Meteorologie für Massen. Der Wetterbericht im Spannungsfeld von Information und Unterhaltung

Eine Inhaltsanalyse


Diplomarbeit, 2006

124 Seiten, Note: 1,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Wetter und Mensch
2.1 Das Wetter – eine Einführung
2.2 Die Bedeutung des Wetters für den Menschen
2.3 Historische Entwicklung meteorologischer Kommunikation
2.3.1 Wetteraberglauben - Donner und Dürre als göttliche Botschaft
2.3.2 Wetterforschung – mit Messung und Experiment zur Meteorologie
2.3.3 Wetter für Massen – Berichterstattung in modernen Medien
2.4 Charakteristika des Wetterberichts
2.4.1 Allgemeine Kennzeichen
2.4.2 Textsorte und Sprache
2.4.3 Produktionsweise
2.4.4 Die Wettersendungen bei ARD, ZDF, RTL und SAT.1

3. Wetter und Fernsehen
3.1 Gravierender Umbruch in der deutschen Wetterindustrie
3.1.1 Die Liberalisierung des Wettermarktes
3.1.2 Konkurrenz der Wetterdienstleister
3.1.3 Exkurs: Die Wetterbranche in den USA und die „Weathermen“
3.2 Gravierender Umbruch in der deutschen Fernsehlandschaft
3.2.1 Die Einführung des dualen Rundfunksystems
3.2.2 Die Konvergenz-These
3.2.3 Konkurrenz der Fernsehsender
3.3 Konsequenzen für die Gestaltung von Nachrichten und Wettersendungen
3.3.1 Charakteristika traditioneller Fernsehnachrichten
3.3.2 Die veränderte Gestaltung von Nachrichten- und Wettersendungen

4. Wetter und Infotainment
4.1 Infotainment: unterhaltende Präsentation von Information im Fernsehen
4.1.1 Begriffsdefinitionen und Hintergrund
4.1.2 Forschungsstand
4.1.3 Die Infotainment-Theorie nach Früh/Wirth
4.1.4 Strategien und Merkmale der Infotainisierung
4.2 Fazit: Eingrenzung des Forschungsgegenstands und Hypothesenbildung

5. Untersuchungsdesign
5.1 Die Inhaltsanalyse
5.2 Untersuchungsgegenstand und -zeitraum
5.3 Untersuchungsziel und -instrument
5.4 Reliabilitätstest

6. Ergebnisse und Auswertung
6.1 Ergebnisse auf formaler Ebene
6.2 Ergebnisse auf der Ebene „Sendedauer“
6.3 Ergebnisse auf der Ebene „Präsentation“
6.4 Ergebnisse auf der Ebene „Inhalt“
6.5 Ergebnisse auf der Ebene „Sprache“
6.6 Ergebnisse auf der Ebene „Infotainment“
6.7 Interpretation der Ergebnisse

7. Resümee

8. Ausblick

9. Literaturverzeichnis

10. Verzeichnis der Tabellen und Diagramme

1. Einleitung

„...und nun das Wetter!“: So lautet der typische Schlusssatz vieler Nachrichtensendungen im Fernsehen vor der Überleitung zum Wetterbericht. Bei vielen deutschen Fernsehanbietern haben sich in den vergangenen Jahren rund um die Wetternachrichten auffallende Veränderungen ergeben: Die Informationen zu Sonne, Wind und Graupelschauern werden heute auf den meisten Kanälen zunehmend frischer, bunter und lockerer präsentiert. Mit eigenen Sendetiteln, Trailern und im Programm extra ausgewiesen, sind die meteorologischen Hinweise zu veritablen Wettersendungen avanciert. Durch die Bemühungen der Wetterredaktionen, die wissenschaftlichen Fakten mit Hilfe von Unterhaltungselementen in eine für den Zuschauer ansprechende Form zu bringen, ähneln die Fernsehwetterberichte im deutschen Fernsehen immer mehr US-amerikanischen „Weather-Shows“.

Ursächlich für dieses Phänomen ist das Ineinandergreifen mehrerer Aspekte, in erster Linie die Kommerzialisierung in Folge der Liberalisierung der Wetter- und Fernsehbranche, der technische Fortschritt sowie das gestiegene Interesse der Öffentlichkeit an Wetterinformationen. Auf Grund des enormen Konkurrenzdrucks ringen öffentlich-rechtliche und private TV-Sender um die Gunst der Zuschauer, insbesondere bei Sendungen, die ein großes Zuschauerinteresse und damit hohe Einschaltquoten erwarten lassen. Eine solche Schlüsselposition nehmen im Programmablauf Wetterberichte ein: Deren Werbeumfeld erzielt Höchstpreise.

Zu den Strategien bei der Attraktivitätssteigerung von Informationssendungen im Fernsehen zählt das so genannte „Infotainment“. Hierbei soll durch die Mischung unterhaltsamer und informativer Gestaltungselemente die Aufmerksamkeit des Publikums erregt und aufrecht erhalten werden. In Bezug auf Fernsehwetterberichte ist in diesem Zusammenhang der Begriff „Weathertainment[1] “ entstanden. Hinsichtlich der Intention und Wirkung der unterhaltsamen Aufbereitung meteorologischer Daten gehen die Konzepte der einzelnen TV-Anstalten jedoch weit auseinander. Neudecker beschreibt das Dilemma der Wetterredaktionen folgendermaßen:

„Die Wetterberichte im Fernsehen schwanken [...] zwischen Volkshochschule und Veralberung. Das Dilemma bleibt für die TV-Sender immer dasselbe: Will man dem Zuschauer meteorologische Zusammenhänge erklären? Wenn ja, mit welcher Wortwahl? Oder will der eigentlich nur wissen, ob er am nächsten Tag einen Schirm braucht oder grillen gehen kann? Verwirrt man ihn mit Isobaren, Azorenhochs und atlantischen Tiefausläufern? Und nicht zuletzt: Kann das Wetter nur von ausgebildeten Meteorologen mit Autorität erklärt werden, oder darf sich die Kompetenz auch mal auf das äußerliche Erscheinungsbild beschränken?“ (NEUDECKER 2002: „50 Jahre Fernseh-Wetter“)[2].

Die aufgeführten Aspekte legen die Vermutung nahe, dass sich bei der Wetterberichterstattung im Fernsehen tatsächlich ein Wandel vollzogen hat. Dieses Thema ist für die Bearbeitung im Rahmen einer Diplomarbeit ausgewählt worden, weil hierzu trotz der durch die genannten Ausgangspunkte bewirkten, augenfälligen Stiländerungen bisher nur wenige wissenschaftliche Forschungen betrieben wurden. Speziell der Fernsehwetterbericht muss in Deutschland als weitgehend unerforscht beziehungsweise nur punktuell erforscht bezeichnet werden[3]. Die vorliegende Arbeit will einen Beitrag zur weiteren Analyse von TV-Wetterberichten leisten.

Gemäß dem Titel der vorliegenden Arbeit „Meteorologie für Massen – Der Wetterbericht im Spannungsfeld von Information und Unterhaltung“ soll in den folgenden Kapiteln mit dem Instrument der Inhaltsanalyse die Frage beantwortet werden, ob, in welchem Umfang und mit welchen Mitteln die meteorologischen Informationen für das Millionenpublikum des Fernsehens in den vergangenen Jahren im Sinne des Infotainmentkonzepts modifiziert wurden. Der besondere Reiz ergibt sich beim Fernsehen dabei aus dem Zusammenwirken von optischen und verbalen Gesichtspunkten.

Zum Nachweis unterhaltsamer Elemente wurde ein speziell auf TV-Wetterberichte zugeschnittenes, inhaltsanalytisches Kategoriensystem entwickelt, mit dem sich die möglichen Veränderungen von Sendedauer, Präsentation, Inhalt und Sprache messen lassen. Das grobe Raster der Untersuchung bilden zum einen die vier Fernsehsender ARD, ZDF, RTL und SAT.1, zum anderen vier Eckjahre im Zeitraum von 1993 bis 2005.

Die Längsschnittstudie ist so angelegt, dass sie Rückschlüsse auf drei verschiedene Ebenen zulässt, die vor allem in Hinblick auf die bereits erwähnten, der Studie zu Grunde liegenden Umbrüche in der Medien- und Wetterbranche von Interesse sind: Erstens die möglichen Veränderungen entlang der Zeitachse, also die Unterschiede zwischen den einzelnen Jahren. Zweitens der gegebenenfalls vorhandene Kontrast zwischen den einzelnen Sendern. Zum Dritten könnte die Untersuchung auf Trends bei der Wetterberichterstattung einzelner TV-Anbieter hinweisen.

Nach der Darstellung des Forschungsinteresses und der Vorgehensweise im einleitenden Kapitel 1 folgt im Theorieteil der Arbeit Kapitel 2 zu den Schlagworten „Wetter und Mensch“. Hierin wird nach einer kurzen Einleitung zum Begriff „Wetter“ (Kap. 2.1) zunächst seine Bedeutung für den Menschen (Kap. 2.2) dargestellt. Abschnitt 2.3 stellt die historische Entwicklung meteorologischer Kommunikation dar. Eine ausführliche Charakterisierung des Wetterberichts wird in Kapitel 2.4 vorgenommen.

Kapitel 3 widmet sich dem Thema „Wetter und Fernsehen“, wobei in Kapitel 3.1 und 3.2 die Umbrüche in der Wetterindustrie und der Fernsehlandschaft Deutschlands mit ihren Folgen beschrieben werden. Speziell mit den Konsequenzen für die Gestaltung von Nachrichten und Wettersendungen befasst sich Kapitel 3.3. Der Begriff „Infotainment“ im Sinne der unterhaltsamen Aufbereitung von Informationen bildet den Kern des Kapitels 4, „Wetter und Infotainment“. Kapitel 4.1 erläutert die kommunikationswissenschaftlichen Ansätze zum Infotainment, den Forschungsstand, die Infotainment-Theorie nach Früh sowie Strategien und Merkmale des Phänomens. Ein Fazit und die Eingrenzung des Forschungsgegenstands sowie die Hypothesenbildung (Kap. 4.2) schließen Kapitel 4 ab.

Der empirisch-experimentelle Teil beginnt mit Kapitel 5 („Untersuchungsdesign“). Hier werden die Inhaltsanalyse als Methode (Kap. 5.1), der Untersuchungsgegenstand und –zeitraum (Kap. 5.2) sowie das Untersuchungsziel und –instrument (Kap. 5.3) erläutert. Am Schluss des Kapitels steht ein Abschnitt zur Reliabilität (Kap. 5.4). Den Ergebnissen und der Auswertung der Untersuchung auf den diversen Ebenen sowie ihrer Interpretation (Kap. 6.1 bis 6.7) widmet sich Kapitel 6. Kapitel 7 beinhaltet das Resümee, es folgt Kapitel 8 mit einem Ausblick. Den Schluss bildet das Literaturverzeichnis (Kap. 9).

