Dona Carmen als Prototyp des traditionellen Spaniens


Seminararbeit, 2003

13 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhalt:

1. Einleitung

2. Die Problematik der „dos españas“

3. ‘Cinco horas con Mario’
3.1 Formaler Aufbau und handelnde Personen
3.2 Die „burguesa“ Carmen
3.3 Stellung Carmens zur Kirche
3.4 Carmen und die Bildung
3.5 Carmen und die Erziehung
3.6 Standesdünkel?

4. Zusammenfassung

5. Bibliographie

1. Einleitung

In dieser Hausarbeit geht um den Roman „Cinco horas con Mario“ von Miguel Delibes[1], genauer gesagt um Doña Carmen, eine der beiden Hauptgestalten des Buches. Es soll untersucht werden, ob sie dem traditionellen spanischen Bild entspricht oder ob sie eher dem fortschrittlichen Lager zu zuordnen ist. Auch auf die Rolle ihres Mannes Don Mario, für den sie die Totenwache hält, wird eingegangen werden. Während den ‚cinco horas' offenbart sie ihre Gedanken und Gefühle über ihn.

Zeigt sich an ihnen die Problematik der zwei Spanien? Was für eine Ehe haben die beiden geführt? Welche Werte waren für die beiden wichtig? Welche Rolle spielte die Zensur für die Art, wie das Buch verfasst wurde?

Diese Fragen sollen in der vorliegenden Arbeit untersucht, überprüft und anschließend resümiert werden.

2. Die Problematik der „dos españas“

Die Problematik der `dos espanas´ in der Literatur tritt das erste Mal im 19. Jahrhundert auf. Sie ist vor allem geprägt von einem immerwährenden Gegensatz von Modernisten und Traditionalisten.

Diese literarische Strömung manifestierte sich durch geschichtliche Ereignisse, nämlich die französische Besetzung Spaniens, die zwar nach fünf Jahren endete, aber dennoch tiefe Spuren in der spanischen Gesellschaft hinterließ: Die liberal eingestellten Spanier (im Spanischen "liberales" genannt) setzten am Anfang große Hoffnungen in die französische Besatzung und waren am Ende sehr enttäuscht, als sich die Besatzer als ziemlich intolerant und unaufgeklärt erwiesen. Die Traditionalisten (im Spanischen "absolutistas" genannt) dagegen kümmerten sich nicht so sehr um die intellektuelle Herrschaft der Franzosen, sondern eher um materielle Dinge. Nur im Unabhängigkeitskrieg (1808-1813/4) ruhten die Gegensätze zwischen beiden Parteien, zwischen den „dos españas“: Die tatsächlichen Kriegshandlungen wurden von den Traditionalisten (hauptsächlich Bauern, Geistlichen und Banditen) ausgeführt, geplant aber von den Intellektuellen aus Adel und Bürgertum.

Als nach den Wirren der französischen Besatzung der vertriebene König Fernando VII wieder nach Spanien zurückkehrte, zeichnete sich außerdem ab, daß Spanien seine Stellung als Welt- und Kolonialmacht nicht mehr lange halten könne. Dies führte auch zu einer tiefen Krise im spanischen Volk.

Viele der Intellektuellen flohen in andere Länder, da sie auf das Härteste vom König verfolgt wurden.

In der Literatur dieser Zeit bewirkt der oben erwähnte Gegensatz zwischen den Traditionalisten und den Intellektuellen gleichzeitig eine entgegengesetzte wie auch eine vereinheitlichende Haltung, da man das Thema der „dos españas“ deutlich merkt.

Nach dem Verlust der letzten Kolonien Spaniens in der Neuen Welt macht sich in der Literatur eine neue Richtung bemerkbar: Das Wesen Spaniens wird in Frage gestellt, sowohl in der nationalen wie auch in der internationalen, vor allen Dingen europäischen Einheit. Es entwickelte sich ein neues Krisenbewusstsein. Dieses wird von der Generation von 1898 das erste Mal aufgegriffen und im nachfolgenden Jahrhundert bis in unsere Zeit immer wieder in Romanen, Theaterstücken und Gedichten bearbeitet.

3. ‘Cinco horas con Mario’

3.1 Formaler Aufbau und handelnde Personen

Der Roman „Cinco horas con Mario“ ist unterteilt in drei große Teile: Teil 1 ist ein Prolog und die vorangestellte Todesanzeige für Don Mario, die in das Geschehen einführen und den Leser mit den handelnden Personen und Figuren vertraut machen. Danach folgen 27 Kapitel, die die Gedankengänge Doña Carmens wiedergeben. Abgeschlossen wird das Werk durch einen Epilog, der noch einmal kurz das Geschehene aufgreift und dem Leser eine Lösung der im Hauptteil dargestellten Probleme anbietet.

Im einzelnen geht es in diesem Roman um das Ehepaar Mario Díez Collado und María del Carmen Sotillo, ihre Familie, Verwandten und Freunde. Und natürlich um die allgegenwärtige Problematik der zwei Spanien, die durch die zwei Ehepartner verkörpert wird.

