsprozesse in Frankreich und Paines Antwort darauf

5 Demokratietheorien des 19. Jhds in Frankreich und England Zusammenfassung Strukturwandel der Demokratietheorien
5.1 Einleitung
5.2 Demokratie in Frankreich zwischen Napoleons Empire und dem Vorabend der 48er- Revolution
5.3 Die Debatte über die Demokratie vom Ende des napoleonischen Kaiserreiches bis zum Vorabend der 48er- Revolution
5.4 Liberal-konservative Demokratieinterpretation bei Toqueville und Guizot
5.5 Die Vorgeschichte der Wahlrechtsreform von 1832 in England
5.6 Demokratisierung und Chartistenbewegung
5.7 Die Reaktion auf den Chartismus im bürgerlichen Lager: Demokratietheorie bei John Stuart Mill und Walter Bagehot

6 Demokratie im Deutschland des 19. Jahrhunderts
6.1 Einleitung
6.2 Demokratische Impulse im Vorfeld der Revolution von 1848
6.3 Die Demokratie der deutschen Revolution von 1848
6.4 Das Paulskirchenparlament und die dt. Verfassung von 1848
6.5 Die Trennung der Sozialdemokratie vom bürgerlichen Liberalismus in Deutschland
6.6 Die Antwort des linksliberalen Bürgertums auf das Erbe Bismarcks

7 Demokratietheoretische Paradigmen in den ersten Republiken in Deutschland und Österreich
7.1 Einleitung
7.2 Zur Genesis und Geltung des rätedemokratischen Ansatzes
7.3 Sozialdemokratische Alternativen zur Herausforderung des "reinen Rätemodells
7.4 Demokratietheoretische Konzeptionen im Austromarxismus
7.5 Das linkliberale Demokratieverständnis im bürgerlichen Lager
7.6 Demokratie als faschistisches Legitimationsmuster

8 Reduzierte Demokratietheorien im Schatten des II. WK
8.1 Einleitung
8.2 Karl MANNHEIMS Konzept der sozialtechnisch "formierten" Demokratie
8.3 Schumpeters Modell der Konkurrenzdemokratie
8.4 Zur amerikanischen Rezeption der Konkurrenzdemokratie im zeitgenössischen Kontext
8.5 Aspekte der Kritik an Schumpeters Modell der Konkurrenzdemokratie

9 "Nachholende" Demokratisierung in der Bundesrepublik Deutschland
9.1 Einleitung
9.2 "Nachholende Demokratisierung" in Auseinandersetzung mit Schumpeters Konkurrenzdemokratie
9.3 Die Demokratie der frühen BRD und der "Technische Staat"
9.4 Das "neue" Demokratieverständnis im Zeichen der Außerparlamentarischen Opposition Zusammenfassung Strukturwandel der Demokratietheorien und der Studentenbewegung
9.5 Das status-quo-orientierte Veto gegen die Demokratisierung

Literatur- und Quellenangabe:

Einleitung

Ungenauer, verschwommener Politikbegriff: (A) Einerseits politischer Kampfbegriff, andererseits ein Begriff der mit der (B) Erwartung konfrontiert ist, einen sozi-politischen Sachverhalt unter empirisch-analytischen Gesichtspunkten m ö glichst eindeutig zu benennen.1 Es ist auffälltig, dass sich im 20. Jhd. so gut wie jedes Regime als "demokratisch" bezeichnete. Welche Wege zur Aufklärung des Begriffes gibt es?

Die Schwierigkeit der Definition wird klar, wenn man eine Annäherung von Seiten der Komparativen oder der Normativen Methode versucht:

- Komparative Methode: Mit Hilfe der Komparatistik wäre es möglich alle Staaten in einer Definition von Demokratie zu erfassen, die sich selbst so bezeichneten und bezeichnen (von der attischen Demokratie der Antike bis zu sozialistischen Volksdemokratien)
- Normative Bestimmung: Festlegung auf bestimmte Normen/ ein best. Grundmuster von "Demokratie". Problem: Der jeweilige normative Standpunkt ist prinzipiell austauschbar. Man versucht es also auf diesem Wege recht erfolglos, da man sich von jeweils außen, von verschiedenen Seiten an das Problem heranwagt.

Dieses Problem lässt sich lösen, indem man die Demokratie als historisch gewachsene Kategorie begreift, die als "Volksherrschaft" einen harten, nicht relativierbaren Kern aufweist. Drei Ebenen, die aufeinander bezogen sind, lassen sich unterscheiden:

1. Dimension des historischen Ringens um die Demokratie. Wer setzte sich für was ein? Wer forderte was in welchem Kontext? -> Akteursbezogene Ebene
2. Dimension der philosophischen Reflexion: Wie hat sich die Demokratie begrifflich- theoretisch in den Köpfen derer, die darüber in Schule machender Weise nachdachten, gebrochen hat. Auch deren Ziele (Kritik am Ist-Zustand, Bestärkung des Ist-Zustandes, Feldbereitung für eine mögliche kommende Demokratisierung,...)
3. Sozi- Technische Dimension: Frage nach den Realisationsmöglichkeiten von Demokratie bzgl. der technischen Möglichkeiten (Kommunikation, Verwaltung,...). Vgl. Agrargesellschaft - Moderner Staat.

Zusammenfassung Strukturwandel der Demokratietheorien

1 Zum Demokratieverständnis der Antike

1.1 Einleitung

Besonderheiten der Demokratie in der Antike waren: Die Exekutive hatte kein Eigengewicht

gegenüber der Volksversammlung; keine Parteien, sondern Personen ("Demagogen"); kleine Gr öß e (Stadtstaat).2 -> keine Gewaltenteilung

Der antike Demokratiebegriff meinte die (1) Herrschaft der in der Volksversammlung physisch präsenten Vollbürger (heute: repräsentative Demokratie). (2) Gleichheit und Freiheit der Bürger. Der attische Bürger war Herrscher (als Amtsträger) und Beherrschter (als Normalbürger) zugleich. Er unterwarf sich nur Beschlüssen mit Rückbezug auf die Volkssouveränität. (3) Gefordert ist Engagemant der Bürger für das gemeinsame Wohl.

Institutionalisierung sicherte die Ordnung (Schutz vor Pöbelherrschaft; vgl. Kritik Platons u. Aristoteles).

