Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ... 1
So beginnst Du jede Gedichtinterpretation ... 3
Eine Einleitung schreiben ... 10
Den Hauptteil gestalten ... 13
Wenn man mit einem Gedicht nichts anfängt ... 16
Gutenberg und der erste Duden: die Bibel ... 19
Im Wasser schwimmen Dichter gern ... 32
Den Schlussteil gestalten ... 55
Kosmische Dimensionen und viele Himmel ... 57
Wie umgehen mit einem langen Gedicht? ... 70
Gesiterstunde oder Geistesstunde? ... 81
Spiritus und anima und ein Hauch con Verfall ... 92
Das Zeitliche segnen ... 101
Sehnsucht nach der Heimat ... 117
Anhang ... 125
Vorwort
Mit diesem Buch wende ich mich an Schülerinnen und Schüler, die mehr oder weniger freiwillig eine Gedichtinterpretation verfassen möchten, aber auch an Leserinnen und Leser, die aus Interesse an lyrischen Texten sich mit der Gestaltung von Gedichten beschäftigen und deren innere Strukturen kennenlernen und verstehen wollen, um nachvollziehen zu können, wie und warum sie Spuren in uns hinterlassen.
Grundsätzlich gibt es zwei Zugangswege zu Gedichten:
Zum einen den, im Rahmen dessen man ein Gedicht liest, es auf sich wirken lässt und einfach gut oder weniger gut findet, ansprechend oder weniger ansprechend. Man liest es also, hält vielleicht ein wenig inne, sinniert ein bisschen - und liest weiter.
Dann aber gibt es einen zweiten Zugang, innerhalb dessen man ein Gedicht nicht zerpflückt, sich jedoch mit ihm beschäftigt, sozusagen die Decke lupft und genauer hinschaut, wie zustandekommt, was sich an Konturen oberhalb der Decke abbildet.
Beide Zugangsweisen sind für sich berechtigt, stehen gleichwertig nebeneinander.
Nach Lektüre dieses Buches werden Sie, liebe Leserin, lieber Leser, wirst Du, liebe Schülerin, lieber Schüler, feststellen, dass der zweite Weg keineswegs ernüchternd wirkt oder einen womöglich ersten romantischen Eindruck zerstört.
Im Gegenteil bringt, die Tiefe auszuleuchten, mit sich, dass man die Tiefe der Gedanken und die Bedeutung der Struktur, gleichsam die fachliche Gestaltung eines Gedichtes, richtig zu schätzen lernt und den Inhalt auf neue Weise zu sehen vermag.
Vielleicht hast Du schon einmal ein ausgebeintes Fachwerkhaus gesehen, wenn also nur noch das Holzgerüst ohne Mauerwerk dasteht. Man mag kaum glauben, dass solch eine Konstruktion hält. Aber sie steht sicher da. Manches Holzgerüst wirkt wie ein richtiges Kunstwerk - und ist es auch. Wenn man im Rahmen der Interpretation eines Gedichtes dessen Fachwerk in den Blick nimmt, bemerkt man, dass Architekten, Zimmerleute und Dichter richtige Künstler und Könner sein können.
Für die Schule benötigen wir den zweiten Weg.
Und für uns selbst kann solch eine Beschäftigung auch ein großer Gewinn sein. Wir setzen uns nämlich damit auseinander, dass die Form und Struktur eines Gedichtes - wie auch eines Menschen; wir nehmen ja zunächst nur sein Äußeres wahr - eine bedeutende Aussage machen über das, was wir im Inneren finden; beides steht miteinander in engem Zusammenhang.
Bei einem Menschen wirkt immer beides auf uns: der äußere Augenschein und das, was er äußert, der Klang seiner Stimme und ob sie nachhallt oder gleich verfliegt, ob, was er sagt, gleichsam nur aus der Luftröhre kommt oder aus dem Bauch, besser noch: aus dem Herzen.
All das wirkt auf uns, übrigens auch, wenn wir nicht darauf achten.
Wie im Leben haben Ordnung und Struktur auch in der Literatur mit dem wahren Erfassen eines Inhalts zu tun.
Von daher lernt unser Inneres über die Beschäftigung mit Gedichten etwas, was auch in Bezug auf andere Bereiche wichtig ist:
Wir lernen, was uns alles beeinflusst, und nehmen diese Beeinflussung wahr. Das ist wichtig, weil wir uns zum einen für Manipulationen sensibilisieren, zum anderen aber auch wertvolle Gehalte nicht übersehen, sondern für uns fruchtbar sein lassen können.
Worte prägen unser Leben, auch auf einer tiefen Ebene. Wir spüren manchmal, ob jemand die Wahrheit sagt, ob ein Ich liebe dich in einem Film oder in unserer Realität uns wirklich überzeugt. Nicht von ungefähr weist Rainer Maria Rilke in einem seiner Gedichte darauf hin:
Sieh dir die Liebenden an,
wenn erst das Bekennen begann,
wie bald sie lügen.
Über die Auseinandersetzung mit Worten schärfen wir unsere Sinne für die Wahrheit von Worten.
Die folgenden Seiten wollen handwerklich hilfreich sein. Denn in erster Linie ist, vor allem im Rahmen der ersten Schritte, eine Gedichtinterpretation Handwerk: Man lernt es von der Pike auf; jeder kann das lernen. Gedichte aber berühren uns auch, weil sie in uns Saiten zum Klingen bringen, von denen wir selbst manches Mal gar nichts wissen, weil sie in unserem Unbewussten bisweilen tief verborgen sind. Es sind archetypische, unverbrüchlich zur Existenz jedes Menschen gehörende Bausteine unseres Wesens und Lebens, die, werden sie uns bewusst, für unser Sein wirklich fruchtbar werden. Einige werden wir hier ansprechen.
Zu all dem will dieses Buch seinen Beitrag leisten.
Lass uns also beginnen, wobei ich vorausschicken möchte, dass ich, wie Du vielleicht schon bemerkt hast, als Leseransprache das Du gewählt habe, weil ich ein Lehrerleben lang meine Schülerinnen und Schüler so angesprochen habe - meine erwachsenen Leser mögen sich bitte nicht diskriminiert fühlen. Und dass ich das Du fraglos großschreibe, hängt damit zusammen, dass die Höflichkeitsanrede Sie dudenverordnet großgeschrieben wird und ich nicht wüsste, warum ich weniger höflich und respektvoll gegenüber jemandem, den ich mit Du anrede, sein sollte, auch in der Schreibung.
Fünf Punkte möchte ich Dir noch mit auf den Weg geben:
· Lies die Fußnoten am besten erst am Ende eines Absatzes, auch wenn sie einem bestimmten Wort zugefügt sind; sie enthalten Informationen, die genauso auch nach nur wenigen Sätzen noch hilfreich sind.
· Web-Links habe ich in der Regel auch als Shortener-Version in Klammern angegeben.
· Beziehe bitte alle Details, die angesprochen werden, möglichst oft auf den entsprechenden Text, das entsprechende Gedicht; schaue möglichst oft dort nach, wie das Angesprochene konkret aussieht; dann wird unsere Zusammenarbeit besonders effektiv sein. Das Bewusstsein für das konkrete Beispiel ermöglicht Dir den Transfer für Dein selbständiges Arbeiten.
· Du hast die Möglichkeit, bei den einzelnen Gedichten Dich selbst zunächst zu erproben.
Das kannst Du an Hand des Gedichtes im laufenden Text tun, auch da ist Raum dafür. Jedes Gedicht aber findet sich noch einmal im Anhang; dort kannst Du
es bearbeiten, falls Du den Textfortlauf - vielleicht für weitere Leser - unbearbeitet lassen möchtest.
· Und last but not least: Du lernst, indem Dein Inneres nachvollzieht, wie ich vorgehe, auch, was ich Dir an Formulierungen vorschlage. Wenn Du die
Schritte sorgfältig mitgehst, kann es sein, dass nach zehn oder zwanzig Seiten oder nach einem besprochenen Gedicht der Kopf voll ist. Lass diesen
Inhalt dann erst zur Ruhe kommen. Oft ordnet sich - das ist wissenschaftlich belegt - Gelerntes über Nacht.
Dann liest Du in Ruhe weiter.
Es kommt nicht auf die Vielzahl der studierten Gedichte an; schon nach dem zweiten oder dritten hier angebotenen kannst Du Entscheidendes gelernt und
DEINEN Weg für anstehende Interpretationen gefunden haben! Natürlich aber freue ich mich, wenn Du auch noch die Bedeutung eines Konjunktiv II, eines
Himmelskusses und Wert und Bewusstsein für Eichendorffs Mondacht am Schluss mit mir teilst.
Und nun: viel Spaß!
Übrigens: Immer dann, wenn Du dieses Icon siehst, habe ich eine beispielhafte Sequenz im Rahmen der Interpretation des jeweils im Mittelpunkt stehenden Gedichtes geschrieben. Im Inhaltsverzeichnis sind diese als Vorlagen und Beispiele gedachten Hilfen nicht gesondert ausgewiesen.
Du findest sie leicht über dieses Zeichen.
So beginnst Du jede Gedichtinterpretation
Vollziehe alles nicht nur gedanklich, sondern vor allem bildlich nach, was das Gedicht vorgibt! Stelle Dir also alles wie eine Dia-, eine Bild-Reihe vor!
Du wirst es nicht glauben: Dieser Punkt ist der allerwichtigste im Rahmen einer Interpretation.
Und wenn Du Dir alles vorstellst, wird Dir sofort ganz Wesentliches in Bezug auf das Gedicht, das Du interpretierst, klar sein!
Nehmen wir als Beispiel die erste Strophe von Manche Nacht, einem Gedicht von Richard Dehmel (1863 -1920):
Wenn die Felder sich verdunkeln,
fühl ich, wird mein Auge heller;
schon versucht ein Stern zu funkeln,
und die Grillen wispern schneller.
Du siehst die Felder? Stelle Dir Felder vor!
Du siehst in einer Bildfolge, wie die Felder zunehmend dunkler werden. Du fühlst Dein Auge?
Dehmel spricht von einem Auge, nicht von zweien; sei da ganz gewissenhaft! Du fühlst, dass es heller wird.
Vielleicht geht es Dir wie mir: Ich habe so etwas noch nie gefühlt, aber das Ich des Gedichtes - man nennt es lyrisches Ich - fühlt es.
Das ist Fakt und ausschlaggebend.
Manchmal hat man eine schwache Empfindung für etwas; es mag einfach eine leise Irritation sein, und man neigt dazu, über sie hinwegzugehen. Man lässt sie dann nicht wirklich ins Bewusstsein dringen.
Das könnte auch hier der Fall sein. Wenn Du über solch eine Empfindung, eine leise Wahrnehmung also, hinweggehst, kann es sein, dass sie nicht mehr auftaucht.
Nimm deshalb solche schwachen Stupser Deines Inneren ernst! Dann melden sie sich auch mit der Zeit deutlicher. Hier z. B. würde Dir in der Tat durchaus Wichtiges entgehen. Dazu später mehr.
Möglich ist übrigens auch, dass Du dieses Gefühl, dass das Auge heller wird, kennst; vielleicht benennst Du es nur anders.
Mache einfach nach dem Vers ein Fragezeichen oder ein Ausrufezeichen. Oder beides :-)
Du siehst zum ersten Mal, was das exakte gedankliche Vorstellen bringt! Sonst wäre Obiges womöglich nicht in Dein Bewusstsein vorgedrungen.
Der Stern - auch hier ist nur von einem einzelnen die Rede - funkelt nicht, er versucht zu funkeln. Da muss er sich richtig bemühen. Stell Dir das bitte vor!
Hörst Du die Grillen zirpen - nein, wispern (Z.4) steht da.
Sie wispern schneller!
Ist das unangenehm in Deiner Vorstellung? Wird alles aufgeregter? Oder einfach intensiver? Meine Güte, ganz schön was los in dieser ersten Strophe!
Wenn Du all das so vor Dir siehst und in Dir fühlst, bist Du genau auf dem richtigen Weg!
Geheimnisse - vor allem auf dieser frühen Stufe - nicht irgendetwas in die Worte, in die Verse hinein, was nicht dasteht. Nimm genau das, was Du vorfindest!
Verse oder Zeilen?
Verse und Zeilen meinen übrigens im Rahmen eines Gedichtes dasselbe. Ich persönlich spreche im Rahmen von traditionell gestalteten Gedichten, also solchen, die ein erkennbares Metrum haben und gereimt sind, in der Regel von Versen, bei solchen ohne Metrum und Reim von Zeilen.
Manchmal verwendet man auch beide Worte wechselweise, um zu häufige Wiederholungen einer Bezeichnung zu umgehen.
Vermeide möglichst eine Verwechslung von Vers und Strophe. Manchen unterläuft das, weil Pfarrer in der Kirche gern sagen: Wir singen die Verse 1, 2 und 3. - Sie meinen aber in Wirklichkeit Strophen und vermischen beides wahrscheinlich deshalb, weil die durchnummerierten Abschnitte in den Kapiteln der Bibel als Verse bezeichnet werden. - Lass Dich nicht irritieren!
In einer Gedichtinterpretation - wie Du eine Einleitung verfasst, das besprechen wir später - stellst Du immer zunächst dar, was der Text, das Gedicht vorgibt!
Hier nun gibt es ein lyrisches Ich. - Es ist nicht mit dem Autor identisch!
Stelle Dir vor, Du verarbeitest, indem Du ein Gedicht schreibst, das Erlebnis eines Bekannten, das Dich aufgewühlt hat, und jemand identifiziert Dich mit dem lyrischen Ich. Das wäre Dir nicht recht, es trifft ja nicht zu; Du bist nicht die Person, von der die Rede ist. Zudem kann es sein, dass in einem Gedicht der Verfasser selbst einen deutlichen Abstand zwischen sich und dem Ich sehen möchte; vielleicht gestaltet er mit Hilfe eines Gedichtes ein ihm gar nicht entsprechendes Verhalten. - Das gilt es zu respektieren.
Das lyrische Ich
Wie in einer Erzählung der Autor einen Er- oder Ich-Erzähler erfindet und mit dessen Hilfe die das lyrische Ich Geschichte erzählt, so erfindet der Dichter gleichsam ein lyrisches Ich, mit dessen Hilfe er seine Leser oder Hörer an dem Inhalt teilnehmen lässt.
Nicht alle Gedichte enthalten eines, aber viele.
Natürlich kann das lyrische Ich den Autor zu großen Teilen widerspiegeln. Wenn das aufgrund der Erfahrungen, die der Autor gemacht hat und um die man weiß, nachvollziehbar ist, kann man das kurz ausführen; dann ist es auch möglich, in der Folge die Bezeichnung lyrisches Ich durch Dehmel oder Richard Dehmel, durch Dichter oder Autor zu ersetzen. Das ist stilistisch von Vorteil, weil der pronominale Bezug zum lyrischen Ich mittels des Personalpronomens es bisweilen seltsam klingt, vor allem, wenn es immer wieder geschieht. - Doch, wie gesagt: Man muss die Gleichsetzung vorher begründen.
In Manche Nacht wissen wir nicht, ob dieses Ich ein Mann oder eine Frau ist, wir kennen auch sein bzw. ihr Alter nicht; wir wissen nur: Dieser Mensch ist in der freien Natur unterwegs, offensichtlich auf Feldern, und ein Wald oder zumindest Bäume sind wohl auch in Sichtweite.
Es ist die Zeit der Dämmerung, im Außen wird es dunkel, doch im Inneren des lyrischen Ichs wird etwas heller, das Auge; offensichtlich hat es die Fähigkeit einer innerlich-optischen Wahrnehmung.
Du wirst das schon erlebt haben, dass die Nacht hereinbricht und man einen Stern funkeln sieht. Manch- mal muss man noch einmal hinschauen, ob es wirklich ein Stern war. Dehmel drückt diese Tatsache aus - wir haben das schon angesprochen -, indem er schreibt: schon versucht ein Stern zu funkeln (I, 3)[1]. Meist sucht man dann noch nach weiteren und findet sie auch recht schnell.
Nacht und Sterne bringen oftmals Ruhe und Frieden, doch hier wird auch etwas aufgeregter, schneller; es sind die Grillen.
Vielleicht fällt Dir auch auf, dass heller und schneller (I,2ff.) Komparative sind, die erste Steigerungsstufe von Adjektiven.
Markiere zunächst jedenfalls alles, was Dir auffällt, im Rahmen des ersten Herangehens - allerdings nicht gleich so stark! Die Gedichtvorlage könnte sonst recht schnell unübersichtlich werden. Im Laufe eines zweiten und dritten Durchgangs wirst Du erst, was Dir wichtig ist, farblich stärker markieren.[2]
So kannst Du z. B. um das -er der Komparative (heller, schneller - womöglich kommen ja noch mehr dazu) einfach einen zarten, beispielsweise gelben Kreis malen.
Wir haben nun schon einiges registriert.
Vielleicht gingen Dir auch schon Gedanken durch den Kopf, was das ein oder andere bedeuten könnte, denn vor allem, wenn man unsicher ist, steht man ja unter dem Druck, zu meinen, allem den richtigen Sinn geben zu müssen.
Tu´ Dir das nicht an! Alles ergibt sich gegen später oft wie von selbst, vor allem mit ein wenig Übung - Du wirst es erleben. Zudem gibt es Gedichte, die keine tiefere Ebene haben; da tust Du Dir wirklich keinen Gefallen, wenn Du zwanghaft nach dem Sinn unterwegs bist.
Momentan sind wir noch bei der Bestandsaufnahme, wobei Du später durchaus deren Ergebnisse in Deine Interpretation einbringen kannst, indem Du einen Absatz schreibst, wie er sich im Folgenden findet:
Fast jeder wird das schon erlebt haben, dass die Nacht hereinbricht und man einen Stern funkeln sieht. Manchmal muss man noch einmal hinschauen, ob es wirklich ein Stern war. Dehmel erfasst diese Situation, in dem er in I,3 schreibt, dass „ein Stern zu funkeln (versucht)”. [3]
Meist sucht man dann noch nach weiteren und findet sie auch recht schnell.
Nacht und Sterne bringen in aller Regel Ruhe und Frieden, doch hier wird auch etwas auf- geregter, schneller, die Grillen nämlich (vgl. I,4).
Wenn Dir die Komparative aufgefallen sind, dann solltest Du auch auf sie verweisen, denn sie sind ein grammatikalisches Faktum; Du kannst natürlich auch schon schreiben, dass sich das ganze Geschehen offensichtlich steigert. Das entspricht ja den Tatsachen; die Komparative bringen das mit sich.
Zugleich kannst Du sie als Möglichkeit der Überleitung zur nächsten Strophe nutzen, beispielsweise so - ich beginne mit einem eben schon verwendeten Satz:
Nacht und Sterne bringen in aller Regel Ruhe und Frieden, doch hier wird auch etwas auf- geregter, schneller, die Grillen nämlich (vgl. I,4).
In diesem Zusammenhang fällt auf, dass beide in der ersten Strophe vorkommenden Adjektive im Komparativ stehen, also eine Steigerung beinhalten.
Das gilt übrigens auch für die zweite Strophe. Bei genauerem Hinschauen zeigt sich, dass auch hier alle Adjektive in der ersten Steigerungsstufe stehen.
Schon bist Du mit Hilfe der Bezugnahme auf die gesteigerten Adjektive in der zweiten Strophe und das ohne eine langweilige Formulierung wie:
In der zweiten Strophe finden wir das lyrische Ich weiterhin unterwegs...
Eines aber möchte ich nochmals betonen: Begib Dich nicht zu schnell in eine Interpretation, indem Du sofort allem einen tieferen Sinn zu geben versuchst. Das könnte sonst Wege zu einem angemessenen und wirklich tiefen Verständnis des Gedichtes verstellen.
Auch könnte es dazu führen, dass Du beim Schreiben generell dazu übergehst, etwas festzustellen, um dann sofort eine Schlussfolgerung zu ziehen. In einer Interpretation kann das stilistisch echt ätzend werden! Und ist es auch meistens.
Lass Dir Zeit! Wir sind bei der Bestandsaufnahme.
Zur Bestandsaufnahme gehört auch eine Analyse der Metrik bzw. äußeren Form und der formalen Mittel. Im Folgenden siehst Du, dass ich - wie ich es tue, wenn ich ein Gedicht interpretiere - mir vor das Gedicht vier Spalten einzeichne (man kann sie natürlich auch dahinter zeichnen).
Wenn Du magst, kannst Du mein System gern übernehmen:
[Grafiken und Abbildungen sind in dieser Leseprobe nicht enthalten.]
In der ersten Spalte vom Text aus gesehen findet sich die Anzahl der Hebungen, die Anzahl also der betonten Silben; es folgen die Kadenzen [4], das heißt, ob die Zeilen bzw. Verse männlich oder weiblich enden, dann die Abfolge des Reimschemas und die Qualität der Reime - zu allem später mehr.
Der Versfuß ist ein Trochäus; er besteht aus zwei Silben. Sie folgen immer betont-unbetont aufeinander (betont: / unbetont: –). In obigem Beispiel steht jedes x für eine Silbe. Die trochäische Abfolge geschieht regelmäßig in der ganzen Strophe, viermal pro Vers. Wir sprechen deshalb von einem vierhebigen Trochäus. - Den Versfuß + die Anzahl der Hebungen bezeichnet man als Metrum, als Versmaß.
Die Kadenzen, das heißt die Schlüsse der vier Verse enden weiblich: Auf die letzte betonte Silbe folgt also noch eine unbetonte (es können auch zwei sein, wie z.B in [Abb.]).
Das Reimschema (abab) bezeichnet man als Kreuzreim (ein Paarreim wäre die Abfolge aabb; ein umarmender Reim abba).
Alle Endreime sind rein, das bedeutet, ab der letzten betonten Silbe stimmen die Buchstaben und damit alle Vokale und Konsonanten überein.
Es liegen in Bezug auf das Metrum und den Strophenbau keinerlei Auffälligkeiten vor. In einer Interpretation kann das durchaus bemerkenswert sein, z. B., wenn der Inhalt sehr auffällig oder aufregend ist, die äußere Form dagegen ganz gediegen daherkommt. Das ist vor allem dann interessant, wenn man als Interpretierender den Eindruck gewinnt, dass das von Seiten des Autors Absicht ist.
Ich empfehle Dir, eine Strophe immer auch auf die wichtigsten formalen Mittel hin zu überprüfen, auf Alliterationen, Anaphern, Assonanzen, Ellipsen, Inversionen, Enjambements oder auch Personifikationen und Metaphern - ich erläutere sie Dir, wenn sie im Folgenden auftauchen. Was jetzt noch schwierig klingen mag, wird Dir am Ende des Buches ganz geläufig sein, weil wir auf alles mehrfach getroffen sein werden. Mach Dir also keine Sorgen.
Wenn Du nach ihnen schaust, arbeitest Du Dich wie von selbst in die Tiefe des Textes hinein.
In der Schule müsste sich in Deinem Oberstufen-Deutschbuch eine Liste mit formalen Mitteln - man be- zeichnet sie auch als stilistische bzw. rhetorische Mittel - finden.
Im Netz gibt es einige Seiten, die sie auflisten, eine inhaltlich gute findet sich auf www.teachsam.de:
http://www.teachsam.de/deutsch/d_rhetorik/rhe_mit_3.htm (http://rdd.me/hwdfrvlq).
Zu Reimen findest Du eine gute Seite hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Reim ( https://goo.gl/BRo3mn); diejenigen, die Du in diesem Buch und im Unterricht lernst, genügen aber in aller Regel.
In der ersten Strophe des Dehmel-Gedichtes finden sich nicht viele formalen Mittel.
Ich möchte Dir allerdings dringend empfehlen, das in einer Interpretation nie zu behaupten. Mit nicht sonderlich viel Übung überschaut man leicht einige; zwei oder drei sind schnell übersehen und dann wirkt eine solche Aussage kontraproduktiv.
Was Du beachten kannst:
Wenn
Immer wenn ein Wenn auftaucht, stellt sich die Frage, ob es einen temporalen Sinn hat oder eine Bedingung einleitet, also einen konditionalen Sinnzusammenhang herstellt.
Zeitlich/temporal läge in folgendem Beispiel vor: Wenn die Sonne aufgeht, brechen wir auf (der Aufgang der Sonne gibt den Zeitpunkt des Aufbruchs an).
Einen konditionalen, also bedingenden Sinn enthält der Satz: Wenn schönes Wetter ist, findet die Fete im Freien statt (schönes Wetter ist Bedingung für das Stattfinden im Freien).
Im Falle unseres Gedichtes kann man dem Wenn in Zeile 1 theoretisch also einen temporalen oder einen konditionalen Sinn zuordnen. Du kannst das, so abwägend, durchaus in Deine Gedichtinterpretation einfließen lassen, um Dich dann gegebenenfalls dafür zu entscheiden, den konditionalen Sinn stärker ausgeprägt zu sehen. Dann brächte das Wenn zum Ausdruck, dass das Dunkelwerden der Felder Bedingung und Voraussetzung für das folgende Geschehen ist, dies also kaum oder gar nicht bei hellem Sonnenschein stattfinden könnte. Angesichts der Gedichtüberschrift Manche Nacht ist dieser Zusammenhang hier gewiss nicht unwichtig.[5] - Wir kommen zur zweiten Strophe:
Jeder Laut wird bilderreicher,
das Gewohnte sonderbarer,
hinterm Wald der Himmel bleicher,
jeder Wipfel hebt sich klarer.
Auch hier stellst Du Dir bitte alles wieder in Bildern vor. Für Richard Dehmel ist das übrigens auch so, dass Laute offensichtlich Bilder auslösen - hier zunehmend mehr (vgl. II,1).
Wir kennen das, dass Laute Bilder erzeugen, nehmen das allerdings nur selten bewusst wahr. Raschelt etwas, wenn wir einen Waldweg entlanggehen, wollen wir meistens sofort sehen, was da raschelt. Auch hält unsere Vorstellung des Öfteren Bilder bereit, gerade in Situationen, die die gewohnte Wahrnehmung verändern, wie es bei zunehmender Dunkelheit vorliegt. Jeder, der schon einmal bei einbrechender Nacht durch den Wald gegangen ist, weiß, was man da nicht alles zu sehen glaubt, vor allem, wenn man Angst hat. Und was hört man nicht alles!
Richard Dehmel stellt diese Veränderungen, die Veränderungen des Gewohnten, in den Mittelpunkt seiner Strophe. Wobei, wenn Du Dir den letzten Vers vorstellst, es bei ihm keineswegs so ist, dass alles unklarer wird. Im Gegenteil!
Das gilt es herauszuarbeiten, also in Worte zu fassen.
Und was Deine Interpretation gehaltvoll macht, ist, wenn Du dies alles - es betrifft ja den Inhalt - zusammen mit den hier vermehrt vorkommenden formalen Mitteln einbringst.
In einer Hausaufgabe oder Arbeit zählst Du möglichst die formalen Mittel nicht einfach nur auf, sondern reihst sie Deiner inhaltlichen Darstellung ein. Wie Du das tust, darauf gehen wir noch ein. Du wirst bis zum Ende des Buches genug Beispiele vorfinden, die Dir Anleitung, Hilfe und Vorlage sein können.
Wenn ich hier dennoch zunächst einige formale Mittel anführe, wie sie sich in Manche Nacht finden, dann geschieht das vorsichtshalber, weil der ein oder andere vielleicht noch nie mit ihnen zu tun hatte. Auf S. 13f. führe ich für unser Gedicht beispielhaft aus, wie sie in eine Interpretation eingebettet werden können.
Beachte bitte, wenn Du formale Mittel lernst, immer das Geschlecht. Es klingt ganz ungut, wenn jemand z. B. schreibt, dass hier der Klimax [6] eine besondere Wirkung hat. Klimax ist weiblich, und es muss heißen, dass die Klimax eine besondere Wirkung hat. Ansonsten stolpert der Leser ganz gewaltig, und das muss nicht sein.
Übrigens: Auch wenn ich im Textfortlauf das rhetorische Mittel kurz erläutere, ist es dennoch als Fußnote angeführt, damit Du es schneller findest, falls Du Dich später noch einmal informieren willst.
Kommen wir zu einigen stilistischen Mitteln, die in Manche Nacht vorliegen:
Es findet sich eine Anapher[7]: In der zweiten Strophe wiederholt sich das Jeder von Zeile 1 am Anfang von Zeile 4.
Ellipsen[8]: im zweiten Vers der zweiten Strophe fehlt das Verb wird, ebenso in Vers 3; somit wirkt alles recht verknappt dargestellt. - Ellipsen sind also Auslassungen.
Kontraktion / Verschmelzen des bestimmten Artikels mit der Präposition in hinterm.
Synästhesie[9]: Wenn verschiedene Sinne angesprochen werden, spricht man von Synästhesie. Laute sprechen unseren akustischen Sinn an, Bilder den optischen (bilderreicher); auch die Wipfel, die sich klarer konturieren, tun dies. Dass Gewohntes sonderbarer wird (vgl. II, 2), können wir dem Fühlen, dem Gefühlssinn zuordnen.
Assonanzen[10]: Wenn in Worten nah beieinander oder unmittelbar hintereinander die Abfolge der Vokale, nicht aber die Konsonanten übereinstimmen, spricht man von einer Assonanz; sie ist gleichsam ein konsonantisch unreiner Reim, der am Versende als Endreim vorliegen kann, aber eben auch als Binnenreim, also im Versinneren: Grillen - wispern (I, 4), hinterm - Himmel (II,3).
Der Hinweis auf die Verschmelzung des Artikels mit der Präposition in hinterm oder das Aufzeigen von Assonanzen und Ellipsen hat übrigens durchaus Abiturniveau.
Wenn ich Dir die vorliegende Kontraktion schon gleich zu Anfang unseres gemeinsamen Lernens nenne, dann deshalb, weil in der zweiten Strophe auffällt, mit wie wenig Aufgeregtheit und in wenigen Zeilen der Inhalt zur Darstellung kommt, in welch knapper Form. Darauf weisen die Ellipsen hin und eben die Wortverschmelzung. Das Geschehen wird spartanisch[11] knapp dargestellt. Ein Dichter hätte das Geschehen auch ausführlicher darstellen, in einer Novelle oder einem Roman sogar alles auf ein bis zwei Seiten beschreiben können. Hier jedoch ist alles sehr konzentriert gefasst - in gerade einmal zwölf Zeilen.
Das macht schon deutlich, dass formalen Mitteln, wie z.B. Ellipsen, eine wichtige Bedeutung zukommt; sie lösen etwas im Inneren des Lesers aus. Die Werbeindustrie arbeitet deshalb schon immer mit ihnen. Sie weiß genau um deren Wirkung. [12]
Wir hatten angesprochen, dass die Darstellung sehr gerafft ist. Das aber macht das Wesen gerade der Lyrik aus: Sie verdichtet Dinge. Manchmal sind Gedichte wie eine geschlossene oder halb geöffnete Blüte. Wenn man dann genauer hinschaut, geht sie auf, und das bisweilen auf ganz unerwartete Weise.
Es gibt Dichter, die malen alles endlos aus. Thomas Mann gehörte mit seiner Art, Romane zu verfassen, zu ihnen, und ehrlich gesagt, mag ich ihn, auch wenn ihm 1929 der Literatur-Nobelpreis verliehen wurde, deshalb nicht besonders; ich bevorzuge jene Autoren, die dem Leser Raum für eigene Gedanken geben; dazu gehören z. B. zwei Autoren des 20. Jahrhunderts, Ödön von Horváth und Max Frisch.
Übrigens: Wir sind immer noch dabei, die sprachlich und inhaltlich vorkommenden Tatbestände zu benennen; wir haben immer noch nicht interpretiert in dem Sinne, wie manche Interpretieren empfinden: Inhalte und Zusammenhänge in einem Text offenzulegen, den jener auf den ersten Blick gar nicht zu enthalten scheint.
Das ist vor allem dann aufschlussreich und wichtig, wenn Dichter Archetypisches in ihre Texte hineingelegt haben, die aus tiefen Quellen ihres Inneren kamen.
Archetypen
Archetypen sind Grundmuster der Seele, die in jedem Menschen gleichermaßen vorhanden sind. Die Symbolik des Kreises, die Bedeutung des Meeres, der Einfluss des Mondes, das Symbol der Schlange oder des Baums, des Feuers oder von Yin und Yang: Das sind kultur- kreisübergreifende archetypische Bilder, deren Bedeutung in der Tiefe jeder menschlichen Seele ruhen und auf jeden Menschen einwirken und die auch Dichter immer wieder einsetzen, oft, vielleicht sogar meist, ohne sich darüber Rechenschaft zu geben bzw. sich dessen bewusst zu sein. Als Schiller beispielsweise seine Ballade Der Taucher schrieb, mag er sich nicht dessen bewusst gewesen sein, wie sehr sie eine eindrucksvolle Aussage über die menschliche Seele und die Bedeutung, in die Tiefen des eigenen Inneren zu tauchen, vermittelte.[13]
Wenden wir uns der dritten Strophe zu:
Und du merkst es nicht im Schreiten,
wie das Licht verhundertfältigt
sich entringt den Dunkelheiten.
Plötzlich stehst du überwältigt.
Wenn Du Dir nach wie vor bitte alles vorstellst, dann müsstest Du Dich also angesprochen fühlen. Das Du gilt Dir! - Es sei denn, jemand vermutet im Rahmen seiner Interpretation, der Verfasser führe eine Art Selbstgespräch.
Das Licht verhundertfältigt sich. - Welches Licht stellst Du Dir vor? Eigentlich war von Licht noch gar nicht die Rede, höchstens indirekt, als es hieß, dass das Auge sich heller anfühle (vgl. I, 2)[14].
Wenn Dir auffällt, dass hier von Licht die Rede ist, vorher aber davon noch nie gesprochen worden war, dann schreibe darüber in Deiner Interpretation! Das ist eine wichtige Beobachtung, schließlich kommt das Licht für den Leser fast genauso überraschend wie für den Schreitenden!
Profan ausgedrückt führt das Licht offensichtlich eine Art Ringkampf mit der Dunkelheit.
Vielleicht ist Dir aufgefallen, dass die Strophe mit einem Und beginnt - das wirkt ganz unaufgeregt, wirkt fast belanglos - so wie das Schreiten.
Umso überraschender das Plötzlich (vgl. III, 4).
Blieb der Schreitende, als Du Dir die dritte Strophe vorstelltest, in seinem Plötzlich-Überwältigtsein stehen?
Hattest Du ein Bild zu der Art und Weise dieses Überwältigtseins?
Gerade Letzteres ist wichtig, denn das Gedicht hört hier einfach auf ! - Nimm all das wahr, registriere das! Diese Vorstellungen zu üben, sie wahrzunehmen, ist wirklich hilfreich.
Gerade das achtsame Registrieren der eigenen Vorstellungen, der eigenen Bilder! Für eine Interpretation sind sie oft aufschlussreich.
Und beobachte, ob Du über den Textinhalt hinaus zu weiteren Bildern greifst, vielleicht, weil Dir etwas zu unklar ist. Das könnte darauf verweisen, dass der Autor etwas bewusst nicht an- gesprochen oder ausgeführt hat. Oder es findet sich ein Bruch in der Darstellung. Darauf hinzu- weisen und darüber zu schreiben, kann wertvoll sein, weil es zeigt, wie achtsam Du in den Text hineingelauscht hast. - Mit Hilfe Deiner Bilder entdeckst Du, was manchem entgeht.
Im Rahmen der sprachlichen Gestaltung fallen die Inversionen[15] auf; sie bezeichnen den Tatbestand, dass der Satzbau vom gewohnten, vom normalen Satzbau abweicht. Normalerweise schriebe man, dass Licht sich den Dunkelheiten entringt, nicht: sich entringt den Dunkelheiten.
Nicht ganz so auffällig ist das nachgestellte im Schreiten.
Insgesamt aber scheint es doch so zu sein, dass Richard Dehmel Wichtiges absichtlich ans Versende gerückt hat.
Etwas an den Satz- oder Versanfang oder das jeweilige Ende zu stellen, ist eine Möglichkeit, ihm besonderes Gewicht zu geben, vor allem natürlich dann, wenn der Satz ungewöhnlich formuliert ist.
In dieser Strophe ist einiges auffällig, ja ungewöhnlich. Wobei Dehmel manches wie selbstverständlich feststellt, was gar nicht so selbstverständlich ist.
Warum das so sein könnte, was Dehmel mitteilen möchte, darum gilt es, sich in der Interpretation Gedanken zu machen.
Eine Einleitung schreiben
Wenden wir uns zunächst aber dem Beginn einer Gedichtinterpretation zu, der Einleitung.
Da bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, abhängig von dem, was im Unterricht vorausging und vorbereitet wurde.
Grundsätzliche Möglichkeiten einer Einleitung sind:
- Eine Einordnung in die Epoche , der der Autor bzw. das Gedicht zugeordnet wird.
- Hinweise zum Autor , zu seiner Biografie, seinem Werk.
- Naturlyrik in den Mittelpunkt stellen als Genre , also als Gedichttypus, um dann zu dem vorliegenden als eines aus diesem Genre überzuleiten.
- Auf ein vergleichbares Naturgedicht eingehen , das Dich beeindruckte.
- Ein vergleichbares eigenes Erlebnis im Zusammenhang mit der Natur schildern , das eine gute Überleitung zum vorliegenden Gedicht ermöglicht.
- Ein aktuelles Naturgeschehen (Tornado, Unwetter, Tsunami) zum Anlass nehmen, um sodann auf die Bedeutung der Natur einzugehen und auf das Gedicht überzuleiten.
- Gedanken zur Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur , zu seinem Verhältnis mit ihr, vielleicht auch, wie sich dieses Verhältnis im Lauf der Jahrhunderte - oder auch nur des letzten - verändert hat.
- Einen Aspekt des Gedichtes herausnehmen und in der Einleitung beleuchten.
Du könntest z.B. darüber schreiben, wie sehr Dich Spaziergänge mit Deinen Eltern, die Du, als Du noch kleiner warst, immer mit ihnen machen musstest, genervt haben oder kleinere Wanderungen.
Du würdest dann schreiben, dass hier solch einem Unterwegs-Sein eine ganz neue Seite abgewonnen wird; letzterer Aspekt wäre natürlich auch gut als Schluss denkbar.
Oder Du schreibst, dass Redewendungen des Öfteren eine Bedeutung haben, die nicht ohne Weiteres zu durchschauen sind, dass aber dieses Gedicht auf eine besonders eindrückliche Weise vermittelt, was es bedeutet, wenn man sagt, dass jemand ein Licht aufgeht.
Natürlich ist es unabdingbar, im Rahmen des Beginns Deines Hauptteils diesen Faden aufzunehmen und auf das Thema Licht zu sprechen zu kommen. Das aber kann ganz einfach auch dadurch geschehen, indem Du darauf verweist, dass der Beginn des Gedichtes sich dadurch auszeichnet, dass es zunächst um die immer größer werdende Abwesenheit von Licht geht, dass hier nämlich jemand unterwegs ist, Wenn die Felder sich verdunkeln (I,1).
Im Abitur ist es womöglich von Vorteil, unter den ersten drei Punkten einen auszuwählen. Unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten sind sie anspruchsvoller.
Durchaus ansprechender allerdings können die folgenden Punkte gestaltet sein, und da Du den Leser immer auf eine Reise durch Deine Arbeit mitnehmen willst, können sie ggf. den Nachteil einer geringeren Abstraktion bzw. Wissenschaftlichkeit ausgleichen, weil sie - je nachdem, welche Möglichkeit Du wählst - eine Verbindung zwischen Natur und Leben, zwischen Natur und Deinem Leben herstellen.
Alles Persönliche bezieht den Leser in der Regel stärker ein, lässt ihn innerlich engagierter gedanklich mit- gehen!
[1] Es ist möglich, anstelle eines Zitats, das durch Zitatzeichen kenntlich gemacht wird, im Rahmen einer computergeschriebenen Arbeit eine kursive Schreibung zu verwenden. In Beispielen, die ich im Folgenden für Dich schreibe, verwende ich Zitatzeichen, wie Du sie z.B. in einer Klassenarbeit setzt.
[2] Farbstifte gehören möglichst zu Deiner Grundausstattung; besser als Marker, finde ich, sind tatsächlich Malstifte.
[3] Das richtige Zitieren besprechen wir noch. Sieh Dir solange einfach an, wie ich es mache; hier beispielsweise habe ich mittels einer Klammer ein Wort in das Zitat eingefügt. Es findet sich auch im Text, deshalb kann es auf diese Weise ergänzt werden; dabei spielt keine Rolle, ob die Flexion, also der Kasus oder die Personalform, gleich sind.
[4] Kadenz : Die Endung des Verses/ der Zeile ist entweder männlich = m (die letzte Silbe der Zeile wird betont) oder weiblich = w (auf die letzte betonte Silbe folgen noch ein oder zwei unbetonte Silben); man bezeichnet weibliche Endreime auch als klingende Reime.
[5] Zahlen von 1 bis 12 werden in der Regel ausgeschrieben. Ich tue das auch, wenn ich beispielsweise von der ersten Strophe spreche. Kommt die Zahl jedoch nach Vers, Zeile oder Strophe, dann schreibe ich Vers 1, Strophe 3 etc.
[6] Die Klimax bezeichnet eine Reihung von Wörtern, die sich stufenweise in ihrer Aussagekraft steigern: veni, vidi, vici (ich kam, sah, siegte). Die Steigerung kann sich auch auf Gedanken, die sich in ihrer Bedeutung steigern, beziehen. - Wenn Aussagekraft oder Bedeutung abnehmen, spricht man von einer Antiklimax.
[7] Die Anapher: Wiederkehr eines Wortes oder einer Wortgruppe am Anfang eines folgenden Satzes oder auch Satzteils, am Anfang von Versen oder Strophen: Weißt du noch, wie alles begann; weißt du noch, wie wir uns damals begegneten? - Finden sich die Wiederholungen am Ende von Sätzen, Satzteilen, Absätzen, Versen oder Strophen, spricht man von einer Epipher: Er hat sein Haus verloren, er hat seinen Besitz verloren, er hat alles verloren.
[8] Die Ellipse: Satzglieder oder Worte werden weggelassen, die zum Verständnis nicht vonnöten sind: Umso besser (ist es) , wenn Du früher kommen kannst. - Gegebenenfalls können Inhalte dadurch dringlicher wirken.
[9] Die Synästhesie: Es werden mehrere Sinne angesprochen und unter Umständen miteinander vermischt, hier Optisches und Akustisches: Golden wehn die Töne nieder, / Stille, stille, lass uns lauschen! (Clemens Brentano)
[10] Die Assonanz: ein auf die Vokale beschränkter Gleichklang, deshalb auch vokalischer Halbreim genannt: Büsche reimt sich auf müde, Tannen auf machen.
[11] Die Spartaner im antiken Griechenland gelten als Paradebeispiel für Menschen, die, einfach und sparsam ausgestattet, höchstmögliche Leistungen zu vollbringen in der Lage waren. - Vermutlich konnten sie es gerade deshalb.
[12] Wir lernen Alliterationen noch kennen; sie liegen vor in Werbesprüchen wie Geiz ist geil oder einem von 1975: M ars macht mobil, bei Arbeit, Sport und Spiel. - In beiden liegt auch ein raffinierter Vokalismus vor, also ein Spiel mit Vokalen (vgl. die Unterstreichungen).
[13] Mehr dazu hier: https://johannesklinkmueller.wordpress.com/2008/10/24/und-der-mensch-versuche-die-gotter-nicht-friedrich-schillers-der-taucher-eine-nachtmeerfahrt-der-seele-2/ (https://goo.gl/pXhXMg)
[14] Wenn Du nicht zitierst, aber auf eine Textstelle verweist, schreibst Du z. B. > (vgl. III,3 f.) < ; dazu später mehr.
[15] Die Inversion: Abweichung vom normalen Satzbau, grammatikalisch jedoch korrekt: In Ordnung ist für mich nichts. - Breit aus die Flügel beide (…). Ist der Satz grammatikalisch falsch, spricht man von einem Anakoluth (> das Anakoluth).