Das vorliegende Werk stellt die Grundlagen für latente Steuern dar und veranschaulicht die Ursachen für latente Steuern, aber auch die Unterschiede, welche sich – nach HGB und IFRS auf der einen Seite und der Steuerbilanz auf der anderen Seite – ergeben, die zu Steuerlatenzen führen.
Die Globalisierung der Absatz-, Beschaffungs- und Kapitalmärkte und die mit dieser einhergehende Internationalisierung veranlasst immer mehr Unternehmen dazu, ihre externen Berichterstattungen an internationale Grundsätze anzupassen. Dieses gilt umso mehr, als die Sicherstellung der Konkurrenzfähigkeit auf internationalen Absatzmärkten und der Erschließung internationaler Kapitalmärkte zur Finanzierung des Unternehmens international vergleichbare Jahresabschlüsse vorausgesetzt werden.
Da die umgekehrte Maßgeblichkeit für den deutschen HGB-Abschluss weggefallen ist und auch für das internationale Rechnungslegungswerk IFRS keine umgekehrte Maßgeblichkeit existiert, entstehen vermehrt Steuerlatenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz. Dieses gilt unabhängig davon, ob die Handelsbilanz nach deutschem Handelsrecht oder nach IFRS aufgestellt wird.
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... 1
Abkürzungen... 5
Abbildungsverzeichnis... 7
1 Untersuchungsgegenstand ... 8
2 Konzeption und Bewertung latenter Steuern ... 10
2.1 Arten von Differenzen ... 10
2.1.1 Zeitlich unbegrenzte Differenzen (permanent differences) ... 10
2.1.2 Zeitlich begrenzte Differenzen (timing differences) ... 11
2.1.3 Quasi-zeitlich unbegrenzte Differenzen ... 11
2.2 Timing Konzept ... 12
2.3 Temporary Konzept ... 13
2.4 Bewertung latenter Steuern ... 15
2.4.1 Deferral-Method (Abgrenzungsmethode) ... 16
2.4.2 Liability-Method (Verbindlichkeits-Methode) ... 16
2.4.3 Net-of-Tax-Method ... 17
3. Latente Steuern im HGB der neuen Fassung ... 18
3.1 Norm und Ausweis ... 18
3.1.1 Steuerliche Verlustvorträge ... 19
3.1.2 Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung ... 20
3.1.3 Angaben im Anhang ... 20
3.2 Erfasste Differenzen ... 20
3.3 Abweichungen zwischen der Handelsbilanz (HGB) und der Steuerbilanz ... 21
3.3.1 Immaterielle Vermögensgegenstände ... 21
a) Entwicklungskosten ... 21
b) Derivativer Geschäfts- oder Firmenwert (GoF) 21
3.3.2 Sachanlagen ... 22
a) Tausch- oder tauschähnliche Geschäfte ... 22
b) Streichung der umgekehrten Maßgeblichkeit ... 22
c) Abschreibungsmodalitäten bei Sachanlagen ... 23
d) Differenzen im Herstellungskostenbegriff ... 23
3.3.3 Finanzanlagen ... 24
3.3.4 Umlaufvermögen ... 24
a) Markt- und Börsenpreise ... 24
b) Verbrauchsfolgeverfahren ... 24
3.3.5 Aktive Rechnungsabgrenzung ... 25
a) Zölle und Verbrauchsteuern ... 25
b) Disagio ... 25
3.3.6 Wertaufholung ... 25
3.3.7 Währungsumrechnung ... 25
3.3.8 Wahlrechte ... 26
3.3.9 Rückstellungen ... 26
a) Bewertungen von Rückstellungen ... 26
b) Drohverluste ... 27
c) Ungewisse Verbindlichkeiten ... 27
d) Jubiläumszuwendungen ... 27
e) Altersversorgungsverpflichtungen mit Vermögensgegenständen ... 28
3.3.10 Verbindlichkeiten ... 30
3.4 Besonderheiten bei Personengesellschaften: Sonder- und Ergänzungsbilanzen ... 30
3.4.1 Steuerlich bedingte Bilanzierungsebenen von Personengesellschaften ... 31
3.4.2 Latente Steuern bei Sonderbilanzen ... 32
3.4.2.a Ebene der Personengesellschaft ... 32
3.4.2.b Ebene der Gesellschafter der Personengesellschaft ... 32
3.4.3 Latente Steuerabgrenzung bei Ergänzungsbilanzen ... 33
4. Latente Steuern nach IFRS ... 36