1.2 Die wichtigsten Institutionen der attischen Demokratie

- Freie Bürger: Nicht nach Ständen, sondern nach dem "Ein Mann eine Stimme"- Prinzip wurde abgestimmt.
- Beteiligungsrechte: Sogar die Thetes (der "plebs" Griechenlands) hatte das aktive und
passive Wahlrecht. Vollbürger war jeder, dessen Eltern beide Athener waren. Etwa 43.000 Männer (bei 115.000 Sklaven, 28.500 Metöken) gehörten im 5.Jhd. v. der Aktivbürgerschaft an. Di ä ten ermöglichten es den Thetes ihr passives Wahlrecht auszuüben. Kein Frauenwahlrecht (erst ab 20. Jhd.).

Die attische Demokratie besaß im Vergl. als Staatsform absoluten Ausnahmecharakter in der Antike.

Die Volksversammlung: Durchschnittliche Zahl der anwesenden Vollbürger betrug etwa 6.000; Basisdemokratie -> Direkte Demokratie (im Unterschied zur röm. Volksvers., die nur mit "Ja" u. "Nein" abstimmte), in der jede Frage behandelt werden konnte.

Aufgabe also: Gesetzgebung, Krieg & Frieden, Beamte w ä hlen, absetzen und beauftragen, Einsetzen der Feldherrn f. Feldzüge (+ Truppenstärke), Finanzen, religi ö se Fragen. Diese Themen waren je Teil der ersten Sitzung; in der zweiten Sitzung konnte jeder ein Bittgesuch in privaten und öffentlichen Angelegenheiten vorbringen. Alle anderen Dinge wurden in der dritten und vierten Sitzung abgehandelt.

Rat der Fünfhundert: Organ zur Unterst ü tzung der Handlungsf ä higkeit d. Volksversammlung über Erstellung von Gesetzesvorlagen (jedoch Volksversammlung der absolute Souverän - jede Ablehnung, Änderung,... möglich), Empfang ausländischer Gesandter.

Wahl des 500er- Rates durch Los. Nur zwei Sitzungsperioden der Mitglieder möglich.

Das Archontat: Exekutivausschuss. Trennung der Gewalten (Legislative, Exekutive, Judikative) war in der attischen Demokratie noch weit weniger ausgeprägt als heute. Richtlinienkompetenz wurde ausschlie ß lich von der VV ausge ü bt. Die wichtigsten gewählten Beamten waren die 10 Feldherren/ Strategen, die einem Hearing unterzogen wurden und nach einem Jahr wieder bestätigt werden mussten. Ihre Befehlsgewalt war ausschließlich auf den mil. Bereich beschränkt. Weitere gew. Beamte waren der Flottenbaumeister, die Finanzexperten und der Leiter der städtischen Wasserversorgung. Die Ämtervergabe der restlichen Ämter erfolgte bei Los. Die Ämter wurden mit Diäten vergütet, so dass auch die Armen ihr passives Wahlrecht im Archontat ausüben konnten. Aufgaben der Beamten (bspw.): Ratsvorsitz, Beschwerdeprüfung, Marktaufsicht, Finanzbeamter, Heiligtumspflege.

Die Wahl durch Los beugt der Entstehung einer Expertokratie vor und zeigt das Vertrauen der Athener, dass jeder Bürger in der Lage sei ein Amt auszuüben.

Geschworenengerichte: Wie die obigen Institutionen getragen vom Prinzip der uneingeschr ä nkten und direkten Volksherrschaft; Wahl d. Los; kompliziertes Zuteilungssystem um Korruption vorzubeugen. Kläger und Beklagte vertraten ihre Sache selbst - Anwälte höchstens Ratgeber. Urteil durch einfache Mehrheit. Konnten alle Strafen verhängen

1.3 Das Selbstverständnis der attischen Demokratie

Ein Bsp. dafür ist die Totenrede des Perikles (um 500- 429 v.; überliefert von Thukydides (460- um 400) in der "Geschichte des Peloponnesischen Krieges) - eines der wenigen Dokumente der Antike, die die Demokratie verteidigen. Eleonore Sterling fasst zusammen:

1. Gleichheit bei individueller Vielfalt: Jeder kann für das Gemeinwesen ohne Ansehen seines Namens, je nach seiner Leistung etwas beitragen.
2. Polis ermöglicht gesellschaftlichen Aufstieg.
3. Toleranz: Freies Geltenlassen auch des anderen im Leben.
4. Geistige Freiheit: Keine Furcht vor dem Fremden
5. Oikonomia und Polis sind verbunden. Privatleben u. Politik.
6. Politik/Polis ist Angelegenheit aller.
7. Gl ü ckliche Vielseitigkeit: Bspw. Erziehung der Kinder zur Freiheit und nicht zu Starre.
8. Aussprache als Problemlösungsmittel

Kern des klassischen Demokratiebegriffs: Teilnahme aller Vollb ü rger an der diskutant aufzuhellenden politischen Entscheidungsfindung. Perikles betont hier in einem sehr liberalen Sinne die Freiheitsrechte (Gleichheit aller vor dem Gesetz, jedoch sozial nicht alle gleich). Je nach Fleiß, Inelligenz, Verdienst,... ist es möglich aufzusteigen.

Kritik an der Rede des Perikles: Sie klammert die sozio- ö konomischen Widerspr ü che aus.

Einerseits gab es ein System ausgebildeter Bankwirtschaft, Handelsunternehmungen, Reedereien, Berwerken,... andererseits blieb ein Teil der Landwirtschaft unter der Leitung der Oikodespoten (adelige Großgrundbesitzer), die Subsistenzwirtschaft betrieben ("Ökonomie d. ganzen Hauses"). Die Arbeit wurde großteils von Sklaven verrichtet. Es gab soziale Kämpfe zwischen Arm und Reich im Inneren. Andererseits berieben des einfache Volk und die Oligarchen gemeinsam eine imperialistische Au ß enpolitik (z.B. Expedition nach Sizilien). Letzendlich war diese Au ß enpolitik f ü r den Niedergang mitverantwortlich.

Durch die Kritik Platons und Aristoteles' an diesem System entstand im Laufe der Zeit ein pejorativer Demokratiebergriff, der bis in die Neuzeit nachwirkte. Die Konflikte im Inneren und die expansionistische imperialistische Politik haben den Blick auf die antike Demokratie geprägt. Im Kern ist die antike Demokratiekritik eine Art konservative Kapitalismuskritik. Eine Enteigung der Wohlhabenden wäre durch die Gleicheit der Stimmen möglich gewesen, doch war dies nie der Fall.

