Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. „Neue Liebe, neues Leben“
2.1 Entstehungskontext der „ Neue Liebe, neues leben“
2.2 Metrik und Thematik
2.3 Innere Konflikt von Goethe in Bezug auf die fesselnde Liebe
3. „Ach Liebste/ laß uns eilen“
3.1 Metrik und Thematik
3.2 Innerer Konflikt von Opitz in Bezug auf die Geliebte
4. Vergleich der „Neue Liebe, neues Leben“ mit „Ach Liebste/ laß uns eilen“
4.1 Einleitende Bemerkungen
4.2 Unterschiede in Dispositionen und Redesituation
5. Intention der Autoren in Bezug auf die Gedichte
6. Quellen und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Bedeutung der Gedichte ist sehr groß und sie entwickeln sich mit der Zeit immer weiter. Man trifft in der Literaturgeschichte auf verschieden Formen, wie auch im Zitat genannt: „Literaturgeschichte gibt es heute in mancherlei Varianten“1, diese Varianten sind Hauptsächlich von der jeweiligen Epoche beeinflusst.
Auffallend ist, dass Gedichte einer Epoche zuzuordnen sind, wie in unserem Fall „Ach Liebste/ laß uns eilen“ in die Epoche des Barock2 und „Neue Liebe, neues Leben“ in die des Sturm und Drang3. Durch die Nennung der Epochen möchte ich verdeutlichen, dass Gedichte nicht einfach aus dem nichts entstehen, sondern eine Struktur haben, die sie beeinflusst. Bestimmte geschichtliche Eigenschaften führen dazu dass die Autoren der Zeit entsprechend handeln.4
Den Hauptgegenstand der vorliegenden Hausarbeit bildet der Vergleich der Gedichte von Johann Wolfgang Goethes „Neue Liebe, neues Leben“ mit dem von Martin Opitz „ Ah Liebste/ laß uns eilen“.
Zuerst wird das Gedicht „Neue Liebe, neues Leben“ analysiert mit Berücksichtigung auf die Punkte der Entstehung, Metrik und Thematik. Daraufhin betrachten wir den inneren Konflikt Goethes näher im Bezug auf die Liebe. Anschließend wird das Gedicht „Ach Liebste/ laß uns eilen“ auf die Punkte der Metrik und Thematik analysiert und als letzter Punkt wird der innere Konflikt Opitz‘ in Bezug auf die Geliebte geschildert. Als nächstes werden die Unterschiede beider Gedichte im Bereich der Disposition und Redesituation verdeutlicht. Als letzter Punkt kommt die Intention beider Autoren. Diese Hausarbeit soll sich außerdem noch mit der Frage beschäftigen, in welcher Sicht die Autoren sich hinsichtlich der in den Gedichten dargestellten Liebe unterscheiden und Ihre Relevanz in der Geschichte der Dichtung soll ebenfalls erfasst werden.5
2. „Neue Liebe, neues Leben“
2.2 Entstehungskontext des Gedichts „Neue Liebe, neues leben“
Johann Wolfgang von Goethes Leben wurde 1775 durch seine Beziehung zu Anna Elisabeth Schönemann, auch Lili genannt, aus der Bahn geworfen. Die erst 16-Jährige brachte Goethes damalige Lebensplanung völlig durcheinander.6 Goethe wurde durch diese Beziehung unglücklich und fühlte sich eingeengt. Die Verlobung wurde bereits nach einem halben Jahr wieder gelöst, da die beiden Elternhäuser der Verbindung ablehnend gegenüber standen. Mitten in seiner Sturm und Drang Zeit schreibt Goethe das Gedicht „Neue Liebe, neues leben“, in dem er sich mit seiner durch die Beziehung zu Lili geprägten Gefühlswelt befasst.7 Das Gedicht wurde als Brief an Johann Heinrich Merck geschrieben. Goethe versandte das Gedicht an Betty Jacobi „für die Iris“ am 6.2.1775. In dieser Zeitschrift erschien es im März 1775, das Gedicht erschien allerdings ohne den Namen des Autors. Das Gedicht wurde unter die „Vermischten Gedichte“ des achten Bandes der Schriften von 1789 aufgenommen.8
2.3 Metrik und Thematik
Das Gedicht „Neue Liebe, neues Leben“, von Johann W. v. Goethe aus der Epoche des Sturm und Drang, das er 1775 verfasste, handelt von den Veränderungen, auf die man sich in einer festen Beziehung einstellen muss, und dem magischen Bann, der von einer geliebten Frau ausgeht. In diesem Fall von Lili Schönemann, die ihn wieder Willen sehr einengte.
