Das „Jedermann-Festnahmerecht“ nach § 127 I StPO


Seminararbeit, 2015

17 Seiten

Rolf Berglinger (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

A. Bedeutung und Funktion der Rechtsnorm

B. Tatbestandsvoraussetzungen des Festnahmerechts nach § 127 I StPO
I. Festnahmesituation
1. Auf frischer Tat betroffen oder verfolgt
2. Definition der Tat i. S. d. § 217 I StPO
3. Prozessuale und materiell-rechtliche Theorie
4. Ansicht der Rechtsprechung
II. Festnahmegrund
1. Fluchtverdacht
2. Feststellung der Identität
III. Festnahmehandlung
1. Umfang der Festnahmehandlung
2. Verhältnismäßigkeit
IV. Festnahmezweck

C. Fazit

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Literaturverzeichnis

Beulke, Werner, Strafprozessrecht, 12. Aufl. Heidelberg u. a. 2012.

Beulke, Werner, Klausurenkurs im Strafrecht III, 4. Aufl. Heidelberg u. a. 2013.

Bülte, Jens, § 127 Abs. 1 Satz 1 StPO als Eingriffsbefugnis für den Bürger und als Rechtfertigungsgrund, ZstW 121 (2009), S. 377-415.

Krey, Volker, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil, Grundlagen, Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit, Schuld, Band 1, 3. Aufl. Stuttgart 2008.

Kühne, Hans-Heiner, Strafprozessrecht, Eine systematische Darstellung des deutschen und europäischen Strafverfahrensrechts, 9. Aufl. München 2015.

Meyer-Goßner, Lutz/Schmitt, Bertram, Strafprozessordnung, 55. Aufl. München 2012.

Satzger, Helmut, Das Jedermann-Festnahmerecht nach § 127 I 1 StPO als Rechtfertigungsgrund, JURA 31 (2009), S. 107-114.

Rengier, Rudolf, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. München 2013.

Roxin, Claus, Strafrecht Allgemeiner Teil, Grundlagen. Der Aufbau der Verbrechenslehre, Band 1, 4. Aufl. München 2006.

Roxin, Claus/Schünemann, Bernd, Strafverfahrensrecht, Ein Studienbuch, 28. Aufl. München 2014. Schröder, Christian, Das Festnahmerecht Privater und die Teilrechtfertigung unerlaubter Festnahmehandlungen, Jura 1999, S. 10-12.

Wessels, Johannes/Beulke, Werner/Satzger, Helmut, Strafrecht Allgemeiner Teil, Die Straftat und ihr Aufbau, 44. Aufl. Heidelberg u. a. 2014.

A. Bedeutung und Funktion der Rechtsnorm

Das Zusammenleben der Menschen innerhalb unserer Gesellschaft wird durch das Gesetz geregelt. Es schützt die Güter jedes Einzelnen, wofür unter anderem die Sanktionierung von Verhalten, welches dem gesellschaftlichen Zusammenleben schädlich ist, notwendig ist. Wer gegen ein Gesetz verstößt, begeht eine Straftat. Die Strafverfolgung ist allein Aufgabe der öffentlichen Organe. Es ist allerdings nicht möglich, jeder Straftat nachzugehen. Aus diesem Grund sowie gegenbenfalls persönlichem Interesse an der Strafverfolgung macht der Gesetzgeber mit dem § 127 I StPO eine Ausnahme vom staatlichen Gewaltmonopol. Während die StPO in der Regel prozessuale Verfahren und Aufgaben von Amtsträgern regelt, verleiht die Norm jedem Menschen das Recht, einen anderen bei der Begehung einer Straftat zu verfolgen und vorübergehend festzunehmen. Es wird somit der Eingriff in die Rechtsgüter des Täters gerechtfertigt. Dem Bürger wird eine öffentliche Aufgabe übertragen, der er nachkommen kann, aber nicht muss.1

Im Folgenden wird der § 127 I StPO nach seinen einzelnen Tatbestandsvorraussetzungen aufgegliedert und analysiert. Dabei wird insbesondere auf die Frage der Auslegung der Norm im Falle einer irrtümlich angenommenen Straftat eingegangen. Ebenso steht die vom Gesetzgeber geschaffene Motivation zur Beteiligung an der Strafverfolgung im Konflikt mit der Schutzbedürftigkeit des Festgenommenen. Daher wird der Umfang der gestatteten Mittel zur Festnahme - unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit und Grundrechte des anderen - genauer betrachtet.