Durch die Gleichheit vor dem Gesetz und die wirtschaftliche Ungleichheit, ließ die attische Demokratie Raum f ü r hemmungsloses Gewinnstrebem, aus dem Platon u. Aristoteles die Zerrissenheit der attischen Demokratie ableiten. => Ihr stellten sie ihre statischen und elitären Gegenmodelle als die vermeintlich bessere Alternative gegenüber.

1.4 Antike Demokratietheorien in antidemokratischer Absicht: Platon

In der Politeia kritisiert Platon (427- 348/47) die Sicht des Perikles: Nicht einfache Bürger könnten das Gemeinwohl durch Politik sicherstellen, sondern nur die Elite des Wehrstandes und der Philosophen. Wo bei Perikles die Bürger generell sozial mobil sind, ist bei Platon soziale Mobilit ä t nur punktuell möglich. Perikles vertrat eine positive Sicht auf die direkte politische Beteiligung der Bürger.

Platon hatte einen pejorativen Demokratiebegriff ( = Herrschaft der Vielen = emotionaler Ausdruck der Stimmung ignoranter Massen).

Lehre vom Verfall der Verfassungen: Aus der Herrschaft der Besten (i) (Aristokratie ->) geht die (ii) Timokratie -> (Herrschaft der Schlechteren, Hang zu Zorn und Geldgier). Setzen sich diese negativen Elemente aufgrund kosmischer Konstellationen allein durch entsteht die (iii) Oligarchie, die eine Klassenspaltung zw. Arm und Reich herbeiführt. Im Laufe der Zeit beginnen die Jungen der Oligarchie sich der Verschwendungssucht hinzugeben -> moralischer Verfall. Für die Kriegsführung müssen die Reichen die Armen bewaffnen um Truppen zu haben. Diese werden sich ihrer physischen Überlegenheit bewusst und wenden sie gegen diese => (iv) Demokratie ->. Aus der Demokratie entsteht die (v) Tyrannis, weil Demagogen aus der verarmten Schicht der Sophisten die wichtigsten Ämter besetzten.

Erklärung Umschwung Demokratie -> Tyrannis: Auch in der Demokratie ist alles aufs Erwerben eingestellt -> eine vermögende Schicht entsteht. Durch ein Anziehen der Steuerschrauben durch das von Demagogen manipulierte Volk kommt es zur Verschärfung des Konflikts. Die Oligarchen werden noch oligarchischer. Ein Demagoge nutzt dies und steigt durch Beseitigung demokratischer Rechte zum Tyrannen auf. Die äußerste Freiheit der Demokratie wird zur äußersten Unfreiheit: der tyrannis.

1.5 Das antike Verdikt der "äußersten Demokratie": Aristoteles

Die Vollbürger sollen weder das "Leben eines Kaufmanns, noch eines Handwerkers" führen, sondern nach Tugend streben, sind daher von der Arbeit befreit, da es der Muße bedarf tugendhaft zu werden und Staatsgeschäfte besorgen zu können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Eigene Darstellung)

Aristoteles = egalitärer, gegen Demokratie gerichteter Denker (vgl. Schrift 'Politik') -> keine pol. Partizipation des "Pöbels".

- Vollbürger bedarf Muße zur Ausbildung der Tugend und Besorgung der Staatsgeschäfte
- Vollbürger ist Oikosdespot; monogam; Privateigentum
- Gegen Schatzbildung um ihrer selbst willen (Kritik am antiken "Kapitalismus"; zerstört Tugend durch Egoismus)
- Kriterium guter oder schlechter Herrschaft: Verwirklichung des Gemeinwohls (gut: Monarchie, Aristokratie, Politie; schlecht: Tyrannis, Oligarchie, Demokratie)
- Demokratie für A. Immer direkte Demokratie
- "Gleichheit nach der Zahl" in der Demokratie "nicht nach der Würdigkeit"
- Bäuerliche Demokratie: älteste Form der D.; beste Demokratie, da Bauern keine Zeit für andauernde pol. Teilnahme an der Versammlung;
- Proletarische Demokratie: Schlechte D.; Thetes; Diäten; mehr Zeit zur Teilnahme als Reichen, die arbeiten und verwalten.

Übergang zur Tyrannis

- A. einig mit P.
- Demagogen verf ü hren Menge -> historisch allerdings an der attischen D. Nicht verifizierbar (Niedergang durch Oligarchen (Krieg))
- Aristoteles Demokratietheorie lässt bemerkenswerten Realismus erkennen:
- Stabilit ä tskriterium der Volksherrschaft: Breite Streuung des (kleinen) Privateigentums
- Reine Aristokratie nicht verwirklichbar
- Optimale Mischung der Staatsformen: Beteiligung der Vielen in der Politie für Stabilität
- Politie: demokratisches Element; oligarchisches Element; Zensus; folgenreiches Lehrstück der "Politik" (vgl. Polybios interpretation des röm. Staates)3

2 Partizipationsmodelle der Frühen Neuzeit

2.1 Einleitung

Zwei Tendenzen: (a) Aufl ö sung der mittelalterlichen Ordo (theologische Interpretation der Welt); sowie: (b) Ausbildung autonomer Sph ä ren der Wirtschaft, Kunst, Religion, Wissenschaft,... (Ausdifferentierung). => verlangte nach einem nach innen und außen souveränen Gemeinwesen zur Integration: frühneuzeitlichen Staat (zentralisierte B ü rokratie; stehendes Heer). Der Zerfall der mittelalterl. Ordo führte zu massiven Integrationsproblemen in der Fr ü hen Neuzeit, worauf Morus und Macchiavelli eine Antwort suchten (Vorbild Politie, Leistungsprinzip,...) Partizipationsdiskussion: Ausgelöst durch die Notwendigkeit den Dritten Stand miteinzubeziehen aufgrund gewachsener Komplexit ä t des Gemeinwesens. Außerdem setzte sich der Frühkapitalismus als wirtschaftliche Form gegenüber der feudalen Subsistenzwirtschaft durch (Gewinnmaximierung; Produktion für regionale und überregionale Märkte; bspw. Einhegungsbewegung in England). Kritik an diesem Prozess durch Thomas Morus.

Kapitalismus: Tr ä ger: frühbürgerliche Schichten des Dritten Standes; Prinzip der Buchf ü hrung; marktorientierte Gewinnmaximierung; -> Entstehendes Selbstbewusstsein + Wirtschaftlicher Einfluss => Streben des Bürgertums nach Gleichheit mit dem Adel.

