Häusliche Gewalt gegen Frauen. Erscheinungsformen, Erklärungsansätze und Formen der Prävention


Hausarbeit, 2013

16 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhalt

A. Einleitung

B. Formen der Gewaltanwendung gegen Frauen

C. Begriffsbestimmung der häuslichen Partnergewalt gegen Frauen

D. Erscheinungsformen, Folgen und Zyklen von häuslicher Partnergewalt anhand des Familientyrannenfalls
I. Erscheinungsformen
II. Folgen von häuslicher Partnergewalt
III. Zyklen von häuslicher Partnergewalt

E. Erklärungsansätze über Ursachen männlicher Partnergewalt gegen Frauen
I. Lerntheoretische Erklärungen
II. Frustrations-Aggressionstheorie

F. Prävention gegen häusliche Partnergewalt
I. Primäre Prävention
II. Sekundäre Prävention
III. Tertiäre Prävention
IV. Präventionsmaßnahmen in Bezug auf den Haustyrannenfall

G. Fazit

A. Einleitung

Frauen sind täglich schon aufgrund ihres Geschlechts unterschiedlichen Gewaltformen in vielfältigen Lebensbereichen ausgesetzt. Die meisten dieser Gewalthandlungen werden aber nicht durch Fremde oder wenig bekannte Personen, sondern in Familien- und Paarbeziehungen, insbesondere durch aktuelle und frühere Beziehungspartner, verübt.

Am Montagabend, den 19.07.2010 wurde eine Frau von einem Mann auf offener Straße in Hannover niedergestochen, weil sie sich vor einiger Zeit von ihm trennte. Seit der Trennung lauerte er ihr regelmäßig auf. Auch am Montagabend verbrachte er mehrere Stunden in Reichweite ihrer Wohnung und stieß mit ihr an der Haustür zusammen. Im Verlauf der zunächst verbalen Auseinandersetzung mussten mehrere Anwohner und Passanten mitansehen wie der 51-jährige Mann die fünf Jahre jüngere Frau zu Boden schlug, mit einem Messer in ihr Gesicht und ihren Hals einstach und sie sich vergebens mit ihren Händen gegen die Messerstiche zur Wehr setzte. Erst ein Tatzeuge überwältigte den auf der am Boden liegenden Frau sitzenden Täter, indem er ihn zur Seite riss und ihn bis zum Eintreten der Polizei festhielt. Die entnommene Blutprobe des Täters ergab einen Wert von 1,09 Promille. Mit lebensgefährlichen Schnitt- und Stichverletzungen im Gesicht und im Halsbereich wurde die Frau ins Krankenhaus eingeliefert und notoperiert.

Viele Gewalthandlungen werden durch frühere Beziehungspartner im Kontext von Trennungs- und Scheidungssituationen begangen. Der Entschluss der Frau sich vom Partner zu trennen wird von den Mann nicht anerkannt. Nach der Trennung werden sie verfolgt, bedroht und auf offener Straße misshandelt. Dabei spielt vor allem auch der Alkoholkonsum des früheren Partners eine gewaltbeeinflussende Rolle. Denn gerade durch die Alkoholeinnahme steigt die Gewaltbereitschaft des Täters, was auf die enthemmende Wirkung von Alkohol zurückzuführen ist.

Doch bevor es zur Trennung seitens der Frau kommt, drohen die statistisch nachweisbaren Gefahren hinter verschlossenen Wohnungstüren. In den eigenen vier Wänden - unter Ausschluss der Öffentlichkeit- erleben Frauen erhebliche Übergriffe durch den Partner. Alle sozialen Schichten sind davon betroffen, unabhängig von Bildungsstand, gesellschaftlichem Status, Einkommen, Kultur oder Herkunft.[1] Gerade die im sozialen Nahraum verübten Gewalttaten kennzeichnen den Großteil der Gewaltkriminalität, den Frauen als Opfer erliegen.

Daher wird in der folgenden Proseminararbeit nach einem Überblick über die Formen der Gewaltanwendung gegen Frauen (B) der Schwerpunkt der Arbeit auf die männliche Partnergewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich gelegt. Hierbei wird zunächst der Begriff der häuslichen Partnergewalt gegen Frauen bestimmt (C). Zur Verdeutlichung der häuslichen Partnergewalt wird der Familientyrannenfall nach BGHSt 48, 255 herangezogen, anhand dessen zunächst die Erscheinungsformen, Folgen und Zyklen beschrieben (D), anschließend Erklärungsansätze über Ursachen männlicher Partnergewalt (E) und Präventionsmaßnahmen (F) erläutert werden. Den Abschluss der Proseminararbeit bildet mein Fazit (G).