2. Wetter und Mensch

Wasser, Luft und Erde sind die Elemente, auf deren Basis unser Planet eine atemberaubende Vielfalt an Lebensformen hervorgebracht hat. Die spezielle Atmosphäre auf der Erde bietet die dafür notwendigen Voraussetzungen, wobei dem Wetter die wichtige Aufgabe zukommt, den Energiehaushalt innerhalb dieser Schutzhülle zu regeln. In Millionen von Jahren entstanden unterschiedliche Klimaregionen, denen sich die dortigen Lebewesen im Laufe der Evolution angepasst haben. Bis heute hängt das Überleben der Menschheit von ihrer Fähigkeit ab, sich den Wetter- und Klimaveränderungen anzugleichen. Bei der Beobachtung von Sonne, Wind und Regen mussten sich die Menschen lange Zeit auf ihre eigenen Erfahrungen und überliefertes Wissen verlassen. Die Entwicklung erster meteorologischer Messgeräte und die damit verbundenen neuen Erkenntnisse unterstützten die Versuche des Menschen, sich vor dem launenhaften Charakter des Wetters zu schützen:

„Auf den mühsamen und vielfach verschlungenen Wegen vom Wetteraberglauben zur Wetterforschung stand seit dem Entstehen der Meteorologie [...] das Ziel, das Bleibende im Wandel der atmosphärischen Erscheinungen zu erkennen und die Naturgesetze zu entschleiern“ (KÖRBER 1987: 7).

In Kapitel 2 folgen nun eine Einführung zum Wetter (Kap. 2.1)sowie die Darstellung seiner Bedeutung für den Menschen (Kap. 2.2). Dem schließt sich Kapitel 2.3 an, das sich in drei chronologisch gegliederten Abschnitten (2.3.1 bis 2.3.3) der historischen Entwicklung meteorologischer Kommunikation widmet. Kapitel 2.4 widmet sich der Gattung Wetterbericht als der medialen Schnittstelle zwischen Mensch und Wetter, wobei die Abschnitte 2.4.1 bis 2.4.3 auf allgemeine Charakteristika, Textsorte und Sprache sowie die Produktionsweise eingehen. Abschließend geht Abschnitt 2.4.4 auf die Wettersendungen der hier untersuchten TV-Sender ein.

2.1 Das Wetter – eine Einführung

Der meteorologische Begriff „Wetter“ ist definiert als der „Zustand der Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einem bestimmten Ort, der in Gestalt von Sonnenschein, Regen, Wind, Wärme, Kälte, Bewölkung o.ä. in Erscheinung tritt“ (BROCKHAUS 1995: 3907). Die dem Themenbereich Wetter zugehörige „Witterung“ ist hingegen das „Wetter während eines bestimmten Zeitraums“ (BROCKHAUS 1995: 3941). Das Klima wiederum wird im Brockhaus (1995: 1881) beschrieben als „für ein bestimmtes geographisches Gebiet typischer jährlicher Ablauf der Witterung“.

Vereinfacht gesagt ist Wetter „der Zustand der Atmosphäre zu einer gegebenen Zeit und an einem bestimmten Ort“ (CASTI 1992: 110) und Klima „das durchschnittliche Wetter in einer Region bezogen auf einen langen Zeitraum“ (ebd.). Für den Wetterbericht spielt die Klimakunde keine große Rolle, da sie „langfristige Zyklen herstellt, [...] die nicht unmittelbar erlebbar und darum für die alltägliche Lebenspraxis weniger wichtig sind“ (SCHMAUKS 1996: 37). Manche Wetterphänomene können dem Menschen ab einer bestimmten Intensität gefährlich werden, deshalb, so Schmauks, „bezeichnet ,Wetter‘ nur das Verhalten von Wetterelementen innerhalb gewisser Grenzen. Übersteigen die Effekte ein bestimmtes Maß, so sprechen wir von ,Wetter-‘ oder allgemeiner von ,Naturkatastrophen‘, obwohl die physikalischen Ursachen gleich sind“ (SCHMAUKS 1996: 37).

Der Begriff „Wetter“ hat sowohl eine fachwissenschaftliche als auch eine alltägliche Dimension. Es gehört zu den Aufgaben der Massenmedien, die von Meteorologen[4] erstellten, komplizierten Wetterinformationen für das Publikum verständlich zu übersetzen. Die Schnittmenge beider Dimensionen beinhaltet einige Wetterelemente der Erdatmosphäre, die für den Menschen sensorisch direkt wahrnehmbar sind und die von den Messstationen der Meteorologen regelmäßig erfasst werden. Dazu zählen Art und Ausmaß der Bewölkung, Sichtweite, Windstärke und -richtung, Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschlag. Von nachrangiger Bedeutung sind für die Wetterkunde Phänomene wie auffällige Himmelsfarben oder Lichterscheinungen am Firmament, beispielsweise Regenbögen, Polarlicht, Abend- oder Morgenrot, Wetterleuchten und Höfe um den Mond (vgl. SCHMAUKS 1996: 36).

Der Entstehung und den Veränderungen von Wetterphänomenen auf der Erde liegt das einfache Prinzip zu Grunde, dass die Natur stets für eine gleichmäßige Energieverteilung sorgt. Alle vertrauten Wetteraspekte wie Windgeschwindigkeit, Temperatur und Niederschläge basieren damit auf demselben Grundprinzip. Das Weltwetter kann verglichen werden mit dem Produkt einer Maschine, die im ständigen Bemühen, die in der Atmosphäre vorhandene Energie gleichmäßig zu verteilen, diese Energie von einem Ort zum anderen transportiert (vgl. CASTI 1992: 101). Die Strahlen der Sonne sind der Energielieferant, der Motor der imaginären Maschine.

Schmauks (1996: 37) stellt zwei Merkmale des Wetters in unseren Breiten heraus: zum einen den permanenten, zum anderen den unvorhersehbaren Wechsel des Wetters. Eine hundertprozentig präzise Vorhersage wird es deshalb – allen wissenschaftlichen Fortschritten zum Trotz – vermutlich nie geben. Außerdem weist Schmauks (1996: 73) auf den chaotischen Anteil im Wetterverlauf hin, den selbst modernste Methoden nicht messen können, so dass im Ergebnis jeder technische Fortschritt die Unberechenbarkeit des Wetters nicht abgeschafft, sondern eher noch bestätigt hat. Dieser wetterwendische Charakter ist es, der Meteorologen vor täglich neue Herausforderungen stellt. Die Meteorologie setzt alles daran, das Wetter in seinem chronologischen Ablauf zu kontrollieren, denn „ [...] plus que tout autre science, elle cherche à prévoir le futur en collectant en permanence des informations sur le présent, voire sur le passé“ (VIALLON/JANNET 1997: 3).

2.2 Die Bedeutung des Wetters für den Menschen

Der Mensch ist – wie alle Lebewesen – als Bestandteil der natürlichen Umwelt wetterabhängig. Extreme Witterungsbedingungen, Gewitter oder wetterbedingte Katastrophen wie Überschwemmungen und Dürren können den Menschen und seinen Lebensraum gefährden. Extremtemperaturen wie starker Hitze oder Kälte hält der menschliche Organismus ohne entsprechenden Schutz nicht lange stand. Ludes konstatiert diesbezüglich: „Für ihr Überleben sind menschliche Gruppierungen darauf angewiesen, kontinuierlich Informationen über ihre Lebenswelt zu erhalten“ (LUDES 1993: 3). Die Ansprüche an Schutzmaßnahmen wie Wohnung und Kleidung gestalten sich in Abhängigkeit von den Klimabedingungen des Wohnortes.

Das Wetter ist die Grundlage für Existenz und Leben. Die Erträge in Land-, Vieh- und Forstwirtschaft, Handel und Verkehr sind extrem von den herrschenden Wetterverhältnissen beeinflusst. Die kluge Deutung der Geschehnisse am Himmel konnte einst über volle Kornspeicher oder Hungersnöte entscheiden: „Da das Wetter je nach Region mehr oder weniger starken Wechseln unterzogen ist und wir in vielfacher Weise von ihm abhängen, besteht seit Menschengedenken das Bedürfnis nach einer oft überlebenswichtigen Wettervorhersage“ (SETTEKORN 1999: 13). Historische Umbrüche wie die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert schufen neue Ansprüche:

„Die fortschreitende ökonomische Entwicklung [...] forderte eine genauere Berücksichtigung der Witterungsbedingungen und damit zum Beispiel den Aufbau von Sturmwarnsystemen und die Bereitstellung von Klimadaten [...].“ (KÖRBER 1987: 200).

Das Wetter geschieht permanent, wirkt überall und ist für jeden jederzeit fühlbar, wodurch es in der alltäglichen Wahrnehmung breiten Raum einnimmt. Dies und die wechselhafte, unberechenbare Natur des Wetters machen es, wie Settekorn ausführt,

„[...] zu einem geradezu idealen Gegenstand der Alltags- und Massenkommunikation. Wie in wenigen anderen Bereichen kann die Kommunikation beim Wetter unterschiedslos an die unmittelbare Alltagserfahrung aller anknüpfen, und das rund um den Globus. [...] Wetter geht durch die Haut, schlägt aufs Gemüt oder stimmt uns heiter; es ist gesund oder ungesund; bei manchen kündigt sich ein Wetterwechsel spürbar an Wund- oder OP-Narben an; bei Föhnlage steigt in betroffenen Gebieten regelmäßig die Selbstmordrate, und weil Millionen sich auf die Suche nach ganz bestimmten Wetterlagen machen, ist es Quintessenz einer weltumspannenden Tourismusbranche“ (SETTEKORN 1999: 12f.).

Wie wird das Wetter? Aus mehreren Gründen hat die Sensibilität hinsichtlich des Wetters im 21. Jahrhundert in vielen Lebensbereichen zugenommen. Das heutige Leben in technisierten Gesellschaften ist von einer Vielzahl empfindlicher und dadurch störungsanfälliger Geräte geprägt. Die Menschen leben weit weniger im Einklang mit der Natur als in vergangenen Zeiten; angesichts des enormen Zeit-, Termin- und Leistungsdrucks wird das Wetter oft als Produktivitätsbremse und lästiger Unsicherheitsfaktor wahrgenommen. Immer öfter konterkarieren extreme Wetterkapriolen die Anstrengungen des Menschen, seine Umwelt zu kontrollieren. Die aus den USA bekannten Hurrikane gibt es in Deutschland zwar nicht, dennoch haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass auch bei uns Dürre, Überschwemmungen und Orkane keine Ausnahme mehr sind:

„Wetter und Klima stehen immer stärker im Fokus der Öffentlichkeit, aber auch der Medien. Unwetter wie das Schneechaos im Münsterland, das Jahrhunderthochwasser in Ostdeutschland oder auch der Hitzesommer 2003 zeigen, wie groß der Einfluß des Wetters auf Wirtschaft und Gesellschaft sein kann. Das weckt Interesse an sachlichen, aber auch unterhaltenden Informationen über die Ursachen von Stürmen, Überschwemmungen oder des Klimawandels“ (DWD 2006: „DWD kooperiert mit Wettermagazin“).

