Wesentliche Besonderheiten der Unternehmensbesteuerung in der Insolvenz


Bachelorarbeit, 2015

88 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Historische Entwicklung
2.1.1 Bis 31.12.1998
2.1.2 Seit 01.01.1999
2.2 Eröffnung des Insolvenzverfahrens
2.3 Insolvenzgründe
2.3.1 Zahlungsunfähigkeit
2.3.2 Überschuldung
2.3.3 Drohende Zahlungsunfähigkeit
2.4 Verhältnis zwischen Steuerrecht und Insolvenzordnung

3 Allgemeines Insolvenzsteuerrecht
3.1 Steuerrechtliche Stellung der Beteiligten
3.1.1 Schuldner
3.1.2 Gläubiger
3.1.3 Insolvenzverwalter
3.1.3.1 Vorläufiger Insolvenzverwalter
3.1.3.2 Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter
3.1.3.3 Haftung des Insolvenzverwalters
3.1.4 Insolvenzmasse
3.1.5 Insolvenzgericht
3.2 Rechnungslegungspflichten in der Insolvenz

4 Steuerforderungen und Besteuerungsverfahren
4.1 Steuerforderung als Insolvenzforderung
4.2 Steuerforderung als Masseverbindlichkeit
4.3 Steuerermittlungsverfahren
4.4 Steuerfestsetzungsverfahren
4.5 Feststellungsverfahren
4.6 Steuererhebungsverfahren
4.6.1 Überblick
4.6.2 Abgabenrechtliche Besonderheiten der Aufrechnung
4.6.3 Aufrechnung im Insolvenzverfahren
4.6.3.1 Bei Verfahrenseröffnung bestehende Aufrechnungslage
4.6.3.2 Eintritt der Aufrechnung während des Insolvenzverfahrens
4.6.3.3 Unzulässigkeit der Aufrechnung
4.7 Vollstreckungsverfahren
4.7.1 Überblick
4.7.2 Vollstreckung bis zur Insolvenzeröffnung
4.7.3 Vollstreckung nach Insolvenzeröffnung
4.7.4 Vollstreckung nach Beendigung des Insolvenzverfahrens
4.8 Steuerliche Besonderheiten im Insolvenzverfahren
4.8.1 Sanierungsgewinne
4.8.2 Besteuerung eines Veräußerungs- und Betriebsaufgabegewinns
4.8.3 Auflösungsgewinne und -verluste nach § 17 Abs. 4 EStG

5 Einfluss der Insolvenz auf einzelne Steuerarten
5.1 Einkommensteuer
5.2 Körperschaftsteuer
5.3 Gewerbesteuer
5.4 Umsatzsteuer

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Rechtsprechungsverzeichnis

Verzeichnis sonstiger Quellen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Insolvenzgründe

Abbildung 2: Liquiditätsstatus

Abbildung 3: Fortbestehensprognose mittels Liquiditätsbilanz

Abbildung 4: Zweistufige Überschuldungsprüfung

Abbildung 5: Berechnung des Sanierungsgewinns

Abbildung 6: Schema zur Ermittlung des Aufgabe-/ Veräußerungsgewinns

Abbildung 7: Ermittlung des Auflösungsgewinns oder -verlustes

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„Eine Insolvenz ist ein schmerzhafter Prozess. Darüber kann man sich nicht freuen. Aber er kommt halt immer mal wieder vor in unserer sozialen Marktwirtschaft.“[1]

Bereits im ersten Quartal 2015 wurden 5.715 Unternehmensinsolvenzen in der Bundesrepublik Deutschland gemeldet.[2] Um Unternehmen in dieser schwierigen Situation zu unterstützen, hat der Gesetzgeber zahlreiche Gesetzesneuerungen, wie beispielsweise das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG), eingeführt. Allerdings ist und bleibt eine Insolvenz trotz aller Bemühungen seitens des Unternehmens und des Gesetzgebers nicht immer unausweichlich und führt im schlimmsten Fall zur Auflösung des Unternehmens. Dabei kommt es nicht auf die Größe oder die Rechtsform des Unternehmens an, sodass bereits in der Vergangenheit Unternehmen wie Schlecker, Arcandor und Loewe Insolvenz anmelden mussten und nur Loewe durch Sanierung gerettet werden konnte. In der Insolvenz ist es vor allem für das Unternehmen wichtig, jemanden an der Hand zu haben, der den Weg der Insolvenz mit beschreitet und das Unternehmen in allen steuer- und insolvenzrechtlichen Konsequenzen begleitet.

Das Ziel der Arbeit ist es, einen Überblick der grundlegenden Besonderheiten der Besteuerung des Unternehmens innerhalb -und außerhalb des Insolvenzverfahrens zu geben und dabei auf die gesetzlichen Regelungen des Steuerrechts und des Insolvenzrechts einzugehen und ihre Konformität kritisch zu analysieren. Um einen Einblick in die Entwicklung des Insolvenzrechts zu geben, wird zunächst ein Überblick der Änderungen aufgezeigt. Ergänzend dazu werden die Neuerungen der Insolvenzrechtsreform und des ESUG kurz erläutert. Anschließend wird der Ablauf eines Insolvenzverfahrens angeführt, der mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt. Für das Insolvenzverfahren sind sowohl die Eintrittsgründe einer Insolvenz, als auch die am Verfahren Beteiligten von großer Bedeutung. Aus diesem Grund werden diese im nächsten Schritt erläutert. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Besteuerung der Unternehmen und der der steuerpflichtigen Personen. Um zum Besteuerungsverfahren zu gelangen, sind zunächst die Steuerforderungen als Insolvenzforderungen von den Steuerforderungen als Masseverbindlichkeit zu differenzieren. In dem Besteuerungsverfahren selbst erfolgt eine Abgrenzung der Behandlung des Unternehmens bis zur Insolvenzeröffnung, während des Insolvenzverfahrens und nach Beendigung des Insolvenzverfahrens. Danach folgt eine Auswahl steuerlicher Besonderheiten im Insolvenzverfahren unter Beachtung der unterschiedlichen Rechtsformen. Dabei werden Kenntnisse über die einzelnen Gesellschaftsformen vorausgesetzt, soweit hierzu nicht etwas erläutert wird. Neben dem Sanierungsgewinn wird auf den Veräußerungs- und Betriebsaufgabegewinn sowie auf den Auflösungsgewinn und -verlust eingegangen. Im Anschluss erfolgt der insolvenzrechtliche Einfluss auf die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer. Im Rahmen der einzelnen Steuerarten erfolgt die Betrachtung der jeweiligen steuerlichen Besonderheiten. Abschließend wird ein Fazit gezogen, in dem auf die Besonderheiten der Unternehmensbesteuerung im Rahmen der Insolvenz eingegangen wird und auf mögliche Kritikpunkte hingewiesen wird.

2 Grundlagen

2.1 Historische Entwicklung

2.1.1 Bis 31.12.1998

Das Insolvenzrecht fand am 10.02.1877 unter der Bezeichnung „Konkursordnung“ (KO) erstmals als Reichsjustizgesetz Einzug in die Gesetzgebung. Durch sie wurden Unternehmen zerschlagen und ihre Vermögensgegenstände veräußert. Zugunsten des Unternehmenserhalts, durch die erstmalige Möglichkeit der Sanierung von insolventen Unternehmen, wurde die KO durch die Vergleichsordnung (VerglO) vom 26.02.1935 ergänzt.[3] Die KO und die VerglO galten in Deutschland für die alten Bundesländer. Außerdem gab es noch die Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) vom 21.05.1991, die für die Länder der ehemaligen DDR Anwendung fand.[4]

Aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Ölkrise Anfang der siebziger Jahre wurde die Reform des Insolvenzrechts hervorgerufen. Der Bundesminister der Justiz hat im Jahr 1978 eine Kommission einberufen, welche die Aufgabe hatte, einen Reformvorschlag für das Insolvenzrecht zu erarbeiten. Dieser Überlegung lag die Erkenntnis zugrunde, dass das Konkurs- und Vergleichsrecht aufgrund der hohen Massearmut nicht mehr geeignet war, die geforderten Aufgaben und Erwartungen zu erfüllen.[5]

