Islam, Islamismus oder politischer Terrorismus? Der Diskurs über Al Quaida


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Islam - eine Weltreligion
2.1 Entstehung und Verbreitung
2.2 Inhalte der Offenbarung
2.3 Die Scharia - Islamisches Recht
2.4 Der Jihad - die Pflicht zum „Heiligen Krieg“?

3. Der Islamismus - eine extreme politische Ideologie
3.1 Begriff und Entstehung
3.2 Die Protagonisten

4. Der politische Terrorismus - Hintergründe der Gewalt
4.1 Eine neue Form

5. Bilanz und Ausblick

1. Einleitung

„Es gibt keinen moderaten oder nicht-moderaten Islam. Islam ist Islam und damit hat es sich.“

(Recep Tayyip Erdogan, türkischer Ministerpräsident in: Milliyet, Türkei, 21.08.2007)

Spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York und Washington steht der Islam in vielen Teilen der Welt unter einer Art Generalverdacht. Schließlich waren doch die Attentäter gläubige Muslime und handelten aus ihrer Sichtweise heraus gottgefällig, geleitet durch eine heilige Mission im Namen Allahs. Wenn dem aber so war, dann ist es ja nur recht und billig, auch die anderen Gläubigen dieser großen Weltreligion argwöhnisch zu beobachten, denn schließlich könnte es ja sein, dass sie eines Tages zu einem ähnlichen Akt aufbrechen um die Erde endgültig von der Vorherrschaft der Ungläubigen zu befreien! Oder könnte es sein, dass dies eine völlig unzutreffende, undifferenzierte Ansicht ist, welche ein pauschales Bild von den Muslimen weltweit zeichnet? Ist es vielleicht sogar völlig unmöglich, alle Muslime buchstäblich über einen Kamm zu scheren, weil der Islam viel facettenreicher und vielfältiger ist, als dass man ihn über die Taten einiger weniger definieren könnte? Oder haben diejenigen Recht, die den Islam grundsätzlich für friedfertig halten, einzelne Terrorakte als eigentlich unislamisch kategorisieren und jede Warnung vor dem Islam als Islamophobie und latente Tendenz zur Fremdenfeindlichkeit enttarnt haben wollen?

Um diese Fragen zu beantworten, ist es notwendig, sich zunächst mit den Grundbegriffen Islam, Islamismus und politischer (islamistischer) Terrorismus zu beschäftigen. Ebenso mit der Frage, welcher Unterschied - sofern es überhaupt einen gibt - zwischen den genannten Begriffen besteht, Dazu soll die folgende Abhandlung einen Beitrag leisten. Es wird zunächst darum gehen, den Islam als religiösen Glauben zu betrachten. Auf welche Entstehungsgeschichte kann er zurückblicken, was sind die Glaubensinhalte und wie sollen sie eingehalten werden? Anschließend soll der Begriff des Islamismus auf seine Inhalte hin beleuchtet werden. Was will der Islamismus, wodurch zeichnet er sich aus, und wie kann er vom Islam abgegrenzt werden, wenn er sich doch schon vom reinen Wortstamm her so augenfällig auf genau diesen zu beziehen scheint. Abschließend soll es um die Beschäftigung mit dem politisch geprägten Terrorismus gehen. In dieser Abhandlung wird es ausschließlich um den islamisch geprägten politischen Terrorismus gehen, und nicht um eine Beschäftigung mit dem politischen Terrorismus an sich, wie er sich etwa in der Bundesrepublik Deutschland in den siebziger Jahren in Gestalt der RAF manifestiert hat. Zu guter Letzt soll eine Bilanz gezogen werden, um zu sehen ob sich aus der Beschäftigung mit den genannten Themengebieten eine deutliche Differenzierung voneinander ergibt, oder ob es letztlich doch nur unterschiedliche Begriffe für ein und dieselben Inhalte sind, die sich voneinander so marginal unterscheiden, wie die verschiedenen Dialekte einer Sprache.

