Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung / Expose
1.1 Das Würfelspiel ,,Mäxchen“
1.2 Fragestellungen
2 Einführung der Begriffe in der Schule
2.1 Zufallsexperiment
2.2 Wahrscheinlichkeitsraum
2.3 Zufallsvariable
2.4 Eigenschaften nominal, ordinal und reell
2.5 Verteilungsfunktion
2.6 Quantile
3 Didaktisches Konzept
3.1 Lehrplanbezug
3.2 Didaktische Prinzipien und fundamentale Ideen
3.3 Zugang
3.4 Voraussetzungen
3.5 Lernziele
4 Sampling
4.1 Frequentistische Interpretation der Wahrscheinlichkeit
4.2 Relative Häufigkeit und Barplot
4.3 Empirische Verteilungsfunktion
4.4 Median
5 Erfahrungsbericht zur Realisierung in der Praxis
5.1 Rahmenbedingungen
5.2 Stundenplanung
5.3 Reflexion der Unterrichtseinheit
5.4 Feedback des Betreuungslehrers
6 Anhang
6.1 R-Code fUr das Sampling
1 Einleitung / Expose
Im Schulunterricht kann die Wahrscheinlichkeitstheorie besonders gut anhand von Spielen verständlich gemacht werden. So sind beispielsweise Würfelspiele generell weit verbreitet und damit das Zufallsexperiment des WUrfelns bekannt. In dieser Arbeit werden verschiedene wahrscheinlichkeitstheoretische Sachverhalte nach dem exemplarischen Prinzip am Wurfelspiel „Mäxchen“ behandelt.
1.1 Das Würfelspiel „Mäxcheď
Das Spiel „Mäxchen“ ist ein Wurfelspiel, bei dem mit zwei Wurfeln gewärfelt wird. Das Spiel ist auch unter den Namen „Lügen“, „Mexiko“ und „Einundzwanzig“ bekannt. [6]
Die Spielregeln:
Bei dem Spiel, das gerne auch als „Trinkspiel“ gespielt wird, können beliebig viele Spieler teilnehmen. Gespielt wird im Uhrzeigersinn. Es wird mit einem Wurfelbecher, einem Untersetzer und zwei Wärfeln verdeckt gewurfelt. Der stets zweistellige Wurfwert wird ermittelt, indem die gräßere Augenzahl der beiden Wuärfel als Zehnerstelle und die kleinere als Einerstelle gesetzt wird. Die Reihung der Wurfelwerte erfolgt folgendermaßen:
31, 32, 41, 42, 43, 51, 52, 53, 54, 61, 62, 63, 64, 65, 11 , 22, 33, 44, 55, 66, 21. Ein Ergebnis mit zwei gleichen Augenzahlen wird „Pasch“ genannt. Das beste Ergebnis, die 21 wird „Mäxchen“ genannt. Der Wurfelnde muss „versuchen“ ein häherwertiges Ergebnis zu wurfeln als sein Vorganger. Er kann dann den Becher ankippen um den Wurf zu sehen. Dann muss er den Wurf verdeckt an den naächsten Spieler weitergeben. Dabei muss er den Mindestwert des Wurfes ansagen. Da das Ergebnis des Vorgaängers uäberboten werden muss, muss der Wurfelnde notfalls lugen. Der nächstfolgende Spieler hat nun folgende Wahl:
- Er glaubt dem Vorgänger: Er wurfelt ohne das Ergebnis gesehen zu haben. Er muss dabei wiederum den Vorgänger uberbieten, also ein besseres Ergebnis erzielen bzw. lügen.
- Er zweifelt das Ergebnis an, bezichtigt den Vorgänger also der Luge. Dann darf er den Becher anheben um das Ergebnis aufzudecken. Ist das Ergebnis besser oder gleich dem angesagten Wert, dann wird er bestraft. Ist das Ergebnis aber geringer als der angesagte Wert, dann wird der Vorganger, also der Lugner „bestraft“.
Erhält ein Spieler also die Wärfel mit der Ansage „Maxchen“ so bleibt ihm nur die Moglichkeit zu zweifeln. Er muss also uberpriifen, ob wirklich ein Maxchen erwurfelt wurde. [6]
1.2 Fragestellungen
Würde das Spiel „sehr oft“ gespielt werde, so würde ein Spieler mit einer besseren Strategie seltener „bestraft“ werden als die anderen. Es steht außer Frage, dass ein Teil der Strategie natürlich darin liegt, „Lügner“ an Tonfall und Körpersprache zu erkennen. Andererseits aber gibt es auch eine wahrscheinlichkeitstheoretische Strategie, um das Risiko, „bestraft“ zu werden zu minimieren. So stellt sich beispielsweise die zentrale Frage:
Ab welchem Ergebnis ist es nicht mehr sinnvoll, neu zu würfeln?
