Jüdische Emigration aus Deutschland in die USA und nach Brasilien in den Jahren 1933-1945


Hausarbeit, 2004

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Jüdische Emigration aus Deutschland von 1933-45

2. Ziele und Wege der EmigrantInnen

3. Bedingungen und Vorraussetzungen jüdischer EmigrantInnen für die USA und Brasilien
3.1. Funktionale und subjektive Akkulturation
3.2. Zwischen Deutschland, Judentum und Amerika

4. Fazit

1. Jüdische Emigration aus Deutschland von 1933-45

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 und der Ernennung Adolf Hitlers zum neuen Reichskanzler, war den wenigsten Deutschen bewusst, ob jüdischer oder nichtjüdischer Abstammung, welche Ausmaße der Antisemitismus dieser Regierung annehmen würde. So kam es zunächst dazu, dass von rund 500.000 deutschen Juden mindestens die Hälfte zwischen dem Frühjahr 1933 und dem Herbst 1941 (endgültiges Auswanderungsverbot) das Land - freiwillig oder gezwungen - verließen.

„Der Antisemitismus wurde zur Konsolidierung der neu etablierten Herrschaft benutzt und planmäßig angewendet zur moralischen Diskreditierung, sozialen Diffamierung und rechtlichen Diskriminierung der jüdischen Minderheit in Deutschland.“[1] Bereits im ersten Jahr unter dem NS-Regime emigrierten 37.000 Deutsche aus Angst vor Repressalien und Verfolgung (siehe Tabelle im Anhang).[2] 94 % von ihnen waren Juden, die anderen 6 % waren EhepartnerInnen aus sogenannten Mischehen, PolitikerInnen, WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen, die der neuen „Ideologie“ nicht entsprachen.[3]

Dabei gab es drei Möglichkeiten, das Land zu verlassen:

1. Auf legalem Weg – Damit verbunden waren allerdings unendliche bürokratische Barrieren, die Umstände der Ausreise waren demütigend und schikanös: Das Antichambrieren bei Konsulaten und Reedereien bezüglich Ausreise, Transit-Visa und Einreisegenehmigung, das Anstehen für polizeiliche und finanzamtliche Unbedenklichkeitsbescheide, wie auch die zollamtliche Abfertigung des Eigentums.[4] Auswanderungswillige mussten 25 % ihres Gesamtvermögens als Reichsfluchtsteuer (seit 1931, von NS-Regime übernommen und 1934 verschärft) an den Staat entrichten. Außerdem durften sie ab 1937 bei der Ausreise nicht mehr als zehn Reichsmark Bargeld mit sich zu führen. Auf diese Weise bereicherte sich der Staat an den jüdischen EmigrantInnen bis 1939 mit 538 Millionen RM.[5]
2. Daneben waren aber auch Grenzüberschreitungen auf illegalem Weg weit verbreitet. Vielen war es unmöglich, in kürzester Zeit alle erforderlichen Unterlagen zu bekommen.
3. Durch das am 14. Juli 1933 verabschiedete „Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit“ wurden wieder andere zur Emigration gezwungen. Betroffen und damit staatenlos waren die nach 1918 eingebürgerten Juden, politische EmigrantInnen und Juden deutscher Herkunft. Insgesamt wurden bis März 1945 fast 39.000 Menschen ausgebürgert.[6]

Eine zweite Auswanderungswelle folgte 1935 im Zuge der „Nürnberger Gesetze“. Sie wiesen den Juden eine mindere Rechtsstellung zu, verboten Eheschließungen von Juden mit Nichtjuden und beschlossen ihre Entlassungen aus allen (öffentlichen) Arbeitsverhältnissen.

Ihre absolute Rechtlosigkeit und die damit verbundene Massenflucht manifestierte sich drei Jahre später in der „Reichspogromnacht“ vom 9./10. November 1938. Deutschlandweit wurden Synagogen angezündet, Geschäfte und Wohnungen von Juden geplündert und zerstört.[7]

Hatte bis dahin ein Drittel der Juden Deutschland verlassen, flohen 1939 78.000 vor dem Terror der Nationalsozialisten. Die im Januar 1939 von Reichsminister Hermann Göring im Innenministerium gegründete „Reichszentrale für jüdische Auswanderung“ koordinierte und forcierte ihre Emigration zusätzlich.