Das Eingangs angeführte - zugegebenermaßen aus dem Gesamtkontext entnommene - Zitat des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan scheint die Muslime und ihren Glauben als eine Art monolithischen Block darzustellen, bei dem grundsätzlich keine Differenzierungen möglich sind. Um dies zu beurteilen muss man zunächst einen Blick auf den Glauben Islam an sich werfen. Wenn Erdogan sagt: „Islam ist Islam..." stellt sich zunächst die Frage: WAS ist der Islam denn eigentlich?

2. Der Islam - eine Weltreligion

2.1 Entstehung und Verbreitung

Zunächst einmal ist der Islam die zweitgrößte Weltreligion nach dem Christentum und vor dem Judentum. Er stellt heute die spirituelle Heimat für über 1,4 Milliarden Gläubige weltweit dar. Die Mehrheit der Muslime heutzutage leben im Asien und nicht, wie oft fälschlicherweise vermutet, in den arabischen Gebieten. Diese stehen von der Anzahl der Gläubigen her gesehen erst an vierter Stelle, nach dem türkisch­mongolischen Bereich und den iranischen Gebieten, gefolgt von Afrika.[1] Der Islam ist die jüngste der drei Weltreligionen. Seine Entstehung geht zurück auf dass Jahr 610 n. Chr., dem 40. Lebensjahr des Propheten Mohammed (auch Muhammad). Für die Muslime gilt Mohammed als gewöhnlicher Mensch, der zwar enorme Vorbildfunktion besitzt, jedoch keine göttlichen Eigenschaften aufwies oder gar selbst göttlichen Ursprungs war. Er ist der letzte aus einer ganzen Reihe von Propheten (darunter auch Jesus, David und Moses) und vor allem ein von Gott ausgewählter „Mahner bzw. Warner".

„Muhammad, der Kaufmann aus Mekka, wurde von einer Wahrheit überwältigt, die sich ihm als Offenbarung zeigte 'wie das Licht des Morgens', die vorzutragen und zu verbreiten seit jenem Tag Sinn und Zweck seines Lebens wurde. Die Botschaft kündete von der Güte und Allmacht des einen Gottes; sie gab aber auch die Fundamente einer Rechts- und Staatsordnung, Grundlagen des ersten Gemeinwesens im Namen dieses Gottes."[2] Diese Botschaft, welche den Arabern in ihrer Muttersprache übermittelt wurde, sollte die Vollendung und Erneuerung aller früheren Offenbarungen sein und war an alle Völker der Welt gerichtet. Der Überlieferung zufolge begann die Offenbarung in einer Höhle, nahe der Stadt Mekka, in welche Mohammed sich regelmäßig zum meditieren zurückzog. In dieser erschien ihm der Erzengel Gabriel, der ihn aufgeforderte, eine auf einer Decke befindliche Schrift vorzutragen. Obwohl Mohammed bis dato Analphabet war, gelang es ihm, diesem Auftrag nach mehrmaliger Aufforderung und Züchtigung durch den Erzengel nachzukommen.[3] Nach Erhalt der Botschaft begann Mohammed nur wenig später mit öffentlichen Predigten, die sich zunächst vor allem gegen die Anbetung von Götzen in Mekka richteten. Im weiteren Verlauf seines Lebens erhielt Mohammed noch etliche andere Offenbarungen zu verschiedenen Anlässen, direkt vom Erzengel Gabriel übermittelt. Der monotheistische Inhalt von Mohammeds Predigten erzürnte allerdings die Mekkaner, was zur Verfolgung von Mohammed und dessen Anhängern, und schließlich zu deren Auswanderung nach Medina (damals Yathrib) im Jahre 622 führte. In Medina, wo Mohammed wohlwollend aufgenommen wurde, konnte er das Leben innerhalb der Gemeinde seinen Offenbarungen entsprechend organisieren. Im Laufe der Zeit verschlechterte sich aber die zunächst friedvolle Beziehung zu den dort lebenden Juden, aufgrund von Mohammeds Bekehrungs­forderungen, da die Juden ihn nicht als Propheten anerkennen konnten. „Die Rache Mohammeds bekamen nicht nur die jüdischen Stämme Banu Qaynuqa und Banu Nadir, sondern auch die Banu Qurayza im Jahr 627 n. Chr. zu spüren. Zur Strafe belagerte Mohammed ihre festungsähnlichen Häuser. Anschließend wurden ca. 600 jüdische Männer getötet. Die Frauen und Kinder verkaufte er als Sklaven. Damit war das Ende der Juden in Medina besiegelt (Sure 33,26,27)."[4] In der Stadt, welche fortan „Stadt des Propheten" hieß, musste Mohammed nun seine Fähigkeiten als Politiker und Heerführer unter Beweis stellen, da sich seine Gemeinde durch diverse