Die Begriffe und die Theorie dazu können erarbeitet werden, indem Antworten auf verschiedene Impulsfragen gesucht werden, z.B:
- Wie wahrscheinlich sind die verschiedenen Ausgänge? Ist die Wahrscheinlichkeit hoher für einen 6-er Pasch oder für das „Mäxchen“?
- Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich nach dem Würfeln lügen muss?
- Mein Vorgänger beginnt die Runde. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich als 2. Würfler bereits „lügen“ muss?
In der vorliegenden Arbeit werden Situationen aus dem Wuörfelspiel sowohl wahrscheinlichkeitstheoretisch modelliert, als auch mit dem Programm R simuliert.
2 Einführung der Begriffe in der Schule
In diesem Abschnitt werden wir das Spiel sukzessive modellieren. Im Zuge dessen tauchen neue wahrscheinlichkeitstheoretische Begriffe auf, die dann anhand des Beispieles eingeführt werden können.
2.1 Zufallsexperiment
Zu Beginn wird der Begriff des Zufallsexperiment eingeführt. Dabei handelt es sich um einen zufülligen Vorgang, bei dem folgendes zutrifft: [2]
- Die Versuchsbedingungen sind genau festgelegt.
- Die Menge aller müglichen Ausgünge (Ω) ist im Vorhinein bekannt. Der Ausgang selbst aber unbekannt.
- Das Experiment kann beliebig oft unter den selben Versuchsbedingungen wiederholt werden.
Als einleitendes Zufallsexperiment kann in der Schule das Wurfeln mit einem und dann mit zwei Wurfeln ausprobiert werden. Das Experiment verdeutlicht, dass die Grundmenge Ω festgelegt und bekannt ist. Ebenso wird den Schülern1 schnell klar, dass trotz der selben Versuchsbedingungen der Ausgang unbekannt ist.
Anhand von Strichlisten uüber die Ausgaünge des Zufallsexperimentes küonnen auch die Begriffe absolute und relative Häufigkeit eingeführt werden.
2.2 Wahrscheinlichkeitsraum
Zu Beginn wird auf den Wurf eines eines Wuürfels eingegangen. Dieser kann mit einem Laplace-Raum (Ω = {1,6} , F = 2Ω,Ρ = Uq) modelliert werden. In der Schule reicht es aber aus, von der Grundmenge Ω und ihren Teilmengen und dem Wahrscheinlichkeitsmaß zu sprechen.
Der Begriff „Wahrscheinlichkeit“ ist bei den meisten Schulern aus dem Alltag bereits bekannt. Hier kann die Wahrscheinlichkeit als subjektives Vertrauen angesprochen werden. Mit dieser Art von Wahrscheinlichkeit wird auch „Müxchen“ gespielt. Die Wahrscheinlichkeit wird aus Erfahrungswerten und dem „Verhalten“ des Vorganger-Spielers subjektiv eingeschützt.
Das Wahrscheinlichkeitsmaß wird nun aber frequentistisch interpretiert: Wird das Zufallsexperiment „sehr oft“ durchgefuhrt, so geht die relative Hüufigkeit eines Ereignisses konvergenzartig gegen seine Wahrscheinlichkeit. Dies kann durch ein Sampling anschaulich gemacht werden (siehe Abschnitt 4.1). Wird „oft“ gewurfelt, so wird der relative Anteil jedes Ausgangs etwa 1/6 betragen. Jeder der 6 moglichen Ausgünge ist also gleich wahrscheinlich (diskrete Gleichverteilung).
-Mit „Schüler“ sind in Folge ausdrücklich beide Geschlechter gemeint
Für eine Teilmenge B Ç Ω gilt also:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dieser vereinfachte Wahrscheinlichkeitsraum reicht zunüchst aus, um das Wahrscheinlichkeitsmaß und seine Eigenschaften einzuführen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Additivitat und insbesondere P(0) = 0
Darauf aufbauend wird der Wurf mit zwei Würfeln modelliert. Dass es sich dabei um einen Produktraum von 2 solchen Wahrscheinlichkeitsrüumen (Ω = {1,6}2 , F = 2ω,P = Uq) handelt, muss in der Schule nicht erwahnt werden. Statt dessen wird die Grundmenge als Menge aller müglicher Ausgünge folgendermaßen angepasst:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Begriff der Unabhüngigkeit wird hier kurz erwühnt. Die Unabhangigkeit der beiden Wuürfe kann intuitiv verstanden werden: Der Ausgang des einen Wurfels beeinflusst jenen des anderen nicht. Da die Wahrscheinlichkeit für jede Augenzahl jedes Wurfels gleich ist, ist in diesem Fall die Wahrscheinlichkeit fuür jedes Paar gleich. Man sollte sich zwei verschieden markierte Wuürfel (z.B. Wuürfel 1: blau, Wuürfel 2: rot) vorstellen, um die Ereignisse mit umgekehrten Augenzahlen als verschiedene Ereignisse zu identifizieren.