Don Mario stirbt am Morgen des 24. März 1966 um 5 Uhr im Alter von 49 Jahren.

Carmen ruft nun ihre Kinder, Freunde und enge Vertraute herbei, um für den Verstorbenen zu beten und um ihn zu trauern. Am anderen Morgen soll der Leichnam zur Kirche überführt und anschließend beerdigt werden. In der Nacht zwischen den beiden Tagen hält Carmen am Sarg ihres Mannes die Totenwache und blättert dabei in der Bibel, die immer auf dem Nachttisch ihres Mannes lag und in der er sich verschiedene Stellen angestrichen hatte. Diese Stellen geben nun Anlass zu einer umfangreichen gedanklichen Anklage ihres Mannes und zur Rechtfertigung ihres eigenen Verhaltens. Die zeitliche Spanne in ihren Gedanken reicht dabei vom Bürgerkrieg bis zum Todestag von Mario.

Der Kunstgriff, den Miguel Delibes bei der Abfassung dieses Buches verwendete, besteht darin, dass er die Witwe praktisch für beide Ehepartner sprechen lässt. Mario selber kann nicht mehr sprechen, da er ja tot ist. Er kann also auf ihre Anschuldigungen und Vorwürfe nichts antworten und der Leser muss sich bei der Lektüre seine eigene Meinung bilden. Deswegen bekam Miguel Delibes auch keine Probleme mit der Zensur im damaligen Spanien, da der vorschrittliche, intellektuelle Mensch durch den Tod verstummt war.

3.2 Die „burguesa“ Carmen

Was Carmen ihrem Mann Mario während der langen Ehe immer wieder vorgeworfen hatte, war sein Geiz und sein Unwillen, ihr ein Auto, genauer gesagt einen Seat 600, zu kaufen. Sie sieht zwar ein, daß „a poco de casarnos eso era un lujo“[2], aber mittlerweile ist diese Automarke so weit verbreitet, daß man sie sogar „ombligos“[3] nennt. So eine Schande, daß sie selber noch keinen besitzt!

[...]


[1] Am 17.10.1920 wurde Miguel Delibes als drittes von acht Kindern in Valladolid geboren. Sein Vater, Adolfo Delibes, war Jurist und Professor für Handelsrecht. Seine Mutter war María Setién. Seit 1927 besuchte er die Schule und machte 1936 sein Abitur. Nach dem Studium in Handelsrecht und seiner freiwilligen Aktivität im Krieg bei der Marine wurde er als freier Mitarbeiter bei der Zeitung „El Norte de Castilla“ angestellt. Gleichzeitig arbeitete er jedoch in einer Bank. Zwei Jahre später, 1943, wurde er als Redakteur der Zeitung fest angestellt. Seine schriftstellerische Tätigkeit begann 1946. Im selben Jahr erhielt er einen Lehrstuhl für Handelsrecht in Valladolid und heiratete Angeles de Castro. 1947 beendete er seinen ersten Roman, der zeitgleich mit dem Premio Nadal ausgezeichnet wurde. Mit seiner Frau hatte er insgesamt sieben Kinder, die alle für ihn auf irgendeine Art und Weise Vorbilder für die Kindergestalten in seinem Werk waren. Als seine Frau 1974 starb, schrieb er genauso viel und so gut wie vorher, obwohl dieses Ereignis ihn doch stark mitnahm. 1980 bekam er von der Universität Complutense in Madrid die Ehrendoktorwürde überreicht. Weitere Romane, neben Cinco horas con Mario, sind La sombra del ciprés es alargada (1947/8), Aún es de día (1949), El camino (1950), Mi idolatrado hijo Sisí (1953), Diario de un cazador (1955), Diario de un emigrante (1958), La hoja roja (1959), Las ratas (1962), Parábola del náufrago (1969), El príncipe destronado (1973), Las guerras de nuestros antepasados (1975), El disputado voto del señor Cayo (1978), Los santos inocentes (1981), Cartas de amor de un sexagenario voluptuoso (1983), El tesoro (1985), 377 A, madera de héroe (1987) u.a.

[2] Miguel Delibes: Cinco horas con Mario, S. 40

[3] ebd., S. 166

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Dona Carmen als Prototyp des traditionellen Spaniens
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Romanisches Seminar)
Veranstaltung
Proseminar für spanische Literaturwissenschaft
Note
2,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
13
Katalognummer
V32025
ISBN (eBook)
9783638328647
ISBN (Buch)
9783656619826
Dateigröße
671 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Dona, Carmen, Prototyp, Spaniens, Proseminar, Literaturwissenschaft
Arbeit zitieren
Stephanie Schnabel (Autor:in), 2003, Dona Carmen als Prototyp des traditionellen Spaniens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32025

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Dona Carmen als Prototyp des traditionellen Spaniens



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden