Entstehungs- bzw. Rezeptionswirklichkeit des Films Zelig


Seminararbeit, 2004

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zusammenfassung des Filminhaltes

3. Wie viel Woody Allen steckt in Leonard Zelig?
3.1. Entstehung Zeligs – Thema
3.2. Entstehung Zeligs - Eingliederung in Filmphasen

4. Filmgenre Mockumentary

5. „Historische Augenzeugen“ – Die Interviewten 9

6. Filmhistorischer Hintergrund

7. Allens Kritik im Film
7.1. Kritik an Allens Film – Rezeption

8. Fazit

1. Einleitung

Einen Film zu sehen ist nicht schwer, doch den Inhalt und die Aussage zu verstehen, die uns der Drehbuchautor vermitteln will, dazu gehört schon etwas mehr als nur das passive Ansehen. Ein Film zeigt uns eine fiktionale Welt auf, die wir oftmals als reale Abbildung annehmen, wie der griechische Philosoph Platon schon in seinem „Höhlengleichnis“ darstellt.

Doch häufig werden nur Teile unserer Realität im Film beschrieben, um ein besseres Verständnis der erschaffenen Fiktion herbeizuführen. Durch diese Verschmelzung von Realität und Fiktion soll der Zuschauer zum Nachdenken angeregt werden und eventuell Anreize zur Veränderung seines bisherigen Weltbildes bekommen.

In dem Seminar ’Philosophie im Film’ wurde versucht das Spannungsfeld zwischen Fiktion und Realität an ausgewählten Filmen zu ergründen.

In der folgenden Ausarbeitung soll hinterfragt werden, in welchem thematischen und historischen Kontext der Film Zelig von Woody Allen aus dem Jahr 1983 steht. Wie entstand der Film? Welche Aussage vermittelt er? Wie wurde er vom Publikum und Kritikern aufgenommen?

2. Zusammenfassung des Filminhaltes

Leonard Zelig – das Chamäleon – war einer der bedeutendsten Männer der 20er/ 30er Jahre. Diesen Eindruck vermittelt uns Woody Allen mit seinem im Stil einer Dokumentation gehaltenen Film aus dem Jahr 1983.

Der in New York City lebende Büroangestellte Zelig (gespielt von Woody Allen) „wants so badly to be liked that he changes his personality to fit in with every group he´s with.”[1] Er wird unter Farbigen zum Schwarzen, unter Medizinern zum Selbigen – unter Nationalsozialisten wird der Jude sogar zum Nazi.

Bald beginnen sich die Medien und berühmte Psychiater für das Phänomen Leonard Zelig zu interessieren, besonders die Psychoanalytikerin Dr. Eudora Fletcher (Mia Farrow). Sie nimmt sich seiner an, beide verlieben sich ineinander und sie kann ihn schließlich nach etlichen Sitzungen heilen. Er hat nun nicht mehr das Bedürfnis sich anpassen zu müssen, um beliebt zu sein.

Doch an diesem Punkt holt ihn seine Vergangenheit ein. Unzählige Frauen klagen ihn an, mit einer seiner unzähligen Identitäten verheiratet zu sein und Kinder von ihm zu haben. Wieder Andere wurden von ihm als vermeintlichen Arzt in der Vergangenheit unsachgemäß operiert.

Seine Anpassungsmanie bricht erneut aus und er setzt sich heimlich nach Deutschland ab. Dort entdeckt ihn Eudora Fletcher als Anhänger der Nationalsozialisten. Sie fährt zu ihm und als ihr Wiedersehen eine Rede Hitlers stört, hetzt dieser die SS auf das Paar. Beide entkommen mit einem Flugzeug, indem Zelig zum Piloten wird und einen neuen Weltrekord per „Kopf-unter-Flug“ über den Atlantik aufstellt. Zurück in New York werden sie als Helden gefeiert. Alle Anklagen gegen Zelig werden fallen gelassen und sie bekommen als Ärztin und Patient des Jahres die Tapferkeitsmedaille verliehen. Schlussendlich heiraten Leonard und Eudora.

3. Wie viel Woody Allen steckt in Leonard Zelig?

Dass Woody Allen viele autobiographische Elemente in seinen Filmen verarbeitet, ist nichts Ungewöhnliches. Und so lassen sich auch zwischen Protagonist Zelig und Darsteller/Drehbuchautor und Regisseur Allen einige Parallelen ziehen. Seine zentralen Themen wie Frauen, Psychoanalyse (in acht von 15 Filmen zwischen 1976-1990)[2] und das Judentum führen alle auf das wahre Leben Woody Allens zurück.

Nach seiner Ehe mit der Schauspielerin Diane Keaton, die bereits in einigen seiner Filme mitspielte, heiratete er die Akteurin Mia Farrow und lebte mit ihr von 1980-1992 in New York. Sie spielt Zeligs Psychoanalytikerin Dr. Eudora Fletcher. Auch im Film verlieben sich beide ineinander und heiraten – nicht zuletzt wegen ihres unermüdlichen Engagements, seine psychische Krankheit zu ergründen und schließlich zu heilen. Zelig scheint mit ihrer Unterstützung seine soziale und ethnische Identität gefunden zu haben.

Die Filmwissenschaftlerin Angelika Janssen stellt an dieser Stelle fest, dass gerade in den USA die religiöse Orientierung der Menschen entscheidend zu ihrem Findungsprozess beiträgt. „Im Falle der Allen-Figuren, die sich nicht mehr im orthodoxen Sinne mit ihrer jüdischen Religion identifizieren, übernimmt der Besuch beim Psychoanalytiker eine Funktion, die vorher die Ausübung der Religion innegehabt hat: sie soll der Selbstfindung dienen.“[3] Für seine Charaktere ist das Gespräch mit dem Rabbi einer Synagoge, dem Aufsuchen der Analytiker-Couch gewichen.