4.1 Norm und Ausweis ... 36
4.1.1 Ausnahmen von der Ansatzpflicht ... 40
a) temporäre Unterschiede aus Geschäfts- oder Firmenwert (GoF) ... 40
b) temporäre Unterschiede aus bestimmten Erstansätzen von Vermögensgegenständen bzw. Schulden ... 40
4.1.2 Noch nicht genutzte steuerliche Verluste/Steuergutschriften ... 41
4.1.3 Ansatz in der Gewinn- und Verlustrechnung ... 42
4.1.4 Angaben im Anhang nach IFRS ... 42
4.2 Abweichungen zwischen der IFRS-Abchluss und der Steuerbilanz ... 43
4.2.1 Immaterielle Vermögenswerte ... 44
a) Entwicklungskosten nach IFRS ... 44
b) Derivativer Geschäfts- oder Firmenwert (GoF) nach IFRS ... 45
c) unterschiedliche Nutzungsdauern und Abschreibungsmethoden ... 45
4.2.2 Sachanlagen ... 45
a) Erstansatz von Sachanlagen ... 45
b) Übertragung stiller Reserven in Rücklagen ... 46
c) Investitionsabzugsbetrag § 7g EStG ... 46
d) Folgebewertung von Sachanlagen ... 48
4.2.3 Finanzanlagen des Anlagevermögens 48
4.2.4 Umlaufvermögen ... 48
a) Bewertungsdifferenzen ... 48
b) Verbrauchsfolgeverfahren ... 48
c) Fremdkapitalzinsen ... 49
d) Niederstwertprinzip ... 49
4.2.5 Forderungen ... 49
4.2.6 Wertpapiere ... 49
4.2.7 Eigenkapital 50
a) Unterschiede aus Konsolidierung ... 50
aa) Kapitalkonsolidierung ... 50
bb) Aufwands- und Ertragskonsolidierung und Zwischenergebniseliminierung ... 51
b) Aktienoptionen als Lohnbestandteil 51
c) Emission neuer Aktien ... 51
4.2.8 Sonderposten mit Rücklageanteil ... 51
4.2.9 Verbindlichkeiten und Rückstellungen ... 52
a) Aufwandsrückstellungen ... 52
b) Eventualschulden ... 52
c) Drohverlustrückstellungen ... 52
d) Pensionsrückstellungen, Altersteilzeit-, Jubiläums- und vergleichbare Rückstellungen ... 52
5. Bedeutung von Zinsschranke und Zinsvortrag auf die Abgrenzung latenter Steuern ... 53
5.1 Überblick ... 53
5.2 Sachlicher Anwendungsbereich ... 55
5.3 Sachlicher Anwendungsbereich ... 56
5.4 Ausnahmeregelungen (§ 4h Abs. 2 EStG) ... 56
5.4.1 Freigrenze ... 56
5.4.2 Konzernfreie Betriebe ... 56
5.4.3 Eigenkapitaltest; Escape-Klausel ... 56
5.4.4 Zinsschranke und BFH ... 57
5.5 Bilanzierung von Steuerlatenzen für den Zinsvortrag ... 59
5.5.1 Ansatz von Steuerlatenzen für den Zinsvortrag ... 59
5.5.2 Bewertung von Steuerlatenzen für den Zinsvortrag ... 59
5.5.3 Auswirkung von Steuerlatenzen aus Zinsvortrag für das Controlling ... 59
5.6 Angabepflichten für den Zinsvortrag ... 60
6. Abgrenzung latenter Steuern im Konzernabschluss ... 61
6.1 Überblick ... 61
6.2 Grundlagen Unternehmenserwerb ... 61
6.2.1 Allgemeine Hinweise zur Kaufpreisverteilung ... 62
6.2.2 Ansatz latenter Steuern bei der Erstkonsolidierung ... 63
a) Anteile von Personengesellschaften ... 63
b) Ansatz von Eventualschulden ... 63
c) nutzbare steuerliche Verlustvorträge erworbener Unternehmen ... 64
6.2.3 Bewertung und Erfassung latenter Steuern bei Erstkonsolidierung ... 64
6.2.4 Folgekonsolidierung ... 65
6.3 Latente Steuern unter Berücksichtigung der Zwischenergebniseliminierung ... 65
6.3.1 Grundlagen der Zwischenergebniseliminierung ... 65
6.3.2 Latente Steuern bei der Zwischenergebniseliminierung ... 66
6.4 Latente Steuern bei der Schuldenkonsolidierung ... 67
6.4.1 Grundlagen der Schuldenkonsolidierung ... 67
6.4.2 Latente Steuern bei der Schuldenkonsolidierung ... 67
6.5 Auswirkungen des Konvergenzprojektes auf latente Steuern für Konsolidierungsmaßnahmen und die Anhangsangaben ... 68
6.5.1 Latente Steuern für Zwischengewinne ... 68
6.5.2 Anhangsangaben zu konzerninternen Transaktionen ... 68