Diese Beispiele verdeutlichen die nicht unwesentliche Verantwortung der Meteorologen, denn eine falsche Prognose kann Menschenleben kosten und die Volkswirtschaft durch Sachschäden in Millionenhöhe empfindlich treffen. Möglichst exakte Aussagen zum Wetterverlauf sind für viele Industriezweige, Berufs- und Nutzergruppen wichtige Voraussetzung für Planungssicherheit. Spezialwetterberichte versorgen zahlreiche witterungsabhängige Unternehmen und Institutionen, etwa die Baubranche, die Energiewirtschaft, den Tagebau, die Umwelt- und Versicherungsbranche oder den Tourismus mit detaillierten Vorhersagen. Das gesamte Verkehrswesen, vom Autoverkehr über Schiff- und Luftfahrt bis hin zur Eisenbahn, ist auf Wetterprognosen angewiesen, nicht zu vergessen der Katastrophenschutz, der eine immer bedeutendere Rolle spielt. In der Land- und Forstwirtschaft ist das Wetter zugleich Wachstums- und Arbeitswetter:

„Winzer und Gärtner stimmen ihre Saat-, Dünge-, Spritz- und Erntetermine ebenso mit lang- und kurzfristigen Wetterprognosen ab wie private, städtische oder staatliche Einrichtungen ihre Einsatzpläne für Streu- und Räumkolonnen. [...] Werbeagenturen richten ihre Fototermine nach Wettervorhersagen für oft eng begrenzte Gebiete“ (SETTEKORN 1999: 17f.).

Lebensmittelhersteller[5] und Supermarktketten liefern und ordern wetterempfindliche Ware in Abstimmung mit meteorologischen Vorhersagen. Zu den speziellen Nutzergruppen zählt auch die Armee, die sich in Hinblick auf militärische Strategien und Manöver für Wetterdaten interessiert. Die deutsche Bundeswehr unterhält einen eigenen Wetterdienst.

Neben diesen Wetterberichten für spezielle Nutzergruppen existieren in allen Medientypen zahlreiche Angebote, die sich an „ein geographisch nach lokalen, regionalen, nationalen, internationalen oder globalen Kriterien definiertes, allgemeines Publikum“ (SETTEKORN 1999: 17) wenden. Im Privatleben wird der Wetterbericht vor allem für die Urlaubs- und Freizeitplanung genutzt, und das nicht nur als Hilfestellung bei der Wahl zwischen Sonnenbrille und Regenschirm, Grillwürstchen oder Schlittschuh: Zum Service gehören heute die Wassertemperaturen der heimischen Gewässer, die Windverhältnisse an den Küsten und die Schneehöhen in Skigebieten. Je nach Region sind im Wetterbericht geografische Besonderheiten berücksichtigt. So können für Menschen in den Küstengebieten die Gezeiten, für Alpenbewohner die Schneefallgrenze und für Flußanrainer die Wasserstände wichtig sein. Nicht zuletzt ist für Großstadtmenschen „[...] das tägliche Wetter oft die letzte originale Naturerfahrung, da sie von anderen Naturphänomenen, etwa den jahreszeitlichen Vegetationsphasen, weitestgehend abgekoppelt sind“ (SCHMAUKS 1996: 38).

Demgegenüber steigt die Nachfrage nach diversen Umweltwerten: Angaben zum Allergie auslösenden Pollenflug oder Schadstoffwerten in der Luft gehören heute zum Standard der Wetterberichterstattung. Die Beschäftigung der Öffentlichkeit mit psychosomatischen Wetterwirkungen spiegelt das gestiegene Gesundheitsbewusstsein der Gesellschaft wider.

2.3 Historische Entwicklung meteorologischer Kommunikation

Modern, informativ und hochaktuell: Das Wetter gehört heute in allen Massenmedien zu den Basisinformationen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass das Thema immer schon Gegenstand zwischenmenschlicher Kommunikation war. Über Sonne, Wind und Regen sprach man lange vor der Existenz moderner Medien und dem Entstehen der Meteorologie als Wissenschaft. Den entscheidenden Anstoß für die einzelnen Entwicklungsschritte gaben stets historische Erfordernisse[6]. Die kulturelle und technische Dimension der Thematik illustriert im nächsten Teil der Arbeit die Entwicklung des Menschen vom schicksalergebenen Wetterkundler zum rationalen Forscher. Den Schluss des Kapitels bildet ein Überblick zur Wetterberichterstattung in den heutigen Massenmedien.

2.3.1 Wetteraberglauben - Donner und Dürre als göttliche Botschaft

„Als Ursachen für die vielfältigen Geschehnisse in der Natur, am Himmel und auf der Erde, glaubte man früher an das Walten der Götter und Dämonen, an den Einfluß von Gestirnen oder Omen, den günstigen oder ungünstigen Vorzeichen. Erst in einem langen Erkenntnisprozeß vollzog sich der Übergang vom Wetteraberglauben zur Wetterforschung, der eng mit ähnlichen Entwicklungsphasen anderer Naturwissenschaften [...] und mit dem Werden der Mathematik verknüpft ist. [...]“ (KÖRBER 1987: 7).

Der Glaube an die Existenz von Wetter-Gottheiten war im kollektiven Bewusstsein früher Kulturen fest verankert und wurde zunächst mündlich, später schriftlich, von Generation zu Generation weitergegeben. Settekorn bemerkt zum Wandel von Wettervorstellungen:

„[...] Die Beschreibung von Wetter [hat] in der europäischen Literatur eine lange religiöse und mythische Tradition, die bis weit in die Antike hinein reicht. Mit der Art, wie in Wort, Bild und Zahl über das Wetter berichtet und auf Wetterphänomene Bezug genommen wird, änderten sich auch die Vorstellungen vom Wechselspiel der Naturerscheinungen und ihrem Einfluß auf den Menschen, wandelten sich die Selbst- und Weltbilder der Gesellschaften und Kulturen. [...] Gottes- und Wettervorstellungen sind in diesen Konzeptionen untrennbar miteinander verbunden“ (SETTEKORN 1999: 45).

Mit einfachen Mitteln wie Sonnenuhr und Wetterfahne begann einst die Beobachtung von Wetterelementen. Berühmtes historisches Beispiel für die Erforschung undÜbermittlung von Wetterdaten ist das Athener „Horologion“ des Andronicus von Cyrrhus, genannt „Turm der Winde“; er dient als erstes Beispiel für die Systematisierung der Wettervorhersage. Die Ausrüstung des Turms aus weißem Marmor mit Sonnenuhr, Wasseruhr und Wetterfahne ermöglichte etwa die Verbindung der Zeit mit der Windrichtung. Von Andronicus` Erkenntnissen profitierten vorbeifahrende Seefahrer: Es ist überliefert, dass sie den Turm als eine Art Uferaushang konsultierten (vgl. CASTI 1992: 94). Zu den ersten Wetterphänomenen, die in historischen Quellen erwähnt sind, zählen gefährliche und beängstigende Ereignisse wie Sturm, Blitz und Hagel und deren Folgen. Settekorn konstatiert dazu:

„Neben dem normalen und alltäglichen Wetter standen damit von Anfang an die durch außergewöhnliche Wetterverhältnisse verursachten Katastrophen, deren Darstellung von der Oralität und Literalität an einen durchgängigen Medieninhalt bildet“ (SETTEKORN 1999: 15).

Die älteste, weltweit verbreitete Form der Weitergabe von Wetterwissen sind die so genannten Wetter- und Bauernregeln. In den kurzen, oft reimlosen Sprüchen vermengten unsere Vorfahren eigene Wetterbeobachtungen und Aberglauben. Körber beschreibt, dass in dieser „Volksmeteorologie“ die Wetterzeichen und die daraufhin normalerweise folgenden Wetterabläufe zu Sprüchen und Bauernregeln formuliert wurden, deren Weitergabe wegen der vielen Analphabeten meist mündlich geschah (vgl. KÖRBER 1987: 68). Die Sprüche waren wichtiges Element der sozialen Praxis aus und sind Beweis für die Notwendigkeit der Weitergabe von Wetterwissen; letztendlich zur Sicherstellung des Überlebens der Gattung (vgl. SETTEKORN 1999: 14). Bis heute sind Bauernregeln in den Medien präsent, haben Wettersprüche ihren Platz neben dem Satellitenfilm, wie Körber kritisch anmerkt:

„Die Anziehungskraft solcher gereimten und reimlosen Sprüche, die Erfahrungswissen, gemischt mit Aberglauben und Trivialitäten enthalten, reicht bis zur Gegenwart. Trotz der Einsicht, daß es sich vielfach um trügerische Weisheiten handelt, werden sie oft mündlich, aber auch schriftlich zitiert“ (KÖRBER 1987: 79).

Die frühe und weite Verbreitung der Wetterweisheiten liegt in ihrer Universalität begründet: Wer sie verstehen wollte, musste weder lesen können noch die lateinische Sprache beherrschen. Die Wetterregeln erschienen, so Körber, bald in den ersten Volksbüchern, den so genannten Wetter- und Bauernpraktiken,

„[...] in denen kalenderartige Zusammenstellungen mit Hinweisen auf die durchzuführenden landwirtschaftlichen Arbeiten und auf die dazu günstigen Witterungsperioden [...] enthalten sind. [...] Diese Wetterschriften, zunächst als Handschriften, dann als Einblattdrucke oder Flugschriften und schließlich als Wetterbüchlein veröffentlicht, wurden mit dem aufkommenden Buchdruck als ,Hausbücher‘ und ,Hauskalender‘ bald unentbehrlich. Neben dem Erfahrungswissen enthielten sie viel Unglaubwürdiges über den Ablauf der atmosphärischen Vorgänge, das aus der Vorherrschaft der astrometeorologischen Deutungen des Wetteraberglaubens, resultiert“ (KÖRBER 1987: 74).

Die Verlässlichkeit dieser Wetterprognosen war dementsprechend gering. Das hierzulande prominenteste Werk unter den Wetterkalendern ist der „Hundertjährige Kalender“ des Abts Dr. Mauritius Knauer (1612-1664). Der Kalender war in vielen Haushalten des gesamten deutschen Sprachgebiets zu finden. Bis 1860 erlebte er über 180 Auflagen und avancierte damit zum Bestseller des 18. Jahrhunderts. (vgl. KÖRBER 1987: 80).

In offiziellen Quellen wie den Aufzeichnungen von Stadt- oder Geschichtsschreibern waren Wetterereignisse zunächst nur am Rande erwähnt. Eigenständige Wetterchroniken „[...] reichen in Europa [...] bis in die Zeiten der Christianisierung zurück“ (KÖRBER 1987: 100). Bei diesen ältesten Wetterannalen handelte es sich jedoch wohl eher um Einzelwerke, breite Verwendung fanden sie erst im Mittelalter. Das erste Schriftstück, das als „wissenschaftlich“ bezeichnet werden kann, war Aristoteles` „Meteorologica“. Dieses Werk aus der Antike war allerdings für lange Zeit die große Ausnahme und diente inhaltlich noch bis ins Mittelalter hinein als Vorlage für meteorologische Abhandlungen:

„Dieses Buch, dem der moderne Begriff Meteorologie entstammt (aus dem griechischen Wort ,meteoron‘, das ,etwas vom Himmel Gefallenes‘ bedeutet), befasste sich mit einer Vielzahl astronomischer, geologischer und ozeanographischer Fragen“ (CASTI 1992: 94).

