Entwicklungspolitik ist eines der „schillerndsten“ Politikfelder in der Bundesrepublik Deutschland. Erst seit 1961 gab es ein eigenes Ministerium (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit), das erst seit 1982 auch den Zusatz „und Entwicklung“ bekam. Die Besetzung des Ministeriums war allzu oft eine Sache des Koalitionsproporz, ein Amt für jemanden, der noch untergebracht werden musste. Erhard Eppler, der nur ein kurzes Zwischenspiel an der Spitze des Ministeriums gab, vollbrachte im Bewusstsein der deutschen Politik eine Wende und wertete das Ministerium mit einer idealistischen, an den Bedürfnissen der Entwicklungsländer orientierten Politik auf. Doch unter seinen Nachfolgern verkümmerte das Ministerium wieder zusehends und wurde von den widerstreitenten Interessen von Außen- und Verteidigungsministerium, vom Wirtschafts- oder Umweltministerium wieder zerrieben.
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung
1. Grundlagen deutscher Entwicklungs-hilfepolitik
1.1. Definition
1.2. Historie
2. Entwicklungspolitik nach dem Regierungswechsel `
2.1. Entwicklungspolitische Ziele der SPD und der Grünen
2.2. Koalitionsvertrag
2.3. Ministerin Wieczorek-Zeul
2.4. Schwerpunkte deutscher Entwicklungshilfe- politik seit dem Regierungswechsel
3. Deutsches Regierungshandeln in der Entwicklungshilfepolitik
3.1. Frieden
3.2. Schwerpunkt Afrika / Armutsbekämpfung
3.3. Demokratie und Menschenrechte stärken
3.4. Stärkung der Bildung und Gesundheit
3.5. Entschuldungsinitiative
3.6. Neue Schwerpunktsetzung
3.7. Haushalt und Finanzen
3.8. Entwicklungspolitik der Europäischen Union
4. Perspektiven für die Entwicklungspolitik im 21.Jahrhundert
4.1. Globalisierung erfordert Global Governance
4.2. Die Bedeutung multilateraler Organisationen für die Entwicklungshilfe
5. Exkurs: Die Rolle des Standorts Bonn
Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
Anlagen
Vorbemerkung
Entwicklungspolitik ist eines der „schillerndsten“ Politikfelder in der Bundesrepublik Deutschland. Erst seit 1961 gab es ein eigenes Ministerium (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit), das erst seit 1982 auch den Zusatz „und Entwicklung“ bekam. Die Besetzung des Ministeriums war allzuoft eine Sache des Koalitionsproporz, ein Amt für jemanden, der noch untergebracht werden musste.
Erhard Eppler, der nur ein kurzes Zwischenspiel an der Spitze des Ministeriums gab, vollbrachte im Bewusstsein der deutschen Politik eine Wende und wertete das Ministerium mit einer idealistischen, an den Bedürfnissen der Entwicklungsländer orientierten Politik auf. Doch unter seinen Nachfolgern verkümmerte das Ministerium wieder zusehends und wurde von den widerstreitenten Interessen von Außen- und Verteidigungsministerium, vom Wirtschafts- oder Umweltministerium wieder zerrieben.
Diffus ist das Bild von Entwicklungshilfe in der Öffentlichkeit. Eine Studie[1], die zwar aus den Vereinigten Staaten stammt, aber ähnlich in vielen Industrienationen Gültigkeit hat, belegt, dass Entwicklungshilfepolitik als wichtig eingeschätzt wird. Dennoch meinen viele Befragte, dass „zu viel“ für die Entwicklungshilfe ausgegeben wird. Fragt man weiter nach, dann schätzen die Befragten den Anteil der Entwicklunshilfe am Bruttosozialprodukt oft zwischen 15 und 20 Prozent ein, halten aber im Schnitt nur fünf Prozent für angemessen. Die tatsächlichen Ausgaben liegen in den Industrienationen jeweils deutlich unter einem Prozent.
Kaum jemand weiss, das an der Entwicklungshilfe in Deutschland fast eine Viertelmillion Arbeitsplätze hängen. Aufgrund sogenannter Lieferbindungen[2] profitiert die Bundesrepublik von nahezu jedem entwicklungspolitischen Projekt. Fast alle Entwicklungsländer überweisen im Saldo für Importe aus Deutschland mehr Geld zurück, als sie an Entwicklungshilfe bekommen. Eine Studie des ifo-Instituts weist aus, dass für eine Millarde Mark bis zu drei Millarden Mark Exporte, zehn Milliarden Mark im Bruttoinlandsprodukt und zwei Milliarden Mark öffentlicher Einnahmen nach sich zieht.[3] Von einer zielgerichteten Entwicklungspolitik profitiert also insbesondere auch das Geberland.