So wurden ca. 75 % aller Verfahren aufgrund mangelnder Insolvenzmasse[6], die nicht einmal für die Deckung der Verfahrenskosten ausreichte, gar nicht eröffnet und weitere 10 % vorzeitig eingestellt.[7] Bei den zu Ende gebrachten Verfahren lag die Konkursquote bei geringen 3-5 %. Zu Unternehmenssanierungen kam es gerade einmal in ca. 1 % der Fälle, sodass die VerglO kaum in der Praxis Anwendung fand und „sich als völlig unzureichend“[8] erwies.[9] Als inhaltliche Kritikpunkte für den Praxisgebrauch sind vor allem zwei Gründe anzuführen: Durch die kurze Insolvenzantragsfrist von drei Wochen wurde der außergerichtliche Vergleich verhindert. Außerdem stellten unnachgiebige Gläubiger, sog. „Akkordstörer“, ein weiteres Problem dar. Obwohl ihre Forderungen aufgrund der finanziellen Lage des Unternehmens wertlos waren, waren sie „grundsätzlich auch dann nicht gehindert, ihre Ansprüche gegen den Schuldner uneingeschränkt durchzusetzen“[10].[11] Der außergerichtliche Sanierungsvergleich wurde durch sie gefährdet, indem sie mit der Vollstreckung ihrer Forderungen drohten, um für sich ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen.[12]

2.1.2 Seit 01.01.1999

Am 01. Januar 1999 ist die neue InsO von 1994[13] in Kraft getreten. Sie wurde erstmals auf Fälle angewandt, in denen die Verfahrenseröffnung nach dem 31.12.1998[14] beantragt wurde.[15] Durch die neue Insolvenzordnung wurden die KO, die VerglO und die GesO[16] abgelöst.[17] Dadurch wurde ein Gesetzgebungsverfahren beendet, dessen Wurzeln bis in das Jahr 1978 zurück liegen.[18] Grund für die Reform war, neben der bereits genannten Problemstellung[19], der Wunsch nach einem „einheitlichen Insolvenzverfahren“[20] und dem Streben nach einer besseren Abstimmung für Unternehmen im Rahmen der „Liquidation und Sanierung“[21].[22]

Nach § 1 InsO verfolgt die Insolvenzrechtsreform vor allem zwei Ziele, welche auch die Funktionen des Insolvenzverfahrens wiederspiegeln.[23] Zum einen sollen sämtliche Gläubiger eines Schuldners gleichmäßig und gemeinschaftlich befriedigt („par conditio creditorum“[24] ) werden, was zu einer Gleichbehandlung aller Gläubiger führt. Dabei wird bewusst unterdrückt, dass es zu einem Wettlauf der Gläubiger untereinander kommt, indem es nicht von Bedeutung ist, welcher Gläubiger zuerst vollstreckt hat.[25] Zum anderen ermöglicht sie die Restschuldbefreiung[26] von „redlichen Schuldnern“[27].[28] Die Restschuldbefreiung wurde neben dem Insolvenzplanverfahren[29] und dem Verbraucherinsolvenzverfahren grundlegend neu in die InsO aufgenommen.[30]

Mit Einführung des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG[31] ) am 01.03.2012[32], hat der Gesetzgeber die Möglichkeit zur Sanierung im Insolvenzverfahren nochmals verbessert und sowohl Schuldnern als auch Gläubigern bessere Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt.[33] Dadurch wird der Erhalt von Arbeitsplätzen sanierungsfähiger Unternehmen ermöglicht.[34] Das Gesetz soll bei allen Verfahrensbeteiligten zu einem Mentalitätswechsel für eineandere Insolvenzkultur führen.[35] Es werden erstmalig die Probleme, die eine Unternehmenskrise mit sich bringt, durch die Chance einer vom Schuldner planbaren und im Verfahren nutzbaren Sanierung mit einbezogen.[36] Wesentliche Zielsetzung des ESUG ist der Anreiz durch den Gesetzgeber für eine frühzeitigere Insolvenzantragstellung des Schuldners in der Krise.[37] Dafür stehen dem Antragsteller neue Möglichkeiten zur Verfügung:[38]

- Einführung des Schutzschirmverfahrens[39]
- selbstbestimmte Eigenverwaltung
- Stärkung der Gläubiger durch einen vorläufigen Gläubigerausschuss[40]
- die Bescheinigung der Zahlungsunfähigkeit
- Einführung eines Debt-Equity-Swap[41]

2.2 Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Voraussetzung für die Verfahrenseröffnung ist, dass ein Eröffnungsgrund[42] vorliegt[43] und dass das Vermögen des Insolvenzschuldners zu gering ist, um die Insolvenzgläubiger damit zu befriedigen.[44] Das Insolvenzverfahren kann bei Vorlage der genannten Voraussetzungen über das Vermögen der folgenden Personenkreise eröffnet werden:[45]

- natürliche Personen
- juristische Personen
- rechtsfähige Vereine
- Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit[46]

Des Weiteren kann es über den Nachlass oder das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft oder über das von den Ehegatten gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut einer Gütergemeinschaft eröffnet werden (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Unzulässig ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts[47] (§ 12 Abs. 1 InsO).

Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 InsO kann das Insolvenzverfahren nur auf schriftlichen Antrag eröffnet werden. Der Antrag kann sowohl vom Schuldner als auch vom Gläubiger gestellt werden (§ 13 Abs. 1 Satz 2 InsO).[48] Stellt der Schuldner den Insolvenzantrag, so hat er diesem ein Verzeichnis über die Insolvenzgläubiger und deren Forderungen beizufügen (§ 13 Abs. 1 Satz 3 InsO). Eine Antragstellung des Gläubigers ist zulässig, wenn er ein rechtliches Interesse an der Verfahrenseröffnung hat und er seine Forderung gegenüber dem Schuldner glaubhaft machen kann (§ 14 Abs. 1 Satz 1 InsO).

Wurde der zulässige Eröffnungsantrag gestellt, entscheidet[49] das Insolvenzgericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.[50] Das Gericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die bis zur Antragsentscheidung erforderlich sind, um den Gläubiger nicht in seiner Vermögenslage zu benachteiligen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 InsO).[51] Der Schuldner ist zur Auskunfts- und Mitwirkungsflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO gegenüber dem Insolvenzgericht verpflichtet, um dadurch die Entscheidung über den Eröffnungsantrag zu unterstützen. Das Insolvenzgericht hat neben der Eröffnung des Verfahrens auch die Möglichkeiten, den Eröffnungsantrag aufgrund von Unzulässigkeit zurückzuweisen[52] oder den Antrag mangels Masse[53] abzuweisen.[54]

Hat das Gericht dem Eröffnungsantrag zugestimmt, erfolgt ein Eröffnungsbeschluss (§ 27 InsO). In dem Eröffnungsbeschluss sind u.a. Angaben über die Firma, den Vor- und Zunamen, das Geburtsdatum des Schuldners, der Name und die Anschrift des Insolvenzverwalters und die Stunde der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, darzulegen (§ 27 Abs. 2 InsO). Mit dem Beschluss werden die Gläubiger aufgefordert, ihre Forderungen innerhalb von mindestens zwei Wochen bis maximal drei Monaten[55] schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden (§ 28 Abs. 1 InsO i.V.m. § 174 Abs. 1 Satz 1 InsO) und ihn unverzüglich über in Anspruch genommene Sicherungsrechte an beweglichen Sachen oder Rechten zu informieren (§ 28 Abs. 2 Satz 1 InsO). Zusätzlich werden durch den Beschluss alle Personen, die Verpflichtungen gegenüber dem Schuldner haben, aufgefordert, diese ausschließlich an den Insolvenzverwalter und nicht mehr an den Schuldner zu leisten (§ 28 Abs. 3 InsO). In dem Eröffnungsbeschluss hat das Insolvenzgericht einen Berichtstermin und einen Prüfungstermin festzulegen (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO). Der Berichtstermin findet innerhalb von sechs Wochen bis drei Monaten nach der Insolvenzeröffnung statt (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Bis zu dem Prüfungstermin ist ein Zeitraum von einer Woche bis zu zwei Monaten nach Ablauf der Anmeldefrist zu wahren (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Der Eröffnungsbeschluss ist sofort durch die Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts öffentlich bekannt zu machen (§ 30 Abs. 1 InsO). Daneben ist der Beschluss auch den Gläubigern[56], dem Schuldner und seinen Drittschuldnern zuzustellen (§ 30 Abs. 2 InsO).

Stellt sich erst nach der Verfahrenseröffnung heraus, dass die Insolvenzmasse nicht zur Deckung der Verfahrenskosten ausreicht, wird das Verfahren durch das Insolvenzgericht eingestellt (§ 207 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Verfahrenseinstellung unterbleibt, wenn entweder ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen[57] wird oder die Verfahrenskosten nach § 4a InsO gestundet werden.

2.3 Insolvenzgründe

Die Insolvenzordnung unterscheidet in den §§ 17 bis 19 InsO zwischen drei Insolvenzgründen, die zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führen können. Diese gliedern sich in Zahlungsunfähigkeit, Drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an: Kramer, R. / Peter, F. K. (2014): S. 31.

Abbildung 1 : Insolvenzgründe

Wie der Abbildung zu entnehmen ist, müssen juristische Personen bei den Insolvenzgründen der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Der Eröffnungsantrag ist ohne schuldhafte Verzögerung, d. h. spätestens mit Ablauf von drei Wochen nach Eintritt des Eröffnungsgrundes zu stellen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 InsO).[58] Wird der Antrag innerhalb der drei Wochen nicht, nicht richtig oder verspätet gestellt, ist mit Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe zu rechnen (§ 15a Abs. 4 InsO).[59] Liegt eine fahrlässige Handlung vor, wird eine verkürzte Freiheitsstrafe von einem Jahr oder eine Geldstrafe verhängt (§ 15a Abs. 5 InsO).

Bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit trifft den Schuldner keine Antragspflicht, sondern ein Antragsrecht, welches er für den Schutz des Insolvenzverfahrens beanspruchen kann.[60] Bei juristischen Personen ist neben den Gläubigern auch jedes Mitglied des Vertretungsorgans zur Antragstellung berechtigt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 1. HS InsO). Bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit besitzt jeder persönlich haftende Gesellschafter ein Antragsrecht und bei der KGaA jeder Abwickler (§ 15 Abs. 1 Satz 1 2. HS InsO). Im Folgenden werden die einzelnen Insolvenzgründe näher erläutert.

2.3.1 Zahlungsunfähigkeit

Für alle insolvenzfähigen Rechtsträger und Vermögensmassen gilt die Zahlungsunfähigkeit als Eröffnungsgrund im Insolvenzverfahren.[61] Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Insolvenzschuldner nicht mehr in der Lage ist, seinen fälligen Zahlungspflichten nachzukommen. Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, so hält § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO an der gesetzlichen Vermutung fest, dass dadurch eine allgemeine Zahlungsunfähigkeit vorliegt.[62] Laut ständiger BGH-Rechtsprechung ist die Zahlungseinstellung das nach außen tretende Verhalten des Schuldners, welches typischerweise ausdrückt, dass er zahlungsunfähig ist.[63] Der BGH stellt klar, dass auch die Nichtzahlung an einen einzigen Gläubiger für das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit ausreichen kann, wenn die Höhe der Forderung von nicht unerheblicher Höhe ist. Hierbei ist unbeachtlich, ob der Schuldner noch einzelne Gläubiger befriedigen kann, weil die Zahlungseinstellung bereits dann gegeben ist, wenn der Schuldner den wesentlichen Teil seiner Verbindlichkeiten nicht erfüllen kann.[64] Der BGH hat mit seinem Urteil aus 2005 den Begriff der Zahlungsunfähigkeit noch enger gefasst und definiert diese als dann gegeben, wenn der Schuldner nicht innerhalb von drei Wochen nach Eröffnungsentscheidung[65] mindestens 90 % seiner Verbindlichkeiten zurückzahlt oder wenn absehbar ist, dass die Zahlung der Verbindlichkeiten demnächst bei unter 90 % liegt.[66] In der Praxis sind diese Tatbestandsmerkmale zur 90 % - Grenze in zwei Schritten zu überprüfen[67], wie im nachfolgenden Beispiel mit der Rechenformel des BGH dargestellt.

1) Beispiel zur BGH-Rechenformel[68]

Erster Schritt zur Prüfung des Vorliegens von Zahlungsunfähigkeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an: O.V. (2014): Kapitel S, Rn. 152.

Abbildung 2: Liquiditätsstatus

Zunächst wird eine Liquiditätsübersicht erstellt, d.h. eine Bestandsaufnahme der Aktiva und Passiva zum Stichtag. Somit werden die verfügbaren liquiden Mittel den bestehenden fälligen Verbindlichkeiten[69] gegenübergestellt. Durch die Gegenüberstellung ist die Deckungslücke I zu ermitteln, die hier -20 € ergibt (Kasse/Bank 200 € ./. fällige Verbindlichkeiten 220 €). Stellt man als nächstes die Deckungslücke prozentual den fälligen

Verbindlichkeiten gegenüber, so beträgt die Deckungslücke I 9,1 % (Deckungslücke -20 € x 100 / fällige Verbindlichkeiten (-220 €)). Die BGH-Rechenformel führt grundsätzlich zu der Problematik, dass Unternehmen die ihre Verbindlichkeiten nicht durch ihre liquiden Mittel begleichen, begünstigt werden.[70] Dies wird in der Deckungslücke II deutlich. Der Schuldner hat seine verfügbaren liquiden Mittel in Höhe von 200 € zur Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten eingesetzt. Dadurch sind seine liquiden Mittel aufgebraucht und die Verbindlichkeiten auf -20 € gesunken. Ermittelt man mit diesen Werten die Deckungslücke II, kommt man auf einen Betrag von -20 € (Kasse/Bank 0 € ./. fällige Verbindlichkeiten 20 €) und auf eine prozentuale Deckungslücke in Höhe von 100 % (Deckungslücke II -20 € x 100 / fällige Verbindlichkeiten II (-20 €)). Demnach wäre es für Unternehmen sinnvoll, ihre liquiden Mittel zurück zu halten und möglichst wenige Verbindlichkeiten zu begleichen.

Da der Gesetzgeber diese Problematik erkannt hat, ist für die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit eine Fortbestehensprognose zu erstellen. Mit der Fortbestehensprognose soll geklärt werden, ob die Deckungslücke vorübergehend ist (sog. Zahlungsstockung[71] ) oder auf Dauer, sodass Zahlungsunfähigkeit vorliegt.[72] Die Fortbestehensprognose ist deshalb nur anzuwenden, insoweit der Liquiditätsstatus aus 1) auf eine nicht Zahlung der Verbindlichkeiten von 90 % hinweist.[73]

Fortsetzung Beispiel 1) zur BGH-Rechenformel

Zweiter Schritt zur Prüfung des Vorliegens von Zahlungsunfähigkeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an: O.V. (2014): Kapitel S, Rn. 154.

Abbildung 3 : Fortbestehensprognose mittels Liquiditätsbilanz

Auf Basis der Liquiditätsübersicht aus 1) ist eine Fortbestehensprognose mittels einer Liquiditätsbilanz zu erstellen.[74] In dieser werden die variierenden Zahlungseingänge[75] (Aktiva II) und die neu anfallenden Verbindlichkeiten (Passiva II) als Veränderung im Prognosezeitraum berücksichtigt.[76] Die Veränderung im Prognosezeitraum weist eine „positive Deckungslücke“ von 10 € (Forderungen 30 € ./. Verbindlichkeiten 20 €) aus, weshalb diese den liquiden Mitteln hinzugerechnet werden. Dadurch ergeben sich liquide Mittel in Höhe von 210 € (Kasse/Bank aus der Stichtagsliquidität 200 € + Veränderung im Prognosezeitraum 10 €). Die fälligen Verbindlichkeiten haben sich durch die „positive Deckungslücke“ nicht geändert. Durch Gegenüberstellung der liquiden Mittel mit den Verbindlichkeiten ergibt sich in der Liquiditätsbilanz eine Deckungslücke in Höhe von -10 € (Kasse/Bank 210 € ./. fällige Verbindlichkeiten 220 €). Die prozentuale Deckungslücke liegt bei 4,5 % (Deckungslücke -10 € x 100 / fällige Verbindlichkeiten (-220 €)).

Lag die prozentuale Deckungslücke im ersten Schritt noch bei 9,1 %, liegt sie nach dem zweiten Schritt nur noch bei 4,5 %. Da die prozentuale Deckungslücke damit unter 10 % liegt und dadurch mehr als 90 % der Verbindlichkeiten beglichen werden, liegt in diesem Beispiel keine Zahlungsunfähigkeit vor.

Liegt der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit in der Vergangenheit, so ist von dem Zeitpunkt auszugehen, in dem erstmals Anhaltspunkte einer möglichen Zahlungsunfähigkeit vorgelegen haben. Für diesen Zeitpunkt sind nachträglich ein Liquiditätsstatus und soweit erforderlich eine Fortbestehensprognose zu erstellen.[77] Ist dies nachträglich nicht möglich, kann im Anfechtungsprozess[78] auch rückwirkend auf den Zeitpunkt, an dem die erste nicht beglichene Verbindlichkeit im Insolvenzeröffnungsverfahrens fällig geworden ist, abgestellt werden.[79]

Neben der Bagatellgrenze zur Feststellung von Verbindlichkeiten bedarf es laut BGH auch dem ernsthaften Einfordern der Forderung durch den Gläubiger.[80]

2.3.2 Überschuldung

Ein weiterer Insolvenzeröffnungsgrund stellt bei juristischen Personen die Überschuldung[81] dar (§ 19 Abs. 1 InsO). Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Insolvenzschuldners nicht mehr ausreicht, um die bestehenden Verbindlichkeiten zu decken (§ 19 Abs. 2 Satz 1 1. HS InsO) und wenn die Fortführung des Unternehmens unwahrscheinlich ist (§ 19 Abs. 2 Satz 1 2. HS InsO).[82]

Nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB haben die Geschäftsführungsorgane im Rahmen der Aufstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses zu prüfen, ob bei der Bewertung der ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden weiterhin von einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit, sog. „Going-Concern-Annahme“, auszugehen ist oder ob der Fortführung rechtliche oder tatsächliche Gegebenheiten[83] entgegenstehen.[84]

Die Annahme der Unternehmensfortführung stellt nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB eine gesetzliche Regelvermutung[85] dar. Von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ist grundsätzlich immer dann auszugehen, „wenn das Unternehmen in der Vergangenheit nachhaltige Gewinne erzielt hat, leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann und keine bilanzielle Überschuldung droht.“[86] Ist die Unternehmensfortführung gefährdet, so ist eine mögliche Überschuldung durch die modifizierte zweistufige Überschuldungsermittlung zu prüfen:[87]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an: Weller, N. (2014), Rz. 2.

Abbildung 4: Zweistufige Überschuldungsprüfung

Wie in der Darstellung ersichtlich, erfolgt die Überschuldungsprüfung in zwei Stufen. In der ersten Stufe ist die Fortführung des Unternehmens anhand einer Fortführungsprognose zu beurteilen. Durch die Fortführungsprognose soll festgestellt werden, ob zum jetzigen Zeitpunkt oder in dem zwölf monatigen Prognosezeitraum Tatsachen eintreten werden, die der Unternehmensfortführung entgegenstehen.[88] Fällt die Fortführungsprognose positiv aus, liegt keine Überschuldung vor und es bedarf keiner weiteren Prüfungsschritte. Fällt die Fortführungsprognose negativ aus, so ist die Fortführungsprognose in der zweiten Stufe um eine Liquiditätsbilanz zu ergänzen. Das Vermögen und die Schulden des Unternehmens sind dabei zum Stichtag zu Liquidationswerten gegenüberzustellen.[89] Übersteigen die Schulden das Vermögen liegt eine Überschuldung des Unternehmens vor. Das Unternehmen steht vor der Auflösung. Ist das Vermögen größer als die Schulden, liegt eine drohende Überschuldung vor, die als Warnsignal zu beachten ist.[90]

2.3.3 Drohende Zahlungsunfähigkeit

Die Einführung der drohenden Zahlungsunfähigkeit stellt einen besonderen Insolvenzeröffnungsgrund als Kernstück der Insolvenzreform dar.[91] Sie ist Eröffnungsgrund, wenn der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat (§ 18 Abs. 1 InsO). Eine Verfahrenseröffnung erfolgt demnach nur durch einen Eigenantrag des Schuldners.[92] Anträge von Gläubigern sind unzulässig (sog. Innenlösung), damit diese die drohende Zahlungsunfähigkeit nicht als Druckmittel gegenüber dem Schuldner missbrauchen.[93] Erfolgt die Antragstellung bei juristischen Personen oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit[94] nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Abwicklern, so stellt der Antrag nur einen Eröffnungsgrund dar, wenn der jeweilige Antragsteller zur Vertretung befugt ist (§ 18 Abs. 3 InsO, § 177 BGB).

Gesetzlich definiert ist die drohende Zahlungsunfähigkeit in § 18 Abs. 2 InsO. Der Gesetzgeber hat in seiner Definition die Prognose aufgestellt, dass einem Schuldner die Zahlungsunfähigkeit droht, soweit es ihm voraussichtlich[95] nicht mehr möglich sein wird, seinen bestehenden Zahlungspflichten im Fälligkeitszeitpunkt nachzukommen (§ 18 Abs. 2 InsO). Danach liegt eine drohende Zahlungsunfähigkeit nur bei einer negativen Fortbestehensprognose vor. Die Anforderungen an die Fortbestehensprognose knüpfen an die der Überschuldung an.[96] Im Gegensatz zu der bestehenden Zahlungsunfähigkeit bezieht sich die drohende Zahlungsunfähigkeit auf einen künftigen Zeitraum.[97] Deshalb wird bei ihr auf die „Zeitraum-Illiquidität“ zurückgegriffen.[98] Streitig ist bislang die Dauer des Prognosezeitraums.[99]

Ziel der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist die rechtzeitige Einleitung sowohl rechtlicher als auch wirtschaftlicher Maßnahmen zum Schutz des Schuldners mit Unterstützung eines vorläufigen Insolvenzverwalters[100]. Dadurch soll es ermöglicht werden, schneller auf eine Unternehmenskrise zu reagieren und das Unternehmen vor der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung zu bewahren.[101]

2.4 Verhältnis zwischen Steuerrecht und Insolvenzordnung

Für die Insolvenzbesteuerung gibt es kein systematisch gesetzliches Regelungswerk, welches das formelle und das materielle Steuerrecht vereint.[102] Die einzelnen Gesetze enthalten lediglich Verweise zur Anwendung des anderen Rechts.[103] Es fehlen sowohl im Insolvenzrecht als auch im Steuerrecht umfassende gesetzliche Regelungen, welche die Auswirkungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf das Steuerrecht festlegen und vorschreiben, wie die Behandlung von Steuerforderungen in einem Insolvenzverfahren zu erfolgen hat.[104] Das Insolvenzsteuerrecht ist vielmehr unvollkommen geregelt.[105] Die InsO enthält nur einzelne Vorschriften[106], in denen sie sich mit Problemen hinsichtlich der Steuerforderungen im Insolvenzverfahren auseinandersetzt.[107] Hierzu stellt eine der wichtigsten Regelungen der § 251 Abs. 2 AO dar, wonach das materielle Steuerrecht grundsätzlich vom Insolvenzrecht unberührt bleibt.[108] Damit wird aufgrund des § 251 Abs. 2 AO ein immer wiederkehrender Vorrang der Insolvenzordnung (lex specialis) gegenüber dem Steuerrecht (lex generalis) abgeleitet.[109] Bereits der Reichsfinanzhof hat den Grundsatz „Konkursrecht vor Steuerrecht“ anerkannt.[110] Darin liegt auch der Ausgangspunkt für das Verhältnis zwischen dem Insolvenzrecht zum Steuerrecht in § 1 InsO.[111]

Allerdings ist das Insolvenzrecht nur vorrangig anzuwenden, insoweit der Zweck des Insolvenzverfahrens nach § 1 InsO hinsichtlich der gleichmäßigen und gemeinschaftlichen Befriedigung[112] der Gläubiger, ein einheitliches Verfahren erfordert.[113] Demnach sollte auch der Fiskus keine Sonderstellung erfahren (§ 251 Abs. 2 AO i.V.m. §§ 87, 89 InsO), woraus der Entschluss gezogen werden kann, dass in § 251 Abs. 2 AO ausschließlich die Kollision des Vollstreckungsfalls geregelt wird und die insolvenzrechtlichen Vollstreckungsverbote[114] auch für die Finanzverwaltung Anwendung finden.[115] Allerdings wurde diese Annahme durch BFH-Rechtsprechung bereits mehrmals durchbrochen.[116]

Das Verhältnis der zwei Rechtsgebiete Insolvenzrecht und Steuerrecht wird durch den Grundsatz „Insolvenzrecht vor Steuerrecht“ somit nicht richtig definiert. Es kann kein grundsätzlicher Vorrang des einen Rechts zum anderen Recht festgestellt werden. Stattdessen stellen die Rechtsgebiete eine Abgrenzung der unterschiedlichen Regelungsbereiche dar.[117] Nach Steuerrecht richten sich weiterhin die Entstehung, der Zeitpunkt und die Höhe von Steuerforderungen gegen den Schuldner. Das Insolvenzrecht hingegen ist für die Geltendmachung dieser Steueransprüche maßgebend.[118]

3 Allgemeines Insolvenzsteuerrecht

3.1 Steuerrechtliche Stellung der Beteiligten

3.1.1 Schuldner

Als Schuldner im Insolvenzverfahren bedarf es der Insolvenzfähigkeit. Diese liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners oder seines Unternehmens allen im Verfahren beteiligten Gläubigern[119] als Gesamtvollstreckung[120] unterliegt.[121] Es muss somit die Eigenschaft vorliegen, Träger des zu verwertenden Vermögens und der Verbindlichkeiten zu sein.[122]

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 InsO kann sowohl jede natürliche Person als auch jede juristische Person insolvenzfähig sein. Dies gilt auch für ausländische Personen, soweit die deutsche Gerichtszuständigkeit vorliegt.[123] Für nicht rechtsfähige Vereine[124] gilt insoweit die Regelung wie für juristische Personen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nicht insolvenzfähig sind hingegen der Bund, das Land (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 InsO) und juristische Personen des öffentlichen Rechts[125] (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO kann das Insolvenzverfahren auch über das Vermögen von PersGes eröffnet werden. Die GbR ist jedoch nur insolvenzfähig, insoweit es sich bei ihr um eine Außengesellschaft handelt, die durch eigene Rechte und Pflichten im Rechtsverkehr ihre Rechtsfähigkeit begründet.[126],[127] Andernfalls wird das Insolvenzverfahren über die einzelnen Gesellschafter abgewickelt.[128] In § 11 Abs. 2 Nr. 2 InsO sind weitere Personenkreise als Sonderinsolvenzen aufgezählt, die über einen Nachlass, das Gesamtgut der Gütergemeinschaft und das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft, eröffnet werden.

Der Schuldner ist im materiellen Steuerrecht weiterhin nach § 33 AO Steuerpflichtiger und nach § 43 AO Steuerschuldner. Er ist weiterhin wirtschaftlicher Eigentümer der Insolvenzmasse, sodass diese ihm weiterhin als Vermögen zuzurechnen (§ 39 AO) ist.[129] Außerdem ist er im formellen Steuerrecht gem. § 78 AO Verfahrensbeteiligter, aber nach § 79 AO handlungsunfähig.[130] Der Schuldner unterliegt nach den §§ 90, 93 AO und § 97 InsO umfassenden steuerlichen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten. Handlungen, die nicht zur Erfüllung seiner Pflichten beitragen, hat er zu unterlassen (§ 97 Abs. 3 Satz 2 InsO).

3.1.2 Gläubiger

Im Insolvenzverfahren besteht das Prinzip der „Gläubigerautonomie“. Das bedeutet, dass die Gläubiger selbst dazu befugt sind, Entscheidungen über den Verlauf des Verfahrens zu treffen, wodurch ihnen die Einflussnahme am Geschehen ermöglicht wird.[131]

Es gibt verschiedene Gläubigergruppen, die sich vor allem in ihrer Befriedigungschance im Insolvenzverfahren unterscheiden lassen.[132] Die einzelnen Rechtsstellungen der Gläubiger sind gesetzlich in den §§ 38-55 InsO definiert. Das Gesetz unterscheidet im ersten Schritt zwischen vier Gläubigergruppen und differenziert im zweiten Schritt dazu noch die aussonderungsberechtigten Gläubiger. Im Folgenden wird auf die einzelnen Gläubigergruppen genauer eingegangen.[133]

[...]


[1] Erich, H. (2012), Insolvenz-Ratgeber.

[2] Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden vom 10.06.2015.

[3] Vgl. Gogger, M. (2006), S. 2 ff. ; vgl. Waza, T. / Uhländer, C. / Schmittmann, J. M. (2012), S. 53, Rn. 1 f. ; vgl. Ziegenhagen, A. / Thieme, H. (2010), S. 22, Rn. 1.

[4] Vgl. Waza, T. / Uhländer, C. / Schmittmann, J. M. (2012), S. 53, Rn. 1 ; vgl. Zimmermann, W. (2008), S. 1.

[5] Vgl. Bork, R. (2014), Einführung InsO, S. IX ff.

[6] Vgl. Kapitel 3.1.4 zur Insolvenzmasse.

[7] Vgl. Bork, R. (2014), Einführung InsO, S. IX ff. ; vgl. Flessner, A. (1982), S. 24.

[8] Bork, R. (2005), S. 5, Rn. 8.

[9] Vgl. Bork, R. (2014), Einführung InsO, S. IX ff. ; vgl. Gogger, M. (2006), S. 2 ff.

[10] BGH-Urteil v. 12.12.1991, IX ZR 178/91, NJW 1992, S. 967.

[11] Vgl. Ziegenhagen, A. / Thieme, H. (2010), S. 66, Rn. 27.

[12] Vgl. Ziegenhagen, A. / Thieme, H. (2010), S. 66, Rn. 27.

[13] Vgl. BGBl. I 1994, S. 2866.

[14] Vgl. Art. 103 EGInsO.

[15] Vgl. § 359 InsO i.V.m. Art. 110 EGInsO ; vgl. BGBl. I 1994, S. 2911 ; vgl. BMF-Schreiben v. 17.12.1998, IV A 4 - S 0550 - 28/98.

[16] Die GesO wurde durch Art. 2 EGInsO aufgehoben.

[17] Vgl. Reischl, K. (2008), S. 4, Rn. 16.

[18] Vgl. Bork, R. (2005), S. 5, Rn. 8.

[19] Vgl. zu den Kritikpunkten im Praxisgebrauch Kapitel 2.1.1 Bis 31.12.1998.

[20] Ziegenhagen, A. / Thieme, H. (2010), S. 22, Rn. 1.

[21] Bork, R. (2014), Einführung InsO, S. X.

[22] Vgl. Bork, R. (2014), Einführung InsO, S. X.

[23] Vgl. Kramer, R. / Peter, F. K. (2014), S. 15.

[24] Haarmeyer, H. / Frind, F. (2014), S. 1, Rn. 2.

[25] Vgl. Kramer, R. / Peter, F. K. (2014), S. 15. Das hier erläuterte Gesamtvollstreckungsverfahren unterscheidet sich aufgrund des unerwünschten Wettlaufs der Gläubiger von der Einzelzwangsvollstreckung, bei der die einzelnen Gläubiger auf einzelne Vermögensgegenstände zugreifen. Soweit mehr als ein Gläubiger den selben Gegenstand pfänden lassen haben, gilt bei der Einzelzwangsvollstreckung im Gegensatz zur Gesamtvollstreckung das Recht nach der Rangfolge des früheren Zugriffs (sog. Prioritätsprinzip), vgl. Bork, R. (2005), S. 1, Rn. 1 ; vgl. § 804 Abs. 3 ZPO.

[26] Restschuldbefreiung bedeutet die Gelegenheit eines Schuldners zur Befreiung seiner restlichen Verbindlichkeiten, § 1 Satz 2 InsO. Voraussetzung für das Restschuldbefreiungsverfahren ist die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Der Antrag auf Restschuldbefreiung ist neben dem Insolvenzantrag gesondert einzureichen. Vgl. Commandeur, A. / Römer, A. (2013), S. 978 ; vgl. Paffenholz, G. / Kranzusch, P. (2007), S. 6 ; vgl. Westphal, T. (2015), InsO § 202 Rn. 22. Zu der Dauer der Restschuldbefreiung vgl. auch § 300 InsO ; Römermann, V. (2015a), § 287a Rn. 5.

[27] Kramer, R. / Peter, F. K. (2014), S. 15. Als redliche Schuldner werden natürliche Personen bezeichnet. Natürliche Personen sind Menschen, deren Rechtsfähigkeit gem. § 1 BGB mit der Vollendung der Geburt beginnt. Sie haben die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Die Rechtsfähigkeit endet mit dem Tod, vgl. Rauch, S. G. (2015), EStG § 1 Rn. 60.

[28] Vgl. BFH-Urteil v. 19.08.2008, VII R 6/07, BStBl. II 2008, S. 947.

[29] Das Insolvenzplanverfahren ist eine Möglichkeit zur Sanierung in der Insolvenz. Dadurch haben die Beteiligten die Chance, eine von der Regelverwertung abweichende sinnvolle Lösung hinsichtlich der Verwertung des schuldnerischen Vermögens zu treffen. Man unterscheidet zwischen der „echten“ Sanierung, bei der das Unternehmen in seiner bisherigen Rechtsform weitergeführt wird und der übertragenen Sanierung, bei der die Vermögensgegenstände des Unternehmens an eine Auffanggesellschaft verkauft werden. In der Praxis findet das Insolvenzplanverfahren kaum Anwendung. Vgl. Börner, A. / Terpitz, J. (2006), S. 1285 ; vgl. Jäger, J. (2012), S. 35 ; vgl. Tschersich, S. (2014), S. 43 f. ; vgl. §§ 217 ff. InsO.

[30] Vgl. Bork, R. (2005), S. 8, Rn. 17 ; vgl. Jäger, J. (2012), S. 35.

[31] Das Gesetz wurde am 13.12.2011 im Bundesgesetzblatt verkündet, vgl. BGBl. I 2011, S. 2582.

[32] Das ESUG ist in zwei Teilen in Kraft getreten. Der Hauptteil zum 01.03.2012 und der Rest zum 01.01.2013, vgl. BGBl. I 2011, S. 2582.

[33] Vgl. Haarmeyer, H. / Frind, F. (2014), S. 2, Rn. 5.

[34] Vgl. Gerrit, H. (2012), S. 1575 ; vgl. Groß, P. / Hess, H. / Reill-Ruppe, N. / Roth, J. (2014), o. S., Rn. 139.

[35] Vgl. Tschersich, S. (2014), S. 45.

[36] Vgl. Haarmeyer, H. / Frind, F. (2014), S. 16, Rn. 40a.

[37] Vgl. Tschersich, S. (2014), S. 45.

[38] Vgl. Damlachi, H. / Hohberger, S. (2014), S. 335 ; vgl. Eidenmüller, H. (2014), Vorbemerkungen vor §§ 217 bis 269 Rn. 71 ; vgl. Lambrecht, M. / Reinhardt, F. (2014), Die Stbg 2/14, S. 71 ; vgl. Pleister, C. (2013), S. 220 ; vgl. Römermann, V. (2012), S. 645.

[39] Durch das Schutzschirmverfahren soll dem Insolvenzschuldner die Möglichkeit gegeben werden, das Unternehmen vor eintreffen einer Insolvenz zur Sanierung vorzubereiten. Wird der Insolvenzantrag frühzeitig bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt und scheint eine Sanierung nicht aussichtlos, so wird der Schuldner auf seinen Antrag vom Insolvenzgericht dazu aufgefordert, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten, einen Insolvenzplan vorzulegen. Der Insolvenzschuldner muss mit dem Antrag eine Bescheinigung auf Zulassung des Schutzschirmverfahrens einreichen, in welcher von einer in Insolvenzsachen erfahrenen Person, z.B. Steuerberater, bescheinigt wird, dass eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt, aber eine Zahlungsunfähigkeit bisher nicht eingetreten ist. Zudem muss bescheinigt werden, dass die angestrebte Sanierung nicht aussichtlos erscheint. Vgl. § 270b InsO ; vgl. Lambrecht, M. / Reinhardt, F. (2014), Die Stbg 2/14, S. 71 ff. ; vgl. o.V. (2014), Kapitel S, Rn. 612.

[40] Zum vorläufigen Gläubigerausschuss vgl. § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO.

[41] Der Debt-Equity-Swap stellt eine vereinfachte Kapitalherabsetzung nach § 58a GmbHG und §§ 229 ff. AktG dar. Durch den Debt-Equity-Swap wird das Unternehmen bilanziell gestärkt, weil hierbei Verbindlichkeiten in Eigenkapital umgewandelt werden. Dadurch steht nicht die Zuführung von „frischem Kapital“ im Fokus, sondern die Stärkung des Eigenkapitals. Die Verwirklichung findet entweder durch eine Sachkapitalerhöhung (§183 AktG) oder durch einen Share Deal statt. Bei der Sachkapitalerhöhung wird das Kapital der Gesellschaft auf das noch vorhandene Eigenkapital herabgesetzt. Danach bringen die Gläubiger ihre Forderungen zum Nennwert als Kapitalerhöhung aus Sacheinlagen ganz oder zum Teil ein. Bei dem Share-Deal werden die Geschäftsanteile der Altgesellschafter auf die Gläubiger übertragen, die daraufhin auf die Geltendmachung ihrer Forderungen verzichten. Vgl. Damlachi, H. / Hohberger, S. (2014), S. 347 f. ;vgl. Haghani, S. / Knecht, T. C. (2014), § 18 Rn. 45 f.

[42] Zu den Eröffnungsgründen vgl. Kapitel 2.3 Insolvenzgründe.

[43] Vgl. BGH-Urteil v. 27.07.2006, IX ZB 204/04, BGHZ 169, S. 17 ff.

[44] Vgl. Bork, R. (2005), S. 1, Rn. 2.

[45] Vgl. § 11 InsO.

[46] Zu den Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit zählen die OHG, KG, PartG, GbR, Partnerreederei, Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung, vgl. hierzu § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO.

[47] Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind der Bund und das Land sowie solche, die der Aufsicht eines Landes unterstehen, soweit das Landesrecht das bestimmt (z.B. IHK), vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO.

[48] Bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit kann der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur vom Schuldner gestellt werden, vgl. § 18 Abs. 1 InsO.

[49] Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts ergehen, weil eine mündliche Verhandlung nicht notwendig ist, vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 InsO. Sie ergehen durch eine Verfügung oder einen Beschluss aber niemals durch ein Urteil. Vgl. Römermann, V. (2015b), InsO § 297 Rn. 8.

[50] Vgl. Mönning, R. D. / Schweizer, T. (2015), InsO § 27 Rn. 8.