Grundfragen des Partizipationsstrebens

1. Nach welchen Prinzipien sollte das angestrebte Gemeinwesen funktionieren? (individualistisch oder antiindividualistisch)
2. Welche Akzentsetzung innerhalb des Staates? Adel oder Dritter Stand? Starker Staat Garant der Freiheit oder Stände?

2.2 Alternative Integrationsmodelle der Republik

(A) Niccolo MACHIAVELLI (1469-1527):

- Soziopolitischer Konflikt ist Grundvoraussetzung f ü r innere Dynamik -> - Entscheidungfindung a posteriori
- M. Knüpft an die Regierungsformenlehre der Antike an (Platon u. Aristoteles). => Wie ist dem Umschlag in schlecht Regierungsform Einhalt zu gebieten?
- Vorbild der r ö mischen Mischverfassung (Konsuln-> monarchisch + Senat -> aristo. Volksversammlung-> Demokratisch). Macchiavelli interpretiert interpretiert das Zusammenspiel der drei Komponenten der röm. Verf. Konflikttheortetisch.
- Pejorativer Demokratiebegriff (bei M. Immer als direkte Demokratie verstanden). Misst Volk wie Aristoteles gewisse Qualitäten bei.
- Internen politischen Konflikt sieht er als Ursache der Freiheit an (= Interessensausgleich zw. Armen und Reichen). Individualistisch ausgerichtet (Im Gegensatz zu Morus)
- Funktionsbedingungen einer Republik:
- Privateigentum (Anerkennung der bestehenden Agrarverfassung) - kein Feudaladel (Burgen, Vasallen, ...)
- Leistungsprinzip (Erwerb des Amtes müsse "der Lohn der Tüchtigkeit, nicht der Geburt" sein)
- Gem äß igter Konflikt (darf den Rahmen der Republik, d.h. Der gemischten Verfassung, der Politie nicht sprengen)

In ä u ß erster Zerr ü ttung kann die Herrschaft eines Principe,quasi eines Diktators notwendig

werden, der die Bedingungen der macchiavellistischen Republik wieder herstellt. Unter normalen Bedingungen ist die Republik die optimale Staatsform, in der das frühe Bürgertum Tugend, Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst, etc. entfalten kann.

(B) Thomas MORUS (1478-1535):

- Andere Variante der gemischten Verfassung (Politie) in
- Form eines statischen Harmoniemodells (im Gegensatz zu M. (Konflikt)).
- Schrift (1516): Utopia:
- Der utopische Staat/ die gemischte Verfassung d. Thomas Morus:
- Wahlen
- Repräsentationssystem; drei Komponenten:

1. lebenslang gewählten Staatspr ä sidenten (= monarchisches Element)
2. Senat mit legislativen Funktionen (= aristokratisches Element)
3. Volksversammlung, der jede wichtige Frage vorgelegt werden muss (= demokratisches Element)

- System ausbalancierter Gegengewalten -> um Tyrannis vorzubeugen - konfliktfreier Konsens a priori (im Gegensatz zu M.) - Abschaffung der St ä nde = Geburtsprivilegien - System etatischer Ü berwachung
- einheitliche Erziehunginstitutionen - Arbeitspflicht für alle
- Antiindividualistisch = Gemeineigentum (Beseitigung materieller Konflikte); Partizipation wäre somit nicht Interessensdurchsetzung, sondern Bestätigung der pol. Ordnung.
- Politische Elite: Platons Elite der Philosophen nachgebildet; Wissenschaftlich Gebildete, keine Arbeitspflicht, besseres Essen, Auf- und Abstiegsm ö glichkeit (Leistungsprinzip entscheidend)

Preis der Freiheit ist bei Macchiavelli der Konflikt; bei Th. Morus der alles kontrollierende Staat (heimliches Vorbild im Absolutismus), der von den Fesseln der Ständegesellschaft befreit ist.

2.3 Frage nach bürgerlicher Interessendurchsetzung im "starken" Staat oder in der Ständeversammlung

Jean BODIN - pro Interessen des Besitzb ü rgertums im starken Staat. Theoretische Fundierung dieser.

- Kontext Bodins: Religionskriege in Frankreich
- Werk: Sechs B ü cher ü ber den Staat"
- Absolute Herrschaft: Recht des Herrschers Gesetze zu erlassen ohne irgend einer Person Rechenschaft ablegen zu müssen (Krieg, Frieden, Beamte ernennen,...) - Garantie f ü r die Verwirklichung bürgerlicher Interessen nur Souveränität, die "permanent, absolut und unteilbar" ist.
- Demokratie muss in einem solchen Ansatz als Fehlentwicklung erscheinen -> pejorative Begriffsbedeutung (Herrschaft des Pöbels; Anarchie). Als Negativbsp. Nennt er die Anabaptisten / Wiedertäufer der Stadt Münster. Nach Bodin führe Demokratie unweigerlich in die Anarchie.

Kennzeichen: Gegensatz Arm <> Reich.

- Lehnt gemischte Verfassung ab
- Unterscheidet zwischen Staats- und Regierungsform:
- Staatsform: quantifiziernde Einteilung der Antike, Anzahl der Herrschenden: Einer, Mehrere, Viele
- Regierungsform: Art und Weise des Regiertwerdens: monarchisch, aristokratisch, demokratisch
- Qualitätskriterium für einen Staat: rechtliche Absicherung des Privateigentums -> - Bestimmt die Verfasstheit eines Staates: Je nach Absicherungsgrad des
Privateigentums kann eine Monokratie despotisch, tyrannisch oder königlich verfasst sein.
- Königliche Monokratie = beste Staatsform für Bodin.
- Monarch achtet Naturrecht und Eigentum und damit die Freiheit der Bürger - Alleinherrschaft; Untertanen gehorchen Gesetzen des Monarchen - Mitsprache bei der Steuerbewilligung durch St ä ndeversammlung d. Volkes, Korporationen und Kollegien. -> Bodin verspricht sich höhere Effizienz davon.
- Bodin lehnt Modell einer absoluten Autokratie als Tyrannis ab.
- Keine explizite Trennung zwischen Monarchie und Ständen

Typisch für frühbürgerliche Konstellationen ist, dass bürgerliche Besitzinteressen unter den starken Staat gestellt werden und gleichzeitig auf Partizipation bei der Steuerbewilligung drängen.

