Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den idyllischen Elementen in Schillers "Wilhelm Tell". Bevor mithilfe einer ausführlichen Inhaltsanalyse die idyllischen Elemente des Dramas untersucht und die Rolle des Idyllischen für die Gesamtinterpretation des Dramas herausgearbeitet werden, soll der Begriff Idylle definiert und auf Probleme bei der Gattungsabgrenzung aufmerksam gemacht werden. Den Abschluss dieser Arbeit bildet ein zusammenfassendes Fazit.
1793 ordnete das französische Nationalkonvent an, die Tragödie des „Wilhelm Tell und andere Stücke, die die ruhmvollen Ereignisse der [französischen] Revolution und die Tugenden der Verteidiger der Freiheit darstellen“, dreimal wöchentlich auf den Pariser Bühnen aufführen zu lassen. Straßen, Plätze und Ortschaften wurden während der Revolutionsjahre nach Wilhelm Tell benannt. Auch 1798 noch stürmten die französischen Revolutionäre mit Parolen wie „Vive Guillaume Tell! Vive les descendants de Guillaume Tell!“ über die Schweizer Grenze und gründeten die bis 1803 bestehende Helvetische Republik.
Diese und viele weitere Beispiele zeigen auf, dass der Tell-Mythos, der seit dem 15. Jahrhundert bis über die deutschsprachigen Grenzen hinaus eine ungeheure Popularität erfährt, zu einer zentralen Identifikationsfigur verschiedener konservativer und patriotischer Kreise geworden ist und gerne als Analogie zur Französischen Revolution gesetzt wird. Auch der Dichter Friedrich Schiller griff die Legende um Wilhelm Tell und den Befreiungskampf der Schweizer Eidgenossenschaft wieder auf und verfasste in seiner späten Schaffensphase das gleichnamige Bühnenwerk "Wilhelm Tell", welches 1804 am Weimarer Hoftheater uraufgeführt wurde.
Schillers Dramatisierung verkörpert hingegen weniger die Verherrlichung der Französischen Revolution mit der nachfolgenden Jakobiner-Herrschaft, sondern verbindet vielmehr die Vorstellung einer friedlichen Revolution gegen die Tyrannei. Mit seinem Drama "Wilhelm Tell" schuf er ein „politisch-ästhetisches Gegenmodell“ (Borchmeyer 1982, S. 70), das seine Idealvorstellungen von einem ästhetischen und moralischen Staat widerspiegelt. Gleichsam integrierte Schiller in seine Idee von einer „ursprünglich-harmonischen Naturgesellschaft“ (Kaiser 1971, S. 109) die Konzeption der Idylle – einer Gattung, welche im 18. Jahrhundert grundlegende semantische und literarische Erweiterungen erfuhr.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffserklärung Idyll(e) im literaturgeschichtlichen Überblick
- Wege zur Idylle: Die triadische Disposition nach Schiller
- Zur Darstellung des Idyllischen in „Wilhelm Tell“
- Locus amoenus und die Natur des Vaterlandes
- Trauer um die vergangene Idylle
- Idylle als Gemeinschaftsgedanke und menschliches Freiheitsstreben
- Verkörperung der Idylle durch den Protagonisten Wilhelm Tell
- Fazit
- Literatur- und Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die idyllischen Elemente in Schillers „Wilhelm Tell“ und ergründet ihre Bedeutung für die Gesamtinterpretation des Dramas. Sie analysiert die idyllischen Motive und die Rolle des Idyllischen im Kontext der Darstellung von Natur, Freiheit und Gesellschaft.
- Definition des Idyllischen und seine Entwicklung im 18. Jahrhundert
- Die Rolle des locus amoenus und der Natur in Schillers Drama
- Die Darstellung von Freiheit und Gemeinschaft im Kontext der Idylle
- Die Verkörperung des Idyllischen durch den Protagonisten Wilhelm Tell
- Die Bedeutung des Idyllischen für die Interpretation von „Wilhelm Tell“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und stellt die Relevanz des Themas „Idylle in Schillers Wilhelm Tell“ dar. Das zweite Kapitel befasst sich mit der Begriffserklärung des Idyllischen im literaturgeschichtlichen Kontext. Es beleuchtet die Entwicklung des Begriffs von der Antike bis ins 18. Jahrhundert und zeigt die unterschiedlichen Bedeutungen und Anwendungen des Idyllischen auf. Das dritte Kapitel analysiert die triadische Disposition nach Schiller und untersucht, wie diese Theorie die Darstellung des Idyllischen in „Wilhelm Tell“ beeinflusst. Die Kapitel 4.1 bis 4.4 befassen sich mit den idyllischen Elementen in Schillers Drama. Sie untersuchen die Bedeutung des locus amoenus und die Darstellung der Natur, die Trauer um die vergangene Idylle, das Idyllische als Gemeinschaftsgedanke und Freiheitsstreben sowie die Verkörperung der Idylle durch Wilhelm Tell.
Schlüsselwörter
Idylle, locus amoenus, Natur, Freiheit, Gemeinschaft, Wilhelm Tell, Schiller, Drama, Literaturgeschichte, 18. Jahrhundert, Triadische Disposition, Aufklärung.
- Arbeit zitieren
- Anika Strelow (Autor:in), 2015, Die literarische Gattung der Idylle. Zur Rolle des Idyllischen in Friedrich Schillers "Wilhelm Tell", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319591