Das spartanische Erziehungssystem


Seminararbeit, 2004

12 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Allgemeines
2.1 Quellengrundlagen
2.2 Gesellschaftliche Basis

3 Die Staatserziehung
3.1 Die Erziehung zum Krieger
3.2 Selektion nach Tauglichkeit
3.3 Einfluss der Familie
3.4 Die Organisation der €gwg
3.5 Die Einteilung nach Altersklassen
3.6 Die Helotenjagd, die krupteia
3.7 Die Erziehung der Mädchen

4 Die Knabenliebe als erzieherisches Element

5 Schluss

6 Literatur

1 Einleitung

Der Mythos Sparta bewegte seit jeher die Geister und Gemüter. Dies geschah bzw. geschieht sowohl in der Antike, als auch in heutiger Zeit. Um dies zu verdeutli- chen zitiere ich im folgenden Xenophon, welcher schon damals von der polis Sparta äußerst beeindruckt gewesen war: >All´ âg° ânno sac potà ±c ™ Spˆrth twn æli- ganyrwpotˆtwn ân th <Ellˆdi âfˆnh, âyaÔmasa ítw potà trìpw tout´ âgèneto; âpeÈ mèntoi katenìhsa t€ âpithdeÔmata twn Spartiatwn, oÎkèti âyaÔmazon.[1] Insbesondere die Stabilität, innere Ordnung und das auf Tapferkeit, Abhärtung und Ausdauer aus- gerichtete Leben der spartanischen polis wurden und werden von vielen bewundert. Diese Fakten, welche einerseits bewundert wurden und werden, können andererseits auch als negativer Kritikpunkt am spartiatischen Staat angesehen werden. Gerade die gesamte Ausrichtung des Lebens auf den Krieg, die Unterdrückung der Heloten oder auch ein gewisser Grad der Kulturlosigkeit der spartanischen Gesellschaft kann man hierbei in einem Atemzug nennen. Die verschiedensten politischen Strömun- gen bedienten sich des spartanischen Modells. Egal ob Republikaner, Demokraten, Monarchisten, Sozialisten oder Nationalsozialisten. Gerade in den zwanziger Jahren des 20. Jhs. konnte mit Hilfe der spartansischen Verfassung durchaus ein totalitärer Staat propagiert werden.[2] Als rethorische Frage könnte man stellen: War Sparta der erste totalitäre Staat der Menschheit? Eine interessante Frage, welche aber hier nicht weiter problematisiert werden kann Es soll auch nicht Ziel dieser Hausarbeit sein, die positiven und negativen Aspekte der spartanischen Gesellschaft aufzuar- beiten und gegenüberzustellen. Erstens fehlt es hierzu an Raum und zweitens würde dies das Niveau einer simplen Seminararbeit weit übertreffen. Meine Absicht war es, den Aufstieg Spartas zur Hegemonialmacht über Griechenland anhand eines kleinen aber bedeutenden Teilaspekts zu verdeutlichen, nämlich den Aspekt der Erziehung. Diese Erziehung, die sog. €gwg , wurde gänzlich vom Staat gesteuert und damit po- litisiert. Es soll also verdeutlicht werden, welche Bedeutung diese €gwg für den Auf- stieg Spartas hatte und wie sie die spartanische Gesellschaft und Lebensphilosophie prägte. Die Arbeit gliedert sich folgendermaßen: Nach einem allgemeinen Teil, der die Punkte Quellengrundlagen und gesellschaftliche Basis abdeckt, folgt der Haupt- teil, der das spartanische Erziehungssystem detailliert erfasst. Ein weiterer wichtiger Teilaspekt ist die Bedeutung der Knabenliebe als erzieherisches Element. Im letzten Teil, dem Schluss, werden die zuvor herausgearbeiteten Aspekte zusammengefasst und problematisiert.

2 Allgemeines

2.1 Quellengrundlagen

Insgesamt erweist sich eine historische bzw. wahrheitsgetreue Darstellung der sparta- nischen €gwg als äußerst schwierig. Zwei Faktoren spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Es findet sich erstens die Tatsache, dass der größte Teil des Quellenbestandes über die €gwg einer älteren Zeit angehört. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Quellen versuchen, ein Idealbild der spartiatischen €gwg zu präsentieren und da- mit das wirkliche Bild der klassischen €gwg verzerren. Der zweite Grund ist die Fremdenfeindlichkeit Spartas. Detaillierte Informationen über das Leben dort sind kaum zu finden und man kann deswegen davon ausgehen, dass die zeitgenössische Berichterstattung die Ordnung Spartas ebenfalls nur idealisierte.[3] Xenophon und Plutarch liefern uns am meisten Informationen über das spartanische Bildungssys- tem. Beide haben eine eher defensive Berichterstattung gegenüber der spartanischen €gwg inne. Bei Xenophon kann man sie fast schon als entschuldigend bezeichnen. Auch Plutarch verteidigt Lykurg gegen jegliche Kritik[4]. Eine kritische Beurteilung des spartanischen Erziehungssystems findet sich z.B. bei Aristoteles[5].