7. Inside / Outside Basis Differences ... 68
7.1 Inside Basis Differences (IBD) ... 68
7.2 Outside Basis Differences (OBD) ... 69
8. Zusammenfassung und Fazit ... 70
Sachverzeichnis ... 73
Literaturverzeichnis ... 77
Abkürzungen
Abb. ... Abbildung
Abs. ... Absatz
a.F. ... alte Fassung
AG ... Aktiengesellschaft
AICPA ... American Institute of Certified Public Accountants
AO ... Abgabenordnung
APB ... Accounting Principle Board
bspw. ... beispielsweise
BFH ... Bundesfinanzhof
BilMoG ... Bilanzrechts-Modernisierungs-Gesetz
BMF ... Bundesminister der Finanzen
BStBl ... Bundes Steuerblatt
bzw. ... beziehungsweise
Co. ... Company
DStR ... Deutsches Steuerrecht
EBITDA ... Earnings before Interests, Taxes, Depretiation and
Amortisation
EK ... Eigenkapital
ERS ... Entwurf IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung
EStDV ... Einkommensteuer-Durchführungsverordnung
EStG ... Einkommensteuergesetz
EStR ... Einkommensteuerrichtlinie
ff. ... fortfolgende
FAS ... Financial Accounting Standard
FiFo ... First-in-First-out
FördGG ... Fördergebietsgesetz
GAAP ... General Accepted Accounting Principles
GewSt ... Gewerbesteuer
GewStG ... Gewerbesteuergesetz
ggf. ... gegebenenfalls
GmbH ... Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GoF ... Geschäfts- oder Firmenwert
GuV ... Gewinn- und Verlustrechnung
H ... Hinweis
HB ... Handelsbilanz
HFA ... Hauptfachausschuss
HGB ... Handelsgesetzbuch
Hifo ... Highest in first out
h.M ... herrschende Meinung
Hrsg. ... Herausgeber
IAS ... International Accounting Standards
IBD ... Inside Basis Differences
IDW ... Institut der Wirtschaftsprüfer
IFRIC ... International Financial Interpretation Committee
IFRS ... International Financial Reporting Standards
inkl. ... inklusive
i.S.d. ... im Sinne des
i.V.m. ... in Verbindung mit
Jg. ... Jahrgang
KapGes ... Kapitalgesellschaft
KG ... Kommanditgesellschaft
KSt ... Körperschaftsteuer
KStG ... Körperschaftsteuergesetz
Lifo ... Last in first out
MU ... Mitunternehmer
MU´schaft ... Mitunternehmerschaft
MU´anteil ... Mitunternehmeranteil
n.F. ... neue Fassung
No. ... Number
Nr. ... Nummer
OBD ... Outside Basis Differences
PersGes ... Personengesellschaft
R ... Richtlinie
Rz. ... Randziffer
S. ... Seite, Satz
SBV ... Sonderbilanzvermögen
SIC ... Standing Interpretation Committee
sog. ... so genannt
SolZG ... Solidaritätszuschlagsgesetz
StB ... Steuerbilanz
StR ... Steuerrecht
Tz. ... Textziffer
u.a. ... und andere
UmwStG ... Umwandlungssteuergesetz
US-GAAP ... US-General Accepted Accounting Standards
USt ... Umsatzsteuer
vgl. ... vergleiche
WPg ... Wirtschaftsprüfung
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: Timing-Konzept ... 13
Abbildung 2: Temporary-Konzept ... 14
Abbildung 3: HGB vor und nach BilMoG ... 15
Abbildung 4: Berechnung des Steuersatzes ... 15
Abbildung 5: Zusammenfassung Unterschiede Deferral-Methode und Liability-Methode ... 17
Abbildung 6: Ansatzpflichten und -wahlrechte nach HGB, Steuerrecht und IFRS/IAS ... 48
Abbildung 7: Ermittlungsschema steuerliches EBITDA ... 54
Abbildung 8: Ermittlung des abziehbare Anteils der Zinsaufwendungen ... 55
Abbildung 9: Ausnahmen von der Zinsschranke ... 57
1 Untersuchungsgegenstand
Im deutschen Einzelabschluss kommt bis heute den latenten Steuern nur eine geringe Bedeutung zu. Aufgrund der Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz entstehen zumeist aktive Steuerlatenzen, von deren Ansatzwahlrecht selten Gebrauch gemacht wird.
Durch die Globalisierung der Absatz-, Beschaffungs- und Kapitalmärkte und die mit dieser einhergehenden Internationalisierung sehen sich immer mehr Unternehmen dazu veranlasst, ihre externen Berichterstattungen an internationale Grundsätze anzupassen. Dieses gilt umso mehr, als die Sicherstellung der Konkurrenzfähigkeit auf internationalen Absatzmärkten und der Erschließung internationaler Kapitalmärkte zur Finanzierung des Unternehmens international vergleichbare Jahresabschlüsse vorausgesetzt werden. Da die umgekehrte Maßgeblichkeit für den deutschen HGB-Abschluss weggefallen ist und auch für das internationale Rechnungslegungswerk IFRS keine umgekehrte Maßgeblichkeit existiert, entstehen vermehrt Steuerlatenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz. Dieses gilt unabhängig davon, ob die Handelsbilanz nach deutschem Handelsrecht oder nach IFRS aufgestellt wird.
Die Abgrenzung von Steuerlatenzen geht bis 1967 zurück, als das Accounting Principle Board (APB) des American Institute of Certified Public Accountants (AICPA) in seiner Opinion No. 11 eine wegweisende Stellungnahme zum Konzept der latenten Steuern abgegeben hat. Diese legte Begriff, Inhalt und Behandlung latenter Steuern für die amerikanische Rechnungslegungspraxis fest1.
Die Kodifizierung latenter Steuern im deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) erfolgte erst 1985 – vorher war dieser Begriff in der deutschen Rechnungslegung nicht zu finden2.
Der Begriffsteil „Steuern“ ist in Deutschland allgegenwärtig; er greift in Höhe und Durchgriff permanent in jeden Lebensbereich ein und ist auch im internationalen Bereich immer wieder Thema zwischenstaatlicher Zwistigkeiten. Der Bereich Ertragsteuern (insbesondere Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer) nach IFRS (insbesondere der zentralen Vorschrift IAS 12) beinhaltet alle in- und ausländischen Steuern aufgrund des steuerpflichtigen Einkommens, somit also auch Quellensteuern, welche von Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen oder Joint Venture an das berichtende Unternehmen aufgrund von Ausschüttungen schulden (IAS 12.2).
Demgegenüber ist der Begriffsteil „Latenz“ schwerer einzuordnen. Dem Lexikon ist zu entnehmen, dass der lateinische Begriff „latens“ so viel wie „verborgen“ bzw. „nicht direkt hervortretend“ heißt. Als Latenzzeit kann der Zeitraum zwischen einem verborgenen Ereignis und dem Eintreten einer sichtbaren Reaktion auf dieses verstanden werden3.
„Latente Steuern“ können somit – allgemein gesprochen - als „verborgene Steuern“ verstanden werden, die sich aus den Unterschieden zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz ergeben.
Erfolgt in Handelsbilanz und Steuerbilanz der gleiche Gewinnausweis fallen auch die Ertragsteuern gleich aus. Jedoch fallen trotz des Maßgeblichkeitsgrundsatzes der Handelsbilanz (HB) für die Steuerbilanz (StB) (§ 5 Abs. 1 EStG) auch nach Einführung des BilMoG beide Bilanzen auseinander – umso mehr, als dass die umgekehrte Maßgeblichkeit seit dem BilMoG gefallen ist und letzteres zusätzliche abweichende Regelungen zwischen StB und HB hat entstehen lassen. Es entstehen Abweichungen dahingehend, dass der Handelsbilanzgewinn zunächst höher ist als der StB-Gewinn oder dass der HB-Gewinn zunächst niedriger ist als der Gewinn nach StB.
Die Differenzen zwischen StB und HB aufgrund unterschiedlicher Ausweise von Vermögenswerten sind auf die unterschiedlichen Zielsetzungen der Bilanzen zurückzuführen: die Handelsbilanz soll einen Überblick über die Lage des Unternehmens verschaffen, wohingegen die Steuerbilanz der Gewinnermittlung für die Steuerbemessung dient.
Da die StB Bemessungsgrundlage für die Steuer ist, wird hierbei von der effektiven Steuer gesprochen. Demgegenüber bezeichnet die fiktive Steuer jene Steuer, die sich aufgrund der HB als Bemessungsgrundlage ergeben würde.
Zu entsprechenden Unterschieden kommt es auch im Vergleich zur Bilanzierung nach den International Financial Reporting Standards (IFRS). Hier werden aktive latente Steuern als deferred tax assets angesetzt und somit als Vermögensgegenstand angesehen ( asset = Vermögensgegenstand), wohingegen passive latente Steuern als tax liabilities ausgewiesen werden, da ihnen zukünftige Belastungen folgen.
Das BilMoG sollte das deutsche Handelsrecht näher an die IFRS heranbringen, daher wurden auch punktuell Konzepte der IFRS übernommen, Ansatz- und Bewertungsvorschriften angepasst und umfangreichere Anhangsangaben vorgesehen4.
Trotz des Maßgeblichkeitsprinzips der HB für die StB bestanden bereits vor BilMoG-Einführung Unterschiede zwischen steuerrechtlichen Wertansätzen und handelsrechtlicher Rechnungslegung, sodass die Einheitsbilanz bereits damals faktisch nicht mehr bestand.
Es soll nunmehr die Entstehung latenter Steuern nach HGB und IFRS aufgezeigt werden, und somit sollen diese Darstellungen als Leitfaden zur Bilanzierung latenter Steuern herangezogen werden können.
2 Konzeption und Bewertung latenter Steuern
Unabhängig davon, ob ein Jahresabschluss nach HGB oder IFRS aufgestellt wird, ist in Deutschland ein steuerrechtlicher Abschluss zu erstellen – es sind somit sowohl eine Handels- als auch eine Steuerbilanz anzufertigen. Die sich hierin widerspiegelnden unterschiedlichen Regelungen sind der Ursprung für latente Steuern.
Die Steuerabgrenzung ergibt sich im HGB aus § 274 HGB „latente Steuern“. Die nach IFRS zentral anzuwendende Regelung bildet der International Accounting Standard IAS 12 „income tax“ (Ertragsteuern); er wird ergänzt durch zahlreiche Ansatz- und Bewertungsvorschriften der anderen Einzelstandards, die - je nachdem, ob sie im Vergleich zur Steuergesetzgebung zu permanenten oder temporären Unterschieden führen – zu Steuerlatenzen führen können.
2.1 Arten von Differenzen
Die Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz lassen sich in 3 Arten unterteilen:
1. zeitlich unbegrenzte Differenzen (permanent differences)
2. zeitlich begrenzte Differenzen (timing differences) und
3. quasi-zeitlich unbegrenzte Differenzen (quasi permanent differences)
Das Timing-Konzept beachtet Abweichungen zwischen StB und HB nur dann, wenn diese sowohl bei ihrer Entstehung als auch bei ihrer Umkehr bzw. Auflösung erfolgswirksam sind.
Das Temporary-Konzept beachtet Abweichungen zwischen StB und HB bereits dann, wenn Ansatz- oder Bewertungsunterschiede der beiden Rechnungslegungswerke bei ihrer Umkehr oder Aufhebung erfolgswirksam werden5.
2.1.1 Zeitlich unbegrenzte Differenzen (permanent differences)
Entstehen in einer Abrechnungsperiode Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanzergebnis, die sich in den folgenden Perioden nicht wieder ausgleichen, werden diese als zeitlich unbefristete Differenzen bezeichnet.
Aus dem Timing-Konzept heraus entstehen solche Unterschiede durch Geschäftsvorfälle, die nur in einem der beiden Rechnungslegungswerke erfolgswirksam behandelt werden. Im Temporary-Konzept entstehen solche Unterschiede durch außerbilanziellen Hinzurechnungen und Kürzungen.
Beispiele:
• Steuerfreie Erträge wie Investitionszulagen,
• Aufwendungen, die steuerrechtlich nicht anerkannt werden, wie nicht abzugsfähige Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG, wie bspw. Strafen,
• steuerlich nicht abziehbare Aufwendungen nach § 10 KStG,
• verdeckte Gewinnausschüttungen nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG.