Eroberungen und Übertritte stetig vergrößert hatte. Im Jahr 630 nahmen Mohammeds Gefolgsleute Mekka ein und die Mehrheit der Mekkaner trat zu dem neuen Glauben über, ebenso wie später die Mehrheit der anderen Araber. Zwei Jahre später unternahm Mohammed eine „Abschiedswallfahrt“ nach Mekka und starb bei seiner Rückkehr nach Medina im Jahr 632 im Beisein seiner „Lieblingsfrau“ (eine von neun Ehefrauen des Propheten, obwohl er selbst die mögliche Anzahl an Ehefrauen auf vier begrenzt hatte). Seine Beisetzung erfolgte ebenfalls in Medina.[5] Nach seinem Tod verbreitete sich der Islam schnell über die arabische Halbinsel hinaus und wurde zu einem islamischen Weltreich. Die Herrscher dieses Reiches beriefen sich auf die Nachfolge des Propheten um über die Gläubigen aller Länder regieren zu können. „Die Einheit des Glaubens, des theokratischen Staatswesens, des Reiches zerfiel; aber noch im Zerfall und im Widerstreit blieb die Einheit des Islams im Bewusstsein der Muslime über Jahrhunderte unauslöschlich bewahrt.“[6]

2.2 Inhalte der Offenbarung

Mohammed war der Prophet, der nach eigenem Bekunden, sowie der Überzeugung seiner Anhänger die Worte Gottes direkt und in arabischer Landessprache übermittelt bekam. Es war nun seine Aufgabe, die empfangenen Lehren weiter zu verbreiten. Da in Mekka der damaligen Zeit durchaus Kenntnisse über die Schrift verbreitet waren, konnten einzelne Gläubige Aufzeichnungen von Mohammeds Predigten anfertigen, welche später wiederum Bestandteil der muslimischen Gottesdienste wurden. Die Aufzeichnungen wurden immer wieder rezitiert und vorgetragen. Das Wort „Koran“ leitet sich vom arabischen Wort „qurán - der Vortrag“ ab, einzelne Teile der Texte (eine Art „Kapitel“) werden als „Suren“ bezeichnet. Ein komplettes Sammelwerk der aufgezeichneten Offenbarungen wurde zu Lebzeiten Mohammeds noch nicht erstellt, dies geschah erst auf Befehl des dritten Kalifen Utman, der die verschiedenen Teile zusammentragen und eine allgemeingültige Fassung des Koran erstellen ließ. Zu Beginn findet sich eine Eröffnungssure (Gebet), nachfolgend sind die übrigen der insgesamt 114 Suren nach Länge angeordnet, beginnend mit der längsten. Rückblickend erweist sich diese Zusammenstellung als teilweise problematisch, da die Anordnung nicht der Chronologie folgt. Es lässt sich also nicht mehr mit Sicherheit sagen, wann Mohammed welche Offenbarung empfangen haben soll. Somit ist die korrekte Einordnung der jeweiligen Suren in den historischen Gesamtzusammenhang schwierig. Inhaltlich ist der Koran bis heute unverändert geblieben, und stellt für die Gläubigen eine Art Handlungsanweisung für ein gottgefälliges Leben und eine Anleitung für das gemeinsame Handeln dar. So beinhaltet der Koran die muslimischen Grundpflichten, die „fünf Säulen des Islam": Gottesanbetung, Fasten im Fastenmonat Ramadan, Almosenabgabe, Wallfahrt nach Mekka und das Glaubensbekenntnis „Es gibt keinen Gott außer Gott, und Muhammad ist sein Prophet".[7]

2.3 Die Scharia - Islamisches Recht

Die Scharia (der „deutliche, gebahnte Weg") ist eines der am meisten verwendeten Schlagworte in der Diskussion um den Islam. In etlichen Ländern wird von Muslimen des öfteren gefordert, man solle die Scharia zur allgemeingültigen Grundlage des jeweiligen Rechtssystem machen, während Islamkritiker besonders vor der Grausamkeit der Scharia warnen, welche sich deutlich in einigen Strafen zeige (z.B. Steinigung von Ehebrecherinnen und Abhacken der Hände von Dieben). Die Scharia selbst ist kein definierter Gesetzestext der als Grundlage für ein komplettes Rechtssystem tauglich wäre. Vielmehr steht der Begriff für eine Idealvorstellung eines göttlichen Gesetzes.[8] „Die Scharia ist kein Buch. Sie ist kein feststehender Codex, den man kaufen und nachschlagen kann. „Scharia" bezeichnet die Summe von Pflichten und Verboten, die das Leben des Einzelnen und der Gemeinschaft prägen - von der religiösen Praxis bis zum Erbrecht, von den Speisegeboten bis zum Straf- und Kriegsrecht."[9] Die islamische Scharia ist also die Gesamtheit der Normen im islamischen Glauben. Unter „Norm" versteht sich hierbei eine Anweisung, Vorschrift, Regel oder ein Gesetz. Auf der Grundlage von Koran und Hadithen (Sammlung über die Worte und das Verhalten des Propheten) wurde von islamischen Rechtswissenschaftlern eine Rechtssammlung geschaffen, die als Scharia bekannt ist. Da jedoch weder der Koran noch die Hadithe immer konkrete Anweisungen für Fragen der jeweiligen Zeit bereithielten, wurden zwei weitere Quellen zur Rechtsfindung erschlossen; der Konsens der Rechtsgelehrten zu einem bestimmten Thema, sowie der Analogieschluss, bei dem neue Fälle aufgrund ihrer

[...]


[1] http://www.focus.de/wissen/bildung/IslamlexikonA-J/verbreitung-des-islamaid12288.html

[2] Endreß, Gerhard: Der Islam - Eine Einführung in seine Geschichte, S. 9

[3] Ebenda, S. 10

[4] http://www.orientdienst.de/muslime/minikurs/mohammedfeinde.shtml

[5] http://www.focus.de/wissen/bildung/IslamlexikonK-Z//mohammedaid12304.html

[6] Endreß, Gerhard : Der Islam - Eine Einführung in seine Geschichte, S. 10

[7] Endreß, Gerhard: Der Islam - Eine Einführung in seine Geschichte, S. 44

[8] http://www.orientdienst.de/muslime/minikurs/scharia.shtml

[9] http://www.zeit.de/2009/n/Scharia-Kasten?page=all

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Islam, Islamismus oder politischer Terrorismus? Der Diskurs über Al Quaida
Hochschule
Universität Erfurt
Veranstaltung
Militanter Islamismus
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
18
Katalognummer
V314192
ISBN (eBook)
9783668133990
ISBN (Buch)
9783668134003
Dateigröße
904 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Islam, Islamismus, Terrorismus, Osama bin Laden, Religion, Jihad, Glaube
Arbeit zitieren
Oliver Köberich (Autor:in), 2012, Islam, Islamismus oder politischer Terrorismus? Der Diskurs über Al Quaida, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314192

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