Frage: Worin besteht der entscheidende Unterschied zwischen Bodins Konzeption einer königlichen Monokratie und dem ständischen Partizipationsmodell (Monarchomachen)?

Monarchomachen: BEZA, DUPLESSIS- MORNAY und HOTMAN; Bekannt sind deren Widerstandstheorien; konstruierten aber auch ein Teilhabemodell frühbürgerlicher Interessen (Alternative zu Bodins Ansatz). Radikale Ablehnung mit Bodin gemeinsam den Wiedertäufern gegenüber.

- Pejorativer Demokratiebegriff (bspw. Duplessis- Mornay: Vindiciae) - Monarchomachische Theorien nicht "demokratisch"
- Gegen Widerstandsrecht des Volkes = einf. Volk kein souveräner Akteur
- Politisch partizipieren soll die Oberschicht ("die selbstbewusst und intelligent ist"), also die Repräsentaten von Adel, Klerus und besitzbürgerlicher Oberschicht in der Ständeversammlung.
- Staatsformenlehre der calvinistischen Monarchomachen (hier liegt die entscheidende Differenz zu Bodin):
- "reine Monarche" = "türkische Tyranei" =>
- Forderung nach gemischter Verfassung als Lösung der Partizipationsprobleme (Bsp. Beza's: venezianische Rep.; Oder Hotman's Anlehnung an Cicero und Polybios betreffend die Staatsform: König- Adel (als Bindeglied)- Volk)
- Souveränitätskonzeption der Monarchomachen: Souver ä nit ä t= Gesamtheit der existierenden Verfassung (Monarch, St ä nde, F ü rsten). Verfassung bestimmt von niedrigen Amtsträgern, den regionalen Ständeversammlungen, den Kollegien und schließlich den Generalständen von einem hierarchischen Aufbau. Das Volk"ist die Gesamtheit der Amtshierachie und dem K ö nig ü bergeordnet (Königswürde vom Volk erhalten). Das Volk wird als metaphysische Gr öß e verstanden.
- Gewaltenbalance durch St ä nde: Stände priorit ä r gegen ü ber F ü rsten (z.B. Hotman pro Stände). Starke Ständevertretungen sichern frühbürgerliche Eigentumsinteressen (nicht der "starke" Staat)
- Ständegesellschaft: Nur Dritter Stand soll partizipieren; Forderungen nach Beteiligung der Monarchomachen sprengten vorhandene Ständegesellschaft nicht.
- Ideengeschichtliches Umdenken: Individuelle Freiheit -> Herrschaft wird in einigen Elementen der Werke der Monarchomachen nicht mehr als nat ü rliche Gr öß e betrachtet. [Dieser Individualismus setzte sich erst im Laufe der Gr. Engl. Rev. 1642-49 hegemonial im modernen Naturrecht durch].

2.4 Modernes Naturrecht und Demokratietheorie in der Großen Englischen Revolution (17.Jhd)

- Große wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Impuls der Veränderung
- Wirtschaftliche Modernisierung, Technisierung (Webstuhl,...) - Demokratietheorie: Opposition des Parlaments gegen die Krone
- Eintreten für gemischte Verfassung (König, House of Lords, House of Common) -> Stabiler als Einzelformen
- Kritik: Reine Demokratie = schlechteste Staatsform überhaupt.
- Pol. Partizipation im Medium der Repräsentation, nicht direkte Demokratie.
- Legislative Kompetenz beim "House of Commons"
- 1649 Hinrichtung des K ö nigs: Entscheidung in der Frage der Souveränitätsverteilung - > Abschied von der gemischten Verfassung
- Staatsformenwechsel: Monarchie -> Republik

Frage: In welchem Ausmaß waren mit der Errichtung der englischen Republik unter Cromwell innovatorische demokratische Forderungen verbunden? (Denken der "Levellers") Levellers:

- Zw. 1646-49 erhebliche Kraft mit Massenbasis in der Revolutionsarmee Cromwells. - Untere Schichten
- Radikaler Journalismus; Pamphletistik; ideologisch motivierte Begeisterung; pol. Aktivismus; Massenorganisation -> Levellers erste organisierte Massenbewegung in der modernen Geschichte.
- Demokratiebegriff der Levellers: pejorativer Gehalt (Platon u. Aristoteles); haben sich daher nicht selbst als Demokraten bezeichnet
- Stellvertreterprinzip
- Herrschaft = Nat ü rliches Ph ä nomen
- Kontraktualistisches Denken: Staat als Kunstprodukt urspr ü nglich Gleicher und Freier; Vertrag aller mit allen ("Agreement") -> Ein solcher Verfassungsentwurf setzt pol. Herrschaft nicht voraus, sondern konstituiert diese als konsensuelle Größe erst neu. ▪ ->"Volk": konstituiert sich aus einem Vertrag ursprünglich Gleicher und Freier. - Individualismus => Daher Kritik an bestehenden Verhältnissen: Über- und Unterordnungsverhältnisse werden nicht mehr als gegeben hingenommen.
- Vertragsdenken + politische Teilhabe => Weg frei für die Entfaltung der Demokratie jenseits der Ständegesellschaft.
- Intermedi ä re Gewalten (St ä nde, Korporationen) werden dadurch ortlos -> Vollbürger betritt die Bühne.
- Entstehung der Sph ä re der Grund- und Menschenrechte, die dem demokratischen Willensbildungsprozess vorgegeben sind.
- Beim Konstituierungsprozess des Staates werden nicht alle Rechte des Individuums abgegeben: "birth rights" bleiben, wie bspw. Das Recht auf Privateigentum.
- Repräsentanten: John LILBURNE, Richard OVERTON, William WALWYN, u.a.

Die Levellers lösten Herrschaft als natürliche Größe auf und überschritten eine Grenze im Individualisierungsprozess, an der ihre Vorgänger Halt machten. Sie konzipierten eine Sphäre der Privatheit, die dem Zugriff des Staates entzogen war.