2.2 Gesellschaftliche Basis

Ziel dieses Kapitels soll es sein, das Leben der Spartaner kurz zu veranschaulichen[6]. Der Familienverband galt als kleinste soziale Einheit der spartanischen Gesellschaft. Das Ehepaar, die Kinder und alle Bediensteten gehörten zum Haus, dem oikoc. Die Besitzungen der Familie, also die zu bewirtschaftenden Ländereien waren über Lakonien und Messenien verstreut und wurden von Heloten bearbeitet[7]. Es galt durchaus, dass die Spartaner auf die Arbeitskraft der Heloten dringend angewiesen waren, um ihrerseits Steuern für den Staat und diverse Einrichtungen, insbesondere für die Speisegemeinschaften der Männer, zu entrichten.

Die Teilnahme an den sog. syssitien war für den vollen Bürgerstatus eines Spar- tiaten dringend notwendig. Konnte er den Teilnahmebetrag nicht mehr aufbringen verlor er den Status des Vollbürgers und damit seine politischen Rechte. Während der Mann ausschließlich Krieger, Politiker und Mitglied der Speisegemeinschaft war, übernahm die Frau die Rolle der Bewirtschafterin des heimischen oikoc. Ihr oblag die gesamte Führung des Hauses und war dementsprechend für die gesellschaftliche und politische Stellung ihres Mannes mitverantwortlich. Ohne eine gute Haushälte- rin konnte der Ehegatte seine Beiträge für die syssitien nicht mehr leisten. Generell kann man sagen, dass es kein normales Familienleben, wie wir es aus heutiger Sicht beurteilen würden, gab. Dies verwundert nicht, da in Sparta jeder ausschließlich für den Staat lebte.

3 Die Staatserziehung

3.1 Die Erziehung zum Krieger

Bevor ich mich mit den wesentlichen Inhalten der spartanischen €gwg beschäftige, muss darauf hingewiesen werden, dass die gesamte spartanische Gesellschaft, Politik und damit auch die Erziehung auf den Machterhalt der polis Sparta ausgerichtet war. Ziel war es, einen perfekten und überlegenen Krieger heranzuzüchten. Dem entsprechend unterschied sich das Erziehungs- bzw. Bildungssystem der Spartiaten von dem der anderen griechischen poleis.

3.2 Selektion nach Tauglichkeit

Schon unmittelbar nach der Geburt eines Kindes lag dessen Los in den Händen des Staates. Durch eine Ältestenkommision, die sog. Gerusie, wurden die Neuge- borenen auf ihre körperliche Tauglichkeit untersucht. Schwächliche oder körperlich behinderte Kinder wurden für als nicht lebensfähig befunden und in der Wildnis ausgesetzt.[8] Die Götter sollten nun über das Schicksal der Neugeborenen entschei- den. Für den spartanischen Staat waren sie ungeeignet, da jener nur für die Besten Verwendung hatte, um aus ihnen perfekte Krieger bzw. starke Mütter zu machen.

Every State needs elites; Sparta more than any other, [9] Die Legitimationn für diese Auslese findet sich in Xenophon‘s Verfassung der Spartaner. Noch deutlicher wird dieser Geltungsanspruch bei Plutarch zum Ausdruck gebracht. Lykurg betrach- tet Kinder nicht als den Besitz der Väter, sondern vielmehr als Besitz der Gemein- schaft.[10]

Aus heutiger Sicht trägt diese Selektion unwerten Lebensdurchaus barbarische Zü- ge. Doch darf man nicht vergessen, dass auch in moderner Zeit eine Auslese unwerten Lebens stattgefunden hat. Ich verweise hierbei auf die Verbrechen des Nationalsozia- lismus. Es lassen sich hierin Parallelen zum alten Sparta ziehen, da es auch damals Absicht war, einen perfekten Kriegermenschen zu schaffen. Dieses Streben war je- doch ein Streben sui generis Sparta brauchte den perfekten Krieger und eine auf den Krieg ausgerichtete Gesellschaft, um seine Rolle als Hegemonialmacht in Grie- chenland zu behaupten. Die Nazis dagegen versuchten einen Übermenschen unter gleichzeitiger Ausrottung alles minderwertigen Lebens zu schaffen. Es ist also falsch nationalsozialistisches Gedankengut in das alte Sparta zu transferieren. Man würde damit einen anachronistischen Fehler begehen.

