Im thematischen Zentrum der unverwechselbaren literarischen Welt von Jorge Luis Borges stehen Bücher, Labyrinthe, die Schrift und insbesondere das Imaginäre. Bei letzterem handelt es sich jedoch selten um reine Fiktion, vielmehr sind in Borges Erzählungen das Imaginäre und die Realität undurchdringbar miteinander verschmolzen – es fällt hier schwer, eine Unterscheidung zu machen.
Besonders eindrücklich zeigt sich dies in seiner ersten größeren Sammlung von Erzählungen „Fiktionen“, die im Dezember 1944 erschien. Hinter diesem programmatischen Titel verbergen sich sowohl Geschichten über das Erfinden von Geschichten, als auch Geschichten, die in all ihrer Fiktionalität in die reale historische Geschichte eintreten und sich ihr bedienen. In diesen treten Plots und Protagonisten in historischen Szenarien und Orten auf, die sich in Zweikämpfe politischer oder theologischer Parteien verwickeln, um am Ende in eben diesen unterzugehen, wie auch in den beiden Erzählungen „Thema vom Verräter und vom Helden“ und in „Drei Fassungen von Judas“, auf welche in dieser Arbeit das Hauptaugenmerk gelegt werden soll.
Das zentrale Motiv dieser beiden Erzählungen ist der Verrat, der jeweils vom Protagonisten begangen wird und der gleichzeitig ebenso die Erlösung bedeutet. Die hierin enthaltene Ambivalenz soll anhand der stilistischen und inhaltlichen Gegenüberstellung und der Analyse beider Erzählungen im Kontext zu Borges Erzählwerk durchleuchtet werden. Ziel ist es, die Gründe für diese Ambivalenz herauszustellen und sie zu deuten.
Um einen besseren Zugang zu den Texten von Jorge Luis Borges zu erlangen, soll zunächst kurz auf diejenigen Merkmale und Motivationen seines literarischen Schaffens eingegangen werden, die sich maßgeblich in den beiden zu untersuchenden Erzählungen wiederfinden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Wiederkehrende Motive in Jorge Luis Borges Erzählungen
- „Drei Fassungen von Judas“
- „Thema vom Verräter und vom Helden“
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Ambivalenz des Verrats als Erlösung in zwei Erzählungen von Jorge Luis Borges: „Drei Fassungen von Judas“ und „Thema vom Verräter und vom Helden“. Ziel ist die Herausarbeitung und Deutung dieser Ambivalenz durch stilistische und inhaltliche Gegenüberstellung im Kontext von Borges' Gesamtwerk.
- Die Darstellbarkeit von Geschichte und die Frage nach der historischen Wahrheit
- Das Motiv der Unendlichkeit und zyklischer Wiederholungen
- Die Verwendung des Paradoxes zur Verwirrung und Beunruhigung des Lesers
- Borges' Konzept des Menschen als Mikrokosmos
- Das Verhältnis von Verräter und Erlöser
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die thematische Welt von Jorge Luis Borges ein, die sich durch die Verschmelzung von Imaginärem und Realität auszeichnet. Der Fokus liegt auf den Erzählungen „Drei Fassungen von Judas“ und „Thema vom Verräter und vom Helden“, in denen der Verrat als ambivalentes Motiv der Erlösung dargestellt wird. Die Arbeit analysiert diese Ambivalenz durch Gegenüberstellung und im Kontext des Gesamtwerks.
Wiederkehrende Motive in Jorge Luis Borges Erzählungen: Dieses Kapitel beleuchtet wiederkehrende Motive in Borges' Werk, die auch in den analysierten Erzählungen präsent sind. Es werden die Darstellbarkeit von Geschichte und die Frage nach der historischen Wahrheit, die Unendlichkeit und zyklische Wiederholungen, die Verwendung von Paradoxen und Borges' Konzept des Menschen als Mikrokosmos diskutiert. Diese Motive bilden den Kontext für das Verständnis der Ambivalenz des Verrats.