2.1.2 Zeitlich begrenzte Differenzen (timing differences)
Aufwendungen und Erträge, die in gleicher Höhe sowohl im handelsrechtlichen als auch im steuerrechtlichen Abschluss erfasst werden, jedoch in unterschiedlichen Abrechnungsperioden und sich folglich in Folgeperioden wieder vollständig ausgleichen, fallen unter die Bezeichnung zeitlich begrenzte Differenzen (timing differences) 6.
2.1.3 Quasi-zeitlich unbegrenzte Differenzen
Neben den zeitlich begrenzten und zeitlich unbegrenzten Unterschieden gibt es noch Differenzen, die sich keiner dieser beiden Gruppen zuordnen lassen. Hierunter werden solche Differenzen subsumiert, die sich erst in ferner Zukunft – im Extremfall erst bei Unternehmensliquidation – nivellieren.
Ihr Ansatz widerspricht vom Grundsatz her dem Going-Concern-Prinzip, da sich die hieraus ergebenden Differenzen erst mit der Liquidation des entsprechenden Vermögenswertes bzw. des ganzen Unternehmens umkehren würden. Dennoch werden diese seit dem BilMoG im Temporary-Konzept wie zeitlich begrenzte Differenzen behandelt (mehr dazu in Abschnitt 2.3).
Beispiele:7
• Unterschiedliche handelsrechtliche und steuerrechtliche Bewertung von nicht abnutzbaren Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, wie bspw. bei
Grundstücken, oder
• handelsrechtliche Abschreibungen auf Beteiligungen.
Da die quasi-zeitlichen unbegrenzten Differenzen zu zeitlich begrenzten Differenzen werden können, ist jährlich zu überprüfen, ob
• aufgrund von Veränderungen der gesetzlichen Regelungen,
• eintretender veränderter unternehmerischer Verhältnisse oder
• einer geplanten Disposition
in absehbarer Zeit diese Unterschiede nicht doch ausgeglichen werden.
2.2 Timing Konzept
Wenngleich für zukünftige Jahresabschlüsse das Temporary-Konzept angewandt wird, ist für Jahresabschlüsse bis 31.12.2009 noch das Timing-Konzept anzuwenden8.
Das HGB a.F. normiert zwar keine Abgrenzungsmethode, jedoch basierte nach h.M. die Steuerabgrenzung nach § 274 a.F. auf dem - an der GuV-orientierten - Timing-Konzept9. GUV-orientiert heißt dieses Konzept, weil die Ansatz- und Bewertungsunterschiede zwischen HB und StB dann abgegrenzt werden müssen, wenn sich diese
⇒ sowohl bei ihrer Entstehung,
⇒ als auch bei der weiteren Entwicklung - und demzufolge der möglichen Auflösung oder Umkehrung
in der Gewinn- und Verlustrechnung niederschlagen10.
Diese Konzeption unterscheidet die unter 2.1.1 bis 2.1.3 genannten Arten von Differenzen. Das Timing-Konzept der latenten Steuerabgrenzung bezieht sich ausschließlich auf die zeitlich begrenzten Differenzen (timing differences). Der Gewinn in der Steuerbilanz wird infolge der zeitlichen Begrenzung der Differenz bspw. zunächst niedriger und später entsprechend höher als in der Handelsbilanz.
Aus Sicht der HB entsteht daher ein zunächst zu niedriger – und in Folgejahren ein zu hoher Steueraufwand. Diese Differenz wird durch Ansatz eines
passiven latenten Steuerpostens ausgeglichen, der sich bei der späteren Umkehrung wieder ausgleicht. Durch einen Verzicht auf die Bildung einer
Steuerlatenz wäre der Steueraufwand zunächst zu hoch und später zu niedrig ausgewiesen. Damit stünde der Steueraufwand in keiner vernünftigen Relation
zum Handelsbilanzgewinn11.
Im Timing-Konzept muss bei quasi-zeitlich unbegrenzten Differenzen überprüft werden, ob eventuell aufgrund veränderter Verhältnisse oder der unternehmerischen Disposition aus diesen mittlerweile begrenzte Differenzen geworden sind. Die Beurteilung geschieht anhand der am Bilanzstichtag erkennbaren Entwicklungen.12
Die GuV-orientierte Sichtweise des Timing-Konzeptes versucht durch die Abgrenzung latenter Steuern einen Steueraufwand auszuweisen, mit dem das handelsrechtlich ermittelte Ergebnis korrespondiert. Somit ist der Zweck des Timing-Konzeptes ein periodengerechter Erfolgsausweis 13.
