Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Demographie von Ost und West vor der Wiedervereinigung
2.1. Wanderung
2.2. Geburtenrate
2.3. Sterberate
3. Demographische Situation der neuen Bundesländer seit der Wiedervereinigung
3.1. Geburtenrate
3.2. Sterberate
3.3. Binnenwanderung
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
Deutschland eine Einheit? Zur demographischen Entwicklung in Ostdeutschland seit der Wiedervereinigung
1. Einleitung
Von 1949 bis 1990 bestand Deutschland aus zwei politisch, sowie kulturell völlig unterschiedlichen Systemen: Die ehemalige Bundesrepublik mit demokratischem System und die ehemalige DDR mit einem „realsozialistischen System―(Vgl.: Muszynski 2013 : 138). Das politische Diktat der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik mit seinen strengen Einreise-, sowie Ausreisebestimmungen, machte es ihrer Bevölkerung nicht nur beinahe unmöglich zu reisen, sie formte durch ihr politisches System gleichfalls die Form und die Zusammensetzung ihrer Bevölkerung. Dieses Jahr feiern wir das 25-jährige Jubiläum der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland. Dieser Anlass ist Grund genug einmal einen Blick auf die Demographien dieser beiden Teile Deutschlands zu werfen.
Um ein besseres Verständnis für die Begrifflichkeit des Wortes „Demographie―zu erhalten, ist es notwendig diesen zunächst zu definieren: „Demographie bezeichnet die wissenschaftliche Erforschung des Zustandes der Bevölkerung und ihrer zahlenmäßigen Veränderungen―(Portal für Finanzen und Versicherungen 2015). Somit soll in der folgenden Hausarbeit geklärt werden, ob und welche zahlenmäßigen Veränderungen innerhalb der Bevölkerung der neuen Bundesländer vor, sowie nach der politischen Wende vorliegen. Hierbei sollen diese Fragen geklärt werden: Hat in den letzten 25 Jahren eine demographische Annäherung der ehemaligen DDR und der BRD stattgefunden? Kann man Deutschland heute als eine demographische „Einheit―bezeichnen oder bestehen innerhalb des Bevölkerungsaufbaus immer noch große Disparitäten?
Die folgende Hausarbeit betrachtet und analysiert den gegenwärtigen demographischen Aufbau der ehemaligen DDR. Um ein besseres Verständnis für die Entwicklung der Demographie innerhalb der neuen Bundesländer zu erlangen, wird zunächst die demographische Lage von Ost und West in den Jahren vor der Widervereinigung dargestellt. Dazu werden folgende Faktoren des demographischen Aufbaus näher betrachtet und erläutert: Die Geburtenrate, die Sterberate, sowie die Binnenwanderung. Anschließend wird die demographische Entwicklung innerhalb der neuen Bundesländer seit der Wiedervereinigung veranschaulicht und erläutert. Hierbei wird der Fokus ebenfalls auf die Faktoren Geburtenrate, Sterberate und Binnenwanderung gelegt. Nach eindringlicher Betrachtung und Analyse dieser Faktoren soll schlussendlich die zentrale Frage dieser Arbeit beantwortet werden: Ist Deutschland heute eine demographische Einheit?
2. Demographie von Ost und West vor der Wiedervereinigung
Bevor die kontemporäre demographische Situation der neuen Bundesländer veranschaulicht und analysiert werden kann, ist es nötig zuerst einen Blick auf den demographischen Aufbau der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, sowie der BRD vor der politischen Wende zu werfen. Dies ist nicht nur erforderlich, um die demographische Ausgangssituation der neuen Bundesländer greifbar zu machen, sondern auch um ihre Entwicklung bzw. eine mögliche Annäherung an die Bundesrepublik Deutschlands besser zu veranschaulichen, sowie nachvollziehen zu können.
Aus diesem Grund beschäftigt sich das folgende Kapitel mit der demographischen Lage von Ost- und Westdeutschland vor der Wiedervereinigung.