Das Gedicht ist in traditioneller Form geschrieben, statt in der metrischen Freiheiten des Sturm und Drang.9 Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit jeweils acht Versen. Es ist durchgängig im vierhebigen Trochäus geschrieben. Die jeweils ersten vier Strophen weisen einen Schweifreim auf (abab) und die vier folgenden Verse einen Paarreim. Die Kadenzen treten in allen Strophen nach dem gleichen Schema auf: Die ersten und dritten Verse haben weibliche, also zweisilbige Kadenzen, die zweiten und vierten Verse männliche Kadenzen.
2.4 Analyse- und Interpretationsansätze
Bei diesem Gedicht tauchen mögliche Probleme und Fragen auf, diese wären, dass auf syntaktischer und semantischer Ebene Uneinigkeiten festzustellen sind.10 Zum einem, wer redet ab V. 13? Ist es das zunächst angesprochene Herz oder das Ich selbst? Eine der möglichen auftauchenden Verwirrung ist auch in V. 19. Ist, „das Mädchen lieb und lose“ oder vielleicht „liebe lose“ gemeint und gegen wessen Willen hält sie das lyrische Ich fest, gegen seinen oder ihren eigenen.11
In der folgenden Analyse ist es wichtig, dass man den Titel mit einbezieht. Der Titel ruft positive Erwartungen wach, die durch das Gedicht nicht bestätigt werden. Man erwartet eine schöne, harmonische Beziehung.
Die erste Strophe beginnt mit zwei rhetorischen Fragen, die verdeutlichen, dass das „Herz“ (V. 1) und die „Liebe“ (V. 24) als Ansprechpartner angesprochen werden, statt der Frau werden sie personifiziert.
Das lyrische Ich kann seine Gefühle und seinen Verstand trennen und stellt seine eigene Situation in den Vordergrund. Es fühlt sich von der neuen Liebe bedrängt, entfremdet und ist ihr gegenüber unruhig, dies wird auch in V. 2 deutlich, indem er das Verb „bedrängen“ zum Vorschein bringt. Das schlechte und misstrauische Verhältnis Goethes zur Beziehung kommt daher, dass er vor Lili Schönemann in Charlaotte Buff verliebt war. Jedoch war sie bereits verlobt und erwartete ein Kind, also musste Goethe damit leben, dass Charlotte nicht eine Beziehung mit ihm anfangen konnte.12 Durch diese Erfahrung waren für ihn seine folgenden Beziehungen nicht richtig, d.h., es hat etwas für ihn gefehlt, dies wird in diesem Zitat deutlich:
„Nichts aber veranlaßt mehr diesen Überdruß, als die Wiederkehr der Liebe. Die erste Liebe, sagt man mit Recht, sei die einzige: denn in der zweiten und durch die zweite geht schon der höchste Sinn der Liebe verloren. […] sie erscheint vergänglich wie alles Wiederkehrende.“13