„Drei Fassungen von Judas“: Diese Zusammenfassung konzentriert sich auf Borges' Erzählung „Drei Fassungen von Judas“, die die Episode des Verrats Judas an Jesus neu interpretiert. Der fiktive schwedische Theologe Nils Runeberg argumentiert, dass Judas' Verrat nicht zufällig, sondern vorherbestimmt war. Judas, der die göttliche Natur Jesu erkannte, wird als derjenige dargestellt, der ein würdiges Opfer für die Erlösung der Menschheit bringen musste. Die Erzählung nutzt Paradoxien und zyklische Denkstrukturen, um das Verhältnis von Verräter und Erlöser zu beleuchten. Runebergs Interpretation führt ihn selbst in die Position des Verräters, der ein furchtbares Geheimnis offenbart und dabei auf Gleichgültigkeit stößt. Diese Gleichgültigkeit wird als Bestätigung der göttlichen Absicht interpretiert. Das Kapitel analysiert die komplexen Beziehungen und die logischen Verstrickungen die entstehen wenn man versucht dieses Paradox zu lösen. Die scheinbar widersprüchlichen Elemente der Erzählung tragen zu ihrer vielschichtigen Thematik bei und zeigen, wie die Tat des Verrates als Notwendigkeit für die Erlösung aufgefasst werden kann.
Schlüsselwörter
Jorge Luis Borges, Verräter, Erlöser, Ambivalenz, Paradox, Unendlichkeit, Zyklus, Geschichte, Interpretation, „Drei Fassungen von Judas“, „Thema vom Verräter und vom Helden“, Fiktion, Realität.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse der Ambivalenz des Verrats in Borges' Erzählungen
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Ambivalenz des Verrats als Erlösung in zwei Erzählungen von Jorge Luis Borges: „Drei Fassungen von Judas“ und „Thema vom Verräter und vom Helden“. Der Fokus liegt auf der Herausarbeitung und Deutung dieser Ambivalenz durch stilistische und inhaltliche Gegenüberstellung im Kontext von Borges' Gesamtwerk.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit untersucht die Darstellbarkeit von Geschichte und die Frage nach der historischen Wahrheit, das Motiv der Unendlichkeit und zyklischer Wiederholungen, die Verwendung des Paradoxes zur Verwirrung und Beunruhigung des Lesers, Borges' Konzept des Menschen als Mikrokosmos und das Verhältnis von Verräter und Erlöser. Wiederkehrende Motive in Borges' Werk bilden den Kontext für das Verständnis der Ambivalenz des Verrats.
Welche Erzählungen von Borges werden analysiert?
Die Arbeit konzentriert sich auf zwei Erzählungen: „Drei Fassungen von Judas“ und „Thema vom Verräter und vom Helden“. Die Analyse legt besonderen Wert auf die Interpretation des Verrats als ambivalentes Motiv der Erlösung.
Wie wird die Ambivalenz des Verrats dargestellt?
Die Ambivalenz des Verrats wird durch stilistische und inhaltliche Gegenüberstellung der beiden Erzählungen im Kontext von Borges' Gesamtwerk herausgearbeitet und gedeutet. Die Analyse berücksichtigt dabei die Verwendung von Paradoxien, zyklischen Denkstrukturen und die Frage nach der historischen Wahrheit.
Welche Rolle spielt das Paradox in Borges' Erzählungen?
Das Paradox spielt eine zentrale Rolle in Borges' Erzählungen. Es dient der Verwirrung und Beunruhigung des Lesers und trägt maßgeblich zur vielschichtigen Thematik bei. Die Analyse untersucht, wie Paradoxien die Interpretation des Verrats als Notwendigkeit für die Erlösung ermöglichen.
Wie wird "Drei Fassungen von Judas" interpretiert?
In „Drei Fassungen von Judas“ wird die Episode des Verrats Judas an Jesus neu interpretiert. Judas wird nicht als zufälliger Verräter, sondern als vorherbestimmter Akteur dargestellt, der ein würdiges Opfer für die Erlösung der Menschheit bringen musste. Die Erzählung nutzt Paradoxien und zyklische Denkstrukturen, um das Verhältnis von Verräter und Erlöser zu beleuchten. Runebergs Interpretation führt ihn selbst in die Position des Verräters.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Jorge Luis Borges, Verräter, Erlöser, Ambivalenz, Paradox, Unendlichkeit, Zyklus, Geschichte, Interpretation, „Drei Fassungen von Judas“, „Thema vom Verräter und vom Helden“, Fiktion, Realität.
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- Anonym (Autor:in), 2014, Erlöserfiguren in den Erzählungen "Drei Fassungen von Judas" und "Thema vom Verräter und vom Helden" von Jorge Luis Borges, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316852