Mit dem durch die Erfindung der beweglichen Lettern revolutionierten Buchdruck setzte die Massenkommunikation ein. Wetterphänomene und -katastrophen blieben ein populäres Thema, wie Settekorn beschreibt:

„‚Weather sells‘, mag die Überzeugung derer gewesen sein, die auf Einblattdrucken [...] regelmäßig mit oft gleichen Bildern wie sprachlichen Stereotypen über Wetterphänomene und Wetterkatastrophen berichteten [...]. Die alltägliche, unmittelbare Wahrnehmung von Wetter und Wettererscheinungen wurde so durch den medialen Bericht über die unerhörten Katastrophen ergänzt und verstärkt“ (SETTEKORN 1999: 15).

Vor allem bei Einblattdrucken waren die sensationsbetonten Inhalte fast immer mit lithographischen Darstellungen der „grausamb und erschröcklich wunderzeychen“ (KÖRBER 1987: 93) illustriert. Trotz regelmäßiger Berichte über Wetterereignisse änderte sich an deren wenig wissenschaftlicher Deutung nichts. So blieb die Wetterkunde viele Jahrhunderte lang von religiösen und astrologischen Vorstellungen beeinflusst und größtenteils bestimmte eine abergläubische Erwartungshaltung der Menschen die Wetterprognose.

2.3.2 Wetterforschung – mit Messung und Experiment zur Meteorologie

Mit der modernen Wetterforschung wandelten sich die abergläubischen Berichte über das Wetterunbill zu einer seriösen Berichterstattung von weit wissenschaftlicherem Charakter. Zwar besitzen wetterbedingte Katastrophen und bizarre Naturschauspiele bis heute einen hohen Nachrichtenwert[7], haben aber nach modernem Verständnis thematisch nichts mit dem Wetterbericht zu tun. Das Umdenken begann, als die Ursachen für Wetterereignisse nicht länger in den Sternen oder bei den Göttern gesucht wurden: „In der mittelalterlichen Naturlehre gewannen [...] Messung und Experiment mehr und mehr an Bedeutung“ (KÖRBER 1987: 104). Dank der Erfindung erster wetterkundlicher Messinstrumente erreichte man in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine neue Erkenntnisstufe, auf der die bisherigen Ansichten über den schicksalhaften Charakter des Wetters in Frage gestellt und kritisch überprüft wurden. Thermometer, Barometer und Hygrometer ermöglichten Versuchsreihen, die wissenschaftliche Rückschlüsse auf das Zusammenspiel der Wetterelemente erlaubten. Daneben begann die länderübergreifende Zusammenarbeit:

„Wetter macht nicht an Ländergrenzen halt, dies erkannte man auch schon damals. Entsprechend wurde das erste internationale Mess- und Beobachtungsnetz bereits 1781 durch die ,Societas Meteorologica Palatina‘ unter der Schirmherrschaft des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz gegründet. Das Netz umfasste 39 Messstationen in ganz Europa, die erstmals nach einheitlichen Vorschriften arbeiteten“ (WALCH/FRATER 2004: 170).

Am 16. Februar 1876 erschien die erste „Tägliche Wetterkarte“; dieses Datum markiert die Einführung der synoptischen, also gleichzeitigen Analyse des Wetterverlaufs[8] (vgl. DWD 2001: „125 Jahre Tägliche Wetterkarte“). Ohne die Erfindung meteorologischer Instrumente und ohne die immer schnellere Datenübermittlung würde es den Wetterbericht in seiner heutigen Form nicht geben. Die Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit der Geräte optimierte sich, parallel dazu war man bemüht, Wetterdaten aus immer größerer Höhe[9] zu gewinnen. Weitere Meilensteine bei der Erforschung des Weltwetters sind der Einsatz des Wetterradars ab 1950 und der Start des ersten Wettersatelliten im Jahr 1960.

Maßgeblich war neben der Erhebung der wertvollen Daten ihre möglichst schnelle Übermittlung. Denn erst die prompte Auswertung und der Vergleich des Materials erlaubten Rückschlüsse auf die weitere Wetterentwicklung und ermöglichten die Erstellung von Prognosen. Bei den ersten Beobachtungsnetzen in Europa wurden die Daten noch mühsam und zeitraubend erst mit Postkutschen und Kurierreitern, später mit der Eisenbahn zusammengetragen. Settekorn resümiert den historischen Ablauf folgendermaßen: Die in späteren Jahren eingesetzten Kommunikationstechniken

„[...] wie Telegraph, Telephon, Radio, Flugwesen, aber besonders [...] Computer und Satelliten werden in vielen fachgeschichtlichen Darstellungen wegen ihrer telematischen Kapazitäten zur Erhebung, Übermittlung, Berechnung und Darstellung meteorologischer Daten als Meilensteine in der Entwicklung der Disziplin präsentiert. Was alltäglich in den Wetterberichten von Zeitung, Rundfunk und Fernsehen [...] vermittelt wird, enthält in Form und Inhalt wichtige Merkmale dieser Entwicklung. An die Stelle allgemeiner und zumeist wohl auch recht ungenauer Wetterweisheiten sind infographisch durchgestylte, von Computern animierte, von Menschen moderierte Informationen getreten [...]“ (SETTEKORN 1999: 77).

2.3.3 Wetter für Massen – Berichterstattung in modernen Medien

Parallel zur Medienvielfalt erhöhte sich die Geschwindigkeit, mit der Mitteilungen verbreitet wurden. Entsprechend vervielfachte sich der Personenkreis, den über eine wachsende Zahl von Informationskanälen Neuigkeiten erreichten. Die ersten Ansätze massenmedialer Kommunikation entfalteten sich durch die Wechselwirkung zwischen der drucktechnischen Revolution einerseits und der Alphabetisierung breiter Bevölkerungsteile andererseits. Mast unterscheidet die „Individualkommunikation als direkte, persönliche Kommunikation“ (MAST 1998: 40) von der „Massenkommunikation als indirekte, technisch vermittelte Kommunikation [...], die hingegen immer öffentlich, d.h. prinzipiell für jeden zugänglich [ist] und sich an ein meist großes, anonymes und disperses Publikum [richtet]“ (ebd.). Zu Recht weist Mast auf den Bereich der Neuen Medien hin, in dem die Grenzen zwischen Individual- und Massenkommunikation teilweise verschwimmen, etwa bei Newsgroups im Internet (vgl. MAST 1998: 40).

Die in Tabelle 1 dargestellten Ergebnisse einer „Forsa“-Studie belegen, dass das Fernsehen mit 79% das Hauptmedium für die Nutzung von Wetterberichten ist, gefolgt vom Radio mit 73%. Deutlich weniger Menschen informieren sich in der Zeitung über das Wetter (27%), was vermutlich daran liegt, dass die Wetternachricht hier am wenigsten aktuell ist. Lediglich bei der Nutzung von Wetterberichten im Radio ergeben sich zwischen Ost- und Westdeutschland markante Unterschiede: 80% der ostdeutschen Bürger nutzen den Wetterbericht im Radio, nur 71% dagegen im Westen. Daneben ermittelt die Studie die Nutzungsintensität verschiedener Altersgruppen: Den Radiowetterbericht hört demnach mit 82% am häufigsten die Gruppe der unter 30-Jährigen, der TV-Wetterbericht findet sein Publikum mit 91% vor allem bei den über 60-Jährigen. Mit 32% sind es die Leser von 45 bis 59 Jahren, die den Zeitungswetterbericht am häufigsten nutzen.

Tabelle 1: Nutzung von Wetterberichten bei Radio, Fernsehen und Zeitung*

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

*Eigene Darstellung der „FORSA“-Studie zur Nutzung von Wetterberichten, zitiert nach Gafron (1999: 73). Befragt wurden 1008 Menschen im Bundesgebiet am 10. und 11. März 1998.

Neben Zeitung, Radio und Fernsehen verbreiten sich Wetterinformationen heute über zahlreiche andere Kommunikationswege, etwa per Telefon, sms-Kurznachricht („Short-message-service“), Teletext und Internet, per Fax oder als e-Mail. Hinsichtlich der vorliegenden Arbeit ist insbesondere das Fernsehen von Interesse, weshalb zum Abschluss der historischen Betrachtung der Entwicklungsprozess in diesem Medium geschildert wird.

Der Wetterbericht im Fernsehen

Die BBC in London strahlte 1936 als erster Fernsehsender eine Wetterkarte aus (vgl. SETTEKORN 1999: 22). In Deutschland zeichnete erstmals 1951 ein Meteorologe Wolken und Wettersysteme mit Kreide an eine Tafel. Im ZDF wurden später Sonne und Wolken aus Pappe abgefilmt, bis Magnetsymbole eingeführt wurden. Wetterkarten, die auf motorisierte Dreikantwände montiert waren, ließ der Wettersprecher auf Knopfdruck weiterlaufen. Der schulmeisterliche Zeigestab gehörte damals zur Grundausstattung (vgl. NEUDECKER 2002: „Sinnfreier Wetterflug“).

Je nach dem Stand der Technik experimentierte man in den Anfängen des Fernsehwetterberichts mit zahlreichen Versionen der Visualisierung. Obwohl die Radartechnologie die Visualisierung veränderte, präsentierte man die Wetternachrichten bis Ende der 60er Jahre auf handgefertigten Wandkarten. Die Wetterkarten wurden kontinuierlich um bestimmte Informationen erweitert, beispielsweise die Isobarenlinien. Die Bilder des ersten Wettersatelliten erschienen 1960 im US-Fernsehen. (vgl. SETTEKORN 1999: 22f.). Die Wetterberichte erfuhren im Laufe der Zeit auf inhaltlicher und gestalterischer Ebene eine immer deutlichere Steigerung, die im Computerzeitalter ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte:

„Schließlich kam das Zeitalter der Computeranimation. [...] Schwindelerregende Schwenks drehten das europäische Festland aus der extraterrestrischen Totalen ins leicht angeschrägte Profil, um dem Zuschauer die Temperaturen in den einzelnen Höhenstufen der Atmosphäre zu illustrieren“ (NEUDECKER 2002: „Sinnfreier Wetterflug“).

Als Pendant zu dem seit 1982 existierenden, US-amerikanischen Wettersender „The Weather Channel“ (TWC), betrieb die „Wetter- und Reise-TV GmbH“ ab Juni 1996 unter dem Namen „Der Wetterkanal“ ein reines Wetterprogramm. Im Januar 1998 wurde der Sendebetrieb wieder eingestellt, denn „einmal mehr zeigte sich, dass sich US-amerikanische Konzepte nicht so einfach auf die deutschen Verhältnisse übertragen lassen“ (DIGITALFERNSEHEN o.J.: „Der Wetterkanal“). Seit Oktober 2004 gibt es mit dem „Deutschen Wetter Fernsehen“ wieder einen Wettersender. Die „Wetter Fernsehen GmbH“ bietet ein 24-Stunden-Programm an, das allerdings nur kostenpflichtig über die zusätzlichen digitalen Pakete von „Kabel Deutschland“ zu empfangen ist.

