Die Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention zwingt Staat und Gesellschaft dazu die Lebensqualität von Menschen mit geistiger Behinderung verstärkt unter der Perspektive von Inklusion und Teilhabe zu bewerten.
Auch wenn das Wohnen in den Bereich des Alltagserlebens von Menschen gehört, mit dem wir alle unsere Erfahrungen machen und Einstellungen dazu finden, was „Wohnung“, „wohnen“, „behagliches wohnen“, „Wohnkultur“ und „Unwohnlichkeit“ bedeuten, erleben Menschen ohne Behinderung nach Theodor Thesing ihr Wohnen im Gegensatz zu Menschen mit Behinderung häufig als selbstverständlich.
Sie seien kaum gezwungen es zu reflektieren beziehungsweise zu analysieren, da es von ihnen als sicher und nicht gefährdet wahrgenommen wird. Für Menschen mit Behinderung gelte dies hingegen nicht. Ihr Wohnen sei gekennzeichnet durch „Fremdunterbringung“ außerhalb der eigenen Familie und ein hohes Maß an „Institutionalisierung“. In der modernen Behindertenpädagogik werde der Mensch mit seiner Behinderung zwar als gesellschaftlich integrierbar und mit Rechten auf Selbstbestimmung und Teilhabe gesehen, Begriffe wie „Wohnversorgung“, „Fremdplatzierung“, „Stationäre Unterbringung“, „Pflegefälle und Pflegebedürftigkeit“ belegten jedoch diesen institutionalisierten Charakter.
Obwohl es im Rahmen von Inklusion und mit dem Gedanken von Selbstbestimmung und Teilhabe zunächst selbstverständlich erscheinen mag, dass gerade die Nutzer solcher institutionalisierten Wohneinrichtungen im Rahmen von Qualitätsentwicklung nach ihren Einschätzungen und Sichtweisen bezüglich ihrer Zufriedenheit gefragt werden, kommt dies in der Praxis heute noch sehr selten oder gar nicht vor.
In dieser Forschungsarbeit soll der Versuch unternommen werden, die Kenntnisse von Experten – der Nutzer selbst und deren Betreuer – zum Aspekt der Lebensqualität von Menschen mit geistiger Behinderung in Wohneinrichtungen im Rahmen von Dienstleistungen der Behindertenhilfe zugänglich zu machen.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1 EINLEITUNG
- 1.1 Vorstellung des Forschungsfeldes und der Forschungsfragen
- 1.2 Methoden der Arbeit
- 1.3 Gliederung
- 2 THEORETISCHER BEZUGSRAHMEN
- 2.1 Lebensqualität
- 2.1.1 Kerndimensionen nach Schalock & Verdugo
- 2.1.2 Objektive Wohlfahrt und subjektives Wohlbefinden nach Allardt
- 2.1.3 Wohlfahrtskonstellationen nach Zapf
- 2.1.4 Subjektive Lebensqualität
- 2.1.5 Zufriedenheit
- 2.1.6 Besonderheiten der Lebensqualitätskonzepte
- 2.2 Geistige Behinderung und Psychosoziale Dimension
- 2.2.1 Medizinische Klassifizierung
- 2.2.2 Psychodynamische Relation
- 2.2.3 Behinderung und Stigma
- 2.2.4 Behinderung im Bio-Psycho-Sozialen Modell
- 2.2.5 Systemtheoretischer Kontext
- 2.2.6 Kritische Ansätze und deren Bedeutung
- 2.3 Wohnheim
- 2.3.1 Wohnform, Wohnheim' in der Praxis
- 2.3.2 Kritik an der Wohnform
- 2.3.2.1 Das Wohnheim als totale Institution nach Goffman
- 2.3.2.2 Das Wohnheim für Menschen mit Behinderung aus der Sicht der Eltern
- 2.3.3 Gruppenwohnen
- 2.3.4 Örtliche Besonderheiten und der Begriff „Wohnstätte“
- 3 METHODOLOGISCHER BEZUGSRAHMEN
- 3.1 Erhebung
- 3.1.1 Fragenleitfaden für Bewohner
- 3.1.2 Fragenleitfaden für Betreuer
- 3.1.3 Beschreibung der Durchführung der Interviews
- 3.1.3.1 Eigene Rolle als Interviewer
- 3.1.3.2 Ablauf der Befragungen
- 3.2 Aufbereitung und Auswertung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Forschungsarbeit hat zum Ziel, die Lebensqualität von Menschen mit geistiger Behinderung in Wohneinrichtungen aus der Perspektive der Bewohner und ihrer Betreuer zu untersuchen. Hierfür werden vergleichende qualitative Interviews durchgeführt und ausgewertet. Die Arbeit soll Erkenntnisse zu den subjektiven Erfahrungen, Bedürfnissen und Perspektiven der Bewohner und Betreuer auf die Lebensqualität in Wohneinrichtungen liefern.
- Bewertung der Lebensqualität von Menschen mit geistiger Behinderung in Wohneinrichtungen
- Analyse der subjektiven Erfahrungen und Bedürfnisse der Bewohner
- Erforschung der Perspektiven der Betreuer auf die Lebensqualität der Bewohner
- Vergleich der Sichtweisen von Bewohnern und Betreuern
- Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität in Wohneinrichtungen
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung stellt das Forschungsfeld vor, erläutert die Forschungsfragen und gibt einen Überblick über die Gliederung der Arbeit. Kapitel 2 beleuchtet den theoretischen Bezugsrahmen, indem es verschiedene Konzepte von Lebensqualität, die Situation von Menschen mit geistiger Behinderung und die Wohnform „Wohnheim“ betrachtet. Kapitel 3 erläutert den methodischen Rahmen der Arbeit, einschließlich der Erhebungsmethode, des Interviewleitfadens und der Auswertungsmethode. Die Ergebnisse der Interviews werden in den Kapiteln 4.1 und 4.2 dargestellt und interpretiert, wobei jeweils ein Befragungstandem betrachtet wird. In Kapitel 4.3 erfolgt ein Theorieabgleich und eine Verdichtung der Ergebnisse.
Schlüsselwörter (Keywords)
Lebensqualität, geistige Behinderung, Wohneinrichtung, Inklusion, Teilhabe, qualitative Forschung, Interviews, subjektive Erfahrung, Nutzerperspektive, Betreuerperspektive, Behindertenhilfe.
- Arbeit zitieren
- Bernhard Thielen (Autor:in), 2013, Lebensqualität in einer Wohneinrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung. Eine vergleichende qualitative Befragung von Klienten und Mitarbeitern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313067