Ein rapider Rückgang der Auswanderungszahlen (1940/41 = 23.000 Emigranten) war zunächst auf die Umstände des Zweiten Weltkrieges zurückzuführen, bis es schließlich zum endgültigen Auswanderungsverbot im Oktober 1941 kam.[8] Dem Beschluss zur „Entlösung“ – dem systematischen Völkermord an deutschen wie europäischen Juden – auf der „Wannsee-Konferenz“ am 20. Januar 1942 fielen anschließend sechs Millionen Menschen zum Opfer. Sie wurden in Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet. Für die Jahre 1942-1945 sind nur noch etwa 8.500 Fälle von erfolgreicher und fast durchweg illegaler Ausreise bekannt.[9]

2. Wege und Ziele der Emigranten

Anfangs war Amerika kein beliebtes Ziel der EmigrantInnen, weder die USA im Norden noch Brasilien im Süden. Gefragt waren viel mehr Exil-Länder wie Frankreich, die Niederlande und die Tschechoslowakei, gefolgt von anderen europäischen Staaten. Die kulturelle und geografische Nähe war ausschlaggebender Grund, aber auch die Hoffnung und Aussicht, möglichst bald – nach politischer Entspannung – in die Heimat zurück zu kehren.

Erst als viele europäische Staaten den Flüchtlingsstrom stark behinderten oder ganz unterbanden und ein weiteres Verweilen durch die territoriale Expansion und Machtausweitung des Dritten Reiches in Europa zu unsicher schien, wurden die Übersee-Staaten zunehmend als Ausweichgebiete und Ersatz-Asyle in Betracht gezogen. Ungeschlagen auf Platz eins waren die USA, an zweiter Stelle die Staaten Süd- und Mittelamerikas und schließlich Länder in Asien und Afrika.[10]

Nach Nord- und Lateinamerika gelangten EmigrantInnen zu dieser Zeit auf dem Schiffsweg. Wichtige Ausreisehäfen in Deutschland waren Bremen und Hamburg, im Ausland in der Regel Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen, Marseille, sowie die französischen Atlantikhäfen. Flugzeuge dienten überwiegend zu Post- und Kommunikationszwecken, außerdem war es jüdischen Personen damals untersagt, diese Art von Transportmittel zu nutzen.[11]

„Nach dem Anschluss Österreichs und der Sudetengebiete veränderte sich die Geographie der Fluchtrouten bzw. verlagerten sich ihre Schwerpunkte auf bestimmte Häfen, die vorher nur eine geringe Bedeutung gehabt hatten.“[12] Außerdem gab es einen Wandel mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939. Trotz der Freundschaft zwischen Drittem Reich und Italien spielte Genua bis in die Kriegszeit hinein eine wichtige Rolle. Nach dem Ende des Spanischen Bürgerkrieges 1939 waren darüber hinaus Spanien und Portugal (als neutrales Land) wichtige Transit-Strecken geworden, gefolgt vom mühseligen Landweg über Sibirien nach Ostasien und schließlich per Schiff nach Amerika.[13]

[...]


[1] BENZ, Wolfgang (Hg.), Das Exil der kleinen Leute. Alltagserfahrung deutscher Juden in der Emigration, München: Beck 1991, S. 16.

[2] Ebd., S. 37.

[3] Mühlen, Patrik von zur, Fluchtziel Lateinamerika. Die deutsche Emigration 1933 –1945: politische Aktivitäten und soziokulturelle Integration, Bonn: Neue Gesellschaft 1988, S. 11.

[4] Vgl. BENZ, S. 10.

[5] Vgl. MÜHLEN, S. 16.

[6] Ebd., S. 15.

[7] BARZEL, Amnon (Hg.), Leben im Wartesaal. Exil in Shanghai – 1938-1947, Berlin: Jüdisches Museum im Stadtmuseum Berlin 1997, S. 11.

[8] Vgl. BARZEL, S. 10 f.

[9] Vgl. MÜHLEN, S. 24.

[10] Ebd., S. 25.

[11] Vgl. MÜHLEN, S. 25.

[12] Ebd., S. 25.

[13] Ebd., S. 25.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Jüdische Emigration aus Deutschland in die USA und nach Brasilien in den Jahren 1933-1945
Hochschule
Universität Erfurt
Veranstaltung
Deutschland in Bewegung: Die Erfahrung von Aus- und Einwanderung
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V31713
ISBN (eBook)
9783638326292
Dateigröße
555 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Jüdische, Emigration, Deutschland, Brasilien, Jahren, Deutschland, Bewegung, Erfahrung, Aus-, Einwanderung
Arbeit zitieren
Maria Kufeld (Autor:in), 2004, Jüdische Emigration aus Deutschland in die USA und nach Brasilien in den Jahren 1933-1945, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31713

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