Juden in Köln. Wie gestaltet sich das jüdische Leben von den Anfängen bis zur Gegenwart?


Seminararbeit, 2010

18 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung ...1

II. Entwicklung des jüdischen Lebens in Köln: Anfänge der jüdischen Geschichte Kölns in der Antike ...2
2.1 Etablierung der jüdischen Geschichte Kölns im Mittelalter ...3
2.2 Fortführung der jüdischen Geschichte Kölns in der Neuzeit ...5
2.3 Kölner Juden im Zeichen des Nationalsozialismus ...7
2.4 Jüdische Geschichte Kölns von 1945 bis heute ...8

III. Zusammenleben von Juden und Nichtjuden: Kölner Juden im Mittelalter ...9
3.1 Lebenslage der Kölner Juden in der Weimarer Republik ...11
3.2 Situation der Kölner Juden heute ...12

IV. Schlussbetrachtung ...13

Literaturverzeichnis ...15

I. Einleitung

Wann immer der Begriff Jude fällt, wird zumeist an die Zeit des Holocaust gedacht. Fällt hingegen der Begriff Köln, wird diese Stadt oftmals in Zusammenhang mit dem Volksfest Karneval und dem als weltoffen assoziierten Kölner Volk genannt. Doch werden die beiden Begriffe Jude und Köln in Bezug gesetzt, woran wird dann gedacht?

Die Juden und die Stadt Köln sind seit Jahrhunderten miteinander verbunden. Um zu erfahren welche Besonderheit sich dahinter verbirgt, richtet sich diese Arbeit nach der Forschungsfrage: „Juden in Köln: Wie gestaltet sich das jüdische Leben von den Anfängen bis zur Gegenwart?“

Wenn ich aus meiner Kölner Wohnungstür hinaus trete und die Straße entlang gehe, finden sich auf dem Boden zahlreiche Stolpersteine. Hierbei handelt es sich um kleine Gedenktafeln, versehen mit den Namen jüdischer Opfer des Nationalsozialismus. Diese Gedenktafeln sind in den Boden vor den Häusern eingelassen, welche die Juden zuletzt frei gewählt und bewohnt haben. Früher haben hier jüdische Arbeiter das Viertel bewohnt.

Doch nicht nur mein Wohnort und die Tatsache, dass ich ‚e echt kölsch mädche‘ bin haben mich dazu veranlasst eine Arbeit über das Leben der Juden in Köln zu verfassen. Ausschlaggebend war ein Besuch in der Kölner Synagoge: Die Gemeindemitglieder haben heutzutage noch Angst vor nationalsozialistischen Übergriffen und schützen daher ihre Synagoge im Herzen Kölns durch Kameras und Gegensprechanlagen. Es gilt hier zu erfahren wie sich die Kölner, denen heute stereotypische Attribute wie Toleranz und Offenheit zugeschrieben werden, seit Beginn der jüdischen Geschichte verhalten haben.

Dazu werde ich Sie eingangs etappenweise durch die jüdische Geschichte Kölns führen. Im zweiten Teil gehe ich auf das Zusammenleben von Juden und Nichtjuden in Köln ein. Diese Arbeit liefert einen Überblick der jüdischen Geschichte Kölns sowie dem Miteinander und Umgang der Kölner Bürger mit den Juden. Das Nachwort wird eine prägnante Gesamtfassung der bisher herausgearbeiteten Erkenntnisse liefern und die Forschungsfrage reflektieren.

II. Entwicklung des jüdischen Lebens in Köln: Anfänge der jüdischen Geschichte Kölns in der Antike

Schon zur Römerzeit beginnt in Köln die Geschichte der Juden. Der erste urkundliche Beweis für ein Dasein der Juden in Köln liefert das Dekret Konstantins des Großen aus dem Jahre 321:

„Derselbe Augustus an die Kölner Dekurionen. Allen Stadtsenaten gestehen wir durch ein allgemeines Gesetz zu, dass Juden in den Stadtrat berufen werden. Damit aber diesen zum Trost etwas von der früheren Regelung bleibe, gestatten wir, dass je zwei oder drei durch ein ständiges Privileg mit keinerlei Erkennungen [zu bestimmten Aufgaben] belästigt werden.“1

Bislang waren die Juden in Köln von kommunalen Ämtern befreit, da deren Ausübung oft mit den jüdischen Religionsgesetzen nicht vereinbar war. Primärer Grund für die geforderte Beteiligung der Juden an der Stadtregierung sind aber die Folgen der vergangen Kriege Mitte des dritten Jahrhunderts. Verluste von Menschenleben und damit an Arbeitskräften haben die ökonomische Basis der Stadt geschwächt. Die Stadt Köln benötigt neue Amtsmitglieder mit einer stabilen wirtschaftlichen Stellung, welche Defizite bei nicht ausreichenden Steuereinnahmen selbst ausgleichen können. Somit bieten sich die damals in der Mehrheit lebenden und wohlhabenden Juden als neue Besetzung an. Aus Rücksicht auf die jüdische Religion gestattet Kaiser Konstantin jedoch zwei oder drei Funktionsträger der jüdischen Gemeinde von der Berufung auszunehmen.2