2.4 Charakteristika des Wetterberichts

Die Charakterisierung des Wetterberichts in diesem Kapitel wird sich – im Hinblick auf den Forschungsgegenstand dieser Arbeit – hauptsächlich auf die Merkmale der TV-Wetterberichterstattung beziehen. Fernsehwetterberichte sind multimediale, aus verschiedenen Elementen zusammengesetzte Nachrichten, deren zentrales Element die Wetterkarte ist (vgl. SCHMAUKS 1996: 5). Das Fernsehen erzielt durch das Zusammenspiel von Bild und Ton beim Zuschauer eine intensivere Medienwirkung als etwa Zeitung oder Radio[10]. Trotz der Schwerpunktlegung auf den TV-Wetterbericht werden zur Veranschaulichung in dieser Arbeit teils Zitate angeführt, die sich zum Beispiel explizit auf den Wetterbericht in Zeitungen beziehen. Diese Verfahrensweise trägt dem Umstand Rechnung, dass Literatur zum Fernsehwetterbericht nur sehr spärlich vorhanden ist und deshalb vorhandenes Material zum Wetterbericht dankbar aufgegriffen wurde.

Einer allgemeinen Charakterisierung (Kap. 2.4.1) schließt sich Kapitel 2.4.2 („Textsorte und Sprache“) an. Dem Kapitel 2.4.3 („Produktionsweise“) folgt der Abschnitt 2.4.4 mit einer Darstellung der Wettersendungen der hier untersuchten Sender.

2.4.1 Allgemeine Kennzeichen

Seinen unterschiedlichen Inhalten, Funktionen und Wirkungen nach hat der Wetterbericht Elemente des Wissenschafts-, Nachrichten-, aber auch des Service- beziehungsweise Nutzwertjournalismus. Die Fakten des Wetterberichts beruhen auf Ergebnissen naturwissenschaftlicher Messungen und Berechnungen. In den Redaktionen werden die meteorologischen Basisdaten dann für die Leser, Hörer oder Zuschauer visuell, sprachlich und inhaltlich aufbereitet. Hier erhalten die Wetterinformationen je nach Medium und Zielgruppe ihren Service- und Nutzwertcharakter, der mehr oder weniger ausgeprägt sein kann. Die genannten Merkmale können dennoch weder von einer Einordnung in den Wissenschafts-, noch in den Nutzwertjournalismus überzeugen.

Für die Zuordnung des Wetterberichts zum Nachrichtengenre sprechen die Aktualität und Regelmäßigkeit, mit der über das Wetter berichtet wird, die charakteristische Informationsfunktion des Wetterberichts sowie seine Platzierung im unmittelbaren Umfeld der Nachrichten, die seine exponierte Stellung im täglichen Programmablauf bestätigt. Ein Hinweis auf die Richtigkeit dieser Einschätzung sind Studien zur Nachrichtenforschung[11], die den Wetterbericht als nachrichtliche Form definieren. Eine nähere Eingrenzung des Gegenstandes, wie Maurer sie vornimmt, ist als sinnvoll zu bewerten. Er beschreibt Wetterberichte, ebenso wie Sport oder Wirtschaft, als Nachrichtenangebote, „die nur auf einen bestimmten Themenbereich ausgerichtet sind“ (MAURER 2005: 76f.). Diese Spezialgebiete sind an den Nachrichtenblock gekoppelt, wobei Sport und Wetter traditionell den Abschluss bilden. Wie erwähnt, sind wissenschaftliche Aussagen zu Wetterberichten selten. Mit der Definition des Wetterberichts als Informationssendung sollen deshalb die im Folgenden für Nachrichtensendungen getroffenen Aussagen auch für Wetterberichte gelten.

Fernsehen setzt Zeitmarken[12], insbesondere serielle Programme mit zyklischem Charakter, die an festen Sendeplätzen verankert sind. Nachrichten und Wetterberichte sind solche Sendungen, die aus dem Programmkontinuum herausragen. Ihr Kennzeichen, so Neverla, ist, dass bei ihrer Rezeption Paralleltätigkeiten oft zurücktreten und den Rezipienten die Sendeplätze meist geläufig sind (vgl. NEVERLA 1992: 208). Durch die regelmäßige Ausstrahlung entsteht für das Publikum ein hoher Grad an Erwartbarkeit; dies macht Nachrichten wie Wetterberichte zu fixen Koordinaten im Tagesablauf der Menschen[13]. Nach Schmauks erfüllen Wettersendungen beim Rezipienten „[...] vorhandene Orientierungsbedürfnisse [...] und müssen daher seine Aufmerksamkeit nicht erst erzeugen. Ein Gegenbeispiel sind Werbeanzeigen, die den Blick [...] erst fesseln müssen“ (SCHMAUKS 1996: 55).

Die Beliebtheit des Wetterberichts bei einem Millionenpublikum hat einen weiteren psychologischen Grund, den Medienforscher Leder erläutert: „Die normalen Nachrichten sind immer sehr abstrakt, [...] das Wetter im Fernsehen ist das Einzige, was jeder überprüfen kann, wo jeder kompetent ist“ (SCHNABEL/DRÖSSER 2002: „Fasziniert vom Wetterporno“). Der Zuschauer muss allerdings die eigene Position auf der Karte verorten können. In ihrem geografischen Bezug sind die Wetterkarten der deutschen TV-Sender ähnlich:

„[...] Als geographisches Gebiet [wird] Deutschland, Europa, der Nahe Osten und Nordafrika abgehandelt, gelegentlich andere Erdteile. Dies ist ein wesentlicher Punkt, denn durch die vermehrte Reisetätigkeit ist längst nicht nur Deutschland das einzige Land, für das Wetterberichte gemacht werden“ (NIEDEK 1996: „Grundlagen“).

Wetterberichte erfüllen verschiedene Identifikationsfunktionen. Settekorn etwa hat Wetterkarten untersucht und herausgefunden, dass sie Räume, Ländergrenzen und Regionen definieren, spezifische Weltbilder und Weltsichten vermitteln und demzufolge eine wichtige kognitive und Identität stiftende Funktion haben (vgl. SETTEKORN 1999: 18)[14]. Eine weitere Identifikationsfunktion erfüllen die Wetterberichte zu Gunsten der Sender:

„Sie prägen deren Erscheinung und deren Identität maßgeblich und signalisieren Autorität, Glaubwürdigkeit und Seriosität des gesamten Programms. Schon ihre Sendezeit indiziert die Bedeutung der Hauptnachrichten und ihrer Wetterberichte für die ‚corporate identity‘ jedes Senders“ (TRÜMPER/EIGENWALD 1999: 225).

Die innere Struktur von Wetterberichten erfolgt in der Regel chronologisch nach den Aspekten „Wetter heute“, „Wetter morgen“ und „Aussichten für die nächsten Tage“. Die Visualisierung der Informationen erfolgt mit Wetterkarten, auf denen anhand von Wettersymbolen die aktuellen Witterungsbedingungen und die Prognosen dargestellt sind. Wetterberichte, die das Weltwetter präsentieren (zum Beispiel „CNN International“, „EuroNews“), überwinden räumliche und politische Grenzen sowie unterschiedliche Zeitzonen (vgl. SETTEKORN 1999: 27f.). Jasse erklärt, dass zum Verständnis der meteorologischen Fakten Kenntnisse über physikalische Zusammenhänge notwendig sind, „[...] und zwar a) was den Zustand der Erdatmosphäre betrifft, b) die energetischen Prozesse, die auf sie einwirken und c) den Einfluß der Erdrotation. Für die Meteorologie kann festgehalten werden, daß die Erwähnung von ein bis drei Luftdruckgebieten [...] zu jedem Wetterbericht gehört“ (JASSE 1984: 49).

2.4.2 Textsorte und Sprache

Angesichts seiner naturwissenschaftlichen Grundlage war der Sprachstil des Wetterberichts bis vor noch nicht allzu langer Zeit ausschließlich informativ-objektiv. Durch die Veränderungen in der Medienlandschaft kam ein neuer Zeitgeist auf, der die Präsentationsweise vieler Wetternachrichten veränderte. Bei vielen der neu konzeptionierten Sendungen wurde die wissenschaftlich-nüchterne Sprache durch den persönlich-subjektiven Sprachstil einer neuen Generation von Wettermoderatoren ersetzt. Auffallend ist, dass nicht nur bei den Sprechern, sondern auch bei den Zuschauern ein Rollenwechsel stattgefunden hat. Bei früheren Wetterberichten war die Haltung gegenüber dem Zuschauer zurückhaltend-neutral, eine Interaktion war undenkbar. Heute wird das Publikum ermutigt, seine passive Haltung aufzugeben und sich – wenn auch in beschränktem Maße – am Wetterbericht zu beteiligen[15].

Mit zunehmender Unterhaltungstendenz im Fernsehen versuchte man auch bei Wettersendungen, dem Publikum gegenüber Vertrautheit und Nähe zu schaffen. Die Person des Sprechers nimmt hier eine Schlüsselposition ein, da er diesen Effekt aktiv steuern kann. Aus dem neutral-objektiven Wettersprecher wurde bei vielen Fernsehsendern ein subjektiv-wertender Moderator, der sich als Persönlichkeit in die Sendung einbringt und damit die Zuschauer emotional zu binden vermag. Erfolg versprechend sind hierbei Faktoren wie die bewußte Begrüßung und Verabschiedung, diverse sprachliche Mittel der Emotionalisierung, wertende Äußerungen des Sprechers sowie die direkte Ansprache des Zuschauers.

Wie schon bei der Genrebestimmung, so kommen auch bei der Textsortenzuordnung des Wetterberichts mehrere Möglichkeiten in Betracht. So nennt Schmauks die Gruppe der „alltagsgebräuchlichen Textsorten“[16] (SCHMAUKS 1996: 78f.) und schlägt im Hinblick auf die vielen möglichen Präsentationsformen vor, „[...] daß Wetterberichte eine ganze Familie von Textsorten sind, die je nach Printmedium in spezifischer Weise realisiert werden“ (ebd.). Aus linguistischer Sicht definiert Schmauks die textuellen Wetterberichte als „[...] Beispiel für restringierte Fachsprachen: ein relativ kleiner Objektbereich wird in standardisierter Weise dargestellt, wobei nur wenige syntaktische Variationen auftreten“ (SCHMAUKS 1996:4).

Die Hauptfunktion von Wetterberichten liegt in der Vermittlung der aktuellen Wetterlage, insofern gehören sie zur Textsorte „Nachricht“, wie Trümper/Eigenwald festlegen:

„Mit ihrem Hauptziel, meteorologische Sachverhalte darzustellen, zählen sie zu den mehr auf Information als auf Unterhaltung [...] zielenden Textsorten. Im Vordergrund steht die Faktizität der Aussagen, nicht deren Bewertung“ (TRÜMPER/EIGENWALD 1999: 225).