B. Formen der Gewaltanwendung gegen Frauen

Ursprünglich wurde Gewalt gegen Frauen primär als körperliche Gewalt definiert, die Ehemänner oder männliche Intimpartner an „ihren“ Frauen verübten.[2] Erst später wurde die Definition auch auf sexuellen Missbrauch, Vergewaltigung in der Ehe und schließlich emotionale bzw. psychische Gewaltakte ausgedehnt.[3] Zu den weiteren Formen von Gewalt gegen Frauen zählen aber auch Frauenhandel, Gewalt in der Prostitution, Genitalverstümmelung und geschlechtsselektive Abtreibung, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, sexuelle Gewalt in Institutionen wie Kirche, Heim, Pflegefamilie, Schule. Auch Stalking, Zwangsheirat und Ehrenmorde gehören dazu. Auf Grund der Seitenbeschränkung wird im Folgenden auf die Form der männlichen Partnergewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich eingegangen.

C. Begriffsbestimmung der häuslichen Partnergewalt gegen Frauen

Die Anwendung von Gewalt im häuslichen Bereich, auch Gewalt im sozialen Nahraum genannt, wurde früher in der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen. Jahrhunderte lang wurde sie gesellschaftlich akzeptiert oder zumindest doch toleriert. Erst in den Siebzigern wagten engagierte Feministinnen den Tabubruch und machten öffentlich, was sich „hinter verschlossenen Türen“ in der Privatsphäre vieler Familien abspielt.[4] Doch was ist überhaupt unter dem Phänomen der häuslichen Gewalt zu verstehen?

Der Begriff der Gewalt ist nicht unproblematisch, da er unterschiedlich weit gefasst wird. Wer welche Handlung, welches Ereignis, welche Institution als gewalttätige definiert, hängt entscheidend vom sozialen Ort der Person ab, die definiert oder die die Gewalt ausübt.[5] Die Definitionen von Gewalt sind also primär von dem Blick des oder der Betrachterin auf das Phänomen geprägt. Für die vorliegende Studienarbeit wird die Definition des Gewaltbegriffs wie folgt verwendet. Gewalt ist jeder wirkender Zwang, der zur Machtausübung, zum Gefügigmachen und bei Ungehorsam zur Bestrafung und zur Unterdrückung angewandt wird.[6] Gewalt wird als Mittel eingesetzt, um eigene Bedürfnissen gegen den Willen und ohne die Zustimmung anderer zu befriedigen, eigene Interessen durchzusetzen und eine Rangordnung zwischen den Beteiligten festzulegen.[7]

Das Wort „häuslich“ beschreibt, in welchem Kontext die Gewalt auftritt.[8] Es umfasst schädigende interpersonale Verhaltensweisen, intendiert oder ausgeübt in sozialen Situationen, die bezüglich der beteiligten Individuen durch Intimität und Verhäuslichung gekennzeichnet sind.[9] Partnergewalt im häuslichen Bereich findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit zwischen einander bekannten und in einer nahen emotionalen Bindung stehenden Personen statt. Die Beziehung ist besonders durch das Vertrauen geprägt. Dem Mann geht es primär um die Ausübung von Macht und Kontrolle über das Leben der Frau. Dabei setzt er sämtliche Kontroll- und Beherrschungsmittel ein.

D. Erscheinungsformen, Folgen und Zyklen von häuslicher Partnergewalt anhand des Familientyrannenfalls In diesem Fall tyrannisierte und misshandelte der Familienvater M. F., der Mitglied und Präsident einer Rockergruppe war, seine Ehefrau jahrelang erheblich. Die Sklavenbeziehung begann 1984 und endete im September 2001 damit, dass die Ehefrau den schützenden Ausweg vor den weiterhin bevorstehenden Qualen allein in der Tötung ihres Ehemannes sah und ihn im Schlaf erschoss. Bis dahin war sie ständig sich wiederholenden und steigernden Gewalttätigkeiten ausgesetzt und wurde Opfer eines andauernden Misshandlungssystems.

I. Erscheinungsformen

Der Begriff der häuslichen Gewalt umfasst Formen physischer, sexueller, psychischer, ökonomischer und sozialer Gewalt.[10] Erst durch die Benennung von Gewaltformen werden diese als gewalttätige überhaupt sichtbar.[11]

1. Physische Gewalt

Am deutlichsten tritt die physische Gewalt in Erscheinung. Physische Gewalt an Frauen kann gegen diese, gegen Personen in ihrem Umfeld, gegen Sachen, aber auch gegen Tiere gerichtet sein.[12] Sie beinhaltet alle Formen von Misshandlungen, die Verletzungen verursachen können.[13] Die Gewalt gegen Sachen und Tiere richtet sich zwar nicht unmittelbar gegen die Frau, demonstriert aber anhand der Zerstörung und Vernichtung, dass sie ebenfalls Opfer von Gewalt werden kann.