2.1. Wanderung
Vergleicht man den demographischen Aufbau der DDR und der BRD vor der politischen Wende, so lässt sich eine allgemein völlig konträre Situation erkennen:
Vor der Wiedervereinigung bestand in der Bundesrepublik ein stetiges Anwachsen der Bevölkerung. „ Im Zeitraum zwischen 1950 und 1989 erhöhte sich die Zahl der Einwohner im Gebiet der alten Bundesländer einschließlich West-Berlin von 50,336 Mio. auf 62,679 Mio.― (Wimmert 2011 : 118). Gründe hierfür sind der Zuzug von Aussiedlern - wie unter anderem Donauschwaben- und das Anwerben von Gastarbeitern. Nach dem Anwerbestopp der Gastarbeiter im Jahre 1973 stagnierte das Bevölkerungswachstum jedoch nicht, sondern stieg weiterhin an. Gründe hierfür sind die Familienzusammenführungen der Nachkriegszeit, sowie die vermehrte Aufnahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen.
In der Deutschen Demokratischen Republik hingegen bestand ein negatives Wanderungssaldo. „Zwischen 1950 und 1989 verringerte sich die Einwohnerzahl um fast 2 Millionen―(Statistisches Bundesamt 1994 : 20). Gründe hierfür sind erstens die ansteigende Zahl der Fluchtversuche der Bürger „hinüber―in den Westen. Zweitens machten es die strengen Einwanderungsgesetze, der DDR Außenstehenden, sowie der Bevölkerung beinahe unmöglich aus- oder einzureisen.
2.2. Geburtenrate
Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit den Geburtenraten der ehemaligen DDR und der BRD vor der politischen Wende. Es soll anaylisiert werden, ob und inwieweit es Unterschiede innerhalb des Gebärverhaltens beider Länder gab oder ob die Geburtenraten vor der Wiedervereinigung ähnlich verlaufen sind.
Innerhalb der Bundesrepublik ist vor der politischen Wende ein ständiges auf und ab der Geburtenrate zu erkennen: Gegen Ende des zweiten Weltkriegs sank die Geburtenrate drastisch ab. „Der Grund hierfür waren zum einen die kriegsbedingte Abwesenheit der Männer und zum anderen die durch wirtschaftliche Armut und Ängste geprägte Notsituation― (Brosius-Gersdorf 2011 : 13). Die Männer konnten nicht zu Hause bei ihren Ehefrauen sein, da sie auf den Schlachtfeldern des zweiten Weltkriegs kämpfen mussten. Gleichzeitig gab es kaum Lebensmittel, oder medizinische Versorgung. Die Angst um die eigene Zukunft, sowie der Mangel an Lebensmitteln und medizinischer Versorgung ließen der Bevölkerung keine Zeit für die Familienplanung.
Die Bundesrepublik erholte sich jedoch von diesem Rückgang: In den 1950er Jahren bescherte der sogenannte „Baby-Boom , ausgelöst durch den wirtschaftlichen Aufschwung, dem ehemaligen Westen einen erneuten starken Bevölkerungsanstieg. Dieser hielt jedoch nur bis Mitte der 60er Jahre an. Ab 1965 erfolgte ein erneuter Geburtenrückgang. Dieser ist auf die Einführung eines oralen Verhütungsmittels zurückzuführen, welcher auch als „Pillenknick―bezeichnet wird.
Innerhalb der Deutschen Demokratischen Republik fand der zuvor bereits erwähnte „BabyBoom― war ebenfalls statt, war jedoch weitaus weniger ausgeprägt, als der des Westens. Aufgrund des darauffolgenden Geburtenrückganges in den Jahren 1965-1975 innerhalb der DDR, wurden eine Vielzahl familienpolitischer Maßnahmen ins Leben gerufen, um dem Bevölkerungsrückgang entgegenzuwirken: Die vermehrte Anzahl von KiTas, finanzielle Förderungen von Alleinerziehenden und Bevorzugung von Familien mit Kindern bei der Wohnungssuche, sind einige Beispiele für Bemühungen der Politik dem Bevölkerungsrückgang entgegenzuwirken. Aufgrund dieser politischen Maßnahmen verzeichnete die DDR zwischen 1975 und 1980 einen erneuten kleinen „Baby-Boom.―Trotz all dieser politischen Bemühungen das Bevölkerungswachstum anzukurbeln, sank die Geburtenzahl ab den 80er Jahren erneut. Dieser Negativtrend der 80er ist auf die Legalisierung der Abtreibung, sowie der „Einführung der Pille―zurückzuführen. Anhand der politischen Maßnahmen zur Ankurbelung der Geburtenrate konnte das weitere Sinken der Geburtenrate jedoch nicht verhindert, sondern lediglich ein wenig verzögert werden.