2.5 Die demokratische, utopische, liberale und autoritäre Spielart politischer Theorie

- Die Levellers erhoben während der "Putney- Debates" in der Auseinandersetzung mit Cromwell Wahlrechtsforderungen (unklar wer Wahlberechtigter sein soll, welches Kriterium schlagend wird).
- Konsequenz des Wahlrechts auf die pol. Zusammensetzung: Entmachtung der Gentry am Land; Schw ä chung der Handelsbourgeoisie in den gr. Städten.
- Wollten immerhin 417.000 (von 6 Mio.) das Wahlrecht zugestehen (Cromwell nur 212.000 Männern (Grundbesitzer))
- Forderungen:
- J ä hrliche Wahlen (Exekutive und Legislative) - Gewaltenteilung
- Petitions -, Religions - und Pressefreiheit - Wahl von Geschworenengerichten
- Repräsentationsbegriff der Levellers: Stellvertreterprinzip; Kontraktualistisch
zusammenkommendes Volk schickt seine Mandatare ins Parlament, diedurch das Vertrauen ("trust") an die Wähler gebunden sind.
- "Diggers": Linker Flügel der Levellers. Trieben den Demokratischen Gedanken am weitesten voran.
- Grundlage ihres Denkens: Kollektiv- plebejisches Naturrecht. - Lohnarbeiter u. Kleine P ä chter.
- Vertreter: Gerard WINSTANLEY ("Das Gesetz und die Freiheit")
- Abschaffung aller kapitalistischer Verkehrsformen
- Alle Ä mter (außer das des Familienvater) ü ber Wahlen besetzen.
- Aktives Wahlrecht: Alle männlichen Bürger älter als 20.
- Passives Wahlrecht: Alle Bürger älter als 40 Jahre.

Fazit: Bedeutend einflussreicher für die Entfaltung der modernen Demokratie westlichen Typus als das kollektiv- plebejische Naturrecht ist seine kontraktualistische Variante (ebnete der Demokratisierung den Weg).

Es gab neben diesen Ansätzen auch liberale und autoritäre Lösungen für die Neuordnung der frühneuzeitlichen Gesellschaften: Thomas HOBBES (1588-1679) und John LOCKE (1632-1704).

(A) Thomas HOBBES:

- Werk: Leviathan"
- Kontext: englischer Bürgerkrieg
- Unterscheidungskriterium Staatsform: Träger der Souveränität.
- Souver ä nit ä t ist unteilbar
- (daher) keine Mischformen
- Staatsformen sind nur Monarchie, Aristokratie und Demokratie
- Lehnt reine Demokratie ab, da stark divergierende soziale Interessen -> Gefahr eines Bürgerkrieges; Gefahr der Demagogie
- Kriterium für "guten" Staat: Sicherung des Privateigentums und Friede; Demokratie verdunkelt dieses "wahre Interesse" des Volkes, d.h. des Bürgertums.
- In starker Monarchie sieht Hobbes die Eigentumsinteressen am besten gesichert (vgl. Bodin).
- Sicherung des Eigentums - antifeudalistisch
- keine Partizipationsrechte des Besitzb ü rgertums (anders bei Bodin)

(B) John LOCKE:

- Werk: Zwei Abhandlungen ü ber die Regierung"
- Kontext: stark fraktioniertes Bürgertum konstituiert sich zu einer Klasse.
- Das erstarkende B ü rgertum besitzt nach Locke die Kraft in einer historisch gewachsenen Institution selbst zu entscheiden (-> Parlamentarismus)
- Kritik an der Krone wegen willk ü rlicher Besteuerung -> Verletzung der Eigentumsinteressen
- Regierungsform: Abhängig wo die Legislative liegt (Volk, Monarch,...) - Monarchie, Oligarchie, Demokratie
- Rezipiert nicht den antiken sematische Gehalt von "Demokratie" - steht in der Tradition der gemischten Verfassung"
- Gewaltenteilungsprinzip: Absicherung
- Frage Machtbalance im Lockschen System?
- Legislative ist ursprünglich im Volk (=steuernzahlendes Besitzbürgertum), das verbunden durch einen "trust"...
- ...gewählte Treuhänder in das Parlament entsendet.
- König fungiert als "King in Parliament" (Vetorecht im Parlament; Kopf der Exekutive)
- Widerstandsrecht bei Kompetenzüberschreitung im Rahmen des Sozialvertrages (z.B. Eigentumsrecht)

Fazit: Es handelt sich hierbei nur um das Interesse des Besitzbürgertums; das einfache Volk steht außerhalb dieses Systems. Diese Postulate begründeten die Fundamente des liberalen Staates. Von ihnen gingen Tendenzen zur Entwicklung einer bürgerliche Demokratie aus. Locke hatte einen entscheidenden Einfluss auf die Demokratiediskussion des 18.Jhd.4

3 Demokratie am Vorabend der Französischen Revolution

3.1 Einleitung

Zwei sozio-politische Krisenherde in der Frage demokratischer Partizipation besonders wichtig:

a) Frankreich: Ancien Regime
b) Nordamerika: Unabhängigkeitsbestrebungen der nordamerk. Kolonien

(a) F: Ancien Regime: Eine Krise innerstaatlicher Natur. Konfrontation zwischen der auf ihre

Privilegien insistierende Adelsgesellschaft und der am englischen Vorbild orientierten civil society. [ Vgl. England: Durch die Revolutionen von 1642-49 u. 1688 kam es zu einer Angleichung -> Nobilitierung des Bürgertums und Verbürgerlichung des Adels]

- Forderungen d. Bürgertums:
- rechtsstaatliche Strukturen; marktkonforme Verwertung des Privateigentums; Abschaffung der Zensur
- Akteure: radikale aufkl ä rerische Intelligenz (auch Teile des Adels mitumfassend); literarische Vermittlung
- Ursprünglich in der (i) 1. H ä lfte des 18. Jhd. Vorstellung die bürgerlichen Interessen durch Reformen im zu Lasten der Privilegien von Adel und Kirche im Rahmen des "starken Staates" verwirklichen zu können;

(ii) Nach 1750 zunehmend die Meinung vorherrschend, das dieses Ziel innerhalb der herrschenden St ä ndegesellschaft nicht m ö glich ist

(b) Unabängigkeitsbestrebungen der nordamerikanischen Kolonien:

- Ziel: Bewahrung der Eigentumsrechte -> Durch willkürliche Besteuerung durch die Krone als gefährdet angesehen.
- Ende des Siebenj ä hrigen Krieges zwischen England und Frankreich: Die engl. Krone musste Staatsschulden reduzieren -> Straffung der Strukturen; Steuererhöhungen - 1765 Steuermarken- Gesetz (Stamp Act)
- Townshend-Act" und Tea-Act" (amerk. Antwort: "Boston Tea Party") ließen in weiterer Folge die Spannungen eskalieren.
- 1774 machten die Coercive Acts" eine friedliche Lösung zunichte.

