Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Wissensgesellschaft als Bedrohung für das duale Ausbildungssystem
2.1 Reformversuche in Deutschland und der Schweiz
2.2 Gelingen die Anpassungen an die veränderten Rahmenbedingungen?
3. Herausforderungen für die duale berufliche Bildung der Zukunft
3.1 Erosionsgefahr für das duale System: Die allgemeine Akademisierung der Berufe nimmt zu
3.2 Erschwerte Beschäftigungschancen im höheren Alter in einer dynamischen Wirtschaft
4. Resümee
Literaturverzeichnis
Das Duale System der Berufsausbildung in der Schweiz gilt mit dem verwandten deutschen Pendant als Königsweg der beruflichen Bildung.
Kann dieser Status in einer von strukturellen Veränderungen geprägten beruflichen Welt auch in Zukunft aufrechterhalten werden?
Autor: Michael Reinke
1. Einleitung
In unserer modernen Bildungskultur steht die berufliche Bildung zweifelsohne vor neuen Herausforderungen. Dieser Entwicklung können sich auch das in der internationalen Diskussion hoch angesehene deutsche, sowie schweizerische Pendant der dualen Ausbildung nicht entziehen. Beide Systeme gelten als Referenzmodelle hinsichtlich der Ausbildung von Jugendlichen unterhalb des Hochschulniveaus. Obwohl vielen Heranwachsenden einer Alterskohorte der Übergang in eine betriebliche Ausbildung ermöglicht wird, ist dieses auf einer langen Tradition basierende System immer häufiger Reizpunkt innerdeutscher Debatten. Nachdem in der Vergangenheit oftmals Fragen zur Aktualität einzelner Ausbildungsgänge im Vordergrund standen, sind es heutzutage eher strukturelle Probleme, wie etwa die Zertifizierung der dualen Berufsausbildung, die im öffentlichen Diskurs stehen. Zudem müssen sowohl Deutschland als auch die Schweiz heute schon mit natürlichen Systemschwächen, wie der starken Konjunktur- bzw. Demografieanfälligkeit und der Unausgeglichenheit zwischen dem Interesse für eine Berufsausbildung und dem Ausbildungsplatzangebot umgehen können. Erschwerend kommt hinzu, dass die Konkurrenz durch das allgemeinbildende Angebot stetig an Beliebtheit bei den Schulabgängern hinzugewinnt (Vgl. DIETRICH, SEVERING 2007, 5-6; HEKMAN, PRAGER, WIELAND 2007, 9-10). Außerdem wird immer wieder beklagt, dass die gesamte berufliche Bildung weder in den genannten Ländern selbst, noch jenseits der Landesgrenzen ihrer Bedeutung gewürdigt wird. Zwar befinden sich die Schweiz und Deutschland neben anderen Ländern an der Spitze in Sachen Berufsbildung, dennoch stehen die dualen Systeme vor einer widersprüchlichen Ausgangslage. In Zukunft wird es spannend sein, wie die hoch gehandelten „Exportschlager“ der beruflichen Bildung, hinsichtlich ihrer internationalen Vergleichbarkeit und Anerkennung von Abschlüssen angepasst werden. Ob der Status als Königsweg der beruflichen Ausbildung weiterhin für das duale System aufrechterhalten werden kann hängt sicherlich auch davon ab, ob sich der Trend zur länderübergreifenden Harmonisierung der Bildungsabschlüsse immer weiter verdichten wird – in diesem Fall wären schulische Systeme naturgemäß im Vorteil.
Der vorliegende Forschungsbericht soll Antworten darauf liefern, inwieweit das Duale System der beruflichen Ausbildung unabhängig von den nachfolgend aufgezeigten Entwicklungen bestehen kann. Immerhin gilt das Duale System der Berufsausbildung in der Schweiz mit dem verwandten deutschen Pendant heutzutage als Königsweg der beruflichen Bildung.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob dieser Status in einer von strukturellen Veränderungen geprägten beruflichen Welt auch in Zukunft aufrechterhalten werden kann.
