„... und nun das Wetter!“: So lautet der typische Schlusssatz vieler Nachrichtensendungen im Fernsehen vor der Überleitung zum Wetterbericht. Im deutschen Fernsehen haben sich in den vergangenen Jahren rund um die Wetternachrichten auffallende Veränderungen ergeben: Die Informationen zu Sonne, Wind und Graupelschauern werden heute auf den meisten Kanälen zunehmend frischer, bunter und lockerer präsentiert. Die Wetterberichte ähneln immer mehr US-amerikanischen „Weather-Shows“.
Die vorliegende Arbeit analysiert vier Eckjahre der Sender ARD, ZDF, RTL und SAT.1 im Zeitraum von 1993 bis 2005.
Ursächlich für das Phänomen "Weathertainment" ist das Ineinandergreifen mehrerer Aspekte, in erster Linie die Kommerzialisierung in Folge der Liberalisierung der Wetter- und Fernsehbranche, der technische Fortschritt sowie das gestiegene Interesse der Öffentlichkeit an Wetterinformationen. Auf Grund des enormen Konkurrenzdrucks ringen öffentlich-rechtliche und private TV-Sender um die Gunst der Zuschauer, insbesondere bei Sendungen, die ein großes Zuschauerinteresse und damit hohe Einschaltquoten erwarten lassen. Eine solche Schlüsselposition nehmen im Programmablauf Wetterberichte ein: Deren Werbeumfeld erzielt Höchstpreise.
Mit dem Instrument der Inhaltsanalyse wird die Frage beantwortet, ob, in welchem Umfang und mit welchen Mitteln die meteorologischen Informationen für das Millionenpublikum des Fernsehens in den vergangenen Jahren im Sinne des Infotainmentkonzepts modifiziert wurden. Der besondere Reiz ergibt sich beim Fernsehen dabei aus dem Zusammenwirken von optischen und verbalen Gesichtspunkten.
Zum Nachweis unterhaltsamer Elemente wurde ein speziell auf TV-Wetterberichte zugeschnittenes, inhaltsanalytisches Kategoriensystem entwickelt, mit dem sich die möglichen Veränderungen von Sendedauer, Präsentation, Inhalt und Sprache messen lassen.
Die Längsschnittstudie ist so angelegt, dass sie Rückschlüsse auf drei verschiedene Ebenen zulässt, die vor allem in Hinblick auf die bereits erwähnten, der Studie zu Grunde liegenden Umbrüche in der Medien- und Wetterbranche von Interesse sind: Erstens die möglichen Veränderungen entlang der Zeitachse, also die Unterschiede zwischen den einzelnen Jahren. Zweitens der gegebenenfalls vorhandene Kontrast zwischen den einzelnen Sendern. Zum Dritten könnte die Untersuchung auf Trends bei der Wetterberichterstattung einzelner TV-Anbieter hinweisen.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Einleitung
- 2. Wetter und Mensch
- 2.1 Das Wetter - eine Einführung
- 2.2 Historische Entwicklung meteorologischer Kommunikation
- 2.3 Die Bedeutung des Wetters für den Menschen
- 2.3.1 Wetteraberglauben - Donner und Dürre als göttliche Botschaft
- 2.3.2 Wetterforschung – mit Messung und Experiment zur Meteorologie
- 2.3.3 Wetter für Massen - Berichterstattung in modernen Medien
- 2.4 Charakteristika des Wetterberichts
- 2.4.1 Allgemeine Kennzeichen
- 2.4.2 Textsorte und Sprache
- 2.4.3 Produktionsweise
- 2.4.4 Die Wettersendungen bei ARD, ZDF, RTL und SAT.1
- 3. Wetter und Fernsehen
- 3.1 Gravierender Umbruch in der deutschen Wetterindustrie
- 3.1.1 Die Liberalisierung des Wettermarktes
- 3.1.2 Konkurrenz der Wetterdienstleister
- 3.1.3 Exkurs: Die Wetterbranche in den USA und die „Weathermen“
- 3.2 Gravierender Umbruch in der deutschen Fernsehlandschaft
- 3.2.1 Die Einführung des dualen Rundfunksystems
- 3.2.2 Die Konvergenz-These
- 3.2.3 Konkurrenz der Fernsehsender
- 3.3 Konsequenzen für die Gestaltung von Nachrichten und Wettersendungen
- 3.3.1 Charakteristika traditioneller Fernsehnachrichten
- 3.3.2 Die veränderte Gestaltung von Nachrichten- und Wettersendungen
- 3.1 Gravierender Umbruch in der deutschen Wetterindustrie
- 4. Wetter und Infotainment
- 4.1 Infotainment: unterhaltende Präsentation von Information im Fernsehen
- 4.1.1 Begriffsdefinitionen und Hintergrund
- 4.1.2 Forschungsstand
- 4.1.3 Die Infotainment-Theorie nach Früh/Wirth
- 4.1.4 Strategien und Merkmale der Infotainisierung
- 4.2 Fazit: Eingrenzung des Forschungsgegenstands und Hypothesenbildung
- 4.1 Infotainment: unterhaltende Präsentation von Information im Fernsehen