2.3 Zufallsvariable
Zur weiteren Modellierung bedarf es des Begriffs der Zufallsvariable. Dieser Begriff kann in der Theorie fur Schuler etwas abstrakt erscheinen. An diesem Wurfelspiel wird er aber relativ einfach begreifbar. Es ist namlich nicht das Ereignis (Augenzahlen der beiden Wurfel) an sich von Interesse, sondern eine diesem zugeordneter Wurfwert als „Punktezahl“. Daher wird beim Spielen an sich bereits (wohl unbewusst) mit einer Zufallsvariable gearbeitet. Die Zufallsvariable X ist eine Funktion, welche jedem Elementarereignis (Wurf) eine reelle Zahl (Wurfwert) zuordnet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die 36 verschiedenen Wurfkombinationen werden durch diese Zufallsvariable auf 21 verschiedene Wurfwerte abgebildet. Diese sind in folgender Tabelle dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Tabelle ist symmetrisch, d.h. alle Wurfwerte mit unterschiedlichen Ziffern können jeweils durch zwei verschiedene Wurfkombinationen erzielt werden. Die Wurfwerte mit gleichen Ziffern, sogenannte Paschs dagegen können nur durch eine Kombination erreicht werden.
So ist beispielsweise fur das Erzielen einer 31 irrelevant, ob der rote Wörfel auf eine 3 und der blaue auf eine 1 föllt. Die Wahrscheinlichkeit fur verschie- denziffrige Wuörfelwerte errechnet sich beispielsweise wie folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Wahrscheinlichkeit för gleichziffrige Wörfelwerte (Paschs) errechnet sich dagegen wie folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hier wird den Schulern verdeutlicht, dass die Wahrscheinlichkeit fur ein Maxchen doppelt so hoch ist wie jene för einen der Paschs.
Aus der Tabelle kann man auch ersehen, dass ein Wurfwert mit einer hoöheren 10-er Stelle wahrscheinlicher ist als ein solcher mit einer niedrigeren.
Die Wahrscheinlichkeit, irgend einen 60-er Wert zu wörfeln betrögt beispielsweise:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Wahrscheinlichkeit fur irgend einen 40-er Wert dagegen beträgt nur:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese Sachverhalte können wiederum durch mehrmaliges Wurfeln erprobt werden. Im Sinne der Lerntheorie des „Conceptual Change“ kann hier bei den
Schülern das Interesse geweckt werden (siehe Abschnitt 3.2).
An dieser Stelle können der Umgang mit der Additivitat des Wahrscheinlichkeitsmaßes geübt und zugleich einige Fragestellungen zum Spiel geklört werden. (z.B: Ist hoher die Wahrscheinlichkeit för irgend einen Pasch oder för irgend einen 60-er Wert?)
2.4 Eigenschaften nominal, ordinal und reell
Im Spiel sind diese Wurfwerte nun aber nach einer „Rankingskala“ geordnet. Dies bietet die Möglichkeit, die Begriffe nominal, ordinal und reell ein- zuföhren, falls diese noch nicht bekannt sind. Es handelt sich hier um ein ordinales Merkmal. Im Gegensatz zu nominalen Merkmalen haben die WUrfelwerte eine Ordnung. In folgender Zeile sind die Wurfwerte nach diesem „Ranking“ in aufsteigender Reihenfolge geordnet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die verschiedenziffrigen Wurfwerte sind die schlechtesten, geordnet nach Größe des Wertes. Eine Ausnahme ist das „Möxchen“, welches den besten Wert darstellt. Dazwischen liegen die Paschs, ebenfalls nach Größe geordnet. Anders als bei reellen Merkmalen kann aber keine Aussage gemacht werden, um wie viel ein Merkmal hoher steht als ein anderes (Abstandsbegriff).
Für die Ordnung der Werte wird die Funktion Y benötigt:
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Wir definieren nun ein neue Zufallsvariable Z := Y о X, welche einem Elementarereignis direkt sein Ranking zuordnet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das funktionale Denken als fundamentale Idee kommt hier sowohl beim Begriff der Zufallsvariable als auch bei der HintereinanderausfUhrung von Funktionen zum Tragen (siehe Abschnitt 3.2).
In Abbildung 1 ist ein Barplot über die Wahrscheinlichkeiten der möglichen Wurfwerte dargestellt. Damit können die bisher behandelten Inhalte als Ergebnissicherung zusammengefasst werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Barplot: Wahrscheinlichkeiten der möglichen Wurfwerte
In diesem Zusammenhang wird in einigen SchulbUchern vor der EinfUhrung der Verteilungsfunktion die Verteilung oder Wahrscheinlichkeitsfunktion einer diskreten Zufallsvariable eingeföhrt: [7]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dies ist aber bei Verwendung der nachfolgenden Notation nicht zwingend notwendig.
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- Arbeit zitieren
- Dipl. Ing. Jonas Stecher (Autor:in), 2016, Würfelspiel "Mäxchen". Ein didaktisches Konzept für den Stochastik-Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/317884
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