2.3. Sterberate
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Sterberaten nach Geschlecht der ehemaligen DDR und der BRD vor der politischen Wende. Es soll anaylisiert werden, ob und inwieweit es Diskrepanzen bezüglich der Lebenserwartungen innerhalb der beider Länder gab oder ob die Sterberaten vor der Wiedervereinigung ähnlich verliefen.
Wenn man sich die Lebenserwartung von Männern und Frauen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland ansieht, lässt sich feststellen, dass sie bis Mitte der 1970er Jahre relativ ähnlich verlaufen. Ab 1975 teilt sich die Sterberate von Männern, sowie Frauen in eine „Schere―auf.
Während 1974 die Lebenserwartung für Frauen in Ost und West praktisch identisch war, nämlich 74,7 Jahre, stieg die Lebenserwartung der Frauen der BRD ab 1975 rapide an, während die der Frauen der Deutschen Demokratischen Republik nur zögerlich Anstieg (Vgl.: MPIDR, 2014). Die Lebenserwartung der weiblichen Bevölkerung der BRD stieg seitdem weiterhin stetig an. Im Jahr der Wiedervereinigung betrug sie im Durchschnitt 78,8 Jahre. Hingegen blieb es in der ehemaligen DDR bei dem zögerlichen Anstieg der Lebenserwartung. Im Jahre 1990 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen lediglich 75 Jahre (Vgl.: ebenda).
Vergleicht man die Lebenserwartung der Männer von Ost und West kann man ein entsprechendes Bild erkennen: Ab Mitte der 1970er-Jahre beginnt die Öffnung der „Lebenserwartungsschere. : Im Jahre 1975 lag die durchschnittliche Lebenserwartung für West-, sowie Ostmänner bei ca. 69 Jahren (Vgl.: ebenda). Während vor der Wiedervereinigung im Jahre 1990 die Männer im Westen eine Lebenserwartung von 72 Jahren aufwiesen, kamen die Männer des Ostens durchschnittlich auf lediglich 69,2 Jahre (Vgl.: ebenda). Das bedeutet, dass während die Männer der Bundesrepublik innerhalb von 15 Jahren eine Steigerung des Lebensalters um 3 Jahre erfuhren, verloren die Männer der Deutschen Demokratischen Republik ihnen gegenüber 2,8 Lebensjahre.
Begründen kann man diese „Schere der Lebenserwartung―folgendermaßen: „In der alten Bundesrepublik hatten die Älteren bereits in den 1970er und 80er-Jahren von massiven Verbesserungen der medizinischen Versorgung profitiert. Vor allem die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauferkrankungen sank deutlich, weil es neue Behandlungsmethoden gab. In der DDR standen solche Behandlungsverfahren damals insbesondere den Älteren noch nicht zur Verfügung―Behrendt 2010 : 36). Die Folge der schlechtere medizinische Versorgung innerhalb der Deutschen Demokratischen Republik war eine geringere Lebenserwartung.
3. Demographische Situation der neuen Bundesländer seit der Wiedervereinigung
Nach Abschaffung des politisch realsozialistischen Systems der Deutschen Demokratischen Republik, sowie der Ausrufung völlig neuer Voraussetzungen setzt sich das negative Bevölkerungswachstum innerhalb der neuen Bundesländer jedoch weiterhin fort: Die Bevölkerungszahl sinkt stetig weiter ab, jedoch nicht mehr so stark, wie zuvor. Zwischen 1950 und 2001 schrumpfte the Bevölkerung insgesamt von 18,4 Millionen auf 15,1 Millionen Einwohner, wovon annähernd 2 Millionen allein seit der Wiedervereinigung zu verzeichnen sind (Vgl.: BIB 2004 : 56).
