Unter "Fokalisierung" versteht der Filmtheoretiker Edward Branigan das Erleben bzw. die Wahrnehmung von Figuren in einer Narration. Wie genau beeinflusst diese Art der Informationsvermittlung, die sich stark von der des Erzählers unterscheidet, das Verständnis des Zuschauers? Vorliegende Hausarbeit untersucht diese Frage anhand der Fernsehserie "Misfits".
Will man sich mit Fokalisierung auseinandersetzen, so ist es lohnenswert, sie erst einmal im filmtheoretischen Kontext zu verorten. Der Begriff stammt von dem Filmtheoretiker Edward Branigan, der heute an der University of California, Santa Barbara für das Film Studies Program zuständig ist.
Der Begriff der Fokalisierung taucht erstmals in seinem 1992 erschienenen Buch "Narrative Comprehension and Film" auf. In diesem, seinem zweiten von mittlerweile vier Büchern, untersucht Branigan "Narration" vor allem in Bezug auf den Zuschauer, d.h. wie dessen Verständnis durch verschiedene Formen von Narration geleitet wird.
Branigan führt acht verschiedene Ebenen von Narration ein. Während die ersten, oberen vier Ebenen dieser Hierarchisierung von einem Erzähler Gebrauch machen, der dem Zuschauer die fiktionale Welt schildert, leben die übrigen, unteren vier Ebenen von den Figuren. Da diese aber in ihrer Welt gefangen sind, können sie nicht auf die gleiche Weise mit dem nicht-fiktionalen Zuschauer interagieren wie ein Erzähler.
Folglich ist diese figurenbezogene Art der Erzählung nur über das jeweilige (Er)Leben einer Figur fassbar. An dieser Stelle etabliert Branigan den Begriff der "Fokalisierung" als die Darstellung der Bewusstheit, die eben jenen Figuren inhärent ist.
Dieser Darstellung möchte ich mich im Folgenden widmen und der Fragestellung nachgehen, wie genau sie das Verständnis des Zuschauers beeinflusst. Gegenstand der dafür erforderlichen Analyse wird die Serie "Misfits"sein, welche ich zunächst kurz vorstellen werde. Anhand zweier dieser Serie entnommenen Beispiele gilt es dann, die verschiedenen Ebenen und die aus ihnen folgenden Möglichkeiten von Fokalisierung zu untersuchen, damit abschließend die These bestätigt werden kann, dass der Einsatz von Fokalisierung die Fähigkeit des Betrachters zur Interpretation der Narration erheblich einschränkt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Misfits
- Fokalisierung nach Edward Branigan
- Externe Fokalisierung (Staffel 1, Episode 1)
- Interne Fokalisierung (Staffel 2, Episode 4)
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Konzept der Fokalisierung im Kontext der Fernsehserie MISFITS. Sie analysiert, wie die unterschiedlichen Ebenen der Fokalisierung das Verständnis des Zuschauers für die Handlung und die Figuren beeinflussen.
- Analyse der Fokalisierungsebenen nach Edward Branigan
- Untersuchung der Auswirkungen von externer und interner Fokalisierung
- Bedeutung der Fokalisierung für die Charakterentwicklung und die narrative Struktur
- Die Rolle der Fokalisierung bei der Gestaltung der Zuschauererfahrung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung gibt einen Überblick über den Begriff der Fokalisierung im filmtheoretischen Kontext und stellt Edward Branigan als den Begründer dieser Theorie vor.
Kapitel 2 führt in die Fernsehserie MISFITS ein und beschreibt die Charaktere, ihre Superkräfte und die allgemeine Handlung.
Kapitel 3 beleuchtet die verschiedenen Ebenen der Fokalisierung nach Edward Branigan und analysiert anhand von Beispielen aus MISFITS die Auswirkungen von externer und interner Fokalisierung.
Schlüsselwörter
Fokalisierung, Edward Branigan, MISFITS, Fernsehserie, Narration, Zuschauerverständnis, Charakterentwicklung, narrative Struktur, externe Fokalisierung, interne Fokalisierung.
- Arbeit zitieren
- Sally Seifert (Autor:in), 2014, Die TV-Serie "Misfits" und die Erzähltechnik der Fokalisierung nach Edward Branigan. Beeinflusst die Narration das Zuschauerverständnis?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316838