Diese Erfahrung des Herzschmerzens sorgte meiner Meinung nach dafür, dass Goethe Angst vor einer neuen Liebe hatte und sie auch als falsch betrachtete, da er der Aufsicht war, nur alles, was zum ersten Mal ist, hat eine wichtige Bedeutung. Außerdem hat die bevorzugte Stellung des Ichs in Goethes Lyrik Auswirkungen auf die Struktur und den Verlauf der dargestellten Handlung. Man muss wissen, dass Goethes Gedichte oft eine dialogische Komponente haben oder einer spannungsreichen Zweisamkeit nachgehen.14 Jedoch taucht Goethe, durch die individuelle Beziehung, einen gewissen Vertrauensverhältnis zwischen dem Leser und dem lyrischen Ich. Als Beispiel dazu kann man Hegel nehmen. Hegel wies Goethe auf dem Felde der Poesie den überragenden Rang zu. In der Gesamtheit der lyrischen Gedichte stelle sich die poetische innere Bewegung eines Individuums dar, dies erkennen wir an diesem Zitat:
„Denn der lyrische Dichter ist gedrungen, alles, was sich in seinem Gemüt und Bewußtsein poetisch gestaltet, im Liede auszusprechen […]. In dieser Rücksicht ist besonders Goethe zu erwähnen, der in der Mannigfaltigkeit seines reichen Lebens sich immer dichtend verhielt. Auch hierin gehört er zu den ausgezeichneten Menschen.“15
Ein Dichter hat eine wichtige Rolle und die ist es, seine Absicht deutlich vorzustellen und den Leser eine Spannende und möglichst reale Geschichte zu erzählen.
[...]
1 Kohlschmidt, Werner: Geschichte der deutschen Literatur vom Barock bis zu Klassik, Stuttgart: Philipp Reclam 1965, S. 5.
2 Barock: Typisches Merkmal des Barocks war der Vanitas Gedanke (Gedanke das alles vergänglich ist), memento morie (Gedenke des Todes), das man den Augenblick genießen soll und carpe diem (Genieße den Tag). Die Aufforderung den Augenblicks zu genießen, ist eine Umformulierung von „Carpe diem“.
3 Sturm und Drang: Gefühle und die Freiheit stehen hier im Vordergrund, das eigene Ich wird Gegenstand der literarischen Betrachtung.
4 Vgl. Dramentheorie. Texte vom Barock bis zur Gegenwart, (Hg.): Langemeyer, Peter, Stuttgart: Reclam Verlag 2011, S. 47.
5 Goethe, W. J.: Johann Wolfgang Goethe Sämtliche Gedichte, Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 2007, S. 43.
6 Vgl. Neuhaus, Volker: Andre verschlafen ihren Rausch, meiner steht auf dem Papiere. Goethes Leben in seiner Lyrik, Köln 2007, S. 134.
7 Vgl. Rudolf, Ibel: Der junge Goethe. Leben und Dichtung 1767-1775, Bremen 1949, S. 145ff.
8 Vgl. Weimar, Klaus: Goethes Gedichte 1769 - 1775. Interpretationen zu einem Anfang, (Hg.): Schöningh, Ferdinand, Paderborn 1982. S. 109.
9 Vgl. Neuhaus, Volker: Andre verschlafen ihren Rausch, meiner steht auf dem Papiere. Goethes Leben in seiner Lyrik, Köln 2007, S. 135.
10 Vgl. ebd. S. 135ff.
11 Vgl. Neuhaus, Volker: Andre verschlafen ihren Rausch, meiner steht auf dem Papiere. Goethes Leben in seiner Lyrik, Köln 2007, S. 134.
12 Vgl. Ibel, Rudolf: Der junge Goethe S. 129ff.
13 Goethe Handbuch HG: Otto, Regine/ Witte Bernd (hier fehlt ein Zeichen) Verlag J. B. Metzler, Stuttgart 1996, S. 110.
14 Vgl. Bernhardt, Rüdigen: Johann Wolfgang von Goethe. Das lyrische Schaffen, Hollefeld 2008, S. 27.
15 Joseph Kiermeier-Debrein, Goethe, Das lyrische Werk, in: Kindlers Neues LiteraturLexikon, Bd. 6, München, 1989, S. 433.