Den Schwerpunkt der hier vorliegenden Arbeit bildet die Frage, welche Relevanz das Geschlecht des empirischen Autors für die Rezeption und Bewertung eines literarischen Textes einnimmt.
Nachdem die literaturtheoretische Bedeutung der Autorenkategorie multiperspektivisch beleuchtet wird, wird auf die in unserer abendländischen Gesellschaft vorherrschenden, geschlechtsspezifischen Rollenzuschreibungen, die als Grundlage der hier vorliegenden Arbeit angesehen werden können, eingegangen. Anschließend folgt ein kurzer Abriss zur marginalisierten Stellung der schreibenden Frau als Subjekt und Objekt in der Literaturgeschichtsschreibung sowie die Suche möglicher Ursachen für die von Feministinnen betonte, fehlende Identität weiblicher Autorenschaft.
„Wir kaufen uns den ‚neuen Grass‘, gehen zu Martin Walsers Autorenlesungen, […] sehen uns die neuste Shakespeare-Verfilmung im Kino an […]“ (Jannidis & Lauer et al. 2000, S. 9) und lesen ‚Goethe‘ und ‚Schiller‘ im Deutschunterricht. Diese oder andere metonymischen Verwendungen, bei denen der Autor – nach dem Grundsatz totum pro parte – stellvertretend für sein Werk genannt wird, sind im alltäglichen Sprachgebrauch omnipräsent und verweisen auf die zentrale Bedeutung der Autorenfigur in unserer allgemeinmenschlichen Verstehens- und Deutungspraxis.
Literaturwissenschaftliche Auseinandersetzungen über Fragen zur Relevanz des empirischen Autors hat es in den letzten Jahrzehnten in vielfacher Ausführung gegeben. Dabei wurden immer wieder neue Theorien und Methoden aus dem Bereich der Literaturtheorie mit Ansätzen und Modellen aus der Philosophie, Sozio- und Psychologie sowie der Geschichtswissenschaft oder Linguistik verknüpft.
Während der Autor bei (post-)strukturanalytischen Interpretations-und Rezeptionsmodellen einen eher unwissenschaftlichen Bezugspunkt darstellt, gilt er bei produktionsorientierten Interpretationsmodellen als eine entscheidende Instanz. Auch die zur Gender Studies gehörende feministische Literaturwissenschaft beschäftigt sich mit biographischen und soziokulturellen Faktoren des Autors. Denn im Hinblick auf die in den letzten Jahrhunderten vorherrschenden Unterschiede in den Bildungsvoraussetzungen und Publikationsbedingungen schreibender Männer und Frauen gewinnt das biologische Geschlecht für den wissenschaftlichen Umgang mit Literatur maßgeblich an Bedeutung.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung.
- 2. Theoretischer Hintergrund
- 2.1 Zur Kategorie des Autors in der Literaturwissenschaft.
- 2.2 Die Frage nach dem Geschlecht – Beiträge aus der Genderforschung.
- 2.2.1 Forschungsgegenstand der feministischen Literaturwissenschaft und Gender Studies.
- 2.2.2 Typisch männlich, typisch weiblich? - Geschlechtsunterscheidung als soziale Praxis....
- 3. Zur Stellung der Frau als Subjekt und Objekt im literaturhistorischen Überblick.
- 4. Zusammenfassung und Fazit
- 5. Literatur- und Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Relevanz des Autorengeschlechts für die Rezeption und Bewertung eines literarischen Textes. Im Mittelpunkt steht die Frage, inwiefern das biologische Geschlecht des empirischen Autors Einfluss auf die Interpretation und Beurteilung eines Werkes hat.
- Die literaturtheoretische Bedeutung der Autorenkategorie und ihre Entwicklung.
- Die Rolle des Autors in verschiedenen literaturwissenschaftlichen Ansätzen.
- Der Einfluss von Geschlechtsunterscheidungen auf die literarische Produktion und Rezeption.
- Die Position der Frau als Subjekt und Objekt in der Literaturgeschichte.
- Die Suche nach Ursachen für die fehlende Identität weiblicher Autorenschaft.
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Forschungsfrage nach der Relevanz des Autorengeschlechts für die Literaturwissenschaft dar. Sie erläutert die Bedeutung der Autorenfigur im Sprachgebrauch und beleuchtet die verschiedenen literaturwissenschaftlichen Debatten zur Rolle des Autors.
- Kapitel 2: Theoretischer Hintergrund
Dieses Kapitel beleuchtet verschiedene literaturtheoretische Ansätze zur Kategorie des Autors. Es werden die historischen Entwicklungen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart betrachtet und die unterschiedlichen Auffassungen von Autorenintention und -rolle in der Literaturwissenschaft dargestellt. Der Fokus liegt auf dem Einfluss der Psychoanalyse und des Hermeneutischen Intentionalismus auf die Autorenkonzeption. Zudem werden die Kritikpunkte von William K. Wimsatt und Monroe C. Beardsley sowie die Position des Formalismus und frühen Strukturalismus vorgestellt.
- Kapitel 3: Zur Stellung der Frau als Subjekt und Objekt im literaturhistorischen Überblick
Kapitel 3 setzt sich mit der Marginalisierung der Frau als Subjekt und Objekt in der Literaturgeschichte auseinander. Es werden mögliche Ursachen für die fehlende Identität weiblicher Autorenschaft untersucht und die Auswirkungen der geschlechtsspezifischen Rollenzuschreibungen auf die literarische Produktion und Rezeption beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit Themen wie Autorenschaft, Gender, Geschlecht, feministische Literaturwissenschaft, Gender Studies, literaturtheoretische Ansätze, Interpretationsmodelle, Rezeption, Bewertung, literarische Texte, Autorintention, biographische Faktoren, soziokulturelle Faktoren, Geschlechtsunterscheidung, soziale Praxis, Marginalisierung, Subjekt, Objekt, Literaturgeschichte.
- Quote paper
- Anika Strelow (Author), 2015, Wer schreibt? Zur Relevanz des Autorengeschlechts in der Literaturwissenschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319595