In diesem Referat geht es um den Begriff der "Ökumene" beziehungsweise die Geschichte der ökumenischen Bewegung. Was bedeutet eigentlich "Ökumene" und welche Motive liegen dem ökumenischen Engagement der Kirchen zugrunde?
Von den Wurzeln der ökumenischen Bewegung über die Institution des "Ökumenischen Rats der Kirchen" bis hin zu verschiedenen Modellen kirchlicher Einheit skizziert das vorliegende Referat grundlegende Aspekte der Thematik und kann sicherlich um neuere Entwicklungen hinsichtlich der "Ökumenischen Bewegung" der Gegenwart ergänzt werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Was heißt „Ökumene“?
2. Eure Erfahrungen mit Ökumene
3. Warum überhaupt „Ökumene“? Was ist die Motivation für ökumenische Bemühungen?
4. Die Geschichte der ökumenischen Bewegung
5. Der Ökumenische Rat der Kirchen
6. Das Verhältnis der römisch-katholischen Kirche zur ökumenischen Bewegung
7. Das Ziel der Ökumenischen Bewegung – Einheitskonzeptionen
1. Was heißt „Ökumene“?
- Erstmal etwas zum Begriff des „Ökumene“: das griechische Wort Ökumene (οίκεουμένη) leitet sich von oikeo (oiκέω), wohnen, ab und bezeichnete die ganze von Menschen bewohnte Welt (im Gegensatz zu den unbewohnten Regionen der Erde), später dann die gesamte von der hellenistischen bzw. römischen Kultur geprägte Welt (politische Bedeutung)
- In der Alten Kirche bedeutete Ökumene das christliche Imperium bzw. „allgemeine kirchliche Gültigkeit besitzend“ (ökumenisch ist demnach, was zum Beispiel auf den ökumenischen Konzilien von Nicäa und Konstantinopel als universal gültig anerkannt wurde)
- Verändert hat sich die Bedeutung des Begriffs dann im Pietismus des 18. Jahrhunderts: man grenzte sich mehr und mehr vom Konfessionalismus ab und begann ein Bewusstsein für die weltweite Zusammengehörigkeit aller Christen zu entwickeln, dies stand im Zusammenhang mit der Missionsidee (Ökumene hatte also einen primär geografischen Gehalt)
- heute verstehen wir heute „Ökumene“ als Begriff für die internationalen und interkonfessionellen Einigungsbemühungen der Kirchen
2. Eure Erfahrungen mit Ökumene
Impuls: Welche Erfahrungen habt ihr mit Ökumene gemacht, wie sieht ökumenische Zusammenarbeit in eurer Gemeinde aus?
3. Warum überhaupt „Ökumene“? Was ist die Motivation für ökumenische Bemühungen?
Dreifache Motivation:
1) Der Auftrag Jesu
- Der klassische biblische Beleg für die ökumenische Bewegung ist der Auftrag Jesu nach Joh 17,21: „Alle sollen eins sein. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie eins sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.“
- Einheit als Wesensmerkmal der christlichen Gemeinde, wie es auch in Credo formuliert ist: „Ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.“
- betont wird, dass die Einheit nicht erst verwirklicht werden muss, sondern ihr bereits von Gott gegeben ist (Einheit der christlichen Kirche gründet in der Einheit Gottes)
- Gott hat die Einheit geschenkt, daraus entsteht für die Christen der Auftrag, sie zu bewahren und gegebenenfalls wiederherzustellen
2) Der Missionsauftrag
- die im 19. Jahrhundert entstandene Missionsidee war eine wesentliche Triebfeder für die Entstehung der ökumenischen Bewegung, denn man erkannte, dass es der Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft nur schaden konnte, wenn die Kirche in sich gespalten wäre und sich gegenseitig womöglich noch Mitglieder abwirbt: Barriere für die erfolgreiche Mission
3) Überwindung von Einseitigkeiten
- die Kirchenspaltungen haben dazu geführt, dass die einzelnen Kirchen einseitig geworden sind, indem sie vor allem das betonten, wodurch sie sich von den anderen abgrenzten
- das diente der eigenen Identitätsbildung, hatte aber oft die Einengung des Blicks zur Folge, diese verengte Sichtweise soll in einer Gemeinschaft der Kirchen erweitert werden