Diese Hausarbeit unternimmt den Versuch, die Schwerpunkte der deutschen Entwicklungspolitik nach dem Regierungswechsel darzulegen. Welche Prioritäten setzt die neue Bundesregierung unter Kanzler Schröder, wo liegen die Veränderungen gegenüber der Kohl-Administration ?
Ich will aber auch versuchen, Perspektiven für die Entwicklungshilfepolitik anhand einiger neuerer Literatur aufzuzeigen. Der Vollständigkeit halber ist eine Definition sowie ein kurzer Überblick über die Geschichte der deutschen Entwicklungshilfe seit Gründung der Bundesrepublik vorangestellt.
Aus der Vielzahl der Literatur, die von Politikwissenschaftlern, der Bundesregierung und den vielen Trägern staatlicher und nichtstaatlicher Entwicklungshilfe herausgegeben wird, habe ich mich auf einige grundsätzliche Werke (z.B. Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik), etwas neuere Literatur (z.B. Nuscheler, Entwicklung und Frieden im Zeitalter der Globalisierung) sowie die offiziellen Verlautbarungen der Bundesregierung (z.B. Medienhandbuch Entwicklungshilfepolitik 2000) gestützt.
Kaum möglich sind allerdings Erfolgskontrollen der Entwicklungspolitik der neuen Bundesregierung. Entwicklungspolitische Maßnahmen und Projekte sind zu langfristig angelegt, zu viele Entscheidungen der Kohl-Regierung wirken noch nach, weshalb empirische Aussagen für die Zeit von 1998 bis auf wenige Ausnahmen nicht möglich sind.
Die Begriffe „Entwicklungspolitik“, „Entwicklungshilfe“, „Entwicklungshilfepolitik“ und „Entwicklungszusammenarbeit“ sind gleichberechtigt gebraucht. Die Wissenschaftler sind sich dabei uneinig, ob der sich zunehmend durchsetzende Begriff „Entwicklungszusammenarbeit“ positiver ist, weil er die Eigenanstrengungen der Entwicklungsländer würdigt (Uwe Holtz) oder ob er eine Rücknahme von Verpflichtungen der Industrienationen ausdrückt (Franz Nuscheler). Ich tendiere dazu, der Bewertung Holtz’ zuzustimmen. Dennoch sollte der Begriff „Entwicklungshilfe“ gleichberechtigt weiter benutzt werden, um den Hilfscharakter der Entwicklungspolitik weiter im Bewusstsein von Politik und Öffentlichkeit zu halten.
1. Grundlagen deutscher Entwicklungshilfepolitik
1.1. Definition
„Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland ist all das, was mitverant-wortlich ist für den Erfolg und Misserfolg der Entwicklungsanstrengungen unserer Partnerländer“[4], so einfach und gleichzeitig umfassend kann das Politikfeld Entwicklungshilfe definiert werden. Dagegen wird im Lexikon Dritte Welt von 1989 Entwicklungspolitik als „Summe aller Mittel und Maßnahmen (...), die von Entwicklungsländern und Industrieländern eingesetzt und ergriffen werden, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Entwicklungsländer zu fördern, d.h. die Lebensbedingungen der Bevölkerung in den Entwicklungsländern zu verbessern“[5] beschrieben.
Die offizielle Definition und entwicklungspolitische Zielsetzung der Bundes-regierung ist deutlich umfangreicher und erscheint seit 1975 jährlich im sogenannten Journalistenhandbuch Entwicklungspolitik (seit 2001: Medienhandbuch Entwicklungspolitik). Die Anzahl der Kriterien des Zielkatalogs variierte nahezu von Jahr zu Jahr. Im Journalistenhandbuch von 1980 ist nach Meinung des Politikwissenschaftlers Franz Nuscheler[6] am umfassendsten verdeutlicht, was Entwicklungspolitik bedeuten sollte. Sie ist demnach
- Friedenspolitik, die Nord-Süd-Spannungen abbauen will,
- Unterstützung der wirtschaftlichen und politischen Selbständigkeit der Entwicklungsländer und verhindert Einflußzonen auswärtiger Mächte in der sogenannten Dritten Welt,
- partnerschattliche Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern, anderen Geberländern und internationalen Institutionen und Organisationen, die gemeinsam solidarische Verantwortung übernehmen,
- Förderung für den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt in den Entwicklungsländern und bemüht sich um deren Chancengleichheit auf dem Weltmarkt und um Gleichberechtigung und Gerechtigkeit für die Menschen,
- Bekämpfung der Massenarmut durch Verbesserungen der Arbeitsproduktivität und Erhöhung der Einkommen,
- in erster Linie Unterstützung zur Selbsthilfe und ist sich bewusst, dass sie nur einen kleinen, wenn auch wichtigen Beitrag zur Eigenanstrengung der Entwicklungsländer leisten kann,
- dem Respekt vor der Souveränität jedes Landes verpflichtet und respektiert dessen Eigenverantwortung für seine innere Ordnung und Bemühungen, kulturelle Identität zu finden und zu wahren,
- in diesem Rahmen auch eine Vertretung deutscher Interessen.