3.2 Montesquieus Aufwertung der Demokratie im Schatten seines aufgeklärten Reform- Modells im Ancien Regime

- Hauptwerk: Vom Geist der Gesetze"
- Montesquieu betont antiken Gehalt der Staatsformenlehre:
- 3 Formen der Regierung:

1. republikanische; Republik für M. = nichtmonarchische Regierungsform
2. monarchische;
3. despotische

- Republik: Entweder (a) Demokratie, wenn das Volk herrscht, oder (b) Aristokratie, wenn ein Teil des Volkes herrscht.
- Monarchie: Ein Mann regiert, nach feststehenden und verkündeten Gesetzen; - Despotie: Ein Mann regiert, nach seinem Eigensinn
- Demokratie und Monarchie können verfallen (Monarchie-> Tyrannis; Demokratie durch übertriebenen Gleichheitsgeist wird zur Anarchie oder führt in den Despotismus)
- M. stilisiert das demokratische Prinzip wohlverstandenen Gleichheit in Richtung auf eine Tugendrepublik.
- Tugend in der Republik= Liebe zur Republik = Liebe zur Gleichheit und Gen ü gsamkeit - Das Prinzip nach dem eine Demokratie funktioniert ist die staatsb ü rgerliche Tugend. - Voraussetzung der Demokratie: Gleichheit hinsichtlich der Vermögensverhältnisse und der sozialen Rangordnung.
- Freiheit war das Ideal Montesquieus, nicht die Gleichheit -> daher kann man ihn nur schwer als Demokraten bezeichnen.
- Gewaltenteilung: Zog der Demokratie ein System der "gemischten Verfassung" mit Gewaltenteilung vor (vgl. Amerikanische Federalists, die sich auf M. beriefen)
- Aufteilung der Machtvollkommenheiten auf meherer Institutionen: Legislative, Exekutive, Judikative.
- "checks and balances": Gegenseitige Kontrolle dieser drei Gewalten.
- Soziale Gewaltenteilung: Im Gegensatz zu Locke funktionierte er das System der Gewichte und Gegengewichte um in ein System der sozialen Gewaltenteilung, das das System der St ä ndegesellschaft prinzipiell nicht antastete.
- Legislative Kammer rekrutiert sich aus Repräsentanten des Bürgertums (freies Mandat, kein imperatives); aktives Wahlrecht haben alle Bürger (ausgenommen stark abhängiger Personen, "denen kein eigener Wille zukommt"). Die Wohlhabenden müssen beteiligt werden. Das ergibt: (a) eine Adelskörperschaft und (b) eine Körperschaft derVolksvertreter die die Legislative bestimmen.
- Exekutive: In der Hand des Monarchen, da h ä ufig unverz ü gliches Handeln notwendig ist (effizientere Organisationsstruktur)

Fazit: Monarchie, Adel und Bürgertum bilden ein das Gemeinwesen stabilisierendes System der "checks and balances" (=soziale Gewaltenteilung); der Status quo der Ständegesellschaft wird gefestigt.

An die Vorstellungen der Tugend innerhalb der Republik knüpft Jean- J. ROUSSEAU an:

3.3 Demokratie als Selbstbestimmung des Volkes: Jean- Jaques ROUSSEAU (1712-78)

Jean- Jaques ROUSSEAU (1712-78):

- Glaubte nicht mehr an eine Reform im Rahmen der absolutistischen Monarchie

- Bezog eine Gegenposition zur englischen großbürgerlichen politische Philosophie, die im Frankreich des 17. Jhds. Sehr einflussreich war.

- Mensch ist frei geboren (durchbricht Konzeption des Ancien Regime)

- L ö sung der Krise des Ancien Regime sah R. i n der Befreiung des Menschen von der

feudalen und absolutistischen Fremdbestimmng =>

- Dafür notwendig, dass die natürliche Freiheit in eine bürgerliche Freiheit umgewandelt wird. Erreicht wird dies über einen...
- ...Gesellschaftsvertrag: Kontraktualistischer Konsens der Freien und Gleichen (vgl. Levellers) ("Contrat social"). Jeder unterstellt sich und das seine dabei dem Gemeinwesen, dabei entsteht ein moralischer und kollektiver K ö rper. ('volonte generale')
- Volkssouveränität: Dieser durch den "Akt der Vergesellschaftung" entstandene Körper ist gleichzusetzen mit dem Souverän.
- Volkswille = Wille des Souveräns, daher hat die souveräne Macht keinen Schutz vor dem Volk notwendig.
- Gilt nur für das Volk als Ganzes (dieser moralische Körper ist die "volonte generale"): Kollektive und Einzelne können irren, wenn sie egoistischen Motivationen nachgeben.
- Ablehnung der Repräsentation: Setzt R. gleich mit der Bevorzugung privater Interessen (R. Ist viel näher an attischer Demokratie als seine Vorgänger)
- Erst durch Abkühlung der Vaterlandsliebe, Vorrang des Privatinteresses, Staatsgröße,... Ausweg ersonnen Repräsentanten zu entsenden -> Souver ä nit ä t des Volkes kann aber nicht stellvertretend ausge ü bt werden. Abgeordnete sind nur Delegierte.
- Summe des gemeinschaftlichen Gl ü cks tr ä gt zum Gl ü ck des Individuums viel bei.
- R. unterscheidet zwischen Regierungs- und Staatsform [wie Bodin]:
- Republik = Staatsform, in der die "volonte generale" herrscht und durch Gesetze gelenkt wird. Die "volonte generale" kann sich nur durch Gesetze ausdrücken. - Regierungsform: R. folgt der antiken Staatsformenlehre, die zwischen demokratischer (mehr Amtsträger als schlichte Staatsbürger), aristokratischer (einige Amträger, größere Teil nicht A.) und monarchischer Regierungsform (Macht bei einem Beamten konzentriert) unterscheidet.
- Kriterium: Rechtsstaatlichkeit. Wenn die Regierungsformen rechtsstaatlich regiert werden, sind sie Republiken. Bei Depravation: Tyrannis oder Despotie (Partikularinteressen herrschen vor).
- Demokratie ist also immer direkte Demokratie bei R.
- Allerdings: reine"Demokratie habe es nie gegeben; Könne es nur in kleinem Staat, großer sittlicher Schlichtheit, großer Gleichheit in Rang u. Vermögen und wenig Luxus geben.
- Daher: Einrichtung von Ausschüssen und Kommissionen notwendig. Rousseau war bedeutend für die Entwicklung der Demokratietheorie, insbesonders in seiner Aufwertung demokratischer Prinzipien.