[51] Zu den vorläufigen Maßnahmen gehören nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-4 InsO insbesondere die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters; der Einsatz eines vorläufigen Gläubigerausschusses; die Auferlegung oder Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbotes gegen den Schuldner, sodass Verfügungen nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam werden; die Untersagung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner, wenn keine unbeweglichen Gegenstände betroffen sind und die Anordnung einer vorläufigen Postsperre.

[52] Das Insolvenzgericht weist den Antrag als unzulässig zurück, wenn formelle Voraussetzungen, wie z.B. die nicht Glaubhaftmachung einer Forderung, fehlen, vgl. Zimmermann, W. (2008), S. 17.

[53] Der Antrag wird nach § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO mangels Masse abgewiesen, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich zu gering ist, um die Verfahrenskosten zu decken. Die Folge der Abweisung ist die Eintragung des Schuldners in ein Schuldnerverzeichnis, vgl. § 26 Abs. 2 Satz 1 InsO.

[54] Vgl. Mönning, R. D. / Schweizer, T. (2015), InsO § 27 Rn. 8.

[55] Vgl. BFH-Urteil v. 24.08.2004, VIII R 14/02, BStBl. II 2005, S. 246.

[56] Zu der Zustellung an den Gläubiger vgl. OLG Hamm-Urteil v. 23.10.2007, 27 U 66/07, OLG Report Gerichtsort 2008, S. 364.

[57] Vgl. hierzu § 26 Abs. 3 InsO.

[58] Vgl. Lenger, N. / Nachtsheim, T. (2014), S. 992.

[59] Sog. Insolvenzverschleppung nach § 64 Abs. 1 GmbHG, vgl. Mönning, R. D. (2015a), InsO § 15a Rn. 39. Zu der Freiheitsstrafe vgl. auch § 283 StGB.

[60] Vgl. Bußhardt, H. (2014), InsO § 18 Rn. 1.

[61] Vgl. o.V. (2014), Kapitel S, Rn. 141.

[62] Vgl. o.V. (2014), Kapitel S, Rn. 143.

[63] Vgl. BGH-Urteil v. 20.11.2001, IX ZR 48/01, BGHZ 149, S. 178 ; vgl. BGH-Urteil v. 12.10.2006, IX ZR 228/03, ZIP 2006, S. 2222 ; vgl. BGH-Urteil v. 21.06.2007, IX ZR 231/04, NJW-RR 2007, S. 1419.

[64] Vgl. BGH-Urteil v. 21.06.2007, IX ZR 231/04, NJW-RR 2007, S. 1419 ; vgl. BGH-Urteil v. 17.05.2001, IX ZR 188/98, DB 2001, S. 2140.

[65] Vgl. Mock, S. (2015a), InsO § 17 Rn. 27.

[66] Vgl. BGH-Urteil v. 24.05.2005, IX ZR 123/04, BGHZ 163, S. 134.

[67] Vgl. Jung, B. (2007), S. 223.

[68] Vgl. BGH-Urteil v. 24.05.2005, IX ZR 123/04, BGHZ 163, S. 134.

[69] Bei den Verbindlichkeiten sind nur solche mit einzubeziehen, die zum Stichtag fällig und demnach nicht gestundet sind, vgl. Staab, J. (2015), S. 154.

[70] Vgl. o.V. (2014), Kapitel S, Rn. 152.

[71] Laut BGH-Urteil v. 24.05.2005 ist eine Zahlungsunfähigkeit als Zahlungsstockung zu bezeichnen, soweit die Illiquidität nur von geringer Dauer ist. Als Dauer der Zahlungsstockung gilt ein Zeitraum, in dem sich eine kreditwürdige Person die benötigten Mittel durch einen Kredit leihen kann (drei Wochen). Zahlungsstockung stellt aufgrund ihrer Kurzfristigkeit keinen Insolvenzeröffnungsgrund dar. Vgl. BGH-Urteil v. 24.05.2005, IX ZR 123/04, BGHZ 163, S. 134.

[72] Vgl. BGH-Urteil v. 24.05.2005, IX ZR 123/04, BGHZ 163, S. 134 ; vgl. Lenger, N. / Nachtsheim, T. (2014), S. 992 f.

[73] Vgl. o.V. (2014), Kapitel S, Rn. 171.

[74] Vgl. BGH-Urteil v. 30.06.2011, IX ZR 134/10, BFH/NV 2011, S. 1822.

[75] Zu den liquiden Mitteln (Kasse, Bank, Scheck) zählen nicht nur die zum Stichtag vorhandenen Zahlungsmittel, sondern auch solche, die innerhalb der nächsten drei Wochen zufließen, vgl. BGH-Urteil v. 14.05.2009, IX ZR 36/08, BGHZ 181, S. 132. Auch geldwerte Vermögensgegenstände sind mit einzubeziehen, soweit sie kurzfristig liquidierbar sind, vgl. OLG Köln-Urteil v. 03.01.2000, 2 W 268/99, NZI 2000, S. 174.

[76] Vgl. o.V. (2014), Kapitel S, Rn. 153.

[77] Vgl. o.V. (2014), Kapitel S, Rn. 188.

[78] Vgl. §§ 129 ff InsO.

[79] Vgl. BGH-Urteil v. 12.10.2006, IX ZR 228/03, ZIP 2006, S. 2222.

[80] Vgl. BGH-Urteil v. 19.07.2007, IX ZB 36/07, BGHZ 173, S. 286.

[81] Die Überschuldung wurde in Artikel 5 FMStG aufgrund der Finanzkrise neugeregelt. Seitdem ist die gesetzliche Definition der Überschuldung nicht mehr in § 64 GmbHG a.F. sondern in § 19 Abs. 1 Satz 1 InsO geregelt, vgl. FMStG v.17.10.2008, BGBl. I 2008, S. 1988 f.

[82] Vgl. FMStG v. 17.10.2008, BGBl. I 2008, S. 1982 ff.

[83] Zu den tatsächlichen Gegebenheiten zählen z.B. der Entzug betriebsnotwendiger Konzessionen, Produktionsausfälle aufgrund höherer Gewalt und starke Widerstände in der Belegschaft, vgl. o.V. (2015a), IDW PS 270, Rn. 11. Zu den rechtlichen Gegebenheiten zählen z.B. die Überschuldung, Gewerbeauflagen, und Außenhandelsvorschriften, vgl. Groß, P. J. (2010), S. 123.

[84] Vgl. Groß, P. J. (2010), S. 122.

[85] Die gesetzliche Regelvermutung wird an dem Wortlaut „ist auszugehen“ deutlich.

[86] O.V. (2015a), IDW PS 270, Rn. 9.

[87] Vgl. BGH-Urteil v. 12.07.1999, II ZR 87/98, NJW 1999, S. 3120 ; vgl. Bitter, G. (2012), Editorial I.

[88] Vgl. Groß, P. J. (2010), S. 122.

[89] Vgl. o.V. (2014), Kapitel S, Rn. 212 ff.

[90] Vgl. Arnold, A. (2014), InsO § 19 Rn. 1 ff. ; vgl. Lenger, N. / Nachtsheim, T. (2014), S. 993 f.

[91] Vgl. Mönning, R. D. (2014b), InsO § 18 Rn. 9.

[92] Vgl. Staab, J. (2015), S. 155.

[93] Vgl. Bußhardt, H. (2014), InsO § 18 Rn. 1.

[94] Zu den Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit vgl. Kapitel 2.2 Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

[95] Mit „voraussichtlich“ ist eine überwiegende Wahrscheinlichkeit gemeint, für die eine Prognose anzustellen ist. Somit muss der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher sein als ihre Vermeidung, also größer als 50 %. Vgl. Bußhardt, H. (2014), InsO § 18 Rn. 4 f. ;

vgl. LG Hamburg-Urteil v. 16.03.2015, 318 S 38/14, ZInsO 2015, S. 857.

[96] Vgl. o.V.(2015b), IDW Standard (IDW S 11), Rn. 93.

[97] Vgl. § 18 Abs. 2 InsO i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 2 2. HS InsO.