Hinsichtlich der Verständlichkeit von Wetterberichten macht Winter zu Recht darauf aufmerksam, dass „[...] für eine Sendung, die Informationen vermitteln will, das Problem [besteht], dass die Rezipienten sich im Hinblick auf Vorwissen, Interessen und Verarbeitungskapazität unterscheiden“ (WINTER 1982: 18). Die Redaktionen passen also die Sprache der Wetterberichte dem vermuteten Kenntnisstand der Zielgruppe an[17]. Da sich das Publikum der Massenmedien nicht aus Wetterexperten zusammensetzt, sind allgemein verständliche Texte essenziell[18]. Die Fach- muss in die Alltagssprache übersetzt werden, ohne dass die Faktenbasis ihre Richtigkeit verliert. Konkrete Lösungsansätze liefert Schmauks:

„Lexikalische Verständlichkeit wird durch das Vermeiden von Fachausdrücken hergestellt, syntaktische durch kurze Sätze mit wenig Einbettungen. Zu den semantischen Parametern zählt die

Präzision der Aussagen. Meßwerte sind nominal ausdrückbar (mild, Frost) oder quantitativ, wobei der Wert sprachlich oder numerisch wiedergegeben wird (acht Grad)“ (SCHMAUKS 1996: 79).

Der meteorologische Wortschatz ist klar eingegrenzt und dennoch umfangreich. Syntaktische Eigenheit des Wetterberichts ist der Telegrammstil, bei dem die wichtigsten Fakten nach einem standardisierten Baukastensystem in Form von Ellipsen zusammengestellt sind. Dieser Aufbau in knappen Sätzen ohne Verb ist heute fast nur noch bei kurzen Übersichten zu finden. Für die moderne Verpackung der meteorologischen Kernaussagen steht den Redaktionen, so Schmauks, ein breites Spektrum sprachlicher Gestaltungsmittel zur Verfügung, wobei das Endprodukt auf einer Skala von „rational“ bis „emotional“ oder von „darstellend“ bis „bewertend“ beliebige Positionen einnehmen kann. Speziell der Prognoseteil trägt oft subjektive Züge, weil der Wettersprecher durch die Verwendung explizit modaler Ausdrücke wie ‚am Wochenende wahrscheinlich sonnig‘ oder implizite wie ‚Schauerneigung‘ seine eigenen Vorhersagen bewertet. (vgl. SCHMAUKS 1996: 78). Generell hängt die Wahl der sprachlichen Mittel vom Medium und der anvisierten Zielgruppe ab. Schmauks geht auf die die Effekte einzelner Gestaltungsmöglichkeiten ein:

„Fachwissenschaftliche Wetterberichte sind rein rational, sie wenden sich in sachlichem Stil an den Verstand des Rezipienten. [...] Emotionale und bewertende Aussagen beziehen sich auf die erlebnismäßige Seite des Wetters. Sie treten vor allem in der Boulevardpresse auf, wo die assertive Funktion von anderen Sprechakttypen überlagert wird. Direktive fordern den Leser zu Handlungen auf, die ihn vor der Witterung schützen (,Nehmen Sie Ihren Schirm mit!‘). Expressive drücken Emotionen und Einstellungen des Sprechers aus, vor allem durch Modaladverbien (,leider‘, ,glücklicherweise‘) und Temporaladverbien mit modaler Komponente (,immer noch‘, ,schon wieder‘). Auch sichtneutrale Angaben wie ,31 Grad‘ sind in bewertende transformierbar, und zwar in negative (,Bullenhitze‘) oder positive (,Bilderbuchwetter‘)“ (SCHMAUKS 1996: 55).

Inhaltlich bilden die Position und die Bewegungsrichtung von Luftdruckgebieten[19] sowie deren Auswirkungen vor Ort den Kern der Wetterberichte. Das Wettergeschehen unterliegt im Verlauf eines Kalenderjahres einem bestimmten Zyklus, flankiert von einem gleich bleibenden Kontingent an Wetterphänomenen, die für unseren Breitengrad charakteristisch sind und saisonal variieren. Jasse resümiert, dass „statische Verben und Bewegungsverben [...] den Löwenanteil des Verbmaterials [stellen]. Raumkonzepte und Wegbeschreibungen sind besonders charakteristisch für diese Textklasse“ (JASSE 1984: 185). Der Durchzug der Luftdruckgebiete dauert meist einige Tage: „Aufeinanderfolgende Wetterberichte haben also immer gemeinsame Referenten. Rückverweisende Textreferenz – deiktisch wie ‚die gestrige Vorhersage‘ – tritt jedoch nicht auf“ (SCHMAUKS 1996: 78). Schmauks fasst weitere Eigenheiten der Sprache in Wetterberichten zusammen:

„Der eingeschränkte Diskursbereich bewirkt lexikalische Restriktionen. Die Nomen bezeichnen Elemente der Topographie (‚Gebirge‘), der Meteorologie (‚Warmfront‘) und Zeiteinheiten mittlerer Größe (Vormittag, Tag, Woche). Eigennamen sind in der Topographie häufig (Nordsee) und selten bzgl. Zeiteinheiten (Ostersonntag); von den meteorologischen Objekten werden nur Drucksysteme benannt (‚Vivien‘). Die syntaktischen Restriktionen betreffen etwa die Satzform: da Wetterberichte zur Textsorte Nachricht zählen, bestehen sie vor allem aus Aussagen. [...] Sie treten in allen Zeitformen auf, da es um die Beschreibung von Prozessen geht“ (SCHMAUKS 1996: 78).

2.4.3 Produktionsweise

Der moderne TV-Wetterbericht ist ein Produkt, dessen Herstellung zahlreiche Arbeitsschritte erfordert; von der Sammlung und Weiterverarbeitung der Rohdaten bis zu ihrer Präsentation auf dem Bildschirm. Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht lassen sich drei Hauptinstanzen unterscheiden, die die Wetterdaten bis zur Rezeption durchlaufen: erstens die meteorologischen Institute als Primärkommunikator, zweitens die Massenmedien als Hauptkommunikator, drittens das Publikum als Nutzer der Information (vgl. SETTEKORN 1999: 16). Die Übersetzung meteorologischer Termini in verständliche Informationen ist Aufgabe der den Medien zuarbeitenden Meteorologen und des Wettersprechers, der „als Mittler zwischen Wissenschaft und Zuschauern eine wichtige Kommunikationsrolle zu spielen [hat]“ (NIEDEK 1996: „Der Fernsehwetterbericht“).

Basis jeder Information über die Wetterlage sind Rohdaten, die eine Momentaufnahme der sich in ständigem Wandel befindlichen Erdatmosphäre zeigen. Die Daten stammen aus einem Welt umspannenden, durch internationale Vereinbarungen gesicherten Netz von Messstationen staatlicher, öffentlich-rechtlicher und privater Institute[20]. Das Messnetz besteht weltweit aus rund 12.000 Bodenwetterstationen sowie zahlreichen mobilen Messstationen wie Satelliten, Driftbojen und Wetterballons, daneben Schiffen, Bohrinseln und Flugzeugen, die mit meteorologischen Geräten ausgestattet sind. Zu den Hauptterminen um 0, 6, 12 und 18 Uhr Universalzeit werden in einem immensen Aufwand rund um die Welt Wetterdaten gesammelt (vgl. WALCH/FRATER 2004: 170), die dann die dreidimensionale Beurteilung des Wetters ermöglichen. Zur Berechnung unterteilen die verschiedenen Wettermodelle die Erdatmosphäre in ein Gitter von Raumelementen, deren Zustand von sieben Größen (Temperatur, Dichte, Luftdruck, Feuchte und drei Windkomponenten) beschrieben wird. Eine hydrodynamische Gleichung berechnet schließlich die Veränderung der Elemente im Zeitverlauf.

Die Rohdaten werden vor dem weltweiten Austausch nach einem global einheitlichen System verschlüsselt und in international gültige Wettersymbole übersetzt. Das Material wird in den Wetterzentralen gesichtet, interpretiert, archiviert und für die unterschiedlichen Anwendungsbereiche aufbereitet. Für die Verarbeitung des enormen Datenumfangs sind eine unvorstellbare Anzahl an Rechenschritten[21] und, wie Hürter verdeutlicht, „[...] entsprechende Rechenkapazitäten notwendig: Viele der vorderen Ränge der Top-500-Liste der Supercomputer sind von Anlagen staatlicher Wetterdienste besetzt – an vorderster Front auf Platz 18 der IBM-Rechner der chinesischen Wetterbehörde [...]“ (HÜRTER 2005: „Wetter nach Maß“).

Die technologische Beschleunigung des 20. Jahrhunderts erhöhte nicht nur die Treffsicherheit der Vorhersagen, sondern führte zur immer raffinierteren Präsentation der Wetterinformationen. Für die in der Medienbranche beschäftigten Wetterexperten macht diese Entwicklung neben einer fundierten meteorologischen Ausbildung in zunehmendem Maße Kenntnisse in der mediengerechten Umsetzung der Wetterinformationen erforderlich. Gerade der Fernsehwetterbericht mit seinem multimedialen Charakter stellt eine Herausforderung dar. Für die Gestaltung steht ein komplexes Medienrepertoire zur Verfügung:

„Aufgrund der audiovisuellen Übertragung wird die gesprochene Sprache immer von nonverbalen Phänomenen begleitet, die geschulte Sprecher intentional produzieren. Die Mimik drückt [...] Emotionen aus und kann daher affektive Übereinstimmung mit den Zuschauern konstituieren, etwa gemeinsame Freude über eine beständige Schönwetterphase. Illustrative Gesten auf der Karte ergänzen die sprachliche Information [...]. Die [...] nichtsprachlichen Medien haben komplementäre Funktion. Ein Satellitenfilm [...] stellt die aktuelle Gesamtwetterlage anschaulich dar. Die [...] Darstellung einzelner Wetterelemente leisten danach Karten, die zunehmend spezifischer werden [...]“ (SCHMAUKS 1996: 53).

Die Güte des TV-Wetterberichts hängt neben technischen Aspekten und der zur Verfügung stehenden Zeit vor allem von der Person des Wetterexperten ab: Bei der Interpretation der Wetterdaten, die einige Erfahrung erfordert, und in seiner Vermittlerrolle als Wettersprecher und seiner Wirkung auf den Zuschauer (vgl. NIEDEK 1996: „Qualitätsstandards“). Niedek deutet auf die Relation zwischen der Rohdatenmenge und den tatsächlich ausgestrahlten Informationen hin: „Von allen Hintergrundinformationen, die die Wetterwissenschaft [...] mit sich bringt, [werden] lediglich 5 bis 10% wirklich weitergegeben“ (ebd.).

Es hängt von der Größe des Senders ab, wie die Wetterberichterstattung organisiert ist. Es gibt erstens die sendereigene Wetterredaktion; bei der zweiten Möglichkeit ist ein privater Wetterdienstleister mit der Produktion der Wettersendung beauftragt. Dann ist der Wettersprecher Angestellter der Privatfirma; meist haben diese mehrere Medienkunden. Der Mensch vor der Wetterkarte ist nicht zwingend Meteorologe; manchmal handelt es sich um Fernsehsprecher, die von Meteorologen mit Text versorgt werden. Im Gegensatz zu anderen Programmelementen gibt es beim Wetterbericht keine gleich bleibende Sendedauer. Die Wettersendung dient vielmehr oft als zeitlicher Puffer, die nach den jeweiligen Erfordernissen gekürzt oder verlängert wird. Schultz betont die Herausforderung für die Sprecher:

„Most of this is done without the aid of any script, and weather anchors must be good ad-libbers who can fill minutes of additional time when needed. The only structure they have is the order in which they put their weather elements“ (SCHULTZ 2005: 109).

