Anna Seghers‘ „Der Ausflug der toten Mädchen“ gilt als ihre „heute wohl am meisten beachtete Erzählung“ (Zehl Romero, 1993, S. 86). Die, wie Seghers, 1972 in der DDR lebende Schriftstellerin Christa Wolf, zählte sie zu den „schönsten Erzählungen der modernen deutschen Literatur“ (zit. nach ebd., S. 7), Hilzinger (2000) bezeichnete sie als „eines der Meisterwerke deutschsprachiger Literatur“ (S. 120).
Die Rezeption hat im Wesentlichen drei Bereiche der Erzählung untersucht: den Inhalt, die Form und die Tatsache, dass sie die bisher einzig bekannte mit offen autobiographischen Anteilen ist:
Während Mayer (1962, S. 121) meinte, Seghers habe ein „Requiem“ für ihre zerstörte Vaterstadt und verstorbenen Mitschülerinnen, Lehrerinnen und, nicht zuletzt, ihre Eltern geschrieben, hob Albrecht (2005) hervor, dass „[…] das Werk auch Gericht über seine Gestalten [hält]“ (S. 253).
Im Gegensatz zu Seghers‘ sonstiger Haltung, dass die Erlebnisse und die Anschauungen eines Schriftstellers aus seinem Werk herauszulesen seien (Seghers, 1980, S. 411, zit. nach Zehl Romero, a.a.O., S. 12), enthält „der Ausflug der toten Mädchen“ eindeutig Autobiographisches. Zehl Romero ist der Ansicht, dass es Seghers dabei nicht um
„Selbstdarstellung“ gegangen sei, sondern darum, sich selbst als eine „zutiefst Betroffene“ (ebd., S. 87) zu zeigen. Christa Wolf, die Anna Seghers mehrfach interviewt hat, war davon überzeugt: „‘Der Ausflug der toten Mädchen‘ beschreibt nicht die Entscheidung, zu leben, er ist diese Entscheidung“ (Wolf, zit. nach Greiner, 1988, S. 87).
Wenn dies zutrifft, musste Anna Seghers, bevor sie den „Ausflug der toten Mädchen“ geschrieben hat, am Rande des für sie Erträglichen gestanden und eine Lebensmüdigkeit erreicht haben, die einer Entscheidung zum Weiterleben bedurfte. Wolf zufolge lag diese Entscheidung in dem Entschluss, diese autobiographisch gefärbte Erzählung zu schreiben.
Es ist naheliegend, dass Anna Seghers sich, wie wohl die meisten Exilierten, Gedanken gemacht hat über das Schicksal der in Deutschland Verbliebenen, insbesondere über das anderer Verfolgter. Darin muss das Nachdenken darüber enthalten gewesen sein, wie es sein wird in ihre frühere Heimat zurückzukehren, wie sie Land und Menschen vorfinden wird nach den vielen Jahren mit Terror, Unterdrückung, Vernichtung und Zerstörung in Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Anna Seghers im Exil
- Der Ausflug der toten Mädchen
- Handlung
- Die Erzählerin vor dem Ausflug
- Freunde und Feinde
- Leni und Marianne
- Die Mädchen und die jüdische Lehrerin
- Misstrauen
- Krieg
- Heimat
- Die Landschaft
- Verbundenheit
- Mainz
- Die Toten bleiben jung
- Die Erzählung im Kontext anderer Texte Anna Seghers
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelorarbeit analysiert Anna Seghers' Erzählung „Der Ausflug der toten Mädchen“ und untersucht die Auseinandersetzung der Autorin mit den für sie zentralen Themen der Zeit. Die Arbeit beleuchtet insbesondere die autobiographischen Aspekte der Erzählung und setzt diese in den Kontext von Seghers' Leben im Exil.
- Die Auswirkungen des Exils auf Anna Seghers' Werk
- Die autobiographischen Elemente in „Der Ausflug der toten Mädchen“
- Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und der Frage nach Heimat
- Die Bedeutung des Erinnerns und Vergessens
- Die Rolle des Krieges und der Gewalt in der Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Bachelorarbeit ein und stellt die Relevanz von Anna Seghers' „Der Ausflug der toten Mädchen“ im Kontext der deutschen Literatur heraus. Anschließend wird das Leben und Werk der Autorin im Exil beleuchtet, insbesondere die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf ihre Lebensumstände und ihr Schaffen. Das dritte Kapitel widmet sich der Handlung der Erzählung und skizziert die Hauptfiguren sowie die narrative Struktur. Das vierte Kapitel analysiert die Beziehungen zwischen den Figuren, die Spannungen zwischen Freundschaft und Feindschaft, sowie die Auswirkungen des Nationalsozialismus. Im fünften Kapitel wird der Fokus auf die Thematik der Heimat gelegt, wobei die Landschaft, die Verbundenheit mit der Heimat und die Zerstörung von Mainz als wichtige Elemente behandelt werden.
Schlüsselwörter
Anna Seghers, Exil, „Der Ausflug der toten Mädchen“, Autobiographie, Erinnerung, Heimat, Krieg, Nationalsozialismus, Vergangenheit, Gegenwart, Zweifel, Lebensmut, Identität
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- Helene Koch (Author), 2015, Anna Seghers "Der Ausflug der toten Mädchen". Analyse der Freunde, Feinde und der Heimat, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314599