- 5. Untersuchungsdesign
- 5.1 Die Inhaltsanalyse
- 5.2 Untersuchungsgegenstand und -zeitraum
- 5.3 Untersuchungsziel und -instrument
- 5.4 Reliabilitätstest
- 6. Ergebnisse und Auswertung
- 6.1 Ergebnisse auf formaler Ebene
- 6.2 Ergebnisse auf der Ebene „Sendedauer“
- 6.3 Ergebnisse auf der Ebene „Präsentation“
- 6.4 Ergebnisse auf der Ebene „Inhalt“
- 6.5 Ergebnisse auf der Ebene „Sprache“
- 6.6 Ergebnisse auf der Ebene „Infotainment“
- 6.7 Interpretation der Ergebnisse
- 7. Resümee
- 8. Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Diplomarbeit untersucht die Entwicklung des Wetterberichts im deutschen Fernsehen im Spannungsfeld zwischen Information und Unterhaltung. Die Arbeit verfolgt das Ziel, zu analysieren, ob und in welchem Umfang meteorologische Informationen im Sinne des Infotainmentkonzepts modifiziert wurden und mit welchen Mitteln dies geschieht. Im Fokus stehen dabei die Veränderungen in der Präsentation, dem Inhalt und der Sprache von Wetterberichten im deutschen Fernsehen.
- Der Einfluss der Kommerzialisierung und Liberalisierung der Medienlandschaft auf die Gestaltung von Wetterberichten
- Die Rolle von Infotainment in der Präsentation meteorologischer Daten
- Die Entwicklung von Wetterberichten im Vergleich zu traditionelleren Nachrichtenformaten
- Die Untersuchung der sprachlichen und visuellen Elemente, die zur Steigerung der Unterhaltungswerte eingesetzt werden
- Die Analyse der Veränderung von Wetterberichten im deutschen Fernsehen in den Jahren 1993 bis 2005
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung erläutert die aktuelle Entwicklung des Wetterberichts im deutschen Fernsehen und die Ursachen für die beobachteten Veränderungen. Sie hebt die zunehmende Bedeutung von Infotainment in der Gestaltung von Wetterberichten hervor und stellt die Forschungsfrage nach dem Umfang und den Mitteln der Modifikation von meteorologischen Informationen im Sinne des Infotainmentkonzepts.
Kapitel 2 liefert eine Einführung in das Thema Wetter und Mensch. Es beleuchtet die historische Entwicklung der meteorologischen Kommunikation und die Bedeutung des Wetters für den Menschen, einschließlich Aberglauben und Wetterforschung. Zudem werden die Charakteristika des Wetterberichts, seine Textsorte, Sprache, Produktionsweise und die Wettersendungen der vier großen Fernsehsender ARD, ZDF, RTL und SAT.1, analysiert.
Kapitel 3 untersucht die Entwicklungen in der deutschen Wetterindustrie und Fernsehlandschaft. Es beleuchtet die Liberalisierung des Wettermarktes, die Konkurrenz der Wetterdienstleister und die Einführung des dualen Rundfunksystems. Außerdem werden die Auswirkungen dieser Veränderungen auf die Gestaltung von Nachrichten und Wettersendungen untersucht.
Kapitel 4 beleuchtet das Infotainment-Konzept und seine Bedeutung für die Gestaltung von Wetterberichten im Fernsehen. Es analysiert Begriffsdefinitionen, Forschungsstand und die Infotainment-Theorie nach Früh/Wirth. Darüber hinaus werden Strategien und Merkmale der Infotainisierung von Wetterberichten untersucht.
Kapitel 5 stellt das Untersuchungsdesign vor und erläutert die eingesetzte Methode der Inhaltsanalyse. Es beschreibt den Untersuchungsgegenstand, den Zeitraum, das Untersuchungsziel und das eingesetzte Instrument. Außerdem wird der Reliabilitätstest erläutert.
Kapitel 6 präsentiert die Ergebnisse der Inhaltsanalyse und deren Auswertung auf verschiedenen Ebenen. Es zeigt die Ergebnisse auf formaler Ebene, in Bezug auf die Sendedauer, die Präsentation, den Inhalt, die Sprache und den Aspekt des Infotainments. Darüber hinaus erfolgt eine Interpretation der Ergebnisse.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Wetterbericht, Infotainment, Fernsehjournalismus, Inhaltsanalyse, Medienwandel, Liberalisierung, Wetterindustrie, Meteorologie, Sprache, Präsentation, Unterhaltung, Nachrichten, Wettersendungen, ARD, ZDF, RTL, SAT.1.
- Quote paper
- Christiane Ruth Bayer (Author), 2006, Meteorologie für Massen. Der Wetterbericht im Spannungsfeld von Information und Unterhaltung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314223