Um den Status quo aufrechterhalten zu können, haben sich die Dualen Systeme beider Länder - wie bereits angesprochen - verschiedenen Herausforderungen zu stellen. Dabei orientiert sich diese Arbeit an der evolutionistischen Funktion des Vergleichs von Berufsbildungssystemen. Das Erkennen von länderübergreifenden Entwicklungstrends (àWissensgesellschaft) und das Analysieren möglicher Auswirkungen dieser Veränderungen stehen im Fokus dieser Ausarbeitung. Bevor in den Diskurs der Herausforderungen auf die duale berufliche Bildung in der Schweiz und in Deutschland eingegangen wird, erfolgt zunächst die Darstellung der prägenden gesellschaftlichen Entwicklung, aus der sich für die berufliche Bildung einschneidende Konsequenzen ableiten werden. Nach der ausführlichen Darstellung des Trends hin zur Wissensgesellschaft, erfolgt im weiteren Verlauf darauf aufbauend die Diskussion ausgewählter Problemfelder bzw. Reibungspunkte die sich für die duale Ausbildung daraus ergeben. Ein zusammenfassendes Resümee, welches die aufgezeigten Punkte noch einmal hinsichtlich der Anfangs gestellten These abwägt und eine Handlungsempfehlung ausspricht, rundet den Forschungsbericht ab.
2. Die Wissensgesellschaft als Bedrohung für das duale Ausbildungssystem
Duale Ausbildungssysteme, wie sie vor allem im deutschsprachigen Kontext Anwendung finden durchliefen ein stetiges auf und ab an Reputation und Wertschätzung im In- und vor allem Ausland. Die berufliche Organisation der Arbeitsmärkte galt bis zum Anfang der 90er Jahre als zentraler Vorteil derartig organisierter Bildungssysteme. Immer wieder wurde vor allem im Vergleich zu den USA die höheren Ausbildungsinvestitionen der deutschen Betriebe und den damit einhergehenden pflegeleichteren Umgang mit dem Personal betont. Dauerhafte Arbeitsverhältnisse standen im konkreten Gegensatz zur „hire and fire“ Mentalität der Amerikaner (Vgl. HEIDENREICH 1998, 321-322). Obwohl jahrzehntelang die Feststellung der OECD, dass das duale Berufsausbildungssystem den Anforderungen einer modernen Industriegesellschaft nicht gewachsen sei (Vgl. GREINERT 1993, 153), stark kritisiert wurde, nahmen Anfang der 90er Jahre die Zweifel an der Leistungsfähigkeit berufsfachlicher Ausbildungs- und Arbeitsformen erkennbar zu. Wie in Deutschland als auch in der Schweiz ist das Funktionieren der beruflichen Grundbildung im hohen Maße von der Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen und Betriebe abhängig (Vgl. WOLTER 2007, 82). Anders gesagt: Ist die Wirtschaftslage gesund und die Anzahl der Lehrbetriebe die Jugendliche in ein Ausbildungsverhältnis übernehmen, konstant, ist das System der dualen Ausbildung stabil. Erst wenn konjunkturelle Einbrüche die ökonomische Entwicklung abkühlen und sich die Voraussetzungen für einen reibungslosen Übergang in einen Lehrvertrag verschlechtern, werden kritische Stimmen hinsichtlich der Ausbildungsorganisation laut. Genau diese Entwicklung nahm zu Beginn der 90er Jahre ihren Lauf als die Anzahl der ausbildenden Betriebe in Deutschland nach der Berechnung von Heidenreich (1998, 322) um ca. 15% auf 31,7% im Vergleich zu 1985 einbrach. Von dieser Entwicklung war nicht nur die Facharbeiterausbildung betroffen, sondern alle dualen Berufsausbildungsformen. Die Nachfrage nach hochqualifizierten Wissensarbeitern scheint seit dem immer weniger mit berufsfachlichen Ausbildungsformen kompatibel zu sein.