2.4.4 Die Wettersendungen bei ARD, ZDF, RTL und SAT.1

Die folgende Tabelle zeigt, dass eine Einschätzung zur Entwicklung des Anteils der Wettersendungen am Gesamtprogramm in den vergangenen Jahren kaum möglich ist. Das liegt vor allem daran, dass die Kategorisierung[22] von Wettersendungen in Abständen von einigen Jahren immer wieder verändert wurde.

Tabelle 2: Anteil der Wettersendungen am TV-Programm im Jahresverlauf

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tägliche Sendedauer (bis 1998: 6.00-6.00 Uhr; ab 1999 3.00-3.00 Uhr) aktueller Wettersendungen in Minuten und in % des Tagesgesamtprogramms. Ab 2001 Unterkategorie „Wetterinfo/Sonstiges“. Ab 2004 „Wetterinfo“. Eigene Darstellung. Daten[23]: Krüger (1997: 358f.); Krüger (1998a: 318f.); Krüger (1999: 329f.); Krüger (2000: 283f.); Krüger/Zapf-Schramm (2001: 334f.); Krüger/Zapf-Schramm (2002: 183f.); Krüger/Zapf-Schramm (2003: 109f.); Krüger (2004: 198f.); Krüger (2005: 193f.).

Wettersendungen scheinen ihren Platz in der Statistik, soweit es Krügers jährliche Programmanalysen betrifft, noch nicht abschließend gefunden zu haben. Oft wurden sie gemeinsam mit anderen Themen in gemischten Kategorien erhoben, so dass die Zahlen wenig aussagekräftig sind. Die Daten für den Sender RTL sind nur für wenige Jahre vorhanden. Darüber hinaus wurden eigenständige Wettersendungen mit Werbeunterbrechung in den Studien vernachlässigt[24]. Eine Tendenz wird sich erst mit der Stabilisierung der Definitionsgrundlage von Wetternachrichten ablesen lassen.

Angesichts der, wie bereits angedeutet, wenig vorhandenen Literatur speziell zu Wetterberichten im Fernsehen, beruhen die im Folgenden für die einzelnen Sender zusammengestellten Informationen zu den Wettersendungen weitgehend auf direkten Nachfragen bei den TV-Wetterredaktionen.

ARD

Der 1956 eingeführte Wetterbericht nach der „Tagesschau“ wird seit 1960 vom Hessischen Rundfunk in Kooperation mit dem Deutschen Wetterdienst produziert. Seit den 60er Jahren gibt es ihn in der „menschenlosen“ Version; viele fernseherfahrene Meteorologen wechselten damals zum ZDF. Mit der Einführung der moderierten Nachmittags-„Tagesschauen“ wurde der „Wetterredakteur im Studio“ positioniert, was aber nicht die Rückkehr gelernter Meteorologen ins Studio bedeutete (vgl. JAEDICKE 2002: 64). Erst Jörg Kachelmann konnte die Verantwortlichen vom Schauwert der personalisierten Wetterprognosen überzeugen. Seit 1994 gibt es neben dem „Tagesschau“-Wetterbericht „Das Wetter im Ersten“ kurz vor der „Tagesschau“. Settekorn bemerkt dazu:

„Die beiden Wettersendungen erfüllen im Programmablauf eine deutliche Scharnierfunktion. ,Das Wetter‘ ist die letzte Sendung der Vorabendprogramms; der WB der Tagesschau – aus dem Off gesprochen – markiert den Beginn des Abendprogramms“ (SETTEKORN 1999: 241).

Bei der „Meteomedia AG“[25] sind bis zu acht Mitarbeiter, darunter zwei Meteorologen, mit der Produktion der täglich etwa zehn Wettersendungen für die ARD und die dritten Programme beschäftigt. Zur Regionalisierung der Wetterberichte wurden ab 1998 Außenstellen eröffnet, von dort, etwa von Hiddensee, werden während der Sendung Meteorologen live zugeschalten. Neben den üblichen Elementen wie „Wetter heute“ oder „Aussichten“ gibt es einen längeren Begrüßungsteil, in dem etwa aktuelle Wetterphänomene erläutert werden. Die Wetterberichte sind am Konzept der Nachrichtensendungen orientiert: Bei der Sendung kurz vor der „Tagesschau“ stehen die Wetterfakten im Vordergrund, beim Wetterbericht nach den „Tagesthemen“ liegt der Schwerpunkt eher auf den Hintergründen, etwa in Form von Erklärstücken. Die Hauptaufgabe besteht darin, die Inhalte zu vermitteln; keinesfalls soll die grafische Gestaltung ablenkend wirken. Alle Moderatoren sprechen bei den live gesendeten Wetterberichten ihren Text frei, dies hat den erwünschten Effekt, dass die Sprache locker wirkt und der Moderator seine Persönlichkeit mit einbringen kann. in Hi

ZDF

Das ZDF hat eine sendereigene Wetterredaktion. Aktuell wird das „ZDF-Wetter“ von elf Diplom-Meteorologen produziert, wobei nicht alle in Vollzeit beschäftigt sind[26]. Das ZDF wechselt sich bei der Produktion des Vormittags- und Mittagsprogramms wöchentlich mit der ARD ab. In ZDF-Wochen gibt es täglich elf von ZDF-Meteorologen moderierte Wetterberichte sowie weitere unmoderierte Wetterkarten unterschiedlicher Anzahl. Die Wetterredaktion des ZDF stellt außerdem ein unmoderiertes Wetter für 3sat und Karten für die Sendung „logo“ im Kinderkanal her. In ARD-Wochen beschränkt sich die Produktion auf die Wetterberichte im Umfeld der ZDF-Nachrichten um 17 Uhr, 19 Uhr und des „heute-journals“. Bei besonderen Wetterlagen kommen Live-Interviews in verschiedenen Magazinsendungen dazu.

Im Durchschnitt sind die Wetterberichte des ZDF 70 bis 120 Sekunden lang. Die inhaltlichen Elementen sind die Großwetterlage, ein Satellitenfilm, das Deutschlandwetter (Tag/Nacht), Temperatur (Tag/Nacht), Wind (Tag/Nacht), Regen- und Schneevorhersagen, Aussichten, Wetterbilder (Webcams), Wassertemperaturen, Schneehöhen, Ozon- und UV-Daten, Biowetter, Pollenflug, Welt-, Städte- und Regionalwetter, Einspielfilme (Realbilder), 3D-Animationen und die Unwetterwarnungen des DWD. Im Einzelnen hängt der Ablauf stark von der Wetterlage ab. Seit etwa 1990 wird vor und nach der Wettersendung Werbung ausgestrahlt. Zu den wichtigsten Veränderungen der vergangenen Jahre zählen die elektronische Wetterkarte, 3D-Animationen, moderierte Wetterberichte schon am frühen Morgen, Außenreportagen, Live-Schaltungen, Bilder und Filme der Webcams, Online-Wetter, Niederschlagsradar sowie das Biowetter. Das „ZDF-Wetter“, so Hörmann, ist außerdem fester Bestandteil des Themenüberblicks zu Beginn der Nachrichtensendung um 19 Uhr. Die Art und Weise der Moderation ist weitaus weniger distanziert als der Wetterbericht nach der „Tagesschau“ und auch durch die Kamerapositionen ist eine stärkere Personalisierung gegeben (vgl. HÖRMANN 2004: 176).

RTL

Sieben Mitarbeiter, davon vier Meteorologen, produzieren täglich die Wetterberichte für den Privatsender. Nach RTL-Angaben[27] ist die Wetterredaktion eigenständig, aber in die Nachrichtenredaktion integriert. Die meisten Wettersendungen werden von Meteorologen moderiert, bei „Punkt 12“ gibt es eine Außensendung mit Moderator. Ein Gesamtkonzept für die Wetternachrichten gibt es nicht; jede Einzelsendung soll so flexibel wie möglich gestaltet werden. Bei den drei abendlichen Wettersendungen wird allerdings darauf geachtet, dass die Inhalte variieren, um dem Zuschauer Abwechslung zu bieten. Klare Erläuterungen der meteorologischen Vorgänge und eine angemessene grafische Umsetzung, etwa durch Animationen, sollen zur Verständlichkeit beitragen. Diese ist beim RTL-Wetterbericht oberste Maxime.

Der Sprachstil wird bei RTL der Tageszeit beziehungsweise der Sendung, der der Wetterbericht angegliedert ist, angeglichen und wird, so Häckl, „[...] im ,Nachtjournal‘ seriöser sein und nicht so flapsig wie etwa bei ,Punkt 12‘“. Nutzwert- und Serviceinformationen werden je nach Jahreszeit in die Sendung aufgenommen. Waren die Möglichkeiten technischer Neuerungen zu Beginn der 90er Jahre noch stark eingesetzt worden, etwa 3D-Elemente wie der Wetterflug, so schwächte sich dieser Trend bald wieder ab. Seit Ende April 2005 ist auch bei RTL die Hauptausgabe des Wetterberichts durch einen Werbeblock von den Nachrichten abgekoppelt und hat einen eigenen Sendeplatz. Vorher war das Wetter ohne Werbeunterbrechung angegliedert.

[...]


[1] Damit ist die unterhaltsame Gestaltung von Wetterberichten gemeint.

[2] Diese Diplomarbeit ist nach den Regeln der Neuen Rechtschreibung verfasst; bei wörtlichen Zitaten wird die ursprüngliche Schreibweise übernommen.

[3] In einigen Studien zur Nachrichtenforschung finden Wetterberichte als Spezialbereich von Informationssendungen Erwähnung. Etwas eingehender befassen sich etwa Schmauks (1996) und Jasse (1984) mit den sprachlichen Besonderheiten von Wetterberichten. Untersuchungen wie „50 Jahre Wetterbericht in ,Le Monde‘“oder die Studie zum Raumbezug in Wetterberichten von Settekorn (1999) zählen zu den wenigen Studien, die sich ausschließlich mit Wetterberichten befassen. Wichtige Anstösse zur vorliegenden Arbeit gaben die Beiträge im Rahmen der Vortragsreihe „La médiatisation de l`information scientifique – Le cas de la météo“ an der Universität Lyon im Jahr 1997.

[4] In der vorliegenden Arbeit wird aus Platzgründen und der besseren Lesbarkeit wegen ausschließlich die männliche Form verwendet; alle Berufsbezeichnungen u.ä. schließen die weibliche Form mit ein.

[5] „Tatsächlich beliefert der [Deutsche Wetterdienst] inzwischen [...] unter anderem die Firma Ferrero (Mon Chérie), die vermeiden möchte, dass ihre Süßwaren bei der Auslieferung unter allzu hohen Temperaturen leiden“ (SCHNABEL/DRÖSSER 2002: „Kampf der Wetterhähne“).