Entscheidend ist sicherlich der Ansatz, Entwicklungshilfe in erster Linie als Hilfe zur Selbsthilfe zu gewähren, da dadurch die Souveränität der Länder gewahrt bleibt und keine zu große politische und wirtschaftliche Abhängigkeit von den Geberländern entsteht. Darüber zu wachen ist auch Aufgabe der zahlreichen Organisationen, die im Bereich der Entwicklungshilfe aktiv sind. Gerade im Hinblick auf die oben genannte Definition ist hier noch einmal der Begriff der „Entwicklungszusammenarbeit“ zu nennen, der eigentlich die bessere Umschreibung all der Vorgänge ist, die wir unter den Begriffen „Entwicklungspolitik“ oder „Entwicklungshilfepolitik“ umschreiben.
Die Zieldefinition deutscher Entwicklungshilfepolitik von 1980 ist später aus den Ausgaben des Journalisten-Handbuchs verschwunden und durch Auszüge aus den amtlichen „Grundlinien der Entwicklungspolitik der Bundesregierung“ von 1986 ersetzt worden[7], in denen dann mehr und mehr die deutschen Interessen an der Entwicklungspolitik erwähnt wurden.
Im Journalistenhandbuch aus dem Jahr 2000 fasst die neue Bundesregierung ihre entwicklungspolischen Ziele neuerdings wieder unter acht wesentlichen Punkten zusammen[8]. Die angegebenen neuen Ziele werden allerdings spezieller gefasst als noch 1980. Zur Zieldefinition gehören hierin:
- Gestaltung globaler Rahmenbedingungen zugunster der Entwicklungsländer,
- Entwicklungspolitik als Friedenspolitik,
- EU-Entwicklungspolitik wird kohärenter und effizienter,
- Entwicklungspolitik als globales Zukunftssicherung,
- schnelle und flexible Reaktion auf Naturkatastrophen und Krise,
- Förderung guter Regierungsführung
- Frauenrechte stärken und
- Steigerung der Effizienz der Entwicklungszusammenarbeit.
Die ergriffenen Maßnahmen der neuen Bundesregierung werden unter den Punkten 2 und 3 dieser Hausarbeit „Entwicklungspolitik nach dem Regierungswechsel 1998“ näher beleuchtet.
(Bilaterale) Entwicklungszusammenarbeit gliedert sich heute auf in die Finanzielle Zusammenarbeit (FZ) und die Technische Zusammenarbeit (TZ). Der Begriff der Personellen Zusammenarbeit (PZ) ist in den letzten Jahren aus der Diskussion verschwunden, die damit gemeinte Entsendung von Entwicklungshelfern wird heute mit unter der Technischen Zusammenarbeit abgefasst. Unter FZ ist im wesentlichen die Gewährung von günstigen Krediten oder Zuschüssen zu verstehen. In der TZ werden dagegen technische, wirtschaftliche und organisatorische Kenntnisse vermittelt.[9]
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) legt die politischen Leitlinien für die Entwicklungspolitik fest, entscheidet über Projektvergaben, die Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen und verwaltet einen entsprechenden Etat. Es führt aber keine Projekte selbst durch. Damit sind verschiedene Institutionen beauftragt, so z.B.
- Kreditanstalt für Wiederaufbau
- Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit
- Centrum für internationale Migration und Entwicklung
- Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft
- Carl-Duisberg-Gesellschaft
- Deutscher Akadademischer Austauschdienst
- Deutscher Entwicklungsdienst
- Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung
- Kirchliche Organisationen, z.B. Brot für die Welt (Diakonisches Werk)
- Politische Stiftungen, z.B. Friedrich-Ebert-Stiftung
- Sonstige private Organisationen, z.B. Deutsche Welthungerhilfe
Nähere Informationen zu den Trägern staatlicher, kirchlicher, politischer oder privater Entwicklungszusammenarbeit sind in den jährlich erscheinenden Medienhandbüchern Entwicklungspolitik des BMZ zu erhalten.