[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]
Abbildung 1: 14 Timing-Konzept
2.3 Temporary Konzept
Durch das BilMoG wurde der § 274 HGB neu gefasst und – wie zuvor im IAS 12 - das bilanzorientierte Temporary-Konzept vorgeschrieben. Nach dem Gesetzestext müssen Differenzen „…zwischen den handelsrechtlichen Wertansätzen von Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten und ihren steuerlichen Wertansätzen …“15, welche sich in zukünftigen Perioden umkehren und somit zu einer Steuerbe- oder -entlastung führen, abgegrenzt werden. Aus dem Text ergibt sich die Bilanzorientierung: für die Notwendigkeit einer Abgrenzung genügt eine Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz, welche bei ihrer Umkehr einen Steuereffekt zur Folge hat. Es ist unerheblich, wann sich die Bewertungsunterschiede ausgleichen, wichtig ist nur, dass sie sich ausgleichen.
Nach § 273 HGB ist es nunmehr nicht erforderlich, dass zwischen dem handelsrechtlichen Ergebnis und dem zu versteuernden Einkommen Diskrepanzen bestehen. Es geht hierbei vielmehr um Buchwertunterschiede, die voraussichtlich in den Folgejahren zu Steuerbe- oder -entlastungen führen 16. Im Gegensatz zum Timing-Konzept ist es beim Temporary-Konzept unerheblich, wenn die Differenzen erfolgsneutral entstanden sind. Der korrekte Ausweis der Steuerbe- oder -entlastung zum Bilanzstichtag erfordert somit auch den Ansatz latenter Steuern auf erfolgsneutral entstandene Wertdifferenzen, da die zukünftige erfolgswirksame Auflösung eine entsprechende steuerliche Wirkung entfaltet.
[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]
Abbildung 2: 17 Temporary-Konzept
Ziel der Bilanzierung von Steuerlatenzen ist somit nicht mehr der periodengerechte Erfolgsausweis. Es geht vielmehr um eine zutreffende Abbildung der Vermögenslage. Hierdurch wird der Adressat der Rechnungslegung über zukünftig entstehende Steuermehr- und -minder-belastungen informiert 18.
Somit ist das Temporary-Konzept weiter gefasst als das Timing-Konzept, denn es enthält neben den zeitlich begrenzten Differenzen auch die quasi-zeitlich unbegrenzten Differenzen. Beide zusammen bilden die temporären Differenzen.
[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]
Abbildung 3: HGB vor und nach BilMoG
Abbildung: Unterschied zwischen Timing-Konzept und Temporary- Konzept19
Die GuV-orientierte Timing-Konzept orientiert sich somit auf zeitliche Ergebnisunterschiede, demgegenüber konzentriert sich das bilanzorientierte Temporary-Konzept auf temporäre Differenzen (IAS 12.EF2).
2.4 Bewertung latenter Steuern
Nach Darstellung der abzugrenzenden Wertunterschiede erfolgt nunmehr die Darstellung der Ausweishöhe. § 273 Ab. 2 HGB legt hierzu fest, dass die Steuerbe- und -entlastung mit dem unternehmensindividuellen Steuersatz zu bewerten ist. Dieses gilt auch für Konzernabschlüsse: § 306 Abs. 1 S. 5 HGB verweist auf eine entsprechende Anwendung des § 274 Abs. 2 HGB, sodass auch für Zwecke der Konsolidierung auf die individuellen Steuersätze der Tochterunternehmen abzustellen ist20.
Abbildung 4: Berechnung des Steuersatzes
Nach IFRS ist entsprechendes in IAS 12 geregelt.