3.3 Einfluss der Familie

Hatten die Neugeborenen die eben beschriebene Tauglichkeitsprüfung erfolgreich be- standen blieben sie bis zu siebten Lebensjahr im elterlichen Haus, dem sog. oikoc. Doch auch hier wird sehr schnell deutlich, dass die nun einsetzenden erzieherischen Maßnahmen dafür da waren, dass die Kinder später ihrer Rolle im spartanischen Staat Sorge tragen konnten. Es sollten keine mündigen bzw. kritischen Staatsbürger herangebildet werden, sondern im Mittelpunkt der Erziehung, insbesondere der Kna- ben, stand die körperliche Ertüchtigung. Hier mussten die Kinder schon in jungen Jahren lernen, was es heißt, Kälte, Schmerzen, Hitze, Hunger, Durst und Schläge zu ertragen. Eine unbedingte Gehorsam gegenüber den Vorgesetzten wurde schon von den Kleinkindern erfordert. Nur so, nach allgemeiner Ansicht, könne die Befähigung zum späteren Herrscher erreicht werden.[11]

3.4 Die Organisation der €gwg

Wie schon erwähnt währte die elterliche Erziehung nur bis zum siebten Lebensjahr. Danach trennten sich die Wege von Jungen und Mädchen. Während die Mädchen eine sorgfältige Aufsicht zu Hause unter Aufsicht der Mutter genossen, um auf ihre zukünftige Rolle als Vorsteherin des oikoc und Mutter vorbereitet zu werden, legte sich nach dem siebten Lebensjahr die Hand des Staates vollständig auf den jungen Spartiaten. Die sog. €gwg wurde von einem Kommissar für staatliche Erziehung ge- leitet, dem paidonomoc (Knabengesetzgeber).[12] Die Erziehung der Mädchen behandle ich in einem späteren Kapitel. Zunächst beschäftige ich mich ausschließlich mit der Erziehung der männlichen Spartaner.

3.5 Die Einteilung nach Altersklassen

Die Erziehung des Spartaners dauerte im wesentlichen vom siebten bis zum 20. Le- bensjahr. Das Kind wurde in ”Herden“,d.h.Klasseneingeteilt,welcheeinemsog.

eirhn (jugendlicher Aufseher) unterstanden.[13] Versucht man die Reihe der jährlichen Klassen zu beschreiben, stößt man unweigerlich auf einen komplizierten und zugleich bildhaften Wortschatz. Deswegen würde eine ausführliche Darstellung den zur Ve- fügung stehenden Raum dieser Seminararbeit überschreiten. Ich beziehe mich des- wegen ausschließlich auf die von Marrou aufgestellte Einteilung in drei Abschnitte. Zur ausfürlicheren Recherche verweise ich auf Nilsson, Die Grundlagen des spar- tanischen Lebens und Chrimes, Ancient Sparta. Die €gwg umfasste insgesamt 13 Jahre, welche in drei Abschnitte aufgeteilt waren. Der erste Abschnitt dauerte vom 8. bis zum 11. Jahr, währt also 4 Jahre und kann als ”kleineJungen“bezeichnet werden. Der hier auftauchende griechische Wortschatz lautet rwbidac, promiccizo- menoc, micci(ci)zomenoc, propaic.Vom 12. bis zum 15. Lebensjahr dauerte der zweite Abschnitt und war der sog. Knabenabschnitt. Pratopampaic, atropampaic, melleir- hn sind hier die griechischen Bezeichnungen. Der letzte Abschnitt dauerte vom 16. bis zum 20. Lebensjahr und galt als ”AbschnittdesJünglingsalters“.Alsgriechische Bezeichnungen tauchen hier eirhn und prwteirac (Führer der Jünglinge) auf.[14]

[...]


[1] Xen., Verfassung, 1. 1; vgl. auch Baltrusch, Sparta, S. 11ff.

[2] Hier empfehle ich die Lektüre von Berve, H., Sparta, Leipzig 1937. Also ein Werk, welches während der Zeit des Nationalsozialismus geschrieben wurde. Berve idealisiert förmlich den spartanischen Kosmos.