[98] Vgl. Staab, J. (2015), S. 155.

[99] Vgl. Bußhardt, H. (2014), InsO § 18 Rn. 8 ; vgl. Drukarczyk, J. (2013), InsO § 18 Rn. 55 ; vgl. Gundlach, U. (2015), § 6 Rn. 19.

[100] Vgl. zum vorläufigen Insolvenzverwalter Kapitel 3.1.3.1 vorläufiger Insolvenzverwalter.

[101] Vgl. Bußhardt, H. (2014), InsO § 18 Rn. 2.

[102] Vgl. Kling, S. / Ruh, W. / Schüppen, M. (2008), Insolvenzsteuerrecht, Rn. 1.

[103] Vgl. Kling, S. / Ruh, W. / Schüppen, M. (2008), Insolvenzsteuerrecht, Rn. 1 ; vgl. König, H. (2014), § 36 Rn. 3.

[104] Vgl. Frotscher, G. (2010b), § 120 Rn. 2 ; vgl. Kling, S. / Ruh, W. / Schüppen, M. (2008), Insolvenzsteuerrecht, Rn. 1.

[105] Vgl. König, H. (2014), § 36 Rn. 1.

[106] Siehe zum Rechtsweg der angemeldeten Steuerforderung § 185 InsO ; zur USt bei Absonderungsrechten §§ 170, 171 InsO, vgl. Frotscher, G. (2010b), § 120 Rn. 1.

[107] Vgl. Frotscher, G. (2010b), § 120 Rn. 1.

[108] Vgl. Elsner, B. P. (2013), R. Unternehmenskrise und Insolvenz, Rn. 2.

[109] Vgl. Bodden, G. (2014), S. 1114 ff. ; vgl. FG Düsseldorf-Urteil v. 21.04.2010, 5 K 4305/07 U, SIS 10 28 99 ; vgl. Gerrit, H. (2012), S. 1578. „Lex specialis derogat legi generali“ bedeutet, dass ein Spezialgesetz einem allgemeinen Gesetz in seiner Anwendung vorgeht, vgl. FG Baden-Württemberg-Urteil v. 26.09.2012, 2 K 776/11 rkr., SIS 13 12 63.

[110] Vgl. RFH v. 25.10.1926, GrS 1/126, ZIP (2006), S. 355.

[111] Vgl. Frotscher, G. (2010b), § 120 Rn. 3.

[112] Vgl. zum Ziel des § 1 InsO Kapitel 2.1.2 Seit 01.01.1999.

[113] Vgl. Frotscher, G. (2010b), § 120 Rn. 7.

[114] Vgl. zu den insolvenzrechtlichen Vollstreckungsverboten §§ 88 ff. InsO.

[115] Vgl. Gerrit, H. (2012), S. 1578.

[116] Mit den nachfolgenden Urteilen hat der BFH den Fiskus im Bereich der USt vor allen anderen Gläubigern bevorzugt, indem er Steuerforderungen zur Masse zählt , vgl. BFH-Urteil v. 09.12.2010, V R 22/10, BStBl. II 2009, S. 682 ; vgl. BFH-Urteil v. 24.11.2011, V R 13/11, BStBl. II 2012, S. 298.

[117] Vgl. Frotscher, G. (2010b), § 120 Rn. 9.

[118] Vgl. BFH-Urteil v. 18.05.1988, XR 27/80, BStBl. II 1998, S. 716 ; vgl. Gerrit, H. (2012), S. 1579.

[119] Zum Begriff des Gläubigers siehe das nächste Kapitel 3.1.2 Gläubiger.

[120] Vgl. Kapitel 2.1.2 Seit 01.01.1999.

[121] Vgl. Gottwald, P. (2001), § 5 Rn. 1, zitiert nach Smid, S. (2007), S. 40 f, Rn. 2.

[122] Vgl. Reischl, K. (2014), S. 21, Rn. 59 ; vgl. § 39 AO zur Zurechnung.

[123] Vgl. Reischl, K. (2014), S. 21, Rn. 59.

[124] Nicht rechtsfähige Vereine sind nicht im Vereinsregister eingetragen und besitzen somit keine eigene Rechtspersönlichkeit, sind demnach keine Träger von rechten und Pflichten. Vgl. Bert, U. / Schulz, D. / Lessing, H. (2012), S. 36. Nach § 54 BGB sind die Vorschriften des Vereinsrechts auch auf nicht rechtsfähigen Verein anzuwenden.

[125] Üblicherweise wird bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zwischen Körperschaften (z.B. Staat, Gemeinde), Anstalten (z.B. Rundfunkanstalt, Deutsche Bundesbank) und Stiftungen (z.B. für Bildung und Altenhilfe) unterschieden. Vgl. Bert, U. / Schulz, D. / Lessing, H. (2012), S. 36 ; vgl. Schütte, N. (2014), S. 1 ff.

[126] Vgl. BGH-Urteil v. 29.01.2001, II ZR 331/00, NJW 2001, S. 1056.

[127] Beispielsweise die Vorgründungsgesellschaft einer GmbH.

[128] Vgl. Reischl, K. (2014), S. 21, Rn. 60.

[129] Vgl. Ziegenhagen, A. / Thieme, H. (2010), S. 169, Rn. 4 ; vgl. Ruh, W. / Schüppen, M. (2014), Insolvenzsteuerrecht Rn. 2.

[130] Vgl. Gogger, M. (2011), § 2 Rn. 433.

[131] Vgl. Zeuner, M. (2007), S. 2952.

[132] Vgl. Knof, B. / Sinz, R. (2015), InsO § 38 Rn. 2.

[133] Vgl. Bert, U. / Schulz, D. / Lessing, H. (2012), S. 92 f.

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Wesentliche Besonderheiten der Unternehmensbesteuerung in der Insolvenz
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Dortmund früher Fachhochschule
Note
2,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
88
Katalognummer
V311865
ISBN (eBook)
9783668108301
ISBN (Buch)
9783668108318
Dateigröße
1046 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unternehmensbesteuerung, Insolvenz, Besondeheiten, Insolvenzrecht, Besteuerung von Unternehmen, Geschichte der Insolvenz, Konformität Insolvenzrecht und Steuerrecht, ESUG, Insolvenzrechtsreform, Insolvenzverfahren, Besteuerung in der Insolvenz, Unternehmen, steuerpflichtige Personen, Steuerarten, Masseverbindlichkeiten, Insolvenzeröffnung, Sanierung, Sanierungsgewinn, steuerliche Besonderheiten, Veräußerungsgewinn, Betriebsaufgabegewinn, Auflösungsgewinn, Auflösungsverlust, Einkommensteuer, ESt, Körperschaftsteuer, KSt, Gewerbesteuer, GewSt, Umsatzsteuer, USt, Kritikpunkte, Historische Entwicklung, Insolvenzgründe, Verhältnis zwischen Steuerrecht und Insolvenzordnung, Allgemeines Insolvenzsteuerrecht, Steuerrechtliche Stellung der Beteiligten, Gläubiger, Schuldner, Insolvenzverwalter, vorläufiger Insolvenzverwalter, Insolvenzmasse, Haftung des Insolvenzverwalters, Insolvenzgericht, Rechnungslegungspflichten in der Insolvenz, Steuerforderungen, Besteuerungsverfahren, Steuerforderung als Insolvenzforderung, Steuerforderung als Masseverbindlichkeit, Steuerermittlungsverfahren, Steuerfestsetzungsverfahren, Feststellungsverfahren, Steuererhebungsverfahren, Vollstreckungsverfahren, Steuerliche Besonderheiten im Insolvenzverfahren, Einfluss der Insolvenz auf einzelne Steuerarten, Insolvenzordnung, InsO, Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung, Drohende Zahlungsunfähigkeit, Masseverbindlichkeit, Gläubigerautonomie, Gläubigergruppen
Arbeit zitieren
Angelina Ewers (Autor:in), 2015, Wesentliche Besonderheiten der Unternehmensbesteuerung in der Insolvenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311865

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