Neben dieser Entwicklung, die 2012 in Deutschland mit einer Ausbildungsbetriebsquote von dramatischen 21,3 % (Vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2014, 38) ihren bisherigen negativen Höhepunkt gefunden hat, verschiebt sich vor allem die Gewichtung zwischen dem Hochschulbereich und der dualen Ausbildung in Deutschland und der Schweiz erheblich. Letztere beklagt trotz der Stabilität der beruflichen Grundbildung, bereits seit zwei Jahrzehnten eine Abwanderung begabter Schüler in Richtung gymnasialer Matura, oder in andere vollzeitschulischen Programme. Zahlreiche Maßnahmen der Schweizer Bildungsverantwortlichen zur Steigerung der Attraktivität der nicht universitären oder vollzeitschulischen Ausbildung konnten bisher nur bedingt den Bewerberabfluss aufhalten (Vgl. WOLTER 2007, 82). Dass dies kein allein schweizerisches Phänomen ist, zeigt der Blick zurück nach Deutschland. Erstmals ist die Zahl der Anfänger in der dualen Ausbildung geringer als derer, die ein Studium beginnen (Vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2014, 5). Die oben genannten Entwicklungen sind nur zwei Kennzeichen einer sich wandelnden Gesellschaft. Duale Berufsausbildungssysteme, wie sie in Deutschland und der Schweiz zu finden sind, stehen entgegen der öffentlichen Wahrnehmung vor grundlegenden Herausforderungen die der Wandel von einer Industrie- hin zu einer Wissensgesellschaft mit sich bringt. Denn noch immer behindert die industriegesellschaftliche Prägung der dualen Berufsausbildung den offensiven Umgang mit den veränderten Anforderungen an heutige Bildungssysteme (Vgl. HEIDENREICH 1998, 336) .
2.1 Reformversuche in Deutschland und der Schweiz
In der Schweiz versuchte man dieser Entwicklung seit Beginn der 1990er Jahren zum Beispiel mit der Einführung der Berufsmaturität und den damit verbundenen Zugang zu den neu geschaffenen Fachhochschulen Rechnung zu tragen. Doch gerade in der höheren Berufsbildung - die eigentlich ein reines „Upgrade“ der ehemaligen beruflichen Weiterbildung in den Tertiärbereich darstellt - kämpft die Bildungspolitik an einer Vielzahl von fundamentalen Problemen. Neben der Positionierung innerhalb des Bildungssystems baut die Schweiz vor allem auf ein System - ausgesprochen oder nicht - das selektiv den Zugang zum Gymnasium einer Elite vorbehält und Berufsbildung als regulären Weg postuliert (Vgl. GONON 2013, 8-10). Ob sich dieser in Bezug auf die aufgezeigte Entwicklung hin zu einer Wissensgesellschaft als zielführend erweist, bleibt abzuwarten.
Anders als in der Schweiz gibt es mit den deutschen Ausbildungsabschlüssen traditionell keine flächendeckend und systematisch verankerten allgemeinen Berechtigungen für die weiterführenden Schul- und Hochschulbildungsgänge. Der hohe berufsqualifizierende Wert der Berufsbildung ist mit einem vergleichsweise geringen Tauschwert im allgemeinen Bildungssystem verbunden (Vgl. FROMMBERGER 2007, 147). Trotzdem ist die duale Berufsausbildung in Bewegung. Durch die Reformierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) wurden neue Ansätze aufgenommen, die bisher nur kaum vom selbigen erfasst sind. Von verkürzten Ausbildungsgängen für einfachere Tätigkeiten bis hin zur Implementierung von Studiengängen, die zum Teil mit der dualen Ausbildung verknüpft werden, fanden viele Reformbestrebungen ihre Umsetzung (Vgl. DIETRICH, SEVERING 2007, 6).
2.2 Gelingen die Anpassungen an die veränderten Rahmenbedingungen?
Spätestens seit der Jahrtausendwende ist das vormals kritisierte duale Ausbildungssystem zum international vorzeigbaren Erfolgsmodell, ja sogar zum sozialpolitischen Erfolgsfaktor avanciert. Dennoch ist der sog. „Exportschlager“ kein monolithisches Gebilde, wie die oben beschriebenen Reformbestrebungen zeigen. Ganz im Gegenteil. Oftmals drängt sich aber der Eindruck auf, dass die Medien aufgrund der wirtschaftlichen Stabilität gerade in der Schweiz und Deutschland heutige und zukünftige Probleme ausblenden und dieses System zum Allheilmittel stilisieren. Dabei sollte man aber nicht aus dem Auge verlieren, dass trotz vieler, teils teuren Initiativen der Trend hin zur Wissensgesellschaft auch in den Zahlen und Fakten der beruflichen Bildung niederschlägt. In der Schweiz gewinnen die universitären Hochschulen trotz Schaffung der Fachhochschulen stetig an Popularität hinzu. 2011 besuchten von insgesamt knapp 210000 Studierenden an Hochschulen etwa 60% universitäre Studiengänge (Vgl. SCHWEIZER MEDIENINSTITUT FÜR BILDUNG UND KULTUR 2014a). Noch deutlicher ist allerdings die Diskrepanz zwischen den Bildungsmöglichkeiten im Tertiärbereich in der Schweiz. Das zur Aufwertung der (dualen) beruflichen Grundbildung auf der Stufe der Hochschulen eingeführte System, ist alles andere als ein Erfolgsmodell. Insgesamt nutzten 2011 nur knapp 50000 Studierende die Möglichkeiten der höheren Berufsbildung (Vgl. SCHWEIZER MEDIENINSTITUT FÜR BILDUNG UND KULTUR 2014b). Ursprünglich als gleichwertig zur hochschulischen Ausbildung eingeführt, ist hier ein deutlicher Trend hin zur universitären Ausbildung nicht zu übersehen. Dennoch sind in der Schweiz die Zahlen der beruflichen Grundbildung weiterhin stabil auch aufgrund der hohen Hürden, die mit dem Übertritt an eine gymnasiale Maturitätsschule verbunden sind. An dieser Stelle sei noch einmal auf den - wenn auch inoffiziellen - sehr selektiven Charakter des Schweizer Bildungssystems verwiesen, der die berufliche Grundbildung mit „nicht-elitären“ Jugendlichen versorgt. In Deutschland ist die aktuelle Entwicklung im Bereich des dualen Systems eine völlig andere. Wie bereits angesprochen ist die Anzahl der Studienanfänger in Deutschland erstmals höher als die Zahl der Anfänger in der dualen Berufsausbildung (Vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG 2014, 5), obwohl sich die Konjunktur nach der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 wieder deutlich erholt hat. Das dies keine Eintagsfliege ist, beweist die Schätzung der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (2010, 25), dass bis 2025 im dualen System ein Rückgang der Ausbildungszahlen von 27% voraussagt.
Die aufgezeigten Entwicklungen die sich speziell in Deutschland aber auch in der Schweiz in den nächsten Jahren durch den zunehmenden „Run“ auf universitäre Bildungseinrichtungen abzeichnen, können nicht allein durch einzelne Reformen der Reformen und politisch motivierten Anpassungen des dualen Systems abgefedert werden. Neben den bereits aufgezeigten Reformversuchen wird auf bildungspolitischer Ebene teilweise heftig und nervös an der Zukunftsfähigkeit der dualen Ausbildung „gebastelt“. Letztendlich wird das duale Ausbildungssystem - auch wenn es die Politiker nicht gerne hören wollen - an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit stoßen, vor allem dann, wenn sich die wissensgesellschaftlichen Auswirkungen in Zukunft noch stärker durch die Bildungskultur ziehen werden. Der schnelle Wandel der Berufsbilder erfordert im Hinblick auf lebenslanges Lernen eine breitere und allgemeinere berufliche Grundbildung. Berufliche und allgemeine Bildung wachsen inhaltlich immer mehr zusammen. Die erforderliche vertiefte Diskussion über die Zukunft des dualen Ausbildungssystems steht sowohl in der Schweiz, wie auch in Deutschland in den Startlöchern (Vgl. AKADEMIEN DER WISSENSCHAFTEN SCHWEIZ 2009, 23). Welchen Herausforderungen für die duale Ausbildung zu bewältigen sind, wird im nächsten Abschnitt eingehend diskutiert und dargestellt.
3. Herausforderungen für die duale berufliche Bildung der Zukunft
Der angesprochene Wandel zur Wissensgesellschaft stellt eine haushohe Hypothek für das zukünftige Design von dualen Berufsausbildungsgängen dar. Im Folgenden werden verschiedene Herausforderungen aufgezeigt, ohne den Anspruch auf Vollzähligkeit zu erheben.