4. Die Geschichte der ökumenischen Bewegung
- der ökumenische Gedanke ist keine Neuschöpfung des letzten Jahrhunderts, seit es Spaltungen innerhalb der Kirche gab, existierten auch Einigungsbemühungen
- im Mittelalter zum Beispiel das Konzil von Florenz (1439-1443), Reichstag zu Augsburg (1530) bzw. die Religionsgespräche in Regensburg; aber diese Bemühungen blieben einzelne, episodenhafte Ereignisse und waren damit zu Scheitern verurteilt
- Die Anfänge der modernen ökumenischen Bewegung
- das konfessionelle Zeitalter hatte die Trennung zwischen den beiden Kirchen gefestigt, erst die Aufklärung konnte den Einheitsgedanken wieder entstehen lassen, indem sie durch die Forderung nach Toleranz und Betonung der Ethik eine neue Zeitstimmung hervorrief
- in der Folgezeit - ab dem 19. Jh.- förderten besonders die Erweckungsbewegungen den Einheitsgedanken (Graf Nikolaus von Zinzendorf im evangelischen Bereich, Michael Sailer, der spätere Bischof von Regensburg, im katholischen Bereich), zunächst ging es um die konfessionelle Einheit
- auf Weltebene kam es zu konfessionellen Zusammenschlüssen, beispielsweise die Lambeth-Konferenz der Anglikaner 1867 und 1875 der Reformierte Weltbund, 1881 die Ökumenische Konferenz der Methodisten
- die interkonfessionelle Idee breitete zunächst sich nicht auf offizieller Kirchenebene aus, sondern durch Initiative einiger christlicher Gruppen und Bewegungen
- vor allem die christliche Jugendarbeit, die Missionsbewegung, die christlich-soziale Bewegung, die Friedens- und die Bibelbewegung trugen maßgeblich zur Verbreitung der ökumenischen Bewegung bei
- hervorgegangen ist die moderne ökumenische Bewegung dann im Prinzip aus 3 grundlegenden Strängen bzw. Bewegungen
1) Die Missionsbewegung
2) Bewegung für Praktisches Christentum (Life and Work)
3) Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung (Faith and Order)
Diese Bewegungen setzen sich mit den drei ökumenischen Grundanliegen auseinander:
3 Grundanliegen:
(1) Evangelisierung der Menschheit => Weltmissionskonferenzen / Weltmissionsrat (ab 1910/1921)
(2) Verpflichtung zu Frieden und sozialer Gerechtigkeit => Life and Work (ab 1920)
(3) Einheit der Kirche selbst => Faith and Order (ab 1910)
1) Die Weltmissionskonferenz in Edinburgh 1910
- der Missionsgedanke ist eine entscheidende Triebfeder für die moderne ökumenische Bewegung gewesen und ist im Zusammenhang mit der Kolonialpolitik der Weltmächte zu sehen
- man stellte in den Missionsgebieten fest, dass die innere Zerrissenheit des Christentums eine schlechte Bedingung für die Missionierung der Einheimischen war
- die einzelnen Konfessionen standen in hartem Konkurrenzkampf und warben sich gegenseitig Mitglieder ab => darunter litt die Glaubwürdigkeit der Evangeliumsverkündigung
- 1910 fand dann die Weltmissionskonferenz in Edinburgh (1910) statt, die als Geburtsstunde der modernen ökumenischen Bewegung gilt
- die Konferenz war mit 1335 Delegierten ungewöhnlich groß, allerdings waren die Missionsländer zahlenmäßig nur sehr gering repräsentiert (17 Vertreter aus Asien, aus Afrika und Lateinamerika überhaupt keine Vertreter)
- herausragende Rolle spielte der amerikanische Anglikanismus mit seiner ausgesprochen ökumenischen Grundeinstellung, katholische Kirche und die orthodoxe Kirche dagegen waren nicht anwesend
- man verzichtete bewusst auf jegliche Erörterung der kirchentrennenden Fragen des Glaubens, unter anderem, um die zögernden Anglikaner zur Teilnahme zu bewegen
2) Die „Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung“ (Faith and Order)
1. Weltkonferenz 1927 in Lausanne