Bereits seit 1959 begibt sich auch der neurotische Woody Allen selbst regelmäßig in die Hände diverser Psychologen.[4] In einem Stern-Interview aus dem Jahr 1984, ein Jahr nach der Veröffentlichung von Zelig, wurde ihm diesbezüglich folgende Frage gestellt: „Nach all den Jahren der Analyse: Kennen Sie sich jetzt besser? Akzeptieren Sie sich? - Allen: Kennen: Ja. Akzeptieren: Ein bißchen mehr. Obwohl es immer noch Augenblicke gibt, in denen ich wünschte, jemand anderes zu sein.“[5]

Dieser letzte entscheidende Satz könnte dem Drehbuch entstammen. Allens partielles Bedürfnis nach einer anderen Identität spiegelt sich überspitzt in dem abnormen Anpassungswahn der Figur Leonard Zelig wider. Während bei ihm lange Zeit keine eigene Persönlichkeitsstruktur erkennbar ist, schafft es schließlich Dr. Eudora Fletcher dank der Psychoanalyse und ihrer Liebe, ihm die Angst zu nehmen, sich zu akzeptieren wie er ist.

3.1. Entstehung Zeligs - Thema

Woher genau die Idee zum Film rührte, ist nicht bekannt, wohl aber ihre Entwicklungsgeschichte. Am Anfang, so heißt es, habe Woody Allen den Einfall gehabt, einen Film über eine Person zu machen, die sich mit ihrer Persönlichkeit der Umwelt anpasst, um von den Menschen, die sie umgeben, gemocht zu werden. Später sei die Idee erweitert worden, die Anpassung der Person physisch zu visualisieren. Allen weiter: „Then I thought, it would be very interesting to present him as an international phenomenon and that his story should be told in a very documentary way (…).”[6] Weiterführend lag sein primäres Interesse darin, das Phänomen der Anpassung am neurotischen Zelig herauszustellen, ohne jedoch weiteren Details der Privatperson große Beachtung zu schenken. Dieser Fakt begründet außerdem die dokumentarische Darstellungsweise. Der Film setzt in seiner Form die klassische Erzählweise außer Kraft, indem er „aus einem multiperspektivischen Point Of View die Identität einer Person, die im Banne von Berühmtheit, Medienwirkung und Publikumsgeschmack steht (…).“ reflektiert.[7]

Abgesehen von den psychoanalytischen Sitzungen, bei denen der Protagonist selbst interagiert, sind es meistens die sogenannten Experten und vermeintlichen Zeitzeugen, die seine Persönlichkeit für den Zuschauer beleuchten, analysieren und interpretieren. Sie vermitteln so einen annähernd objektiven Eindruck seines Lebens.

3.2. Entstehung Zeligs - Eingliederung in Filmphasen

Warum spielt nun aber der Film fast ausschließlich in den 20er/ 30er Jahren?

Zur Klärung dieser Frage ist ein kleiner Exkurs bezüglich der thematischen Entwicklung von Woody Allens Filmen nötig. Der Filmwissenschaftler Jürgen Felix hat für dessen Werke drei Filmphasen mit verschiedenen Schwerpunkten herausgestellt:

- In der ersten Phase die komödiantischen Werke – so gennante “funny movies“ (60er/ 70er), die stark von seiner Slapstickkomik beeinflusst waren. Rudimentär finden sich solche lustigen Elemente auch in Zelig wieder, etwa wenn Zelig die Wände hoch läuft. Mit solch überzogener Darstellung soll der Rezipient allerdings nicht mehr nur unterhalten, sondern auf die fragwürdige Glaubhaftigkeit hingewiesen werden.

[...]


[1] NICHOLS, Mary P., Reconstructing Woody: Art, Love, and Life in the Films of Woody Allen, Oxford: Rowman & Littlefield 1998, S.99.

[2] JANSSEN, Angelika, Deconstructing Woody Allen: ein amerikanischer Filmemacher zwischen Kunst und Kommerz, Frankfurt am Main: Peter Lang 2002, S. 89.

[3] Vgl. JANSSEN, S. 89.

[4] SCHAPER, Michael, Wir handeln mit Träumen: Von Woody Allen bis Steven Spielberg, Frankfurt am Main: Fischer 1988, S. 12.

[5] Vgl. SCHAPER, S. 12.

[6] SCHWARTZ, Richard A, Woody, from Antz to Zelig – A reference to Woody Allen´s creativ work, London: 2000, S. 273.

[7] TÖTEBERG, Michael (Hrsg.), Metzler Filmlexikon, Stuttgart: 1995, S. 653.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Entstehungs- bzw. Rezeptionswirklichkeit des Films Zelig
Hochschule
Universität Erfurt
Veranstaltung
Philosophie des Films
Note
1,7
Autoren
Jahr
2004
Seiten
16
Katalognummer
V31783
ISBN (eBook)
9783638326865
Dateigröße
590 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entstehungs-, Rezeptionswirklichkeit, Films, Zelig, Philosophie, Films
Arbeit zitieren
Maria Kufeld (Autor:in)Nadja Körner (Autor:in), 2004, Entstehungs- bzw. Rezeptionswirklichkeit des Films Zelig, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31783

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