3.1 Erosionsgefahr für das duale System: Die allgemeine Akademisierung der Berufe nimmt zu
Junge Menschen aus der Schweiz und in Deutschland verlieren in den letzten Jahren kontinuierlich das Interesse an einer dualen Ausbildung, obwohl gerade die Politik in Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit selbiges als Rettungsanker aus der Krise ansieht. Statt einer beruflichen Ausbildung ist für viele Jugendliche der hochschulische Weg der deutlich lukrativere. Das im internationalen Vergleich als hochwertig betrachtete duale System behält seine Funktionsweise aber nur, wenn nicht nur ein Bruchteil einer Alterskohorte in solche Systeme übertreten. Mit der Debatte um eine weitere Akademisierung vor dem Hintergrund des bereits aufgezeigten Wandels hin zur Wissensgesellschaft geht die Vorstellung einer gerechteren Verteilung von Chancen, Wohlstand und Sozialprestige einher. Dabei wird allerdings häufig übersehen, dass zwischen den Universitäten und akademischen Abschlüssen neue Ausdifferenzierungen entstehen, die die Chancengleichheit wieder deutlich einbremsen. Unbestreitbar ist allerdings, dass die formalen Anforderungen in vielen Berufen sowohl in den akademischen wie auch in den Bereichen, in denen Fachkräfte mit mittleren Abschlüssen tätig sind ansteigen. Eine Folge daraus ist, dass die duale Ausbildung in eine Art „SandwichPosition“ gedrängt wird. Leistungsfähige Schüler die früher eine Lehre absolviert hätten ziehen heutzutage lieber ein Studium vor und von unten wird der Druck auf die Anforderungen in der dualen Ausbildung erhöht, so dass die Gefahr besteht, leistungsschwächere Heranwachsende abzuhängen (Vgl. HENRY-HUTMACHER 2013, 3-4). An dieser Stelle stößt vor allem das deutsche Berufsausbildungssystem an seine Grenzen. Es gelingt seit einigen Jahren immer weniger die Nachfrage von Jugendlichen nach einer voll berufsqualifizierenden Ausbildung zu decken. Das deutsche Übergangssystem, dessen Höhe sich derzeit zwischen einem Viertel und einem Drittel der Neuzugänge in das deutsche Ausbildungssystem bewegt[1], fängt Jugendliche auf denen es aufgrund ihrer schulischen Qualifikation nicht möglich war einen Ausbildungsplatz zu finden. Auch nach absolvieren von Übergangsmaßnahmen finden sich die Jugendlichen nur sehr selten in voll qualifizierenden Ausbildungsverhältnissen. Das Übergangssystem ist in Deutschland oftmals eine Sackgasse auch oder gerade wegen dem sehr heterogenen und wenig standardisierten Angebot, das vor allem dann versagt, wenn es darum geht leistungsschwächeren Mitgliedern der Heranwachsenden Generation einen Zugang zu Ausbildungsplätzen zu ermöglichen (Vgl. BUCHHOLZ, IMDORF, HUPKA-BRUNNER, BLOSSFELD 2012, 702ff). In der Schweiz gestaltet sich die Situation in den Übergangssystemen die unter dem Begriff „Brückenangebote“ zusammengefasst werden, ähnlich. Wie in Deutschland landen ca. 25% von den Jugendlichen die sich nach der obligatorischen Schulzeit für eine berufliche Grundbildung entscheiden in den Brückenangeboten. Der große Unterschied liegt in der Anschlussfähigkeit dieser Systeme. Nach einem Jahr finden bereits 60% der Teilnehmer einen qualifizierenden Ausbildungsplatz. Neben der entspannteren Arbeitsmarktlage spielen auch die Klein,- sowie Mikrounternehmen, die weniger auf formale Kriterien achten in der Schweiz eine erheblich größere Rolle bei der Ausbildung als das in Deutschland der Fall ist (Vgl. HANS BÖCKLER STIFTUNG 2013, 4).
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[1] 2013: 26,6 % der Neuzugänge des beruflichen Ausbildungssystems (Vgl. AUTORENGRUPPE BILDUNGSBERICHTERSTATTUNG 2014, 98)