1.2. Historie
Armut gab es zu allen Zeiten und an allen Punkten der Welt. „Sie galt noch nicht als besorgniserregendes Sozialproblem, sondern eher als pittoreske Begleiterscheinung einer barbarischen Zivilisationsstufe.“[10] Erste Formen von Entwicklungspolitik gab es dann zur Zeit der Kolonialmächte, doch erst 1929 wurde mit dem britischen Colonial Development Act der Begriff Entwicklung eingeführt und zu diesem Zweck auch Geld (1 Million Pfund) zur Förderung vom Industrie, Landwirtschaft, Transport- und Gesundheitswesen zur Verfügung gestellt.[11]
Der Zweite Weltkrieg und die damit verbundene Auflösung der Kolonialreiche führte zu einer maßgeblich von den Vereinigten Staaten forcierten Politik der internationalen Zusammenarbeit. So ist in der Charta der Vereinten Nationen die Verpflichtung der Mitglieder enthalten, internationale Probleme gemeinsam zu lösen. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 wird schließlich für jedermann das Recht auf eine angemessene Lebenshaltung festgeschrieben[12], welches die Grundlage für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit und insbesondere für die Armutsbekämpfung darstellt.
Es waren wiederum die Vereinigten Staaten, die 1949 in Gestalt von Präsident Truman in einer Rede vor dem Kongress, den Großteil der Welt zu unterentwickelten Gebieten erklärten und dabei das Pro-Kopf-Einkommen zur Grundlage für Entwicklung machten. Damit wurde erstmals eine Maßzahl geschaffen, mit der Entwicklung in aller Welt verglichen werden konnte.[13]
Deutsche Entwicklungspolitik beginnt mit dem Jahr 1956, als die Bundesrepublik erstmals 50 Millionen Mark für technische Hilfe in unterentwickelten Gebieten bereitstellte. 1961 erfolgte schließlich die Gründung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ, erst 1981 folgte der Zusatz ‚und Entwicklung’) und Walter Scheel wurde im Kabinett Adenauer erster Minister für dieses Politikfeld in der Geschichte der Bundesrepublik.[14]
In den ersten Jahren deutscher Entwicklungshilfepolitik nutzte die Bundesrepublik vor allem die größeren wirtschaftlichen Vorteile gegenüber der DDR, um einen antikommunistischen Damm gegen die völkerrechtliche Anerkennung der DDR aufzubauen. Grundlegend war dabei die Hallstein-Doktrin, die besagte, dass die Bundesrepublik keine diplomatischen Beziehungen zu einem Land unterhalten würde, welches die DDR völkerrechtlich anerkennt. Nach einem „Gießkannenprinzip“ wurde somit das Wohlwollen von Staaten erkauft, obwohl „die jungen Staaten in Afrika und Asien mit der ‚Deutschen Frage’ wenig anzufangen wussten.“[15]
Eine entwicklungspolitische Programmatik gab es indes kaum. Außen- und wirtschaftspolitsche Interessen lieferten die notwendigen Vorgaben, das Ministerium war vor allem aus Gründen der Koalitionsarithmetik entstanden und seine „Politik nicht bloß subsidiär, sondern hauptsächlich durch andere Ministerien bearbeitet.“[16]
1964 erhielt das BMZ zwar die Zuständigkeit für die Technische Hilfe, blieb aber weitestgehend vom Außenministerium abhängig. 1966 wurde mit Hans-Jürgen Wischnewski der erste Sozialdemokrat für Entwicklungshilfe zuständig. Wischnewski hatte aber in den Jahren wirtschaftlicher Rezession vor allem mit einem Akzeptanz-Problem der Entwicklungshilfe zu kämpfen, so dass er sie vor allem als „Instrument der Exportförderung und Konjunkturbelebung“[17] begründete.
Eine Wende in der Entwicklungshilfepolitik brachte die Ostpolitik Willy Brandts, weil sie „die Entwicklungshilfepolitik von ihrer deutschlandpolitischen Hebelwirkung“[18] befreite. Unter Brandt genoss die Entwicklungshilfepolitik eine deutlich höhere Bedeutung, insbesondere als mit Walter Scheel 1969 ein ehemaliger Minister für dieses Fachgebiet zum Vizekanzler aufstieg. Der dritte Entwicklungshilfeminister Erhard Eppler (SPD) brachte zudem eine „Wende im Selbstverständnis und in der Zielsetzung“[19] deutscher Entwicklungspolitik.