Auf den ersten Blick mag es wie ein Privileg klingen: Die Beteiligung am römischen Selbstverwaltungsorgan der Stadt und die damit einhergehende Bestätigung des Status als römischer Bürger. Doch die Ausübung des Amtes ist mit unangenehmen Pflichten wie die der Steuereintreibung verbunden. Dieses Amt und speziell diese Ausübung wird für die Juden noch verheerende Folgen haben.

Dem Dekret lassen sich einige wichtige Informationen über das jüdische Leben im römischen Köln entnehmen. So ist es der früheste Nachweis einer jüdischen Gemeinde in Deutschland und belegt das es in Köln zu Beginn des 4. Jahrhunderts nicht nur Juden, sondern damit verbunden auch eine Synagoge geben musste. Außerdem mussten die Juden über ein hohes gesellschaftliches Ansehen und über finanziellen Wohlstand verfügt haben, da dies die Voraussetzung für die Berufung in den Stadtrat gewesen ist.

2.1 Etablierung der jüdischen Geschichte Kölns im Mittelalter

Auch während des Mittelalters lebten Juden in Köln. Nachweis hierfür ist der Bau an der Kölner Synagoge im Jahre 1012, welches sich aus den Kölner Jahrbüchern des 14. Jahrhunderts erschließen lässt. Allerdings geht das Zeitalter der Kreuzzüge auch an den Kölner Juden nicht spurlos vorüber. Eine erstmalige Judenfeindseligkeit tritt in der Stadt Köln auf: Im ersten Kreuzzug des Jahres 1096 werden Juden getötet und deren Synagoge zerstört.3 Doch die kölnische Judengemeinde sollte nach dieser Katastrophe einen raschen Wiederaufschwung erleben.

So lebten Mitte des 12. Jahrhunderts ungefähr 300 Juden in Köln, welches ein Grundbucheintrag beweist.4 Köln war zu dieser Zeit eines der bedeutendsten Handels- und Messestädte des Reichs. Jüdische Kaufleute haben von dieser Bedeutung profitiert, da sie die hohen Aufnahme- und Schutzgelder an den Erzbischof bezahlen konnten. Als Gegenleistung verspricht Erzbischof Engelbert II., welcher die Herrschaft an den Juden beanspruchte, ihnen sowie deren eingewanderten Familien Schutz für zwei Jahre. Danach stand es den Juden frei zu bleiben oder fortzuziehen. Brachten sie das restliche Schutzgeld innerhalb von zwei Jahren auf, durften sie ebenfalls die Stadt Köln verlassen. Auch der jüdische Friedhof, welcher außerhalb der Stadtmauern lag, stand unter besonderem Schutze. Erzbischof Engelbert von Falkenburg erklärt im Jahre 1266 in einem Privileg, dass keine Todesurteile in Friedhofsnähe vollstreckt oder gar unberechtigte Zölle für Toten verlangt werden dürfen. Grund für die Schutzgewährung der Juden war deren Verteidigung der Stadt Köln im Krieg. Ein Schied aus dem Jahr 1252 besagt: „Alle solche, seien es Laien oder Juden, die die Stadtmauer bewacht haben, sind in diesem Schied eingeschlossen.“5

Als Kölner Bürger dürfen Juden nun auch Grundbesitz erwerben. Bereits seit dem Jahre 1130 werden in den Schreinskarten der Laurenzpfarre die jüdischen Grundbesitze eingetragen. Doch im Jahr 1237 wird in der St. Laurenzpfanne ein ausschließlich die jüdischen Besitzverhältnisse betreffendes Schreinsbuch angelegt, das sogenannte Judenschreinsbuch.6

Durch dieses Buch, das neben Verwandtschaftsverhältnissen und Erbansprüchen vor allem Besitz-und Wohnverhältnisse der Kölner Juden festhält, lässt sich die Häuseranzahl ableiten: Um 1349 sind 86 Häuser, die Synagoge, die Frauensynagoge, die Mikwe, das Spiel-und Backhaus sowie das Hospital verzeichnet. Doch nach 1341 wird dem Ausdehnen des jüdischen Bezirkes ein Ende gesetzt. Es ist keinem Juden mehr gestattet von Christen Grundbesitz zu erwerben.7

Grund für das Entgegenwirken einer Vergrößerung des jüdischen Viertels sind die Spannungen zwischen Christen und Juden in Köln, die seit Anfang des 14. Jahrhunderts stetig wuchsen. Seit dem 13. Jahrhundert fungieren die Juden vorrangig als Geldleiher für die Stadt Köln.8 Aufgrund dieses Wohlstandes wurden sie schließlich einst in die Stadtregierung berufen. Doch mussten die Juden wohl eine Vorahnung gehabt haben, das ihnen deswegen Unheil bevorsteht. Im nördlichen Teil des Judenviertels wird zu dieser Zeit ein Schatz mit 283 Gold- und Silbermünzen vergraben. Dieser Fund lässt zum Einen auf den Reichtum der Juden und zum Anderen auf die Angst vor Raub durch die Christen schließen. Denn um 1349, wo der Schatz wahrscheinlich begraben wurde, hält eine Pestepedemie in Köln inne. Die Christen unterstellen die Pestflöhe seien von den Juden und der Grund für vergiftete Brunnen. Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist bekannt, das der Pestbazillus von asiatischen Nagetieren stammt. Doch im Mittelalter war dies noch nicht bekannt und die Pest war der auslösende Grund für einen Massenmord an den Juden.

Das Volk fällt in der Nacht vom 23. zum 24. August 1349, der Bartholomäusnacht, in das Judenviertel ein und ermordet all die Juden, welche sich nicht schon selbst gerichtet hatten.9

[...]


1 Zit. nach Terbuyken, Peri: Juden im Rat der Stadt? Ein Gesetzestext von 321, in: Rosen, Wolfgang/ Writler, Lars (Hg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Bd. I: Antike und Mittelalter von den Anfängen bis 1396/97, Köln 1999, S. 49-52, hier S. 51.

2 Vgl. dazu Asaria, Zvi: Die Juden in Köln. Von den ältesten Zeiten bis zur Schwelle unseres Jahrhunderts, in: Asaria, Zvi (Hg.): Die Juden in Köln. Von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, Köln 1959, S. 35-70, hier S. 35-36.

3 Vgl. dazu Schmandt, Matthias: Aspekte der jüdischen Geschichte Kölns bis 1349, in: Haverkamp, Alfred (Hg.): Forschungen zur Geschichte der Juden, Bd. 11: Judei, cives et incole: Studien zur jüdischen Geschichte Kölns im Mittelalter, Hannover 2002, S. 9-95, hier S. 10-12. Vgl. dazu auch Asaria, Zvi: Die Juden in Köln. Von den ältesten Zeiten bis zur Schwelle unseres Jahrhunderts (wie Anm. 2), S. 37.

4 Vgl. dazu Schmandt, Matthias: Aspekte der jüdischen Geschichte Kölns bis 1349 (wie Anm. 3), S. 14.

5 Zit. nach Asaria, Zvi: Die Juden in Köln. Von den ältesten Zeiten bis zur Schwelle unseres Jahrhunderts (wie Anm. 2), S. 38. Vgl. dazu auch ebd., S. 38-39.

6 Vgl. dazu Schmandt, Matthias: Aspekte der jüdischen Geschichte Kölns bis 1349 (wie Anm. 3), S. 18-20.

7 Vgl. dazu Asaria, Zvi: Die Juden in Köln. Von den ältesten Zeiten bis zur Schwelle unseres Jahrhunderts (wie Anm. 2), S. 44.

8 Vgl. dazu Schmandt, Matthias: Aspekte der jüdischen Geschichte Kölns bis 1349 (wie Anm. 3), S. 76.

9 Vgl. dazu Asaria, Zvi: Die Juden in Köln. Von den ältesten Zeiten bis zur Schwelle unseres Jahrhunderts (wie Anm. 2), S. 54-55.
Vgl. dazu auch Wenninger, Markus J.: Zum Verhältnis der Kölner Juden zu ihrer Umwelt im Mittelalter, in: Bohnke-Kollwitz, Jutta/ Eckert, Willehad Paul/ Golczewski, Frank/ Greive, Hermann(Hg.): Köln und das rheinische Judentum. Festschrift Germania Judaica 1959-1984, Köln 1984, S. 17-34, hier S. 18.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Juden in Köln. Wie gestaltet sich das jüdische Leben von den Anfängen bis zur Gegenwart?
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Institut für Archäologie und Kulturanthropologie)
Veranstaltung
Kultur und Alltag in Europa (spez. in Deutschland) in Geschichte und Gegenwart
Note
2,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
18
Katalognummer
V313919
ISBN (eBook)
9783668125995
ISBN (Buch)
9783668126008
Dateigröße
436 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Juden, Köln, Holocaust, Nationalsozialismus, Kölner, Kulturanthropologie, Antisemitismus, Rassismus, Migration, Flüchtlinge, Nazis, Ausländer, Hass, Fremdenfeindlichkeit, Uni Bonn
Arbeit zitieren
B.A. Nadine Mallmann (Autor:in), 2010, Juden in Köln. Wie gestaltet sich das jüdische Leben von den Anfängen bis zur Gegenwart?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313919

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