[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]
Zur Ermittlung kommen grundsätzlich 3 Verfahren zur Anwendung:
• Deferral-Methode – auch Abgrenzungsmethode genannt,
• Liability-Methode – auch Verbindlichkeits-Methode genannt und die
• Net-of-Tax-Methode
2.4.1 Deferral-Method (Abgrenzungsmethode )
Ähnlich wie das Timing-Konzept orientiert sich die Deferral-Methode (auch Deferred-Methode genannt) am Ziel der Periodenabgrenzung ( matching principle). Bei ihr steht die periodengerechte Erfolgsermittlung im Vordergrund und hat den Zweck eines zusammenpassenden Ausweises von aktuellem Ergebnis vor Steuern und Steueraufwand. Dabei steht der richtige Ausweis des Steueraufwandes in der GuV in Vordergrund. Eine verzerrte Darstellung der Vermögenslage wird daher in Kauf genommen. Durch eine Erhöhung des Steueraufwandes in der Bilanz ergibt sich eine passive Abgrenzung (bzw. eine Steuererstattung im umgekehrten Fall).
Für die Bewertung der latenten Steuern ist der Steuersatz der Abrechnungsperiode zu verwenden.
Diese Methode war bis zur Verabschiedung des BilMoG möglich.
2.4.2 Liability-Method (Verbindlichkeits-Methode)
Das Ziel der Liability-Methode (Verbindlichkeits-Methode) ist die richtige Darstellung von Forderungen und Verbindlichkeiten - sie betrachtet latente Steuern als Forderungen und Verbindlichkeiten. Somit steht bei der Liability-Method die korrekte Darstellung der Vermögensgegenstände (einschließlich Steueransprüche) sowie der Schulden (einschließlich Steuerverbindlichkeiten) im Vordergrund. Dieser bilanzorientierte Ansatz ist auf den korrekten Ausweis von Steueransprüchen und Steuerverpflichtungen in der Bilanz ausgerichtet. Hierbei werden latente Steuern der Höhe nach insoweit angesetzt, wie sie einen Vermögensgegenstand oder eine Schuld darstellen. Da es somit auf die tatsächliche zukünftige Belastung/Entlastung ankommt, müssen die latenten Steuern in jeder Periode an die neuen Steuersätze angepasst werden21. Ist also absehbar, dass ein geänderter Steuersatz zur Anwendung kommen wird, bevor die temporären Differenzen abgebaut werden, so ist eine Anpassung der bereits vorhandenen Steuerabgrenzung verpflichtend22.
Sowohl IFRS als auch US-GAAP setzen die Liability-Method aus Gründen der Zweckmäßigkeit ein.
Die Deferral-Method hätte zur Folge, dass eine Anpassung im Zeitablauf unterbleiben würde. Bei Auflösung der Differenzen wären die abgegrenzten latenten Steuern entweder geringer oder höher ist als die echte Steuerbe- oder -entlastung. Die Steuerlatenzen müssten zu jenen Steuersätzen aufgelöst werden, zu denen sie in den jeweiligen Vorperioden jeweils eingebucht worden sind. Bei sich ändernden Steuersätzen wäre dieses ein sehr mühsames Verfahren 23.
[…]
1
Vgl. Coenenberg et al. 2009: S. 463
2
Vgl. Coenenberg et al. 2009: S. 382
3
Vgl. Virtual, Tuptus, 2010: S. 4
4
Vgl. Kühne u.a. 2009, S. 1006
5
Vgl. Virtual, Tuptus, 2010: S. 7
6
Vgl. Rabeneck/Reichert 2002, S. 1367
7
Vgl. Küting et al., 2009, S. 592
8
Vgl. Coenenberg et al. 2009, S. 463
9
Vgl. Hayn/Waldersee 2008, S. 248
10
Vgl. Rabeneck/Reichert 2002, S. 1366
11
Vgl. Coenenberg et al. 2009, S. 465
12
Vgl. Coenenberg et al. 2009, S. 465
13
Vgl. Küting et al., 2009, S. 509
14
Abb. in Anlehnung an Coenenberg et al. 2009, S. 466
15
Vgl. § 274 Abs. 1 Satz 1 HGB)
16
Vgl. Kirsch, 2009, S. 511
17
In Anlehnung an Virtual, Tuptus, 2010: S. 12
18
Vgl. Küting et al., 2009, S. 502
19
Vgl. Küting et al. 2009, S. 503
20
Vgl. Küting et al. 2009, S. 516
21
Memento Rechtshandbücher: für die Praxis, 3. Auflage, 2009, Rz. 14.244
22
Vgl. Hahn, 2009, S. 67
23
Vgl. Hahn, 2009, S. 58
- Arbeit zitieren
- Marcus Lotz (Autor:in), 2012, Latente Steuern nach HGB und IFRS, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316526
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