Im Haustyrannenfall versetzte M. F. ihr schon nach kurzer Zeit Ohrfeigen und griff dann zu immer stärkeren Methoden, um seine Machtstellung zu verdeutlichen. Er schlug ihr mit der Faust ins Gesicht und trat mit Springerstiefeln auf sie ein, bis sie auf dem Boden liegen blieb. Auch verprügelte er sie mit Gegenständen wie einem Basketballschläger oder sonstigen Gegenständen, die sich in seiner Nähe befanden. Die körperlichen Gewalttaten führten zur Eskalation in Intensität und Häufigkeit. Selbst als sie mit dem zweiten Kind schwanger war, nahm er hierauf keine Rücksicht und versetzte ihr Fußtritte und Faustschläge in den Bauchbereich. In einer anderen Situation schlug er ihren Kopf so lange heftig gegen die Wand bis sie bewusstlos am Boden lag. Aufgrund der großflächig mit Blut verschmierten Wand und ihrer Bewusstlosigkeit ging er selbst davon aus, dass er sie getötet habe.

2. Sexualisierte Gewalt

Die sexuelle Gewalt umfasst alle sexuellen Handlungen, die der Frau aufgedrängt oder aufgezwungen werden.[14] Sexuelle Gewalt gehört zum Programm in gewalttätigen Partnerschaften und wird von den betroffenen Frauen als die erniedrigendste Form der Demütigung erlebt, die sie zu ertragen haben.[15] Der Haustyrann sah seine Frau als Sklavin an, die er ohne Rücksicht als sexuell verfügbar betrachtet und behandelt hat.

3. Psychische, soziale und emotionale Gewalt

Zu den weiteren Gewaltmitteln des Mannes, Macht und Kontrolle aufrechtzuerhalten, gehören die Formen der psychischen Gewalt, der sozialen Gewalt oder der emotionalen Gewalt. Die Handlungsweise lässt sich als verbale Gewalt oder verbale Misshandlung bezeichnen.[16] Sie ist immer ein Angriff auf die Integrität und das Selbstwertgefühl der Frau, die als eigenständige Persönlichkeit beeinträchtigt und abgewertet wird.[17]

Im Haustyrannenfall musste die Angeklagte auch Formen verbaler Gewalt ertragen. Er titulierte sie als „Schlampe“, „Hure“ und „Fotze“. Mit der Zeit blieb es aber nicht nur bei den genannten Beleidigungen im häuslichen Bereich. Er demütigte sie auch in der Öffentlichkeit vor seinen Freunden in seinem Motorradclub, indem er sie

[...]


[1] Schaaf, FAZ v. 29.03.2010; Egger/Fröschl/Lercher/Logar/Sieder, Gewalt gegen Frauen in der Familie, S. 35.

[2] Lamnek/Luedtke/Ottermann/Vogl, Tatort Familie, S. 181.

[3] Lamnek/Luedtke/Ottermann/Vogl, Tatort Familie, S. 181.

[4] Kaiser, Gewalt in häuslichen Beziehungen, S. 11 f.

[5] Reese, Gewalt gegen Frauen, S. 58; Godenzi, Gewalt im sozialen Nahraum, S. 34.

[6] Lamnek/Luedtke/Ottermann/Vogl, Tatort Familie, S. 11; Bock, Kriminologie, S. 329.

[7] Reese, Gewalt gegen Frauen, S. 47.

[8] Löbmann/Herbers, Neue Wege gegen häusliche Gewalt, S. 22.

[9] Godenzi, Gewalt im sozialen Nahraum, S. 27.

[10] Leuze-Mohr, Häusliche Gewalt gegen Frauen - eine straffreie Zone? S. 31.

[11] Reese, Gewalt gegen Frauen, S. 57.

[12] Lamnek/Luedtke/Ottermann/Vogl, Tatort Familie, S. 181.

[13] Egger/Fröschl/Lercher/Logar/Sieder, Gewalt gegen Frauen in der Familie, S. 30; Lamnek/Luedtke/Ottermann/Vogl, Tatort Familie, S. 181.

[14] Lamnek/Luedtke/Ottermann/Vogl, Tatort Familie, S. 182.

[15] Leuze- Mohr, Häusliche Gewalt gegen Frauen -eine straffreie Zone? S. 26.

[16] Leuze- Mohr, Häusliche Gewalt gegen Frauen -eine straffreie Zone? S. 27.

[17] Leuze- Mohr, Häusliche Gewalt gegen Frauen - eine straffreie Zone? S. 28; Egger/Fröschl/Lercher/Logar/Sieder, Gewalt gegen Frauen in der Familie, S. 31; Schweikert, Gewalt ist kein Schicksal, S. 52.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Häusliche Gewalt gegen Frauen. Erscheinungsformen, Erklärungsansätze und Formen der Prävention
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Veranstaltung
Strafprozessrecht
Note
2,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
16
Katalognummer
V319684
ISBN (eBook)
9783668190061
ISBN (Buch)
9783668190078
Dateigröße
989 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewalt gegen Frauen, Partnergewalt, Präventionsmaßnahmen
Arbeit zitieren
Monika Gabriel (Autor:in), 2013, Häusliche Gewalt gegen Frauen. Erscheinungsformen, Erklärungsansätze und Formen der Prävention, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319684

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