- Charles Brent, ein anglikanischer Missionsbischof aus den USA, war zwar tief beeindruckt von diesem ökumenischen Weltereignis, aber er hielt es für dringend erforderlich, sich über die Entwicklung gemeinsamer Missionsstrategien hinaus mit den unterschiedlichen Auffassungen in Fragen der Glaubenslehre und der Kirchenverfassung auseinanderzusetzen, um auf diesem Weg dem Ziel der sichtbaren Einheit von Kirchen näher zu kommen
- Er regte in seiner Kirche parallel zu den Weltmissionskonferenzen die Vorbereitung einer Weltkonferenz über Fragen des Glaubens und der Kirchenverfassung an (Faith an Order), doch durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges kam es erst 1927 in Lausanne zur 1. Weltkonferenz von Faith and Order und damit zur Entstehung eines zweiten Stroms der ökumenischen Bewegung
- Außer der römisch-katholischen Kirche waren bei dieser Weltkonferenz alle großen Konfessionen vertreten; Ökumene bedeutete von da an nur die Einigung der nicht-katholischen Christenheit
3) Die „Bewegung für Praktisches Christentum“ (Life and Work)
1. Weltkonferenz 1925 in Stockholm
Motto: „Die Lehre trennt, aber der Dienst vereint“
- Die Eindrücke des Ersten Weltkrieges trugen zur Entstehung von Initiativen zur Friedensförderung bei; es wuchs bei Christen aller Kirchen und Konfessionen das Bewusstsein, es sei die besondere Aufgabe und Verantwortung der christlichen Kirchen, für eine friedliche Lösung politischer und sozialer Konflikte einzutreten
- Damit entstand der dritte Strom der ökumenischen Bewegung: „Bewegung für Praktisches Christentum“, an deren Spitze der lutherische Erzbischof von Uppsala (Schweden) Nathan Söderblom stand
- Er versuchte nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs, die Kirchen der kriegsführenden und neutralen Länder zu einem gemeinsamen Friedensaufruf zu bewegen
- Nach jahrelangen Bemühungen Söderbloms kam es 1925 zur ersten Weltkonferenz der „Bewegung für Praktisches Christentum“ in Stockholm, zu der über 600 Delegierte aus 37 Ländern und von allen Konfessionen anreisten (die katholische Kirche hatte bereits im Vorfeld eine Beteiligung abgelehnt)
- Zusammen arbeiteten sie an friedenspolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen
5. Der Ökumenische Rat der Kirchen
Die Gründung des WCC (World Alliance of Churches) bzw. Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
- Im Laufe der Zeit zeigte sich immer deutlicher, dass die Anliegen der beiden Bewegungen (Faith and Order und Life and Work) enger zusammengehörten als ursprünglich angenommen worden war; viele Delegierte arbeiteten ohnehin in beiden Bewegungen mit
- deshalb lag es nahe, beide Bewegungen organisatorisch zusammenzufassen
- der Internationale Missionsrat wurde 1961 dann in den ÖRK integriert
- 1937 fasste man auf den Weltkonferenzen der beiden Bewegungen in Edinburgh und Oxford den Beschluss zur Bildung eines „Ökumenischen Rates der Kirchen“; durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges verzögerte sich die Bildung des Ökumenischen Rates bis 1948
- Vertreter von 147 Kirchen aus 44 Ländern kamen dann 1948 in Amsterdam auf der ersten Vollversammlung zusammen, um den ÖRK offiziell zu gründen; die katholische Kirche fehlte (Papst Pius XII. hatte die Teilnahme untersagt); außerdem fehlte die russisch-orthodoxe Kirche
- Als Sitz wählte man Genf in der neutralen Schweiz
Die Mitgliedskirchen des ÖRK
- bei der Gründung zählten 147 Kirchen zum ÖRK, heute gehören 342 Mitgliedskirchen zum ÖRK, die 400 bis 500 Millionen Christen in mehr als 115 Ländern vertreten
- Mehrheit der Kirchen gehören der protestantischen (235) Richtung an
- Die meisten Mitgliedkirchen sind in Afrika (89), Europa (81) und Asien (73) angesiedelt
- Mehr als 60 % der Mitgliedskirchen kommen aus dem Süden
[...]
- Arbeit zitieren
- Rebecca Weber (Autor:in), 2006, Die Ökumenische Bewegung. Begriffe, Geschichte und Ziele, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/315990
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