Die Arbeit geht der Frage nach, ob die §§ 4, 5 des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes (NTVergG) für an der öffentlichen Ausschreibung beteiligte Unternehmen drittschützend ist.
Zum 01. Januar 2014 ist das vom niedersächsischen Landtag am 31. Oktober 2013 verabschiedete Gesetz zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (kurz: NTVergG) in Kraft getreten und zugleich das Vorgängergesetz des LVergabeG außer Kraft getreten ist. Die dort normierten Bestimmungen gelten sowohl für Liefer-, Bau- und Dienstleistungen als auch für den öffentlichen Personennahverkehr (vgl. § 4 Abs. 1 – 3 NTVergG). Insbesondere mit Blick auf das im Ländervergleich sehr hohe Volumen im öffentlichen Auftragswesen, in dem Niedersachsen etwa im Bereich der Dienstleistungen mit einem Auftragsvolumen von 342, 294 Mio. € im Jahr 2011 auf Platz 2 hinter NRW rangierte, kommt dem NTVergG eine hohe praktische Bedeutung zu. Es ist mithin davon auszugehen, dass die Anwendbarkeit des NTVergG in verschiedensten Konstellationen relevant wird und sich deshalb auch in erheblichem Maße auf die Prozesslandschaft auswirken wird.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- A. Anlass der Untersuchung
- 1. §§ 4, 5 NTVergG als „Bestimmungen über das Vergabeverfahren“
- 1. Grundgesetzliche Kompetenzfrage zum Erlass des NTVergG
- 2. Vereinbarkeit des NTVergG mit höherrangigem nationalen (Verfassungs-) Recht
- 3. Vereinbarkeit des NTVergG mit europäischem Recht
- 4. Begriffliche Einordnung des NTVergG als „Bestimmung über das Vergabeverfahren“
- B. Drittschutzcharakter der §§ 4, 5 NTVergG über § 97 Abs. 7 GWB
- 1. §§ 4, 5 NTVergG als „Bestimmungen über das Vergabeverfahren“
- 1. Grundgesetzliche Kompetenzfrage zum Erlass des NTVergG
- 2. Vereinbarkeit des NTVergG mit höherrangigem nationalen (Verfassungs-) Recht
- 3. Vereinbarkeit des NTVergG mit europäischem Recht
- 4. Begriffliche Einordnung des NTVergG als „Bestimmung über das Vergabeverfahren“
- 2. Vermittlung eines subjektiven Rechts und einer spezifisch bieterschützenden Wirkung aus den §§ 4, 5 NTVergG
- a. Subjektive Rechte aus §§ 4, 5 NTVergG
- aa. Schutznormtheorie und deren Anwendbarkeit
- bb. Wahl weiterer Untersuchungsmethoden
- b. Meinungsstreit um die spezifisch bieterschützende Wirkung
- c. Ergebnis
- C. Drittschutzcharakter der §§ 4, 5 NTVergG über andere Normen für Aufträge unterhalb der Schwellenwerte
- I. Drittschutz über § 33 | GWB
- II. Drittschutz über Art. 3 I GG
- III. Drittschutz über Art. 12 GG
- IV. Drittschutz über § 823 II BGB
- 1. Individualschutzcharakter
- 2. Wettbewerber vom persönlichen und sachlichen Schutzbereich umfasst
- 3. Ergebnis
- D. Möglichkeit der Geltendmachung des Drittschutzes aus den §§ 4, 5 NTVergG durch Wettbewerber
- I. Gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber
- II. Gegenüber dem beauftragten Unternehmen
- E. Die einschlägigen Verfahren und die Anspruchsgrundlagen
- I. Streitwerte oberhalb des Schwellenwertes
- 1. Primärrechtsschutz
- a. Vergabespezifisches Nachprüfungsverfahren
- aa. Zeitpunkt der Geltendmachung
- bb. Voraussetzungen der §§ 107, 108 GWB
- cc. Ergebnis
- b. Verwaltungsprozessuale Geltendmachung in Form der einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO
- c. Verfassungsbeschwerde gem. Art. 93 I Nr. 4a GG
- 2. Sekundärrechtsschutz in Form von der Geltendmachung von Schadensersatz
- a. Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens aus § 126 I S. 1 GWB
- b. Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsschadens aus culpa in contrahendo (c. i. c.) gem. § 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB
- c. Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsschadens aus § 823 I BGB
- d. Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsschadens aus § 823 II BGB
- e. Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsschadens wegen Sittenwidrigkeit gem. § 826 BGB
- f. Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsschadens aus Amtshaftung gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG
- II. Streitwerte unterhalb des Schwellenwertes
- 1. Primärrechtsschutz
- a. Vergabespezifisches Nachprüfungsverfahren
- b. Dienst-, Rechts- und Fachaufsichtsbeschwerde
- c. Rechnungshöfe
- d. Zivilprozessuale Einkleidung
- aa. Grundsätzliches
- bb. Das Problem
- cc. Mögliche Lösungsansätze
- e. Verwaltungsprozessuale Einkleidung
- aa. OVG-Rechtsprechung
- bb. Rechtsprechung des BVerfG
- cc. Klärung der Frage durch Rechtsprechung des BVerwG
- 2. Zivilrechtliche Unwirksamkeitsgründe des Zuschlags
- a. § 134 BGB
- b. § 138 Abs. 1 BGB
- 3. Unwirksamkeit des Zuschlags wegen Verstößen gegen höherrangiges Recht
- F. Zeitpunkt der Geltendmachung im Vergabeverfahren
- I. Vor Erteilung des Zuschlags
- II. Nach Erteilung des Zuschlags
- 1. Vergabespezifische Unwirksamkeitsgründe des Zuschlags
- G. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Drittschutzcharakter der §§ 4, 5 NTVergG, die Tariftreue und Mindestentgelte für öffentliche Aufträge regeln. Ziel ist es zu analysieren, ob diese Vorschriften auch Unternehmen Drittschutz bieten, die nicht den Zuschlag erhalten haben.
- Drittschutzcharakter der §§ 4, 5 NTVergG für am Vergabeverfahren beteiligte Unternehmen
- Rechtsschutzmöglichkeiten für Wettbewerber bei Verstößen gegen die Tariftreue und Mindestentgeltbestimmungen
- Vergaberechtliches Rechtsschutzregime, insbesondere im Hinblick auf die §§ 107, 108 GWB und das Nachprüfungsverfahren
- Anwendbarkeit von zivilrechtlichen und verwaltungsprozessualen Anspruchsgrundlagen
- Einordnung der §§ 4, 5 NTVergG als "Bestimmungen über das Vergabeverfahren"
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Anlass der Untersuchung und die Relevanz des Themas im Kontext der deutschen und europäischen Rechtsordnung darlegt. Anschließend werden die §§ 4, 5 NTVergG als "Bestimmungen über das Vergabeverfahren" im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB eingeordnet und ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht geprüft. Es folgt eine Analyse der Rechtsschutzfähigkeit, wobei die Vermittlung eines subjektiven Rechts und die spezifisch bieterschützende Wirkung der §§ 4, 5 NTVergG im Mittelpunkt stehen. Die Arbeit untersucht außerdem, ob Drittschutz über andere Normen wie § 33 | GWB, Art. 3 I GG, Art. 12 GG oder § 823 II BGB möglich ist. Abschließend wird die Geltendmachung des Drittschutzes durch Wettbewerber gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber und dem beauftragten Unternehmen sowie die einschlägigen Verfahren und Anspruchsgrundlagen für Streitwerte oberhalb und unterhalb des Schwellenwertes analysiert. Die Arbeit endet mit einem Resümee, das die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse zusammenfasst.
Schlüsselwörter (Keywords)
Drittschutz, Vergaberecht, Tariftreue, Mindestentgelte, NTVergG, GWB, Nachprüfungsverfahren, Rechtsschutz, Wettbewerber, öffentliche Aufträge, Schwellenwerte, subjektives Recht, spezifisch bieterschützende Wirkung.
- Quote paper
- Patrick Christian Otto (Author), 2015, Der Drittschutzcharakter der §§ 4, 5 des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes (NTVergG), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313472