[3] Vgl. Baltrusch, Sparta, S.64f: Es ensteht auf diese Weise ein irreales, verschleiertes Bild, von dem der moderne Historiker den Schleier der Idealisierung und Verklärung erst abnehmen muss. Diese Einschränkungen sind zu bedenken, wenn wir uns nun dem Leben in Sparta zuwenden wollen.

[4] Vgl. Ducat, Perspectives, S. 45ff.

[5] Arist., Politik VIII, 4, §1: ...yet they brutalize their children by laborious exercises which they think will make them courageous.

[6] Vgl. Baltrusch, Sparta, S. 64.

[7] Heloten hatten im spartanischen Staat den Status von Sklaven

[8] Vgl. Plut., Lyk. 16. 1-2: 1 Tä dà gànnhyàn oÎk šn ku'rioc å genn sac trèfein, ‚ll> êfere lab°n eÊc tìpon lèsqhn kaloÔmenon, ân ± kay menoi twn fuletwn oÉ presbÔtatoi katamayìntec tä paidˆrion, eÊ màn eÎpagàc eÒh kai ûwmalèon, trèfein âkèleuon, klhron aÎtw twn ânakisqiliÐwn prosneÐmantec; 2 eÊ d` ‚gennàc, kaÈ Šmoryon, ‚pèpempon eÊc t€c legomènac >Apoyètac, par€ tä Taugeton barayr¸dh tìpon, ±c oÖt aÎtw zhn Šmeinon oÖte th pìlei tä m˜ kalwc eÌyÌc âx ‚rchc präc eÎexÐan kai û¸mhn pefukìc.

[9] Ducat, Perspectives, S. 14.

[10] Vgl. Xen., Verfassung 6. 1:(1) >EnantÐa ge m˜n êgnw kaÈ tˆde toic pleÐstoic. ân màn g€r taic Šllaic pìlesi twn áautou ékastoc kaÈ paÐdwn kaÈ oÊketwn kaÈ qrhmˆton Šrqousin; å d` e Lukourgoc, kataskenˆsai boulìmenoc ±c ‹n mhden blˆptontec ‚polaÔoièn ti oÉ politai ‚ll lwn ‚gayìn, âpoÐhse paÐdwn ékaston åmoÐwc twn áautou kaÈ twn ‚llotrÐwn Šrqein.

[11] Vgl. Baltrusch, Sparta, S. 65; vgl. auch Chrimes, Sparta, S. 84.

[12] Vgl. Plut., Lyk. 17.2:2 OÎ m˜n ‚ll€ kaÈ paidonìmoc âk twn kalwn kaÈ ‚gaywn ‚ndrwn âtˆtteto, kaÈ kat> ‚gèlac aÎtoÈ proistanto twn legomènwn eÊrènwn ‚eÈ tän swfronèstaton kaÈ maqim¸taton.

[13] Vgl. Plut., Lyk. 17.2-4:2 OÎ m˜n ‚ll€ kaÈ paidonìmoc âk twn kalwn kaÈ ‚gaywn ‚ndrwn âtˆtteto, kaÈ kat> ‚gèlac aÎtoÈ proistanto twn legomènwn eÊrènwn ‚eÈ tän swfronèstaton kaÈ maqim¸taton. 3 EÒrenac dà kalousi toÌc êtoc ¢dh deÔteron âk paÐdwn gegonìtac, melleÐrenac dà twn paÐdwn toÌc presbutˆtouc. 4 OÍtoc oÎn å eÒrhn eÒkosin êth gegon¸c, Šrqei te twn Ípotetagmènwn ân taic mˆqaic, kaÈ kat> oÊkon Íphrètaic qrhtai präc tä deipnon. >Epitˆssei dà toic màn droic xÔla fèrein, toic dà mikrotèroic lˆqana

[14] Im folgenden Kapitel beziehe ich mich auf Marrou, Erziehung, S. 39f.; vgl. hierzu auch Chrimes, Sparta, S. 86-95 und Nilsson, Grundlagen, S. 105-107.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Das spartanische Erziehungssystem
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Veranstaltung
Einführung in die griechische Geschichte
Note
2,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
12
Katalognummer
V31547
ISBN (eBook)
9783638325202
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erziehungssystem, Einführung, Geschichte
Arbeit zitieren
Stefan Joachim (Autor:in), 2004, Das spartanische Erziehungssystem, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31547

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