In den folgenden Unterkapiteln soll dargestellt werden, wie sich die Bevölkerung der neuen Bundesländer heute zusammensetzt. Aus diesem Grund werden die Entwicklungen der Geburtenrate, Sterberate, sowie der Binnenmigration aufgezeigt und analysiert werden. Ziel hierbei soll schlussendlich die Klärung der zentralen Frage dieser Arbeit sein: Ist Deutschland heute eine demographische Einheit?
3.1 Geburtenrate
In den letzen Jahren vor der Wiedervereinigung, lag die Geburtenrate innerhalb der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik weit über der der Bundesrepublik. Während 1987 in den heutigen neuen Bundesländern „1,7 Kinder pro Frau―(Hille, Jaide 2013 : 258) geboren wurden, lag die Anzahl der Geburten pro Frau in den alten Bundesländer am Ende des 20.Jahrhunderts im Durschnitt bei nur 1,2 Kindern (Vgl.: Poller 2007 : 39).
Doch hat sich die Geburtenrate innerhalb der neuen Bundesländer seit der politischen Wiedervereinigung verändert? Gab es eine Angleichung der Geburtenrate zu den alten Bundesländern? Gab es überhaupt eine Veränderung im Gebärdenverhalten der Frauen der neuen Bundesländer?
Das folgende Sub-Kapitel soll die Entwicklung der Geburtenrate innerhalb der neuen Bundesländer seit 1990 bis heute veranschaulichen und erläutern, um die zuvor gestellten zentralen Fragen bezüglich der Geburtenrate der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu beantworten.
Die Anzahl der Geburten ist in den neuen Bundesländern nach dem Jahr 1990 zunächst drastisch gesunken. Anhand der zusammengefassten Geburtenziffern zwischen 1990 und 2000 kann man feststellen, dass während 1990 noch 1,52 Kinder pro Frau in den neuen Bundesländern geboren wurden und diese Zahl in den darauffolgenden 4 Jahren rapide auf den Wert 0,77 absank (Vgl.: Statistisches Bundesamt 2012), „was den Zukunftsängsten der Menschen nach dem Umbruch - verbunden mit wachsender Arbeitslosigkeit und einem steigenden Armutsrisiko - geschuldet ist―(Gawrich, Knelangen,Windwehr 2009 : 96). Der Umbruch des kommunistischen Systems hatte zur Folge, dass Ausbildungen abgebrochen werden mussten und die innerhalb der DDR erworbenen akademischen Abschlüsse wertlos wurden. Die Umstellung auf ein marktwirtschaftliches System, kostete Unternehmen und Land nicht nur Zeit, einige Unternehmen konnten dieser Umstellung ebenfalls nicht standhalten und mussten schließen.
Die neuen Bundesländer erholten sich jedoch gesellschaftlich, sowie wirtschaftlich von den Unruhen und Unsicherheiten des politischen Umbruchs, was einen Anstieg der Geburtenrate zur Folge hatte. „Seit 1995 nahm die damit gemessene Geburtenhäufigkeit wieder zu, sodass sie sich an das Niveau der alten Bundesländer annähert―(Schröter 2011 : 24). Bis hin im Jahre 2012 lag die Geburtenziffer der neuen Länder bei 1,43, während sie in den alten Bundesländern bei 1,36 lag (Vgl.: Statistisches Bundesamt 2012). Damit haben die Frauen der ehemaligen DDR die Frauen in den alten Bundesländern was die Anzahl der Kinder betrifft, ein wenig überholt. In den letzten 15 Jahren haben sich die zusammengefassten Geburtenziffern der beiden Länder immer mehr angeglichen, dass folglich heute nur noch eine minimale Differenz besteht.
Für die zukünftige Entwicklung der Geburtenrate der neuen Bundesländer kann man sagen, dass diese Angleichung bestehen bleibt.
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