Der „Brief an den Vater“ ist zum einen ein in vielerlei Hinsicht seitens der germanistischen Forschung beachtetes Werk Franz Kafkas, kann zum anderen aber auch als ein Dokument aus dem Leben seines Verfassers, also als ein autobiographisches Dokument, gelesen werden. In jedem Fall gilt er als ein rhetorisch durchdachter literarischer Text. Es besteht Uneinigkeit darüber, als was dieser Brief letztlich zu betrachten sei, der Dissens scheint berechtigt, da der Brief beide Sichtweisen zulässt.
Um für den weiteren Verlauf dieser Hausarbeit eine Festlegung zu treffen, soll der „Brief an den Vater“ als ein privates Dokument Kafkas verstanden werden, das einen Einblick in das Leben des Schriftstellers erlaubt. Der als Brief authentisch wirkende Text soll herangezogen werden, um die Vater-Sohn-Beziehung darzustellen und im nächsten Schritt durch die erkannten Tatbestände den Vater-Sohn Konflikt in diesem Brief zu erarbeiten. Kafkas Brief an den Vater wurde 1919 in Schelesen (heute Želízy) in der Absicht verfasst, ihn durch die Hand der Mutter dem Vater zukommen zu lassen, denn das Ziel dieses langen Briefes war es, das Verhältnis zum Vater zu klären. Doch der Brief erreichte seinen Adressaten nie, da die Mutter fürchtete, er würde eher zu noch mehr Aufregung führen denn zur Verbesserung des Vater-Sohn-Verhältnisses beitragen.
In der vorliegenden Arbeit sollen unter anderem biographische Hinweise aufgegriffen werden, die das schlechte Verhältnis der beiden Kafkas begründen könnten. Insbesondere sollen bekannte Konzepte aus der psychoanalytischen Theorie Sigmund Freuds behandelt werden, die in der literaturwissenschftlichen Auseinandersetzung mit Kafka lange Zeit eine starke Position einnahm. Konkret zu nennen ist hier vor allem der bekannte Ödipuskomplex, der zuerst kurz definiert wird, um anschließend Verknüpfungspunkte zu Kafka herauszuarbeiten. Zu zeigen sein wird eine womöglich gestörte Persönlichkeit Kafkas. Da Kafkas Leben größtenteils unter dem Einfluss des Vaters verlief, lässt sich der Brief als Versuch deuten, sich schreibend vom Vater zu befreien bzw. zu lösen.
Aus diesem Grund wird vorliegend dem Abschnitt zum Ich-Ideal Kafkas eine gewisse Bedeutung zugesprochen, da der Einfluss des Vaters wesentliche Folgen für Kafkas Leben hatte, welche zu überwinden er nicht in der Lage war. Zu diesem Zweck werden einige Situationen betrachtet, die das Vater-Sohn-Verhältnis näherbringen könnten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Brief an den Vater
- Zur Entstehung des Textes
- Wiedergabe und Analyse vom Brief an den Vater
- Wichtige biographische Daten
- Franz Kafka
- Hermann Kafka
- Zusammenführung der biographischen Daten
- Psychoanalytische Literaturwissenschaft
- Sigmund Freud Psychoanalyse
- Ödipuskomplex
- Ödipuskomplex im Werk: Brief an den Vater
- Ich-Ideal Franz Kafkas
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert Franz Kafkas „Brief an den Vater“ im Kontext der psychoanalytischen Theorie Sigmund Freuds. Ziel ist es, die Vater-Sohn-Beziehung in diesem Werk zu untersuchen und die darin enthaltenen Konflikte im Lichte des Ödipuskomplexes zu beleuchten. Die Arbeit beleuchtet auch die Bedeutung des Ich-Ideals für Kafka und untersucht, wie das gestörte Verhältnis zu seinem Vater seine Persönlichkeit prägte.
- Das Vater-Sohn-Verhältnis als zentrales Thema in Kafkas Werk
- Die Anwendung der psychoanalytischen Theorie auf literarische Texte
- Der Ödipuskomplex als möglicher Erklärungsansatz für die Vater-Sohn-Beziehung in „Brief an den Vater“
- Das Ich-Ideal und die Bedeutung des Vaters für die Persönlichkeitsentwicklung Kafkas
- Die Bedeutung des „Brief an den Vater“ als autobiographisches Dokument
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den „Brief an den Vater“ als ein zentrales Werk Kafkas vor und erläutert die Bedeutung des Briefes als autobiographisches Dokument. Kapitel 2 befasst sich mit der Entstehung des Textes und analysiert den Brief im Detail. In diesem Kapitel werden auch wichtige biographische Daten zu Franz und Hermann Kafka vorgestellt. Kapitel 2.4 und 2.5 befassen sich mit der psychoanalytischen Literaturwissenschaft und Sigmund Freuds Theorie des Ödipuskomplexes. Im letzten Abschnitt des Kapitels wird der Ödipuskomplex im Kontext des „Brief an den Vater“ analysiert. Kapitel 2.6 widmet sich dem Ich-Ideal Franz Kafkas und untersucht den Einfluss des Vaters auf seine Persönlichkeitsentwicklung. Die Hausarbeit endet mit einem Fazit.
Schlüsselwörter
Franz Kafka, „Brief an den Vater“, Vater-Sohn-Verhältnis, Ödipuskomplex, Psychoanalyse, Sigmund Freud, Ich-Ideal, autobiographisches Dokument, Literaturwissenschaft, Persönlichkeitsentwicklung.
- Arbeit zitieren
- Selvi Uysal (Autor:in), 2015, Kafkas "Brief an den Vater". Eine Analyse mit Sigmund Freuds Psychoanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319844