B. Tatbestandsvoraussetzungen des Festnahmerechts nach § 127 I StPO

Das Jedermann-Festnahmerecht des § 127 I 1 StPO ist ebenso wie andere Rechtfertigungsgründe im Teil der Rechtswidrigkeit einer Straftat zu prüfen. Oftmals kommen zusätzlich das Notwehr- und Selbsthilferecht nach § 32 StGB und § 229 BGB in Betracht. In einem solchen Fall sind diese zuerst zu prüfen.2

Es bedarf den drei objektiven Rechtfertigungselementen "Festnahmesituation", "Festnahmegrund" und "Festnahmehandlung". Auf der anderen Seite ist das subjektive Rechtfertigungselement „Festnahmezweck” erforderlich, welches die von der Norm vorgesehene Intention des Täters hinter seinen Handlungen vorraussetzt.

I. Festnahmesituation

1. Auf frischer Tat betroffen oder verfolgt

Der Festgenommene muss auf frischer Tat betroffen oder verfolgt werden.

Auf frischer Tat betroffen ist, „wer bei der Begehung einer rechtswidrigen Tat oder unmittelbar danach am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird”.3 Die zeitliche und räumliche Nähe ist hier entscheidend.

Eine Verfolgung auf frischer Tat liegt vor, wenn sich der Täter bereits vom Tatort entfernt hat, aber ein sicherer Tatverdacht vorliegt, aufgrunddessen Maßnahmen zur seiner Ergreifung eingeleitet werden.4 Dabei müssen die Maßnahmen nicht unmittelbar an die Tatentdeckung anknüpfen und setzen keinen Sicht- oder akustischen Kontakt vorraus.

Der Verfolgende darf Hilfskräfte oder -mittel beschaffen. Zudem ist die Verfolgung zeitlich unbegrenzt und darf unterbrochen werden.5

2. Definition der Tat i. S. d. § 217 I StPO

Die Kernproblematik der Norm stellt sich bei der Frage, was eine Tat im Sinne des § 127 I StPO ist und ob eine solche tatsächlich vorliegen muss oder ob ein dringender Tatverdacht genügt.

Gemeint sind hier rechtswidrig begange Taten. Die Rechtswidrigkeit ist in der Wortwahl des Gesetzestextes impliziert und knüpft an den Sinn und Zweck an. Folgerichtig sind Ordnungswidrigkeiten nicht erfasst, der strafbare Versuch dagegen schon.6 Die Norm ist bei lediglich im Sinne des § 20 StGB schuldlos handelnden Tätern anwendbar, da deren Straftat dennoch rechtswidrig ist und die Schuld beim Betreffen auf frischer Tat in der Regel nicht sofort ersichtlich ist.7

Ob sie Anwendung bei Kindern unter 14 Jahren findet, ist umstritten. Eine Meinung sagt, der Wortlaut setze keine Rechtswidrigkeit vorraus. Zudem sei das Einschreiten erzieherisch sinnvoll und diene dem allgemeinen Rechtsbewusstsein.8 Dem steht allerdings entgegen, dass aus dem oben genannten Grund eine rechtswidrig begangene Tat vorliegen muss und Kinder gem. § 19 StGB strafunmündig sind und somit keine Straftat begehen können. Zudem muss der Zweck der Festnahme der Strafzuführung dienen, welche hier nicht stattfindet. Daher ist der letzteren, h. M., zu folgen.9

Da jegliche Straftat erfasst ist, spielt die Schwere der Straftat keine Rolle. Dies wird durch § 127 III StPO bestätigt, der minder schwere Taten einbezieht.

[...]


1 Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 28. Aufl. 2014, § 31, Rn. 4.

2 Rengier, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2013, § 22 Rn. 2.

3 Bülte, ZStW 2009, S. 401.

4 GA, 1964, S. 341.

5 RG, Band 58, S. 228.

6 BGH NJW 1981, S. 745.

7 Kühne, Strafprozessrecht, 9. Aufl. 2015, Rn. 449.

8 Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 55. Aufl. 2012, § 127 Rn. 3a.

9 Satzger, JURA, 2009, S. 108 f.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Das „Jedermann-Festnahmerecht“ nach § 127 I StPO
Hochschule
Universität Augsburg
Veranstaltung
Propädeutisches Seminar
Autor
Jahr
2015
Seiten
17
Katalognummer
V312975
ISBN (eBook)
9783668117266
ISBN (Buch)
9783668117273
Dateigröße
461 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
jedermann-festnahmerecht, stpo
Arbeit zitieren
Rolf Berglinger (Autor:in), 2015, Das „Jedermann-Festnahmerecht“ nach § 127 I StPO, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/312975

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