[6] Der Deutsche Wetterdienst führt als Beispiel an, dass „[...] im November 1854 [...] während des Krimkrieges ein schwerer Sturm Schiffe und Lager der Franzosen vernichtete. Eine Analyse des Sturmes, die Napoleon III. an der Pariser Universität in Auftrag gab, brachte zu Tage, dass dieser Sturm ganz Europa überquert hatte und mit einem organisierten, telegraphischen Wetterdienst und mittels synoptischer Wetterkarten hätte vorhergesagt werden können“ (DWD 2001: „125 Jahre Tägliche Wetterkarte“).

[7] Mast (1998) nennt Ansätze der Nachrichtenwert-Theorie: Nach Walther von La Roche (1992) stösst eine Nachricht auf Interesse, wenn sie möglichst viele der Elemente Prominenz, Nähe, Gefühl, Sex, Fortschritt, Folgenschwere, Konflikt, Kampf, Dramatik oder Kuriosität enthält. Die Auswahl von Nachrichten anhand dieser Kriterien führt zu einem künstlich dynamisierten Abbild der Welt, das eher „das Abweichende als das Normale, eher das Neue als das Bestehende, eher die Probleme als die Lösung“ (MAST 1998: 44) enthält. Galtung/Ruge (vgl. in: NOELLE-NEUMANN et al. 1997: 331) beschreiben dies anhand von zwölf Nachrichtenfaktoren in ihrer Nachrichtentheorie (vgl. MAST 1998: 44). Von diesen Kriterien treffen Frequenz, Schwellenfaktor, Eindeutigkeit, Bedeutsamkeit, Überraschung, Kontinuität, Variation und Negativismus auf Wetterkatastrophen zu.

[8] „Schon 1816 hatte der Gelehrte Prof. Brandes aus Leipzig vorgeschlagen, das Wettergeschehen in Kartenform in einer gleichzeitigen Zusammenschau über ein größeres Gebiet darzustellen. Es vergingen aber noch viele Jahre, bis endlich regelmäßige Wetterkarten erschienen. Dazu musste erst einmal die Möglichkeit bestehen, ohne Zeitverlust Informationen von einem Ort zum anderen zu befördern“ (DWD 2001: „125 Jahre Tägliche Wetterkarte“).

[9] Wurde Ende des 18. Jahrhunderts zunächst noch auf Bergstationen gemessen, entwickelte man Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts Meteorographen, die „[...] mit ihrem geringen Gewicht an Drachen oder an Registrierballonen aufgelassen werden konnten“ (KÖRBER 1987: 133).

[10] Eine gute Übersicht zur Medienwirkungsforschung gibt Burkart (1998: 183-258). Er zeigt unterschiedliche Ansätze der Wirkungsforschung, gibt er einen Überblick über den Nutzenansatz der Massenkommunikations-, Publikums- und Gratifikationsforschung und geht unter anderem auf den dynamisch-transaktionalen Ansatz, die Agenda-Setting-Hypothese und die Schweigespirale ein.

[11] Beispielsweise die regelmäßigen Programmanalysen von Udo Michael Krüger.

[12] Bruns et al. nennen folgende Kennzeichen: „Charakteristisch für Fernsehprogramme ist zum einen die Kontinuität des Gesendeten, die sich daraus ergibt, daß Programme tendenziell auf eine endlose Angebotsfolge angelegt sind. Wesentlich ist außerdem die Periodizität und zwar in Form der Wiederkehr ständig oder ähnlich gefüllter Sendeplätze. Ferner ist die Zeitgliederung durch die Fixierung von Einheiten und die Festlegung bestimmter Anordnungsprinzipien bedeutsam“ (BRUNS et al. 1996: 44f.).

[13] „Medien strukturieren Tages- und Wochenabläufe sowie die Freizeit und tragen zu einer Ritualisierung des Alltags bei, [...] das Verfolgen von Nachrichtensendungen wird zu einem Ritual, zu einer Gewohnheit, die der Aufrechterhaltung eines Gefühls von Sicherheit dient“ (GRAEBE 1988: 47f).

[14] Folgende Beispiele verdeutlichen den politischen Aspekt der Wetterkarten-Symbolik: Heide Simonis etwa hatte als Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein gefordert, dass ihre Landeshauptstadt auf der Wetterkarte der ARD erscheinen solle. Und ebenfalls auf einer Wetterkarte fand noch vor dem 3. Oktober 1990 bereits implizit, aber unübersehbar die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten statt und nahm damit die politische Realität vorweg (vgl. Settekorn 1999: 18).

[15] Beispiele sind der Einsatz von Hörern als Wettermelder im Radio, beim Fernsehen die Zusendung von Bildmaterial oder der Kontakt durch Wetterquiz und Zuschauerfrage; vgl. auch Kapitel 3.1.3.

[16] „Da die eigene Bezeichnung ‚Wetterbericht‘ existiert, zählen sie in eine Gruppe mit anderen alltagsgebräuchlichen Textsorten wie ‚Witz‘ und ‚Todesanzeige‘. Solche Textsorten sind nach einem vorgefertigten Plan gestaltet; diese Standardisierung erleichtert Textproduktion und -verstehen“ (SCHMAUKS 1996: 78).

[17] „Auch Fernsehproduzenten arbeiten mit der begründeten Annahme, daß ihre Auswahl verbaler und visueller Informationen in ähnlicher Weise, wie von ihnen selbst, auch vom Publikum verstanden wird. Die audiovisuelle Sprache ist dabei weder zu komplex noch lediglich idiosynkratisch. Vielmehr greifen Journalisten auf ein Repertoire standardisierter und vielfach stereotyper audiovisueller Schlüsselinformationen und Klischees zurück“ (SCHÜTTE 1994: 310).

[18] Auf Seiten des Zuschauers entscheidet die Kommunikationssituation darüber, ob Medieninhalte verstanden und behalten werden; gerade bei der Rezeption von Informationssendungen bedarf es einer gewissen Aufmerksamkeit.

[19] Die Hochs und Tiefs erhalten seit 1954 vom Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin Eigennamen. Aus Geldnot entstand 2002 die weltweit einmalige Idee der Namenspatenschaft, seitdem werden die Namen der Druckgebiete verkauft Seitdem gab es mehr als 600 Paten aus aller Welt. Für 2006 werden rund 50 Hochs und 150 Tiefs erwartet. Der Preis orientiert sich an der Großwetterlage, ein Hoch kostet 299 Euro, weil es seltener ist und sich länger hält, ein Tief gibt es für 199 Euro. Früher wurden in alphabetischer Reihenfolge an die Hochdrucksysteme Männer- und an die Tiefdrucksysteme Frauennamen vergeben. Seit 1999 wechselt das Geschlecht im Zuge der Gleichberechtigung jährlich: 2006 bekommen alle Hochs Männer-, alle Tiefs Frauennamen. (vgl. SZ: „Ein Hoch auf Ernstwolfgang“).

[20] Der Deutsche Wetterdienst betont, dass darauf Wert gelegt wird, „[...] meteorologische Daten in einem Netz von festgelegten Stationen, zu vorgegebenen Zeiten und nach einheitlichen Verfahren zu gewinnen, die international von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) [...] verbindlich vereinbart sind. Diese internationalen Standards betreffen Standorte, Messbedingungen, Messinstrumente und deren Genauigkeit, Datenformate, Qualität [und] Meldeverfahren [...], die die Vergleichbarkeit und Homogenität der Wetterdaten [...] sicherstellen [...]“ (DWD 2006: „Beobachtungsnetze“).

[21] Niedek/Frater (2004: 214) bemerken, dass es „[...] z.B. 7 Mrd. Multiplikationen, Divisionen, Additionen und Subtraktionen [bedarf], um eine Kurzfristvorhersage für nur 24 h zu berechnen“.

[22] Die wissenschaftliche Einordnung der Gattung „Wetterbericht“ ist in den vergangenen Jahren durch mehrere Brüche gekennzeichnet: Bis 1997 in den Programmanalysen noch überhaupt nicht als eigenständige Gattung aufgeschlüsselt, sind Wetterberichte ab 1997 gemeinsam mit anderen Themen in der gemischten Kategorie „diverse Alltags-Infosendungen“ erwähnt. Ab 2001 wird das Wetter mit anderen Themen in der Kategorie „Wetterinfo/Sonstiges“ erfasst, bevor für 2004 eine eigene Kategorie „Wetterinfo“ gebildet wird.

[23] alle angegebenen Daten stammen aus den Programmanalysen von Udo Michael Krüger und sind im jeweils angegebenen Jahr in der Fachzeitschrift „Media Perspektiven“ zu finden.

[24] „[...] Dabei werden Wetterberichte nur dann einbezogen, wenn sie ohne Werbeunterbrechung Teil der Sendung sind und nicht mit eigenständigem Titel ausgestrahlt werden“ (KRÜGER 2005: 204).

[25] Telefonische Auskunft von „Meteomedia“-Meteorologen Sven Plöger am 14.06.06.

[26] Auskunft per E-Mail von ZDF-Meteorologen Dieter Bayer am 12.06.06.

[27] Telefonische Auskunft von RTL-Meteorologen Christian Häckl am 12.09.05.

Ende der Leseprobe aus 124 Seiten

Details

Titel
Meteorologie für Massen. Der Wetterbericht im Spannungsfeld von Information und Unterhaltung
Untertitel
Eine Inhaltsanalyse
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft)
Veranstaltung
Kommunikations- und Medienwissenschaft
Note
1,6
Autor
Jahr
2006
Seiten
124
Katalognummer
V314223
ISBN (eBook)
9783668131675
ISBN (Buch)
9783668148512
Dateigröße
1004 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
„... und nun das Wetter!“: So lautet der typische Schlusssatz vieler Nachrichtensendungen im Fernsehen vor der Überleitung zum Wetterbericht. Im deutschen Fernsehen haben sich in den vergangenen Jahren rund um die Wetternachrichten auffallende Veränderungen ergeben: Die Informationen zu Sonne, Wind und Graupelschauern werden heute auf den meisten Kanälen zunehmend frischer, bunter und lockerer präsentiert. Die Wetterberichte ähneln immer mehr US-amerikanischen „Weather-Shows“. Die vorliegende Arbeit analysiert vier Eckjahre der Sender ARD, ZDF, RTL und SAT.1 im Zeitraum von 1993 bis 2005.
Schlagworte
Wetterbericht, Medien, Wetter und Mensch, Wetterprognose, Meteorologie, Historische Entwicklung meteorologischer Kommunikation, Wetteraberglauben, Wetterforschung, Wettersendung, Wetterindustrie, Wettermarkt, Wetterbranche, Wetterdienstleister, Fernsehlandschaft, Privatsender, Infotainment, Fernsehnachrichten, Nachrichten, ARD, ZDF, RTL und SAT.1, 1993 bis 2005, Weather-Show, weathertainment
Arbeit zitieren
Christiane Ruth Bayer (Autor:in), 2006, Meteorologie für Massen. Der Wetterbericht im Spannungsfeld von Information und Unterhaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314223

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