Bundeskanzler Brandt hatte zwar ein größeres Verständnis von Entwicklungs-hilfepolitik und schon frühzeitig erkannt, dass „Ost-West von Nord-Süd überlagert“[20] werden würde, gibt aber auch unumwunden zu, sich außenpolitisch auf das „Anstehende und Vorrangige“ konzentriert zu haben, weil er sonst seine Ostpolitik nicht durchgesetzt hätte. Dennoch ist der „Rang der Nord-Süd-Politik seinerzeit angehoben worden; ein Mann wie Erhard Eppler hat wesentlich dazu beigetragen.“[21]
Eppler vestand Entwicklungshilfepolitik anders als seine Amtsvorgänger als langfristig angelegte Sozial- und Friedenspolitik und kehrte von einer Politik ab, die vor allem Großprojekte unterstützte, die dann insbesondere der deutschen Exportwirtschaft nutzten. Mit Rückendeckung des Bundeskanzler und gegen Widerstände des Koalitionspartners FDP ging die Zuständigkeit für Kapitalhilfe auf das BMZ über, die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die für die Durchführung zuständig war, verhinderte aber, dass sich die Politik allzu schnell verändern konnte.[22] Erhard Eppler trat schon bald nach dem Rücktritt Willy Brandts ebenfalls von seinem Amt zurück, weil er den nötigen Rückhalt unter Bundeskanzler Helmut Schmidt nicht mehr besaß. In den Folgejahren unter den Ministern Egon Bahr (1974-76), Marie Schlei (1976-1978) und Rainer Offergeld (1978-1982) wandelte sich die deutsche Entwicklungshilfepolitik von den idealistischen Ansätzes eines Erhard Eppler wieder zurück in eine Politik, die tief in die „Gesamtpolitik“ eingebettet war und die deutschen Eigeninteressen immer deutlicher betonte. In diesen Jahren entstand auch eine Differenzierung der Empfängerländer in die weniger entwickelten Länder, die Schwellenländer und die Ölländer, die in der Behandlung deutlich unterschieden wurden. Schwellenländer erhielten Entwicklungshilfe nun nur noch zu härteren Kreditbedingungen, die Ölländer mussten sich die technische Hilfe fortan erkaufen.[23]
[...]
[1] Streeten, Paul, Hat Entwicklungspolitik eine Zukunft, in: Nuscheler, S. 120-122
[2] Lieferbindungen: An die finanziellen Zusagen wird die Bedingung geknüft, das notwendige Material oder Know-How aus dem Geberland zu beziehen
[3] BMZ, Medienhandbuch Entwicklungspolitik 2000, Berlin 2000
[4] Elshorst, Hansjörg; Organisation und Entwicklung – Zum System der deutschen Entwicklungspolitik, in: Glagow, Manfred (Hg.); Deutsche und internationale Entwicklungspolitik, Opladen 1990, S. 19
[5] zitiert nach: Nuscheler, Franz; Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, Bonn 1996, 4. Auflage,
S. 359
[6] zitiert nach: Nuscheler, Entwicklungspolitik, S. 17
[7] ebenda, S.18
[8] BMZ (Hg.), Journalisten-Handbuch Entwicklungspolitik, Berlin 1999
[9] vgl. hierzu BMZ, Medienhandbuch Entwicklungspolitik 2000, S. 121 - 137
[10] Nuscheler, Franz; Das Nord-Süd-Problem, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.), Grundwissen Poltik, Bonn 1997, 3. Auflage, S. 435 – 514, hier: S. 442
[11] ebenda
[12] ebenda, S. 443
[13] ebenda
[14] Nuscheler, Entwicklungshilfepolitik, S. 378
[15] ebenda
[16] Schimank, U.; Das außenpolitsche Interorganisationsnetz als Hemmnis einer selbständigen deutschen Entwicklungspolitik, in: Glagow, Manfred (Hg.), Deutsche Entwicklungspolitik: Aspekte und Probleme ihrer Entscheidungsstruktur, Saarbrücken 1983, S. 51 - 86
[17] Nuscheler, Entwicklungshilfepolitik, S. 379
[18] ebenda, S. 380
[19] ebenda
[20] Brandt, Willy, Erinnerungen, Frankfurt 1989, hier: Jubiläumsausgabe, Berlin 1999, S. 375
[21] ebenda, S. 376
[22] Nuscheler, Entwicklungshilfepolitik, S. 380
[23] ebenda, S. 381
- Arbeit zitieren
- Diplom-Politikwissenschaftler Dennis Buchner (Autor:in), 2001, Die Entwicklungshilfepolitik der BRD nach dem Regierungswechsel 1998, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32001
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