3.4 Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung: der Geist von 1776

Anfangs standen im Konflikt mit dem englischen Mutterland keineswegs die Zeichen auf Eskalation. Selbst nach dem 2. Kontinentalkongress in Philadelphia (Ausrufung Verteidigungszustand; Washington Oberbefehlshaber Kontinentalarmee) gab es Versuche den Konflikt zu bereinigen. London hielt am Konfrontationskurs fest. Erst allmählich setzte ein Stimmungsumschwung ein, der durch...

- ...Thomas PAINES (1737-1809) Flugschrift Common Sense" eingeleitet wurde.
- Endgültiger Bruch 12. Juni 1776 mit der "Virginia Bill of Rights" und am
- 4. Juli 1776 die "Unabhängigkeitserklärung" (in Philadelphia unterzeichnet; Trennung)
- Kernthemen beider Dokumente waren Konsens in der Unabhängigkeitsbewegung:
- Artikel 1 "Virgina Bill of Rights": Alle Menschen von Natur aus frei in gleicher Weise; besitzen bestimmte angeborene Rechte: Freiheit, Glück, Sicherheit, Eigentum - Die von Thomas JEFFERSON (1743-1826) entworfene "Unabhängigkeitserklärung" greift diese Punkte auf. Gilt auch f ü r Sklaven. Setzte die Unabhänigkeit mit der Befreiung der Sklaven gleich.
- Liberale Auslegung des modernen egalit ä ren Naturrechts
- Volkssouveränität (vgl. "Virginia Bill of Rights", "Unabhängigkeitserklärung"; im Sinne Lockes kontraktualisisch begründet): Alle Macht entspringt dem Volk.
- Widerstandsrecht folgt daraus. Regierung muss Zweck der Garantie von Gl ü ck und Sicherheit entsprechen (vgl. "Virginia Bill of Rights"), sonst hat das Volk ein "unbezweifelbares, unveräußerliches und unverletzliches" Recht diese zu ändern oder abzuschaffen.
- Forderungen in der Verfassungsdiskussion => Dienten noch als Mittel zur Losl ö sung vom Mutterland:
- Gewaltenteilung - Pressefreiheit
- Besteuerung durch die Volksrepr ä sentanten - Vertragsrecht (völkerrechtlich)
- Recht über Krieg und Frieden
- 1787 Beginn der intensiven Debatte vor allem zwischen "Federalists" und "Antifederalists" im Rahmen der Verfassungsgebung.

3.5 Der Streit zwischen Federalists und den Antifederalists

Federalists pro Verfassungsentwurf von Philadelphia; Antifederalists dagegen.

a) Antifederalists: Zentrum im l ä ndlichen Hinterland; mittlere und untere Farmerschicht, Schuldner, P ä chter, städtische Handwerker; Führer: George CLINTON  Betrachteten sich als das gemeine Volk, 'the democracy', 'the common people'; Die Federalists als 'aristokratisch', 'the Yeomanry.
b) Federalists: Basis in New York City; Personen mit Interesse an Verkehr, Gro ß grundbesitzer, Rechtsanw ä lte, Kaufleute und Bankiers; Vertreter: JAY, HAMILTON, MADISON

-Bezeichneten ihre Gegner als 'the less knowing part of the country', 'men much in debt'; selbst nannten sie sich 'people with abilities and properties', 'the commercial interest'; Von ihren Gegnern als 'wealthy and ambitious' oder 'the well-born' abgestempelt.

Worin besteht nun die Kritik der Antifederalists an dem Verfassungentwurf?

1. Fehlen einer "Bill of Rights" (Schutz gegen Willkür), die klar für

a) Religionsfreiheit,
b) Pressefreiheit,
c) Verbot stehender Armeen,
d) Ma ß nahme gegen wirtschaftliche Monopole
e) Unver ä nderbarkeit der Habeas - Corpus - Gesetze (=Recht auf unverzügliche

Haftüberprüfung durch Richter bei Verhaftung -> wichtiger Schritt in Richtung eines Rechtsstaates gegen Willkür)

2. Fehlen einer Ä mterrotation (insbesonders für den Präsidenten); Ablehnung der starken Stellung des Präsidenten zu Lasten der Autonomie der Einzelstaaten.

Auch in Hinsicht auf das Repräsentationsprinzip unterschieden sich die beiden Seiten:

a) Federalists: Einsicht, dass die menschliche Natur nicht von Schw ä che frei ist -> akzeptieren das Vorhandensein und Vertreten von (Eigen-)Interessen. -> Diese "factions" machen ein System der Gewaltenteilung notwendig, um Stabilität zu gewährleisten. Repräsentation ermöglicht eine Ausdehnung über ein größeres Gebiet.
b) Antifederalists: Repräsentationsprinzip i.e.L. als Ersatz f ü r direkte Demokratie -> daher nur unmittelbare Vertretung der Interessen der jeweiligen Wähler. Legislative = möglichst exaktes Spiegelbild des Volkswillens.

[...]


1 Vgl. Saage, Strukturwandel der Demokratietheorien, 2005, 11f. 4/75

2 Vgl. Ebd., 13-26.

3 Vgl. Ebd., 27-45.

4 Vgl. Ebd., 46-62.

Ende der Leseprobe aus 75 Seiten

Details

Titel
Zusammenfassung von "Strukturenwandel der Demokratietheorien" von Richard Saage und Ingrid Thienel-Saage
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
75
Katalognummer
V311125
ISBN (eBook)
9783668098626
ISBN (Buch)
9783668098633
Dateigröße
846 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zusammenfassung des Grundlagen- und Einführungswerkes "Strukturwandel der Demokratietheorien" von Richard Saage. Entspricht dem Kurs 03226 des Moduls B2 (Grundstrukturen der Politik) des Studienganges Politik-, Verwaltungswissenschaften und Soziologie an der FernUniversität Hagen.
Schlagworte
Demokratietheorie, Saage, Strukturenwandel der Demokratietheorien, Ideengeschichte
Arbeit zitieren
Lukas Grangl (Autor:in), 2014, Zusammenfassung von "Strukturenwandel der Demokratietheorien" von Richard Saage und Ingrid Thienel-Saage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311125

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